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Veröffentlicht am 26.05.2021

spannender DDR-Krimi

Verlorenes Land
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Nachts, in einem ruhigen Hinterhof wird ein Mann erschossen. Seine Identität kann schnell geklärt werden doch das Motiv des Mordes bleibt ungewiss. Uwe Friedrich ist bei der Volkspolizei und einer der ...

Nachts, in einem ruhigen Hinterhof wird ein Mann erschossen. Seine Identität kann schnell geklärt werden doch das Motiv des Mordes bleibt ungewiss. Uwe Friedrich ist bei der Volkspolizei und einer der Ermittler in dem Tötungsdelikt. Bei seinen Recherchen stößt er auf Dinge, die er besser nicht wissen sollte und schneller als die Polizisten schauen können, wird ihnen der Fall von der Staatssicherheit entzogen. Davon nur noch mehr angestachelt, beginnt Uwe eigene Nachforschungen anzustellen, befragt Leute und wühlt in der Vergangenheit des Opfers, nicht ahnend, dass er dabei in ein Wespennest sticht, das ihm selbst ebenfalls gefährlich werden könnte.

Dieses Buch entführt einen in das Jahr 1982 nach Dresden. Die DDR hat die Stadt voll im Griff, an vielen Orten sind die Auswirkungen des Krieges noch sicht- und spürbar. Ich bin selbst zu jung, um Erinnerungen an die DDR zu haben und kann daher nicht einschätzen, ob alle Vorkommnisse genauso möglich gewesen wären. Aber nach allem, was man so aus Zeitzeugenberichten, dem Geschichtsunterricht oder den Erzählungen von Verwandten weiß, konnte ich mir gut vorstellen, dass diese Ereignisse durchaus wahrscheinlich sind. Ich empfand es auf jeden Fall als sehr spannend und interessant in diese Zeit einzutauchen und so, neben den Ermittlungen, auch umfangreiche Einblicke in den Alltag der Charaktere zur Zeit des kalten Krieges und zu ihrer Vergangenheit zu bekommen. Besonders präsent war dabei auch die Stasi oder die Angst vor möglichen geheimen Agenten und Spionen. Man sollte immer auf der Hut sein, besonders wenn man Ermittlungen anstellt, die man eigentlich nicht anstellen sollte, so wie der Volkspolizist Uwe Friedrich es tut. Er ist ein kluger Kopf und lässt sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen. Seine Motivation und Neugier bringen ihn jedoch auch immer wieder in Situationen, die gefährlicher werden könnten, als er selbst in dem Moment ahnt.

Der Schreibstil von Andreas M. Sturm hat mir gut gefallen. Durch die zahlreichen, kurzen Kapitel entsteht eine schöne Dynamik in der Geschichte und die Handlung schreitet zügig und an verschiedenen Stellen voran. Die Perspektivwechsel ermöglichen es, einen guten Überblick über das Geschehen zu erlangen und obwohl man als Leser damit oft einen Wissensvorsprung hat, war es nie langweilig. Häufig begleitet man Uwe, der an verschiedenen Stellen und in mehreren Fällen ermittelt. Dabei geht er geschickt vor, kombiniert klug und kann seine Gegenüber gut einschätzen. Nur leider sind ihm immer wieder die Hände gebunden. Deutlich wird bei den Ermittlungen auch, dass die technischen Voraussetzungen in den 80er Jahren ganz andere waren, als man sie aus der heutigen Zeit kennt. Zum Beispiel würde man einen Polizisten, der fast alle seine Wege mit dem Fahrrad zurück legt, heute wohl eher selten sehen und die Verhöre werden auch nicht mehr auf Kassette aufgenommen.
Es gibt aber auch Szenen, in denen man Einblicke in die Machenschaften der Stasi oder der Mittelsmänner bekommt und Passagen, in denen weitere Figuren in den Mittelpunkt rücken, die auf die eine oder andere Weise mit den Vorkommnissen verknüpft sind. Nach und nach wird dadurch deutlich, wie komplex, verstrickt und verzwickt die gesamte Situation ist und wie viele Personen ihre Finger im Spiel haben. Wer am längsten Hebel sitzt und die richtigen Strippen zieht, hat die besten Karten. Wer etwas herausgefunden hat, was er gegen den nächsten verwenden kann, hat vielleicht einen Verbündeten oder zumindest einen Gefallen gut. Es war sehr spannend diese Entwicklungen zu verfolgen, auch wenn es eine andere Art an Spannung war, als die, die man in anderen Krimis des Autoren gespürt hat. Obwohl auch hier ein Mörder gesucht wird, ist es nicht die Gefahr des heimtückischen, brutalen Irren, die einen hier begleitet, sondern eher die kribbelige Anspannung, wer hinter welcher Verstrickung steht, wer was angeleiert oder bewusst oder unbewusst ausgelöst hat und ob es Uwe wohl gelingen wird, weitere Aspekte in Erfahrung zu bringen, ohne selbst seinen Kopf zu riskieren.

