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Veröffentlicht am 16.12.2021

Sehr fantasievolles Setting

Vincent und das Großartigste Hotel der Welt
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Vincent lebt mit seiner Familie in Barry, einer tristen Kleinstadt. Seine Eltern haben ihre Lebensträume über Bord geworfen, der Vater arbeitet in einer stinkenden Tierfutterfabrik, während sich die Mutter ...

Vincent lebt mit seiner Familie in Barry, einer tristen Kleinstadt. Seine Eltern haben ihre Lebensträume über Bord geworfen, der Vater arbeitet in einer stinkenden Tierfutterfabrik, während sich die Mutter um Vincents anstrengenden, kleinen Bruder Thom kümmert, der ständig Schreianfälle hat. Keiner weiß genau, was ihm fehlt. Als Vincents Opa stirbt, erbt er dessen zauberhaftes Schuhputzzeug und wird schon an seinem ersten Tag vom Großartigsten Hotel der Welt engagiert. Dieses liegt hoch im Gebirge über Barry und bietet die sagenhaftesten Zimmer, wilde Tiere und erstaunlichen Service. Vincent ist überglücklich dort arbeiten zu dürfen, doch dann wird er unvorsichtig und riskiert aus Sorge um seine Familie einen Blick in das Spiegel-der-Zunkunft-Zimmer. Ein Fehler, den er nicht wiedergutmachen kann, oder doch?

Es ist schon eine sehr sehr seltsame Welt, die der Autor in diesem Buch beschreibt. Zum einen scheint es die ganz normale Gegenwart zu sein, doch dann taucht dieser Zauber-Schuhputzkasten auf. Auch andere Elemente erinnern eher an große, bunte Fantasyverfilmungen. Alles ist recht extrem dargestellt: der Bruder Thom, der nur Eier isst, die Schwester, die mit ihren sieben Jahren auf jeden Fall Schauspielerin werden möchte und immer eine Decke als Cape trägt, der Geruch von fauligen Fischabfällen aus der Katzenfutterfabrik. Dazu spricht uns der Autor teilweise direkt an und berichtet auch über das, was sein Co-Autor tut und meint. Zunächst war das alles etwas verwirrend.

Der erste Tag in diesem riesigen, farbenfrohen Hotel war dann fast noch verwirrender und lief über vor fantasievollen Ideen. So richtig vorstellen konnte ich es mir nicht, dazu waren es einfach zu viele Eindrücke auf einmal und zunächst fehlte mir auch ein bisschen die Handlung. Zudem ist das ganze Hotel auch irgendwie unglaublich und passte so gar nicht zum Rest der Welt. Wie ist das möglich? Diese Frage tauchte ständig in meinem Kopf auf. Dieser Gegensatz von Fantasie zu Wirklichkeit erklärte sich erst viel später.

Obwohl wie gesagt zunächst etwas wenig Handlung da ist, entwickelt das Buch trotzdem einen seltsamen Sog, so dass man unbedingt wissen möchte, wie die einzelnen Fäden zusammenlaufen. Etwas ab der Hälfte nahm die Handlung etwas Fahrt auf und ich rauschte nur so durch. Sprachlich war sie sehr flüssig, farbenfroh und bildhaft dargestellt. Der Protagonist Vincent ist ein sehr einfühlsamer Mensch. Überhaupt sind alle Mitarbeiter des Hotels auf ihre Weise so verständnisvoll und freundlich, nichts kann sie aus der Ruhe bringen, nicht mal die schwierigste Kundschaft.

In der Logik der Geschichte tun sich für mich einige Lücken auf. Diese versteht man erst, wenn man akzeptiert, dass man sie nicht logisch betrachten sollte. Für Kinder ist das Großartigste Hotel der Welt vermutlich einfach eine schöne, bunte Traumwelt, in der man alles sein kann, was man möchte. Erst am Ende erfährt man, dass auch der manchmal kommentierende Co-Autor ein Grund dafür ist und welche Motivation der Autor beim Schreiben des Buches hatte. Eine sehr bunte Geschichte über Freundschaft, Träume und die Fantasie. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 14.12.2021

Ein etwas anderes Weihnachtsfest

Das Geschenk
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Eigentlich wollten Kathrin und Peter das Weihnachtsfest ohne Kinder auf einer Insel verbringen. Doch als der verwitwete Klaus, ein alter Freund der Familie, anruft und die beiden zum Weihnachtsfest in ...

