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Veröffentlicht am 03.08.2020

Dad Lewis letzter Sommer - "Kostbare Tage" von Kent Haruf

Kostbare Tage
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Es geht zurück nach Colorado oder besser gesagt in die Kleinstadt Holt. Nach Kent Harufs sehr bewegenden Romanen "Lied der Weite" und "Abendrot" findet die Plainsong-Reihe nun mit "Die kostbaren Tage" ...

Es geht zurück nach Colorado oder besser gesagt in die Kleinstadt Holt. Nach Kent Harufs sehr bewegenden Romanen "Lied der Weite" und "Abendrot" findet die Plainsong-Reihe nun mit "Die kostbaren Tage" ein gebührendes Ende.

Manchmal kann es schnell gehen. Als Dad Lewis von seinem Arzt die Diagnose Krebs erhält, ist sein Ende bereits zum Greifen nah. Ein guter Monat soll ihm noch bleiben und so vegetiert er nun im Sessel vor dem Fenster, schaut der sich stetig verändernden Umgebung, seinen Nachbarn und dem kleinen Mädchen Alice, das neuerdings Radfahren übt, zu. Seine Angestellten und Freunde aus der Eisenwarenhandlung leisten ihm wöchentlich Gesellschaft und auch die Erinnerungen holen ihn bruchstückhaft wieder ein. Das ist er nun, der Abschied. Seine Tochter kommt seiner Frau und ihm zur Hilfe, kutschiert ihn noch einmal durch die kleine Stadt, besucht mit ihm erinnerungsträchtige Orte und so verweilen sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Von seinem Sohn hat Dad schon lange nichts mehr gehört, er brach frühzeitig den Kontakt zu seiner Familie ab und ging seiner Wege. Die letzten Worte bleiben ihm nur in Gedanken, vielleicht wird er ihm jemals verzeihen, vielleicht wird er von Dads letzten Stunden niemals erfahren. "Kostbare Tage" ist eine berührende Familiengeschichte und ein Buch über Vertrautheit, Liebe und den Abschied für immer.

"Er würde also sterben. Das war es, was sie gesagt hatten. Noch ehe der Sommer vorbei war, wäre er tot. Anfang September würde man draußen auf dem Friedhof, drei Meilen östlich von der Stadt, Erde über ihn schütten, auf das, was von ihm übrig war. Man würde seinen Namen auf einen Grabstein meißeln, und dann wäre es so, als hätte es ihn nie gegeben."

An sich habe ich mich lange auf eine weitere Fortsetzung der Reihe gefreut. Die Geschichte um Victoria und die McPheron Brüder hatte es mir dann doch sehr angetan. Nach dem Tod des einen Bruders und den neuen Herausforderungen des Lebens blieben noch einige Fragen offen und ich hatte mir nun Antworten erhofft. Leider blieb diese Erwartung unerfüllt. "Kostbare Tage" bezieht sich bis auf einen kleinen Absatz und die Tatsache, dass auch diese Geschichte in Holt spielt, so gar nicht auf die beiden vorherigen Teile. Und das hat mir dieses Buch dann irgendwie etwas madig gemacht. Das heißt zwar nicht, dass ich diesen Roman so gar nicht mochte, aber es war eben anders.
Losgelöst von meiner Erwartungshaltung fand ich den Abschied und die letzten Lebenstage von Dad nämlich sehr bewegend. Kent Haruf erzählt sehr unaufgeregt und gefühlvoll von den Gedanken, Erlebnissen und dem Freundschaftgefüge seiner Protagonisten. Der plötzliche Krebsbefund und die damit einhergehende Schwäche und Endlichkeit des Lebens hat mich aber nicht nur mitgenommen, sondern auch sehr dankbar für das Jetzt gemacht. Krebs ist keine neuartige Erkrankung und beinahe jeder hat in seinem (entfernten) Bekanntenkreis sicherlich schon Berührungspunkte gehabt und eben dann auch erlebt, wie schnell es gehen kann. Und gerade das macht einen nachdenklich. "Kostbare Tage" ist ein melancholisch, bewegender und vor allem menschlicher Roman über den Abschied und irgendwie auch über das Loslassen. Damit beinhaltet jedes Buch nun etwas über ganz entscheidende Phasen des Lebens von dem Aufbruch, der Ankunft, den Herausforderungen bis hin zum Ende. Für alle, die ruhigere Romane über das Leben lieben, ist Haruf eigentlich schon eine Art must-read. Eine sehr große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.08.2020

ein ruhiger, kraftvoller Roman über das, was bleibt

Nach Mattias
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Was bleibt übrig, wenn das Schicksal einen geliebten Menschen aus deinem Leben reißt? Wie geht es weiter? Weiter mit dem Schmerz, dem Leid, den Erinnerungen? Viele von euch haben wahrscheinlich bereits ...