Stück für Stück fallen die Puzzleteile an ihren Platz und es dröseln sich die korrupten Verbindungen der Figuren untereinander auf. Die für die Zeit typischen Dinge, wie Kassettenrekorder oder die alten Autors, wie der Trabant und der Wartburg, sorgen für ein nostalgisches Setting, das die Atmosphäre der Handlung unterstützt hat. Gut gefallen hat mir auch das Wort und Abkürzungsverzeichnis am Ende des Buches. Einige der Begriffe waren mir nämlich unbekannt und so konnte ich dort nachschauen, was ich nicht wusste. Wenn man sich in Dresden auskennt, wird man auch viele der Schauplätze wiedererkennen und kann die Bewegungen der Personen durch die Stadt gut mitverfolgen. Mir kamen einige Straßen und Plätze auch bekannt vor, so dass vor meinem inneren Auge ein Bild davon entstand, wo man sich befand. Eine schöne Reise in die Vergangenheit, die, aus meiner Sicht, gut die polizeilichen Ermittlungen mit den privaten Sorgen und Herausforderungen der Figuren und die, oftmals geheimen, Machenschaften einiger Institutionen miteinander kombiniert.
Fazit

Ein schöner Krimi, der mich gut unterhalten hat, durchweg spannend und sehr flüssig zu lesen war. Durch die kurzen Kapitel gibt es viele Ortswechsel und man kann verschiedene Charaktere bei ihren unterschiedlichen Aufgaben begleiten. Trotz des Wissensvorsprungs blieb es stets spannend und ich war neugierig zu erfahren, wie es weitergeht, welche Intrigen noch aufgedeckt werden und wer wo seine Finger mit im Spiel hat. Eine besondere Atmosphäre hat die Handlung durch die Zeit erhalten, in der die Geschichte spielt. 1982 liefen viele Dinge eben noch anders, es gab einige Erfindungen und Modernisierungen noch nicht, der Alltag und Lebensstandard, sowie Bildungsmöglichkeiten und Karrierechancen sind nicht vergleichbar mit dem, was man heutzutage kennt. Mir hat das Buch tolle Lesestunden gebracht und ich könnte mir gut vorstellen, ein weiteres Mal mit Uwe Friedrich oder einem anderen Ermittler der DDR auf Verbrecherjagd zu gehen.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

spannender, turbulenter zweiter Band

Federn über London 2
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Achtung: zweiter Band! Meine Rezension kann Spoiler auf den ersten Teil der Reihe enthalten.

In London scheint das Chaos ausgebrochen zu sein. Das Gleichgewicht zwischen der Unterwelt und den Engeln, ...

Achtung: zweiter Band! Meine Rezension kann Spoiler auf den ersten Teil der Reihe enthalten.

In London scheint das Chaos ausgebrochen zu sein. Das Gleichgewicht zwischen der Unterwelt und den Engeln, die mit unterschiedlichen Aufgaben für die Menschen da sind, war durch die geschlossenen Verträge lange Zeit stabil. Nun bröckelt dieser Frieden immer mehr, die Bedrohung nimmt zu, doch die Gründe bleiben weiterhin unklar. Sind die Todesengel das Ziel oder steckt etwas ganz anderes hinter der aufkommenden Unruhe und den Angriffen?
Clear ist erst kürzlich als Todesengel erwacht und in vielen Bereichen noch unwissend und ungeübt. Allerdings bleibt ihr kaum Zeit, um all das zu lernen, was sie idealerweise wissen und können sollte, bevor sie mit auf Einsätze geht oder sich anderen Herausforderungen stellt. Es muss gehandelt werden, bevor London verloren ist und noch mehr schaden angerichtet wird.