Eigentlich wollten Kathrin und Peter das Weihnachtsfest ohne Kinder auf einer Insel verbringen. Doch als der verwitwete Klaus, ein alter Freund der Familie, anruft und die beiden zum Weihnachtsfest in ein Haus auf dem Land einlädt, sagt Kathrin, die immer ein guter Mensch sein will, sofort zu, was ihrem Mann Peter gar nicht behagt. Notgedrungen machen die beiden sich auf den Weg und finden sich in einer ganz anderen Situation wieder, als sie sie erwartet hatten. Denn Klaus ist mitnichten der untröstliche Witwer aus ihrer Vorstellung.

Ich mochte den Aufbau dieser kurzen Geschichte. Alina Bronsky schafft es sehr gekonnt, mich als Leser erstmal auf die falsche Fährte zu locken, genau wie den Ich-Erzähler Peter und seine Frau Kathrin. Durch die Erzählung in der ersten Person Singular fühlt man sich so, als wäre man in diesem kleinen, nicht besonders gemütlichen Haus dabei und würde teilnehmen an dem sehr speziellen Weihnachtsfest. Es ist köstlich, wie die Autorin die Abfälligkeit des Gastehepaares gegenüber Klaus und seinem neuen Lebensentwurf darstellt und in Worte verpackt, um diese dann auf die beiden selbst widerzuspiegeln. Im Großen und Ganzen geht es um die Ehe, Erinnerungen, Veränderungen, Fehleinschätzungen, Vorurteile und das sich selbst belügen Wollen. Etwas, was vor allem der Ich-Erzähler perfekt beherrscht. Nur einmal reflektiert er aufgrund des emotionalen Weihnachtsfestes seine Taten, um sich am nächsten Tag in Vergessen zu hüllen.

Auch wenn die Geschichte "Das Geschenk" heißt und zu Weihnachten spielt ist dies kein Buch, das ich zu Weihnachten verschenken würde. Dafür steckt zu viel ungeschönte, schmerzhafte Wahrheit hinter der Sezierung der Beziehungsgeflechte. Dennoch ist es sehr unterhaltsam, was vor allem am guten Auge und der leichten authentischen Schreibweise der Autorin liegt. Durch das relativ offene Ende, bietet die Geschichte viele Anregungen für eigene Gedanken. Ein gelungenes Buch, dessen Ehrlichkeit, aber nicht jedem gefallen dürfte.

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Veröffentlicht am 08.12.2021

Trust me if you can

Aber der Sex war gut
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Annie Sheperd ist die von ihren Lesern gefeierte und geliebte Autorin der Trust-Me-Reihe. Sie hat Fans auf der ganzen Welt und gespannt warten sie auf den neuen Band. Nur ihr eigener Agent, Henry Higgins, ...

Annie Sheperd ist die von ihren Lesern gefeierte und geliebte Autorin der Trust-Me-Reihe. Sie hat Fans auf der ganzen Welt und gespannt warten sie auf den neuen Band. Nur ihr eigener Agent, Henry Higgins, für Annie ein verstockter Brite, kann mit diesen Romanen und der Art seiner Klientin so überhaupt nichts anfangen. Als nun Joe, der viel ältere Lebensgefährte von Annie, welcher selbst einmal als Autor anspruchsvoller Bücher galt, das Zeitliche segnet, hat Annie plötzlich ganz andere Sorgen, als die Traue um ihn. Ein Besucht beim Anwalt fördert Schockierendes zu Tage. Annie bleibt nur eine Person, an die sie sich wenden kann: Henry. Doch dafür müsste Annie zuerst ihr größtes Geheimnis preisgeben.