Was bleibt übrig, wenn das Schicksal einen geliebten Menschen aus deinem Leben reißt? Wie geht es weiter? Weiter mit dem Schmerz, dem Leid, den Erinnerungen? Viele von euch haben wahrscheinlich bereits im Laufe ihres Lebens einen geliebten Menschen verabschiedet. Teilweise kann man sich auf diesen Zeitpunkt etwas vorbereiten, aber meistens kommt er so komplett unerwartet. Egal wie, irgendwie muss das Leben für die Familie, die Freunde und Bekannten weitergehen und wahrscheinlich findet da jeder von uns so seinen Weg mit der Trauer und dem Verlust umzugehen. Genau dieses ‘Weiter’ greift der niederländische Autor Peter Zantingh in seinem Roman Nach Mattias auf. Normalerweise verbinde ich gerade mit der niederländischen Literatur sehr viel Härte und sehr viele krasse Geschichten, doch dieses Buch ist da nun irgendwie anders, leichter mit einem gewissen Schmerz und ganz viel Überwindungskraft.

“Trauer ist wie ein Schatten. Der richtet sich nach dem Stand der Sonne, fällt morgends anders als abends. Der lehnt dunkel und geduldig an der Wand, streckt sich in voller Länge über den Asphalt aus oder zeichnet […] die Silhouette einer grazös drohenden Schlange […] In den ersten Wochen wusste ich manchmal nicht, ob ich meinen eigenen Schatten sah oder den von jemanden, der sich […] dich neben mich gestellt hatte.”

Dieses Buch vereint acht Menschen. Acht Geschichten, die ein Abbild davon geben, wie sie mit der Trauer und dem Verlust umgehen und wie alles miteinander verbunden zu sein scheint. Während Amber auf einem Konzert ihrem Schmerz freien Lauf lässt, versucht Mattias’ Freund Quentin ihn gerade auf der Rennstrecke loszuwerden. Der Plan von einem gemeinsamen Café, bei dem jeder Gast die Playlist der gerade spielenden Songs mit ausgehändigt bekommt, wühlt ihn ständig auf. Und dann gäbe es da z.B. noch Kristianne, die endlich die wahre Geschichte ihres Sohnes erzählen möchte. Jeder hat seine eigene Art, seine eigene Vorstellung das Geschehene zu verarbeiten und damit auch Abschied zu nehmen.

"Nach Mattias" ist ein Roman, der gedanklich den Anschlag auf das Pariser Bataclan in 2015 und die damit verbundene, plötzliche Lücke aufgreift und doch sehr viel Lebensmut beinhaltet. Alles geht weiter. Irgendwie. Freunde, Verwandte, enge Vertraute, sie alle werden einen Weg finden mit ihrem Kummer und dem Schmerz umzugehen. Sie werden die Erinnerungen weitertragen, einige zurücklassen (wollen), andere Gewohnheiten und Gedanken finden und auf ihre Art einen guten Freund, Partner, Sohn in sich behalten. Peter Zantingh hat einen sehr einfühlsamen und menschlichen Roman geschrieben, der die unterschiedlichsten Perspektiven nach und nach so wie ein Puzzle zusammenfügt und seine Protagonisten miteinander verbindet, ohne in tiefe Trauer zu verfallen. Vom Stil erinnert er mich damit so ein bisschen an Simone Lappert mit "Der Sprung", ein ähnlich faszinierendes, unterhaltendes Buch über das Schicksal und das komplexe Gefüge sich überkreuzender Leben und Ereignisse. Doch während es bei ihr hauptsächlich um die Auswirkungen eines Ereignisses in Form einer auf dam Dach stehenden Frau geht, ist es gerade hier das tragische Lebensende des besten Freundes, Partners und Sohnes. Es ist ein äußerst sensibles Thema und doch zeigt Peter Zantinghs Roman auch, dass uns alle noch viel mehr verbindet, man den Absprung schaffen kann und sich neue Verbindungen knüpfen lassen. Teilweise kostet es viel Zeit, Kraft und Mut oder eben auch die Hilfe einer ganz unerwarteten Begegnung und neue Abhängigkeiten.