Die Geschichte geht nahtlos weiter, Vorwissen ist also auf jeden Fall nötig, damit man der Handlung gut folgen kann. Besonders zu Beginn des Buches gibt es jedoch auch ein paar Rückblenden, die dabei helfen können, fehlende Erinnerungen wieder aufzufrischen. Ich empfand diese Hinweise auf die vorausgegangenen Ereignisse als gut dosiert. Man bekommt noch mal einige Informationen, besonders da für Clear noch vieles neu ist und sie ihre Gedanken und Eindrücke sortieren und verarbeiten muss. So fügt es sich sehr harmonisch in den Handlungsverlauf ein und es wirkt nirgends langatmig oder überladen.
Da man direkt wieder in das Geschehen geworfen wird, geht es sofort spannend und ereignisreich los. Und auch danach bleibt die Handlung temporeich. Es gibt für die Charaktere sehr viele Aufgaben und Herausforderungen, Rätsel und Ungereimtheiten. Für Clear kommt dann noch hinzu, dass sie viel lernen und aufzuholen hat, denn nur weil sie durch die turbulenten Entwicklungen zum Ende des Auftakts ihren ersten Schub erhalten hat, heißt das noch lange nicht, dass sie nun gewappnet ist für die Dinge, die auf sie zukommen werden.

Der Schreibstil von Sabine Schulter ist wieder sehr angenehm, mitnehmend und fesselnd. Durch die Perspektivwechsel entsteht eine schöne Dynamik und man bekommt wieder die Chance, unterschiedliche Figuren auf ihrem Weg zu begleiten. Die meiste Zeit der Geschichte ist man mit Ease oder Clear unterwegs, aber auch Aura und Lance kommen wieder zu Wort, so dass man sowohl Einblicke in die Bereiche der Schutzengel, als auch die der Todesengel bekommt, wobei sich die Aufgabenfelder und Aufträge zunehmend vermischen und die Engel gemeinsam agieren müssen. Da über den Abschnitten jeweils steht, welchen Engel man begleitet, bin ich mit den vier Ich-Perspektiven beim Lesen auch nicht durcheinander gekommen.
Nach und nach lernt man die Protagonisten besser kennen, erfährt etwas aus ihrer Vergangenheit, zu ihren Einstellungen, Gedanken und Gefühlen. Es bleiben aber nach wie vor einige Aspekte offen, die mir Rätsel aufgeben und das nicht nur bei den vier Engeln, die man intensiv begleitet, sondern auch bei einigen anderen Charakteren darüber hinaus. Manchmal weiß man einfach nicht, wem man trauen kann und bei wem man besser auf der Hut sein sollte. Und selbst bei den Figuren, die ich eigentlich mag oder faszinierend finde, bin ich unsicher, ob das, was sie zu verbergen zu haben scheinen, mich am Ende nicht ziemlich schocken wird. Dadurch entsteht eine facettenreiche Charaktermischung, bei der es so schnell wohl nicht langweilig werden wird. Auch die durcheinandergewirbelten Gefühle der einzelnen Figuren spielen immer wieder eine Rolle. Besonders für Ease ist es ungewohnt, so viele Emotionen in sich zu spüren, da er sich viele Dinge eigentlich untersagt und das seit zahlreichen Jahren. Aber auch bei Clear passiert einiges in ihrem Inneren und sie kommt immer wieder ins wanken, was sie eigentlich will und fühlt. Ich bin gespannt, wie es sich dort weiterhin entwickeln wird, denn noch scheint es recht offen zu sein, in welche Richtung es geht, auch wenn ich eine Tendenz habe, die ich für den Fortgang erwarte.

Über die Unterwelt hat man ebenfalls weitere Dinge erfahren und stellenweise war der Ausflug dorthin ziemlich gruselig und düster. Aber es gibt auch viel zu entdecken und wir haben da sicher noch längst nicht alles gesehen. Die unterschiedlichen Facetten der Welt präsentiert zu bekommen, fand ich sehr interessant. Es gibt immer wieder neue Aspekte und Details, die Einfluss auf die Missionen und die Hoffnung auf deren Erfolg haben.
Umso weiter das Buch voranschreitet, umso komplexer werden die Verstrickungen, Hinweise, aber auch die Ungereimtheiten, bis alles in einem ziemlich turbulenten Finale von Band zwei endet und man wieder mit einem Cliffhanger in die Wartezeit bis zur Fortsetzung entlassen wird. Ein sehr spannendes Ende, das einige Fragen beantwortet hat, aber weiterhin sehr neugierig auf den weiteren Verlauf der Reihe macht.
Fazit