Den Klappentext fand ich so einladend, dass ich das Buch unbedingt lesen wollte. Das war mal was ganz Anderes, als die üblichen Liebesgeschichten, denn mir war irgendwie klar, dass da mehr dahinter stecken muss, als man zunächst erfährt. Und tatsächlich ist die Auflösung von Annies Geheimnis ein ziemlicher Schock für den Leser und erst recht für Henry, dessen Job vom Erfolg der Trust-me-Reihe abhängt. Und damit beginnt auch eine reichlich turbulente Story. Die Autorin pflegt einen offenherzigen, flüssigen und manchmal bissigen Schreibstil, der sich sehr gut lesen lässt, auch wenn die Gedanken ihrer Protagonisten manchmal etwas verwirrend und ihre Entscheidungen für mich nicht sofort nachvollziehbar waren. Etwa 2/3 des Buches waren wirklich gespickt mit neuen und witzigen Ideen, die Handlung war spannend. Zum Ende hin lässt sie dann meiner Meinung nach etwas nach, da das Ganze doch recht konstruiert wirkt oder ganz einfach auch, weil ich mir den Verlauf anders gewünscht hätte. Es geht dann sehr viel um Vertrauen, das fehlt oder verspielt wird.

Die Protagonisten, die man abwechselnd toll findet und dann wieder schütteln möchte, sind ganz spezielle Charaktere. Ich hatte noch kein Buch, wo mir die gerade aufgebaute Sympathie für jemanden im nächsten Moment fast wieder gänzlich abhanden gekommen ist. Aber genau diese Sprunghaftigkeit und die Gegensätze, die sich auch im Cover widerspiegeln, machen den Unterhaltungswert der Geschichte aus, die ich ziemlich flott weggelesen habe, weil ich natürlich wissen wollte, ob die Liebe eine Chance hat. Und dass es sich bei dem Buch nicht um einen typischen, schnulzigen Liebesroman handelt, fand ich sehr erfrischend.

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Veröffentlicht am 08.12.2021

Einer vom alten Schlag

Barbara stirbt nicht
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Als der Rentner Walter Schmidt eines morgens allein im Bett aufwacht, fällt ihm erst durch das Fehlen des gewohnten Kaffeedufts aus der Küche auf, dass mit seiner Frau Barbara etwas nicht stimmen kann. ...

Als der Rentner Walter Schmidt eines morgens allein im Bett aufwacht, fällt ihm erst durch das Fehlen des gewohnten Kaffeedufts aus der Küche auf, dass mit seiner Frau Barbara etwas nicht stimmen kann. Er findet sie verletzt im Bad, wo sie einfach umgefallen ist. Er verfrachtet sie - es wird schon nicht so schlimm sein - wieder ins Bett. Doch wer macht jetzt seinen Frühstückskaffee?

Der Klappentext lässt den Eindruck entstehen, dass es sich hier um ein lustiges Buch über einen alten Kauz handelt, der endlich lernen muss, für sich selbst zu sorgen, anstatt sich, was Haus, Garten und Küche betrifft, auf seine Frau zu verlassen. Stimmt und stimmt auch wieder nicht. In diesem Buch steckt so viel mehr und oft zwischen den Zeilen. Ganz klar ist es kein "urkomisches Porträt einer Ehe", denn wann immer man eigentlich lauthals loslachen möchte, sorgt der grantelnde und ignorante Herr Schmidt dafür, dass es dem Leser im Halse stecken bleibt.

Manchmal hat man das Gefühl, er lässt wirklich an niemandem ein gutes Haar. Selbst seine eigenen Fehler kreidet er anderen an. Walter Schmidt ist wirklich ein Mann vom alten Schlag, dessen Frauenbild zunächst noch aus dem Mittelalter stammt. Seine Frau tat mir oft leid, weil ihrem Mann zwar auffällt, dass sie viel für ihn getan hat, bei Heim und Garten ihr bestes gegeben hat, doch immer wieder fallen ihm Dinge ein, die sie hätte besser machen sollen, obwohl da schon manchmal auch liebevolle Schwingungen wahrzunehmen sind. Herr Schmidt ist irgendwie ein Widerspruch in sich selbst zugezogen, aber rassistisch gegenüber allem anderen, die Hilfe seiner Kinder will er nicht, da geht er lieber die Bäckereiverkäuferin fragen, über die abgerissenen Gestalten herziehen, aber dann mildtätig werden usw.