Dieses Kaleidoskop, diese Zusammenstellung acht gänzlich verschiedener Lebensausschnitte hat mir in der Mischung sehr gefallen. Die nach und nach offensichtlicheren Zusammenhänge und die tiefgründige Schwere, die sich während des Lesens weder erdrückend anfühlt, noch in Melancholie umschlägt, sondern eher Lebensmut vermittelt, finde ich recht bemerkenswert. Es ist auch kein Buch, das wahnsinnig viel Konzentration und Gedanken abverlangt und eignet sich, trotz des schwierigeren Themas, sehr für anstrengendere Zeiten, Reisen oder für jegliche Momente, an denen man wieder mehr an das Positive des Schicksals und der Begegnung glauben möchte. Desweiteren bietet eine passende Playlist mit Titeln, die die Figuren mit Mattias verbinden oder sie in irgendeiner Weise begleiten und in ihrem Teil der Geschichte kurz aufgegriffen werden, einen zusätzlichen Mehrwert. Mich haben diese Songs noch einmal emotional gepackt und das ‘Gefühl’, das ich bereits beim Lesen der einzelnen Kapitel hatte, noch einmal zusätzlich verstärkt und eben auch über den akustischen Weg fühlbar gemacht. Für mich ein unerwartet, bewegendes, tolles Buch mit zahlreichen Gedanken und einem schönen ‘Gesamtpaket’.

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Veröffentlicht am 15.05.2020

"Wer allein bleibt, den frisst der Wolf" - Cihan Acars bedrückender Streifzug durch Heilbronn und sein Problemviertel "Hawaii"

Hawaii
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"Hawaii" ist sprachlich wie inhaltlich für mich ein sehr tolles Buch. Ich habe es mitten in einer Zeit gelesen, in der ich mich kaum auf etwas konzentrieren konnte und recht wenig Lust auf Bücher hatte ...

"Hawaii" ist sprachlich wie inhaltlich für mich ein sehr tolles Buch. Ich habe es mitten in einer Zeit gelesen, in der ich mich kaum auf etwas konzentrieren konnte und recht wenig Lust auf Bücher hatte und doch hat dieser Roman gleich mit den ersten Abschnitten bei mir eingeschlagen.

"Meine Eltern wollten eigentlich auch nicht hierher. Davor lebten wir in einem der vielen Dörfer, die es um Heilbronn herum gibt. Im ganzen Ort gab es außer uns nur zwei andere türkische Familien, aber wir kamen gut zurecht. Dann meldete der Vermieter Eigenbedarf an und wir mussten raus. Auf die Schnelle fand mein Vater nur im Hawaii was Neues."

Cihan Acar erzählt die Geschichte eines türkischen Fußballprofis, der aufgrund eines blöden Unfalls seine ganze Zukunft versaut und seinen linken Fuß demoliert hat. Dieser Roman spielt allerdings nicht in der Türkei sondern in Heilbronn oder besser gesagt in Hawaii, dem Problembezirk der Stadt. Wir begleiten den einundzwanzigjährigen Kemal Arslan zwei Tage und drei Nächte lang, besuchen mit ihm eine Hochzeit, ein Striplokal, eine Kneipe, ein Wettbüro ... und treffen auf Freunde, ihm gegenüber positiv gestimmte Menschen, aber auch Rassisten. Nachdem ihm alles weggebrochen scheint, versucht Kemal erneut Halt zu finden. Seine Familie lebt in Heilbronn und auch er ist zurückgekehrt. Vom einstigen Star ist beinahe nichts mehr geblieben, einige Menschen erkennen ihn noch und sein ramponierter Jaguar wartet in der Tiefgarage auf seine Reparatur, aber sonst? Nichts. Er ist pleite und beinahe schon verzweifelt versucht er nun irgendwie wieder aus diesem Loch herauszukommen. Kemal bemüht sich um Arbeit, möchte seine einstige Liebe, die er für den Fußball aufgegeben hat, erneut für sich gewinnen und lässt sich treiben. Doch es ist nichts mehr wie es mal war. In der Stadt braut sich was zusammen, die Stimmung wird rauer und dann ist er auch schon mittendrin...