Ein turbulenter und sehr spannender zweiter Band, in dem neben den actionhaltigen, teilweise düsteren Passagen auch die Emotionen der unterschiedlichen Protagonisten im Fokus der Handlung stehen. Man lernt sowohl die Charaktere als auch die Welt besser kennen, erfährt neue Dinge, Zusammenhänge werden aufgedeckt, Geheimnisse gelüftet aber ebenso neue Fragen aufgeworfen. Ich habe mich im Buch zu keinem Zeitpunkt gelangweilt, im Gegenteil, es hat Spaß gemacht mit zu rätseln, wie alles in Verbindung zueinander stehen könnte, bis irgendwann fast alle für mich verdächtig waren. Nun freue ich mich auf Band drei, der planmäßig im Mai erscheinen soll.

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Veröffentlicht am 30.04.2021

ernste, bewegende Geschichte

Calypsos Irrfahrt
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Oscar hätte sich die Ferien deutlich spannender vorgestellt, als die ersten Tage auf dem Segelboot sich gestalten. Wasser soweit das Auge reicht, wenn sie Glück haben ausreichend Wind, um voran zu kommen, ...

Oscar hätte sich die Ferien deutlich spannender vorgestellt, als die ersten Tage auf dem Segelboot sich gestalten. Wasser soweit das Auge reicht, wenn sie Glück haben ausreichend Wind, um voran zu kommen, der Bewegungsradius ist stark eingeschränkt und einen Freund durfte er auch nicht mitnehmen. Nicht gerade das, wovon er geträumt hat. Doch als die Familie auf zwei Flüchtlingskinder trifft, die sich entkräftet an einen Rettungsring klammern, nimmt ihr Urlaub einen unerwarteten Verlauf. Oscars Eltern wollen Nala und ihren Bruder Moh an Land bringen, damit ihnen geholfen und sie untergebracht werden können. Immer wieder werden sie abgewiesen, niemand fühlt sich verantwortlich für die Kinder, die die Familie aus dem Meer gefischt hat.

Ob diese Geschichte wirklich schon für Zehnjährige geeignet ist, finde ich pauschal schwierig zu sagen. Einige Kinder sind in dem Alter schon sehr weit, aufgeschlossen und bereit für ernstere Themen, andere nicht. Ganz allein lassen sollte man die jungen Leser mit dem Buch aber vielleicht nicht, denn selbst bei mir bleiben hinterher so einige Gedanken zurück, die nachklingen und bei Kindern vielleicht dann für Gesprächsbedarf sorgen könnten.

Der Schreibstil von Cornelia Franz hat mir gut gefallen. Die Sprache ist einfach gehalten und damit auch für die Zielgruppe gut verständlich. Sehr gelungen fand ich, dass die Thematik ihre Ernsthaftigkeit nicht verliert. Es ist ein bedrückendes, teilweise sehr trauriges Thema, besonders unter dem Aspekt, dass so viele Schicksale dahinter stehen, auch wenn hier nur das von Nala und Moh geschildert wird. Wie schwierig es ist, für die Kinder ein zu Hause zu finden beziehungsweise jemanden, der überhaupt bereit ist, sich um sie zu kümmern, ist gut in die Handlung eingeflochten. Oscars Eltern bemühen sich, eine Lösung zu finden und werden immer wieder vor den Kopf gestoßen. Frustration, Wut und Zweifel spielen daher immer wieder eine Rolle. Es gibt aber auch zahlreiche schöne Momente, die zum Beispiel dadurch entstehen, dass die Kinder sich rasch annähern und die Sprachbarriere für sie kein all zu großes Problem darstellt. Nala und Moh bemühen sich, sich in den Alltag zu integrieren, die Sprache zu lernen und nicht negativ aufzufallen. Toll eingeflochen fand ich auch die kleinen Passagen, in denen die Geschwister miteinander sprechen. So hat man auch einen Eindruck davon, was in ihren Köpfen vorgeht. Vor allem der kleine Moh hat ziemlich viel Angst, was ich gut nachvollziehen konnte.
Immer wieder gibt es auch andere Turbulenzen auf dem Schiff, ausgelöst vom Wetter oder anderen Ereignissen. So wird die Reise auf unterschiedliche Weise spannend und abwechslungsreich. Die anschaulichen, bildhaften Beschreibungen lassen die Handlung lebendig werden, ohne dabei zu viel Wert auf die düsteren Details zu legen.

