tolles Kinderbuch, schöne Botschaft, wundervoll illustriert
Seeräubermädchen und PrinzessinnenjungeFür Mara war schon ganz früh klar: sie ist ein echtes Seeräubermädchen! Ihr Hund hat den passenden Namen „Landratte“ bekommen und zu Hause und auf dem Spielplatz stürmt sie mit ihren Enterhaken und dem ...
Für Mara war schon ganz früh klar: sie ist ein echtes Seeräubermädchen! Ihr Hund hat den passenden Namen „Landratte“ bekommen und zu Hause und auf dem Spielplatz stürmt sie mit ihren Enterhaken und dem Holzschwert durch die Gegend, um Feinde zu vertreiben oder Beute zu machen.
Bei Milo geht es oft ein wenig ruhiger zu. Er ist ein Prinzessinnenjunge und liebt es mit seinen Krönchen und schöner Kleidung durch die Wohnung zu tanzen, immer mit dabei seine Puppe Lulu. Beide Kinder haben Spaß am Leben, nur auf eine ganz unterschiedliche Weise. Als Mara und Milo sich eines Tages auf dem Spielplatz begegnen, ist sofort Sympathie da und beide Kinder fangen an miteinander zu spielen und ihre Welten auf eine ganz unkomplizierte Art zu vermischen. Eine wunderbare Freundschaft entsteht, die jedoch auch mal eine Hürde überwinden muss.
Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Schon auf den ersten Seiten wird man durch die farbenfrohen, wunderschönen Illustrationen und die liebevoll gestalteten Buchseiten toll mitgenommen und lernt Mara und Milo kennen. Durch die farblichen Unterschiede in der Schrift ist auch direkt klar, mit wem man unterwegs ist. Maras Abschnitte sind in einem hellen, kräftigen blau, die von Milo in einem dunklen Violettton gehalten. Im Verlauf des Buches, wenn die Kinder gemeinsam unterwegs sind, sind die Passagen in einem dunkleren blau.
Wenn man Mara und Milo zu Beginn kennenlernt, mag man vielleicht denken, ihre Welten passen nicht so recht zusammen. Milo ist eher ein Träumer, liebt Kleider und Röcke, seine Puppe, Ballett und seine Krönchen. Nicht alle Kinder in seiner Umgebung verstehen das und manchmal muss er sich auch gemeine Sprüche dazu anhören. Aber seine Eltern unterstützen ihn und lieben ihren Milo, wie er ist. Mara ist sehr aktiv und aufgeweckt, erbeutet sich auch zu Hause gern mal Goldtaler von ihrem Vater und hat eine sehr lebendige Fantasie,besonders rund um Seeräuber.
Als die beiden Kinder dann aufeinander treffen, wird aber schnell klar, dass es ihnen ganz egal ist, ob ihre Art zu spielen auf den ersten Blick zueinander passt. Sie finden ganz unkompliziert Wege, beide „Welten“ miteinander zu vermischen, die Stärken von jedem zu nutzen und sich gegenseitig in das Spiel des anderen zu integrieren. Ein paar Glitzerbänder haben schließlich noch keinem Seeräuberschiff geschadet, außerdem kann man damit wunderbar verschiedene Dinge festbinden. Mara und Milo sind offen und aufgeschlossen im Umgang miteinander, lassen sich voneinander inspirieren und entwickeln gemeinsame schöne Ideen. Auf eine sehr angenehme, unaufgeregte Art. Für die Kinder spielt es einfach keine Rolle und genau so sollte es ja auch sein.
Als sie dann für einige Zeit voneinander getrennt sind, verändert sich ihre Welt. Ohne den anderen macht es nicht so viel Spaß. Sie machen Erfahrungen, die zeigen, dass manches doch gar nicht so bunt und fröhlich ist oder eben ganz anders, als sie es sich vorher vorgestellt hatten. Für mich stand es auch symbolisch für Erlebnisse und Ereignisse, die es im Leben so gibt, die einen prägen und verändern und auch für Entwicklungsschritte, die man so macht. Als sie sich wiedersehen, ist da erst mal eine gewisse Distanz, vermutlich weil sie nicht direkt über ihre Gefühle reden wollen oder können und vielleicht auch selbst nicht genau wissen, ob sich nicht noch mehr verändert hat, als das, was ihnen so aufgefallen ist. Durch die Reduzierung der Farbe wird das auch in den Illustrationen deutlich. In Freundschaften ist nicht immer nur alles locker und leicht, manchmal muss man auch kleine Hürden und Hindernisse überwinden – am besten natürlich gemeinsam.
Die Texte im Buch sind sprachlich einfach gehalten, so dass es für Kinder gut verständlich ist. Die Illustrationen sind größtenteils sehr großflächig, manche sind auch etwas kleiner, auf diesen Seiten gibt es dann auch mehr Text. Die Mischung war aber sehr angenehm und es gibt immer was zu entdecken. Die Bilder sind gut auf die Handlung abgestimmt und machen alles noch lebendiger und mitnehmender. Mir hat der Stil des Buches richtig gut gefallen, die Stimmung in der Geschichte, die kleinen Botschaften, die drin stecken und vor allem der unaufgeregte Umgang der beiden Kinder miteinander.
Geschlechterklischees sollten wirklich nicht so einen große Rolle spielen. Jeder sollte sich einfach so fühlen, wie er sich eben fühlt und das auch zeigen dürfen – warum auch nicht? Es tut doch keinem weh, sich auszuleben und zu testen, das zu tragen, was man mag, mit dem zu spielen, was man mag und so weiter. Es wird ja eher von der Gesellschaft geprägt, verboten und beschränkt, was es für alle schwieriger macht, wenn sie nicht in die teils starren Muster passt, die es einfach gar nicht geben müsste.
Einziger kleiner Kritikpunkt ist vielleicht, dass ich nicht ganz verstanden habe, wieso die Eltern sich auch voneinander „entfernt“ haben, als die Kinder es taten, eigentlich gab es dafür keinen wirklichen Grund, da aber Mara und Milo im Fokus standen und die beiden ihren Weg gefunden haben, fand ich das nicht so schlimm.
Ein wirklich wunderschönes Kinderbuch.