"Ich starrte lange in den fleckigen Spiegel, doch da war niemand. Ein Niemand ohne Geld, ohne Job, ohne Aufgabe. Ohne Sina, ohne Sinn."

Dieser Roman hat bei mir einiges an Gedanken losgetreten. Normalerweise liest man ja immer von Geflüchteten, die zu Migranten werden oder von Integrationsproblemen, doch was ist, wenn man die Stadt für etwas 'besseres' verlässt, fällt und dann nach Jahren zurückkehrt? Kemal sucht erneut Halt, eine Zukunft, ein Ziel und das in einer Stadt, in der er sich eigentlich gut auskennt, doch das scheint schwieriger als erwartet und die allgemeine Situation macht es nicht gerade einfacher sich willkommen/angekommen zu fühlen. Es ist ein Buch voller Sehnsucht, Illusion und Einsamkeit, aber auch der großen Hoffnung die Zeit zurückdrehen zu können. Cihan Acar beschreibt für mich Deutschland noch einmal von einer anderen Seite und zeigt Probleme auf, ohne verurteilend, angreifend oder überzogen zu sein. Es treffen verschiedene Menschen bzw. Mentalitäten und Gesellschaftsschichten aufeinander und gerade das macht dieses Buch für mich so faszinierend. Natürlich gibt "Hawaii" keine konkreten Wegweiser aus dieser Situation hinaus. Und selbst, wenn es sich hier um einen fiktionalen Roman handelt, so zeigt er doch diesen schwierigen Punkt, an dem sich die Gesellschaft momentan befindet und wie alles ausarten kann. Gedanklich wird mich dieses Buch sicherlich noch eine Weile begleiten und ich hoffe tatsächlich, dass dies nicht der einzige Roman von Cihan Acar bleiben wird. Sehr toll!.

"Wie lange wollt ihr noch streiten da unten, wann seht ihr es endlich ein, dass ihr alle gleich seid? Ich schaue mir das nicht länger an, nein, ich heize euch jetzt mal so richtig ein, und zwar so lange, bis ihr entweder zur Vernunft kommt oder endlich in den Kampf zieht. Krieg oder Frieden..."

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Veröffentlicht am 15.05.2020

"Die Kartographie der Hölle" - Eine Höllenfahrt, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Kartographie der Hölle
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"Die Kartographie der Hölle" von Knud Romer hat mich insgesamt mehr gefordert als erwartet. An sich weiß ich auch gar nicht was ich wirklich sagen soll, denn dieser autofiktionale Roman hat für mich sehr ...

"Die Kartographie der Hölle" von Knud Romer hat mich insgesamt mehr gefordert als erwartet. An sich weiß ich auch gar nicht was ich wirklich sagen soll, denn dieser autofiktionale Roman hat für mich sehr stark angefangen und sich dann doch recht schnell verloren, sich in den wirren Verstrickungen des Protagonisten Knud verfangen und mich schlussendlich auf die Palme gebracht. Ich würde nun gerne behaupten, die aktuellen Umstände seien schuld am Missfallen, aber viel mehr war es der nervige, depressive, drogenaffine Abstieg, das durchs Leben Wuseln und die Antipathie, die eine sehr große Rolle spielten.

Knud wächst eigentlich in einem gut situierten Hause auf und hat bereits in frühen Jahren das Ziel einen Roman beim Inselverlag zu veröffentlichen. Es treibt ihn von Nykobing zum Literaturstudium nach Kopenhagen, wo er dann auch eine lange Zeit verbringt. Am Ende werden es 17 Jahre in denen er Literaturwissenschaft studiert. Die Zeit wird geprägt von Drogen, Diebstählen, Unselbständigkeit und Familienhilfe. Durch Zufall schafft er am Ende den Absprung, ergattert einen Job und reißt sich dann doch wieder nur tiefer hinein. Knud beschreibt seinen Werdegang rückblickend und dabei ist das Ganze wie ein beschriebenes, schwarzes, tiefes Loch, das sich recht früh auftut und mit jedem von Knuds Schritten immer tiefer wird. Ihn begleitet dabei stets sein imaginärer amerikanischer Postkarten-Schachfreund M., der, wie sollte es auch anders möglich sein, als CIA-Agentensohn in Teheran lebt und von seinem aufwühlenden, bedrückenden und aufregenden Leben erzählt. Es gibt immer wieder Ausflüchte in verschiedenste Richtungen vom Kalten Krieg, über RAF, CIA, Sex, Party, Drogen, Politik, bis hin zu den Kloaken von Paris. Knud reflektiert sich und seine Situation häufig und kann zwischendurch auch sehr tiefgründig sein, doch am Ende verfällt er eher in Lethargie und steigt immer weiter ab. Und so kommt es dann auch sehr häufig zu Aussagen wie folgender:

"Die ersten dreißig Jahre meines Lebens hatte ich damit verbracht, mir ein Loch zu graben, das so tief war, dass ich mich daraus nicht mehr würde befreien können." oder "Es gab keine Zukunft. Mein Schatten war ein Grab, das man für mich ausgehoben hatte. Ein Schritt vorwärts und ich fiel hinein."

Es ist eine Berichterstattung. Autofiktional, sofern dies wirklich möglich ist, denn das Leben des Autors spielt in seinen Wesenszügen mit hinein. Knud Romer studierte Literaturwissenschaft, lebt in Kopenhagen und ist als Werbefachmann, Kolumnist und Schriftsteller tätig. Er hatte mit "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" einen mehrfach ausgezeichneten und kontrovers diskutierten Roman beim Insel Verlag und "die Kartographie der Hölle" soll nun eine Art Fortsetzung darstellen. Knud Romer springt dabei zwischen verschiedenen Gedanken, Schauplätzen und Fakten, aber auch zwischen sich selbst und seinem fiktiven Freund hin und her. An sich könnte man sagen, dass er sein Handwerk versteht und sehr ausdrucksstark schreiben kann, aber in dieser Form war es mir irgendwann einfach zu viel des Guten. Man hatte ständig das Gefühl zwischen zwei verschiedenen Romanen zu springen und ich wollte zunächst eigentlich nur etwas über Knuds Geschichte wissen, wurde dann allerdings durch die immer häufigeren Erzählungen M.s abgelenkt. Knud wurde mir mit beinahe jeder Seite unsympathischer und als es dann um seine eher zufällige Zeit in einer Werbeagentur ging, bin ich gänzlich ausgestiegen. Diese abwertende und generell recht banale bis unwürdige Art hat gerade in dieser Lebenssituationsbeschreibung seinen Höhepunkt erreicht und irgendwie wurde alles nur noch nervig und anstrengend, bis mir dann gänzlich die Lust daran verging. Es hätte ein großartiger Roman über das Leben des Knud Romer sein können, doch diese Höllenfahrt in Buchform machte mich persönlich nur noch aggressiv und je länger ich darüber nachdenke, umso schlimmer wird es.

Ich gebe diesem Buch nun gut gemeinte zwei Sterne, da ich Teil einer Leserunde war, bei der mich die Faszination der anderen Mitleser ein Stück weit angesteckt hat und der erste Abschnitt mir noch sehr zusagte, aber für eine wirkliche Empfehlung meinerseits reicht es in keinster Form.

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Veröffentlicht am 01.05.2020

Pandatage - wie ein Kostüm nahezu alles verändern kann

Pandatage
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"Ein Panda steht für Frieden und Feundschaft" heißt es im Allgemeinen, doch in James Gould-Bourns neuem Roman "Pandatage" erhält dieser normalerweise eher niedliche Gefährte noch eine ganz andere Bedeutung.

Danny ...

"Ein Panda steht für Frieden und Feundschaft" heißt es im Allgemeinen, doch in James Gould-Bourns neuem Roman "Pandatage" erhält dieser normalerweise eher niedliche Gefährte noch eine ganz andere Bedeutung.