Man begleitet Oscar aus der Erzählerperspektive und erhält so Einblicke in seine Gedanken und Gefühlswelt. Der Zehnjährige empfindet manche Situationen natürlich anders, als ein Erwachsener es tun würde, gerade das mochte ich in dem Buch aber sehr gern. Teilweise nimmt er Dinge einfach etwas leichter und unkomplizierter, zerdenkt es nicht so, wie seine Eltern es tun, es zeigt aber gleichzeitig eben auch, dass er sich über manches einfach noch keine Gedanken machen kann oder will, weil er die Konsequenzen, die aus manchen Ereignissen folgen, gar nicht abschätzen kann. Nicht alle seine Entscheidungen sind klug, er macht Fehler und lässt sich von seinen Gefühlen mitreißen. Dass dieses Verhalten nicht richtig ist und schwerwiegende Folgen haben kann, wird für mich in der Geschichte allerdings auch deutlich.

Das Ende des Buches ist idealisiert und vielleicht nicht unbedingt realistisch. Nach der Tortur, die die Familie hinter sich hat, gönnt man ihnen aber auch diesen Funken Glück und Erleichterung, auch wenn es die vergangenen Erlebnisse vielleicht ein bisschen weniger schlimm und dramatisch erscheinen lässt. Die Ereignisse bis dahin empfand ich größtenteils nicht als beschönigt, manches ist für die Zielgruppe schon ziemlich bedrückend, auf jeden Fall wenn man länger darüber nachdenkt.
Nach dem Abschluss des Buches werden junge Leser -und vermutlich nicht nur die- sicher einiges zum Nachdenken haben, so dass ich das Ende für ein Kinderbuch als passend empfand. Günstig wäre es aber sicher, auch dieses Thema mit den Kindern aufzuarbeiten und sie mit ihren Gedanken dazu und zum Rest der Geschichte nicht allein zu lassen.
Fazit

Eine ernste, bewegende, gleichzeitig aber auch sehr angenehm und feinfühlig aufgearbeitete Thematik, die schön in die abenteuerliche Reise auf dem Segelschiff eingebunden ist. Es werden sowohl die Probleme und Missstände rund um die Flüchtlingssituation beleuchtet, als auch die schönen Freundschaftsmomente, die zwischen den Kindern entstehen. So ist das Buch nicht durchweg bedrückend und traurig, es hat mich aber immer wieder sehr berührt und auch zum Nachdenken angeregt.

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Veröffentlicht am 29.04.2021

lockere, leichtgängige Geschichte mit viel Gefühl

Honigherzen
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Für Leni scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen. Sie hat die Chance aufs Land zu ziehen und dort einen Hofladen zu eröffnen, in dem sie Produkte aus eigener Herstellung verkaufen könnte. Auch wenn damit ...

Für Leni scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen. Sie hat die Chance aufs Land zu ziehen und dort einen Hofladen zu eröffnen, in dem sie Produkte aus eigener Herstellung verkaufen könnte. Auch wenn damit einiges an Arbeit auf sie zukäme, auch weil das Haus stark renovierungsbedürftig ist, wagt sie den Schritt und siedelt mit ihrer Schwester und ihrer kleinen Tochter um. In der eingeschworenen Dorfgemeinschaft Fuß zu fassen, stellt sich jedoch leider als nicht ganz so einfach da. Vorurteile und Gerüchte halten die Leute fern und fördern die Hilfsbereitschaft nicht unbedingt. Es gibt allerdings auch Lichtblicke und attraktive Helfer, die nicht nur für das Haus ein Gewinn sein könnten. So honigsüß, wie Leni sich ihr Leben auf dem Land vorstellt hat, läuft es insgesamt aber nicht, immer wieder gibt es neue Schwierigkeiten und Hürden. Ob es wirklich die richtige Entscheidung war?