Zu Gute halten muss man ihm, dass er versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Er findet neue Aufgaben für sich, die er akribisch betreibt und seinem Perfektionismus unterwirft. Doch oft wenn er mir gerade sympathisch zu werden droht, tut oder sagt er wieder etwas, was gar nicht geht.

Nach und nach zeigen sich dann auch Risse in seiner perfekten Fassade. Das Verhältnis zu den Kindern, Eifersucht, Schwächen, die unterdrückte Angst um Barbara, die er sich nicht anmerken lassen will. Und am Ende offenbart er dann noch ein Geheimnis, das er immer versucht hat, für sich zu behalten, von dem aber eigentlich das ganze Dorf seit Jahrzehnten weiß.

Ich bin nicht ganz schlau aus diesem widersprüchlichen Mann geworden, vor allem die Aktion am Ende des Buches hat für mich auch nicht so recht zu ihm gepasst. Zudem bleibt der Schluss weitestgehend offen. Nichts gegen ein offenes Ende, das mir Spielraum lässt, die Geschichte weiterzuspinnen, doch hier bleibe ich eher etwas orientierungslos zurück.

Der Schreibstil von Alina Bronsky ist im Übrigen sehr locker, was wieder etwas im Widerspruch zur Thematik steht, aber vermutlich genau so beabsichtigt ist, weil die Geschichte sich beim Lesen leicht und kurzweilig anfühlt trotz der schwierigen Themen. Und das gefällt mir wiederum ausgezeichnet. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Brücke in die Geisterwelt

Die Geister der Pandora Pickwick
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Weil ihre Adoptiveltern geschäftlich verreisen müssen, verbringt Fanny ihre Ferien notgedrungen bei Tante Harriet. Diese führt das Antiquitätengeschäft Pandora's Antiques. Die Freude bei Fanny ist groß, ...

Weil ihre Adoptiveltern geschäftlich verreisen müssen, verbringt Fanny ihre Ferien notgedrungen bei Tante Harriet. Diese führt das Antiquitätengeschäft Pandora's Antiques. Die Freude bei Fanny ist groß, denn sie mag ihre Tante und den Laden. Doch schon bald hört sie nachts Geräusche, es rumpelt und poltert im Laden. Tante Harriet scheint das gar nicht wahrzunehmen und tut als ob nichts wäre. Doch Fanny wird klar, dass sie einem Geheimnis auf der Spur ist, das sie unbedingt lüften möchte. Ob es etwas mit ihrer Herkunft zu tun hat?

Das Cover ist wirklich umwerfend geisterhaft und hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Auf den ersten Seiten war es dann etwas mühsam reinzukommen, weil alles recht knapp beschrieben wurde. Doch schon bald war ich immer mehr gefesselt von der Idee der Autorin. Fanny ist ein kluges Mädchen, das recht schnell merkt, dass im Laden ihrer Tante etwas gar nicht stimmt. Doch selbstbewusst und entgegen aller Vorsicht versucht sich herauszufinden, was die Familie zu verbergen hat.

Natürlich kommt neben verschiedenen Geistern auch eine Geisterdimension ins Spiel. Das Zusammenspiel der beiden Welten ist wirklich plausibel dargestellt. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass es etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre. So ist das Abenteuer doch recht schnell vorbei, natürlich nicht ohne eine gehörige Portion Grusel und Action. Auch gibt es am Ende eine Wendung, die ich so nicht erwartet hätte. Alles in allem ein leichter geisterhafter Lesespaß für Mädchen und Jungs ab etwa 9 Jahren.

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