Danny Maloony ist absolut kein Glückspilz, alles scheint im Moment den Bach runterzugehen. Seine Frau Liz starb vor einem Jahr bei einem tragischen Autounfall und hinterließ damit eine fürchterlich große Lücke in seinem, aber auch in Williams Leben. Will hatte eine ganz besondere Beziehung zu seiner Mutter. Während Danny hauptsächlich arbeiten ging und kaum Zeit mit ihm verbrachte, war seine Mutter für ihn wie eine gute Freundin, die bessere Hälfte, Unterstützung und Ausflugsorganisatorin. Sie teilten alles miteinander und Danny war für ihn mehr so Vater und Fremder zugleich.
Seit dem Unfall ist plötzlich alles anders. Will weigert sich zu sprechen, er will so wenig wie möglich auffallen, unsichtbar werden, mit der Situation klar zu kommen. Er frisst alles immer mehr in sich hinein und so als wäre das noch nicht schlimm genug, häufen sich bei Danny weitere Probleme und Sorgen. Er hat Schulden, kann die Miete nicht mehr bezahlen, sein Job steht auf der Kippe und durch den bedrohlichen Besuch seines Vermieters Reg kommt er erneut zu spät und wird gefeuert. Er versucht nun händeringend einen neuen Job zu finden, was als Bauarbeitsgehilfe nicht gerade einfach wird und gibt sein letztes Geld für ein dusseliges Pandakostüm aus. Er fasst fix den Entschluss im Park als Straßenkünstler zu arbeiten, doch dabei macht er sich vor allem eins: Lächerlich. Als sich dann die Pole-Tänzerin Krystal sich seiner erbarmt und ihm Nachhilfe im Tanzen gibt, schafft Danny endlich die Aufmerksamkeit der Parkbesucher zu gewinnen und die Kasse klingen zu lassen, doch für seine Schulden reicht dies noch lange nicht.
Währenddessen sorgt sich auch der neue Lehrer um William. Der Kleine wird von einigen Schülern gemobbt und verkriecht sich immer mehr...

"Ich glaube, was ich zu sagen versuche, ist Folgendes, Will. Wenn etwas Schreckliches, Unbegreifliches geschieht, dann braucht es manchmal etwas ebenso Unerwartetes, damit wir begreifen können."

Und dieses Unerwartete stellt dann die Begegnung mit einem Menschen im Pandakostüm dar. Als er erneut nach der Schule schikaniert wird, schreitet dieser ein und es entwickelt sich zwischen den beiden eine Art Freundschaft. Will vertraut sich diesem ulkigen Wesen an und setzt damit ungeahnt sehr viel mehr in Bewegung.

"Pandatage" ist für mich ein recht besonderes Buch. Gerade für die aktuelle Zeit ist es eine perfekte, leichtere Unterhaltungslektüre mit ernsterem Hintergrund. Die Trauerverarbeitung, deren Auswirkungen und eine sich erneut entwickelnde, innige Vater-Sohn-Beziehung und die Herausforderungen des Lebens sowie kuriose Zufälle und Begegnungen prägen diesen Roman. Sehr empathisch und fein nähert sich James Gould-Bourn den Gefühlen und Empfindungen des kleinen Will an und entwickelt dabei so eine abstruse, lustige, aber auch berührende, traurige Geschichte. Zwar finde ich es so ein bisschen schade, dass viele Handlungen vorhersehbar sind und bis zum Ende hin keine wirklichen Überraschungen stattfinden und doch fühlte ich mich bis zur letzten Seite sehr gut unterhalten. Es ist ein Buch, dass ich eher als etwas leichtere Kost einordnen würde, bei dem man sich nicht so sehr konzentrieren muss und irgendwie könnte das alles auch so eine witzige Fernsehkomödie sein. Zumindest habe ich viele Situationen vor meinen inneren Auge gesehen, fand es irgendwie rührend, reizend und schön zugleich. Ich empfehle dieses Buch jedem, der etwas Ablenkung benötigt, vielleicht sogar eine schwierigere Zeit durchmacht oder durchgemacht hat, denn was dieser Roman zeigt, ist dass es zwar immer schlimmer werden kann, aber Unerwartetes und verrückte Ideen sich manchmal als Lebensretter entpuppen können und der Zusammenhalt zwischen der Familie, Freunden und den Menschen selbst nahezu alles überwinden und helfen kann.

An vielen Stellen hat mich dieser Roman übrigens an "Die wundersame Mission des Harry Crane" von John Cohen erinnert, ein Buch, dass ich ebenso gerne gelesen habe und auch so eine kuriose Entwicklung des Protagonisten nach dem Tod seiner Ehefrau beinhaltet. Alles natürlich mit einem HappyEnd. Und manchmal sind es gerade diese Bücher, die einem eine große Freude bereiten können und alles Fragliche da draußen etwas abfangen. Also ich mochte es sehr gerne und kann dieses Buch für seichtere Gemüter oder blödere Zeiten eigentlich nur empfehlen.

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