Der Schreibstil von Mina Teichert hat mir von Beginn an gut gefallen. Die Geschichte behält eine lockere, leichtgängige Atmosphäre, obwohl auch immer mal wieder ernstere Themen und Schwierigkeiten eingeflochten sind. Für Leni läuft längst nicht alles nach Plan und auch mit den Ereignissen der Vergangenheit hat sie immer wieder zu kämpfen. Trotzdem steckt sie nicht dauerhaft den Kopf in den Sand, rappelt sich wieder auf, fasst wieder Mut, geht neue Projekte an, kann sich auch mal selbst auf die Schippe nehmen und hat als zusätzliche Stütze ihre Schwester Juna an der Seite. Auch Wirbelwind Romy, die Tochter von Leni, sorgt immer wieder für Situationen zum Schmunzeln oder auch Hände vor’s Gesicht schlagen. Ihre „Huch“-Momente sind häufig kleinere oder größere Katastrophen, die deutlich machen, dass sie oftmals tollpatschig oder unkoordiniert ist, meistens aber einfach auf eine liebenswerte Art und Weise. Romy wird im Verlauf des Buches sieben, damit verzeiht man ihr das eine oder andere, manchmal hätte ich ihr aber auch gern ein paar Takte erzählt. Die Erziehung eines Kindes bringt so seine Hürden mit sich, auch das ist immer wieder auf unterschiedliche Weise in die Handlung eingebaut und passte einfach zu dem Frauenhaushalt. Es ist aber natürlich kein Elternratgeber, sondern vorrangig eine Liebesgeschichte mit einigen Hindernissen.
Im Buch begleitet man Leni aus der Ich-Perspektive. So erhält man sehr intensive Einblicke in ihre Gedanken und Gefühlswelt, die es leicht machen, sich in die Protagonistin hineinzuversetzen. Man ist immer nah am Geschehen und kann mit Leni gemeinsam erleben, wie sie kleine Erfolge feiert, wie sie mit Misserfolgen umgeht, was mit ihrem Herzen passiert und zu welchen Kurzschlussreaktionen sie sich hinreißen lässt. Da kann dann auch mal unverhoffter Tierzuwachs an der Tagesordnung stehen. Langweilig wird es mit den drei Frauen auf jeden Fall nicht. Immer wieder gibt es neues Chaos, aber auch neue Ideen und Kreationen für ihren Hofladen, die sie sehr liebevoll gestalten. Eine nette Abwechslung waren Lenis variable Bezeichnungen für verschiedene Charaktere. So hat zum Beispiel der „Prinz“, der ihr über den Weg gestolpert ist, immer wieder andere Beinamen bekommen – direkt, ungestüm, ungeduldig, charmant – je nachdem, wie er in der jeweiligen Situation war. Es war immer erkennbar, über wen Leni gerade spricht oder nachdenkt, auch wenn sie ihrer Kreativität da keine Grenzen gesetzt hat. Das hat es sehr facettenreich gemacht und passte einfach zu der Schauspielerin, die auch in anderen Momenten immer mal wieder die Führung übernimmt, auch wenn Leni in letzter Zeit nicht mehr auf der Bühne stand. Ebenso kreativ und ungewöhnlich fand ich die Art der „Problemlösung“ im letzten Abschnitt der Geschichte. Das kann ich aus Spoilergründen jetzt nicht intensiver ausbauen. Es war aber definitiv keine ganz klassische Variante und gut abgestimmt auf die Figuren.

Die Konstellation der Charaktere hat mir ebenfalls gut gefallen. Jeder bringt ein paar Ecken und Kanten mit, was die Handlung vielseitig und immer wieder anders macht. Ein paar der Dorfbewohner spielen im Verlauf der Geschichte eine größere Rolle und mischen sich teils offensichtlich, teils hinterhältig in den ohnehin schon nicht ganz leichten Weg der Schwestern ein. Es gibt aber auch immer wieder wahre Schätze und treue Seelen, die für positivere Energien und liebevolle Augenblicke sorgen.
Leni und Juna waren mir von Anfang an sympathisch. Die Schwestern halten zusammen, haben ihre Gemeinsamkeiten, kennen sich sehr gut, sind aber auch nicht immer einer Meinung, ecken auch mal an oder bringen Wahrheiten auf den Tisch, die der anderen möglicherweise nicht so gut gefallen. Tollpatsch Romy bringt ebenfalls immer wieder ungeplante Situationen mit sich und fordert Lenis Geduld stellenweise enorm. Ich mochte aber, wie die Kleine sich entwickelt hat und auch wenn am Ende längst nicht alles perfekt ist, so hat sich doch auch für sie manches getan, ohne dass sie komplett verbogen wurde. Richtig toll fand ich auch die unterschiedlichen Liebesgeschichten, die im Buch integriert waren. Nicht nur Lenis Herz wird aus dem Takt gebracht. Trotzdem empfand ich es nie als zu viel oder zu kitschig, weil es sich sehr harmonisch in das Gesamtgeschehen eingefügt hat. An der einen oder anderen Stelle hätte es für meinen Geschmack vielleicht noch etwas mehr in die Tiefe gehen können, da ich aber eine eher leichte, vielleicht sommerliche Lektüre erwartet habe, wurde ich in der Hinsicht auf jeden Fall nicht enttäuscht.
Fazit

Eine schöne, insgesamt leichtgängige Liebesgeschichte, die aber auch ernstere Themen enthält, sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt und verschiedene Aspekte vereint. Kleine Hinterhältigkeiten, Missverständnisse, Renovierungschaos und kopfstehende Gefühle stellen zusätzliche Stolpersteine dar, trotzdem fassen Juna und Leni immer wieder neuen Mut, werden kreativ, entwickeln Ideen, testen sich aus und bemühen sich, trotz all der Hürden und Fehlversuche ihren Hofladen auf stabile Beine zu stellen und gleichzeitig für ihr Seelenheil zu sorgen. Ihre Ideen für die selbst gemachten Produkte haben mir dabei richtig gut gefallen und geben der Geschichte auch einen schönen Rahmen. Eine schöne, unterhaltsame Mischung mit schön angelegten, sehr unterschiedlichen Charakteren, die für tolle Lesestunden gesorgt hat.

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Veröffentlicht am 11.04.2021

spannend, aber auch viel Gefühlschaos/3,5-4 Sterne

Stolen 2: Verwoben in Verrat
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Achtung: zweiter Band! Meine Rezension kann kleine Spoiler enthalten. Vorwissen zum Lesen der Fortsetzung notwendig.

Abby hatte zwar keine besonders große Lust auf ihren Aufenthalt in Darkenhall, was ...

Achtung: zweiter Band! Meine Rezension kann kleine Spoiler enthalten. Vorwissen zum Lesen der Fortsetzung notwendig.

Abby hatte zwar keine besonders große Lust auf ihren Aufenthalt in Darkenhall, was sie seit ihrer Ankunft dort erlebt, sprengt allerdings alle ihre Befürchtungen und Erwartungen bei weitem. Die Schule und Kurse zum „auf die richtige Bahn bringen“, spielen eher eine untergeordnete Rolle, obwohl sie genau dafür dort sein sollte. Seitdem sie die Tremblay Brüder kennengelernt hat, steht ihr Leben Kopf, ihr Herz fährt Achterbahn und es wird mit jedem Tag schlimmer. Die Ereignisse lassen sie zweifeln und bald weiß Abby nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann. Wer steht auf ihrer Seite? Wer kämpft für die gleichen Ziele? Wer kann sie unterstützen, wer wird sie nur ausnutzen? Und kann sie eigentlich ihren eigenen Gedanken und Gefühlen noch trauen?

Der erste Band endet an einer sehr spannenden Stelle, so dass ich sehr neugierig war, wie es wohl weitergehen würde. Zunächst taucht man auch kurz in die turbulenten Ereignisse wieder ein, bevor es dann deutlich ruhiger wird und das gesamte Gefühlschaos mehr Raum einnimmt. Besonders das erste Drittel der Geschichte ist geprägt von den aufgewühlten, teilweise manipulierten Emotionen, die vor allem in Abby, aber auch in einigen der anderen Figuren wüten. Diese Thematik ist nicht unwichtig für den Verlauf und den Fortgang der Handlung, insgesamt war es mir persönlich aber doch fast etwas zu viel. Die Dreiecksgeschichte nimmt sehr viel Platz ein, immer wieder wird es neu entfacht, auch wenn man zwischendurch dachte, dass es nun eine „Klärung“ der Situation gibt. Dass die Gefühle, Empfindungen, Gedanken, Zweifel, Hoffnungen und Erwartungen eine Rolle spielen, finde ich sehr verständlich und es hat auch einen direkten Bezug zur Handlung und Auswirkungen, nur in der Fülle war es mir einfach etwas zu intensiv. So zog sich das erste Drittel des Buches leider ein wenig und ich hatte den Eindruck, in der Hauptstory nur wenig voranzukommen. Mit dem Voranschreiten der Geschichte wurde es dann aber auch wieder turbulenter und ereignisreicher, die Verstrickungen zwischen den Charakteren nehmen zu und die Dinge, die passieren, haben Auswirkungen an unterschiedlichen Stellen. Dabei scheint allerdings jede Figur ihre ganz eigenen Absichten zu verfolgen und so muss man sich irgendwann fragen, wem man eigentlich trauen kann und wer nur Interesse und Zusammenhalt vorspielt, bevor er sich dann seinen persönlichen Zielen widmen wird.

Wie auch im ersten Band sind unterschiedliche Perspektiven enthalten. Der Wechsel zwischen diesen sorgt für eine schöne Dynamik und sorgt teilweise für eine Steigerung der Spannungsmomente. Während man Abby aus der Ich-Perspektive begleitet, werden die anderen Figuren von einem personalen Erzähler übernommen. So ist man besonders intensiv bei der jungen Protagonistin, deren Welt im Moment ziemlich Kopf steht und die an unterschiedlichen, besonders emotionalen Fronten, kämpfen muss. Ich fand es jedoch auch interessant die anderen Charaktere zu begleiten. Dadurch werden die Zusammenhänge und Verstrickungen noch greifbarer und verständlicher, teilweise erlangt man einen Wissensvorsprung, der das weitere Verfolgen der Handlung jedoch nicht langweilig macht und man erhält zusätzlich auch noch Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt einiger Figuren, wodurch man sie besser kennenlernen kann. Auch wenn es das nicht immer einfacher macht, sie richtig einschätzen zu können. Einige der Charaktere kennt man bereits aus dem Auftakt, darüber hinaus gibt es aber noch weitere Figuren, die nun mehr in den Mittelpunkt rücken oder ganz neu dazu kommen. So entsteht eine bunte Mischung, die für einiges an Turbulenzen, Streitigkeiten, aufgewühlten Gefühlen und unbändigem Verlangen – vor allem nach kraftvollen Weben- sorgt.
Besonders faszinierend finde ich nach wie vor all die Aspekte rund um die unterschiedlichen Weben, die in den Menschen vorkommen. Zu dem Thema erfährt man jetzt auch noch mal mehr, als im Auftakt der Reihe, was mir gut gefallen hat. Seelen-, Herz- und Erinnerungsweben haben unterschiedliche Funktionen und kommen bei jedem in verschiedener Kombination und Intensität vor. Was die Weben mit den Trägern machen, was passiert, wenn man sie verliert und was sie in denen auslösen, die sie aufnehmen, wird nun noch intensiver präsentiert, so dass mehr Zusammenhänge klar werden.

Am Ende des Buches war ich irgendwie hin und hergerissen. An sich mag ich den Schreibstil von Autorin Emily Bold. Sie verknüpft unterschiedliche Themen, hat einige Zusammenhänge aufgedeckt und ich bin sehr gespannt, wie es nun weitergehen wird, wer auf welcher Seite steht und an welcher Front weiter mitkämpft, wer wen hintergeht und was am Ende vielleicht noch mal ganz anders ist, als es bisher scheint. Ich mochte auch die kleinen Rückenblenden, die schön in das aktuelle Geschehen eingebunden waren und die turbulenteren Ereignisse, die nach dem ruhigeren ersten Drittel kamen. Die Intensität an Gefühlschaos war mir allerdings zu viel, teilweise sind die Figuren sehr sprunghaft und damit weniger greifbar, wobei man teilweise eben auch verstehen kann, wieso es ihnen so schwer fällt, was sie umtreibt und wie schwierig es für sie sein muss, mit ihren Fähigkeiten und dem Wüten klar zu kommen. Ich hätte mir auf jeden Fall weniger Dreiecksproblematik gewünscht und hoffe sehr, dass es im nächsten Buch nicht wieder so im Vordergrund stehen wird.
Fazit

Eine Fortsetzung, die Unterschiedliches zu bieten hatte. Auf der einen Seite werden Verstrickungen aufgedeckt, die Verbindungen zwischen den Charakteren werden noch deutlicher und auch zu der Thematik der Weben gibt es mehr Informationen. Auf der anderen Seite stehen die unterschiedlichen Emotionen der einzelnen Figuren sehr im Fokus des Geschehens. Verrat, Lügen, Zuneigung, Erinnerungen… da kommt ein ziemlicher Gefühlscocktail auf die Protagonisten zu und oft wissen sie nicht, was sie denken und wem sie noch trauen sollen. Und auch wenn die unterschiedlichen Empfindungen sehr wichtig sind und auch einen direkten Bezug zu den Geschehnissen hat, war es mir an einigen Stellen doch zu viel und hat besonders das erste Drittel des Buches etwas zäh erscheinen lassen. Dennoch bin ich sehr gespannt auf den Fortgang und freue mich auf die Fortsetzung.

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