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Veröffentlicht am 30.03.2024

Geteilte Herzen

Das Jahr ohne Sommer
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Die Ich-Erzählerin ist noch klein, als ihre Eltern die Flucht aus der DDR wagen. Diese misslingt, und so verbringt die Kleine zwei Jahre ihres bisher kurzen Lebens bei ihrer Oma in Leipzig. Die Eltern ...

Die Ich-Erzählerin ist noch klein, als ihre Eltern die Flucht aus der DDR wagen. Diese misslingt, und so verbringt die Kleine zwei Jahre ihres bisher kurzen Lebens bei ihrer Oma in Leipzig. Die Eltern werden aus dem Gefängnis freigekauft und dürfen ausreisen. Das Kind wird kurz darauf nachgeholt. Es beginnt ein neues Leben, tief im Westen, zwischen Euphorie, Freiheitsgefühl, Fremdheit und Sehnsucht. Getrennt von der geliebten Leipziger Oma, mit einer an Leib und Seele erkrankten Mutter versucht das Kind im fremden Rheinland Fuß zu fassen. Doch die Vergangenheit lässt die Familie nicht los und legt sich wie ein eiserner Vorhang um die Herzen. Das Buch ist mit knapp 200 Seiten recht kurz, und doch hätte ich Constanze Neumann ewig weiter zuhören können. Diese Geschichte ist mit wenigen Worten so prägnant erzählt, dass sie sich tief in die Seele eingräbt. Die Flucht aus der vermeintlichen Enge führt zur äußerlichen Freiheit und inneren Enge. Bildhaft prägnant dargestellt ist die Moll-Welt der Mutter in ihrer Schwere. Während der Vater laut und kraftvoll durch seine Dur-Welt tobt. Dazwischen das Kind, dass versucht sich in der neuen Welt zurechtzufinden, traumatisiert durch die Flucht und Trennung von geliebten Menschen, wird sie in der neuen Welt wegen ihres Dialektes verhöhnt, den sie versucht abzudecken wie einen Pickel. Eine unglaublich eindrucksvoll auf den Punkt gebrachte Ost-West-Geschichte, wie sie für so viele in unserer Gesellschaft steht. Unsere Generation muss verstehen lernen, und hoffen, dass nächste Generationen unbeschwerter aufwachsen dürfen und Ost und West nur noch Angaben auf der Landkarte sind.

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Schweigsam

Mutternichts
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Die Mutter ist der Mensch, mit dem man sich einen Körper geteilt hat, aus deren Zellen sich die eigenen geformt haben. Sollte es dann nicht auch der Mensch sein, den man am besten kennt? Dem man sich am ...

Die Mutter ist der Mensch, mit dem man sich einen Körper geteilt hat, aus deren Zellen sich die eigenen geformt haben. Sollte es dann nicht auch der Mensch sein, den man am besten kennt? Dem man sich am nächsten fühlt, verstanden und vertraut? Christine Vescoli kennt dieses Gefühl nicht. Denn ihre Mutter hat zeitlebens geschwiegen. Wollte ihre eigene Geschichte nicht preisgeben. Die Fakten ja, die sind bekannt. Als Kind einer armen Familie wurde die Mutter als Vierjährige weggegeben. Sie kannte sie nur die Arbeit und die hartherzige Bäuerin auf deren Hof sie gebracht wurde. Ihr Eltern bekamen weitere Kinder, aber alle außer ihr durften bleiben. So grausam und unverständlich, wie dies für den Leser ist, so unbegreiflich ist es auch für die Tochter. Und sie hat Fragen an ihre Mutter, doch die schweigt. Die Autorin möchte dieses Schweigen überwinden, möchte die Geschichte der Mutter verstehen, um sich auch selbst verstehen zu können. Der Text ist zart und poetisch, mit leisen Tönen, die jedoch in die Tiefe gehen und erschüttern. Fragen über den Sinn dieses Lebens kommen auf und werden mit tiefer Religiosität beantwortet. Als hätte das Leiden seine Berechtigung in der Nähe zu Gott. Hier zu begreifen, fällt auch mir schwer. Und so kann nichts anderes getan werden, als die lebenden Mütter zu fragen, denn die toten werden nicht mehr antworten.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Mystisch

Verborgen
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In dem kleinen beschaulichen Ort Akranes brennt das Haus einer vielköpfigen Familie. Bei den Löscharbeiten wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Der ganze Ort ist erschüttert, besonders als herauskommt, ...

In dem kleinen beschaulichen Ort Akranes brennt das Haus einer vielköpfigen Familie. Bei den Löscharbeiten wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Der ganze Ort ist erschüttert, besonders als herauskommt, dass er wohl schon vorher ermordet worden ist. Elma und ihr Team nehmen die Ermittlungen auf. Es entspinnt sich eine Geschichte voller Lug und Trug. Niemandem kann dem anderen trauen und was nach außen hin perfekt aussah, entpuppt sich im Innern als verfault und übel. Elma bleibt hartnäckig, obwohl sie doch selbst in ihrem Privatleben ziemlich im Umbruch ist. Dies ist der dritte Teil der Island-Krimireihe. Ich war wieder begeistert von dieser ruhigen, aber mystischen Stimmung, die hier aufgebaut wird. Aktion und Tempo sucht man hier vergebens. Die Figuren werden vorsichtig und zart aufgebaut, bis man denkt man würde sie verstehen und dann zeigen sie doch plötzlich ganz andere Seiten. Sind ganz anders als gedacht und überraschen einen ungemein. Die Gespräche sind unaufgeregt und ruhig und zwischen den Zeilen doch so voller Emotionen. Ich liebe diese Erzählkunst und lasse mich sehr gerne auch ein viertes Mal in die wundersame isländische Welt entführen.

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Veröffentlicht am 22.03.2024

Schmelzende Herzen

Neuschnee des Lebens
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Seit Minnie an Heiligabend von ihrem Mann verlassen wurde, plagt sie eine hartnäckige Schreibblockade. Als Bestsellerautorin ist dies für sie eine Katastrophe. Doch die Trennung hat ihr ganzes Leben erschüttert. ...

Seit Minnie an Heiligabend von ihrem Mann verlassen wurde, plagt sie eine hartnäckige Schreibblockade. Als Bestsellerautorin ist dies für sie eine Katastrophe. Doch die Trennung hat ihr ganzes Leben erschüttert. Um wieder auf die Füße zu kommen und Ideen für ihr nächstes Buch zu sammeln wird sie von ihrem Verlag in das Winterwunderland Lappland geschickt. Für die Mailänderin nicht nur wettertechnisch eine Herausforderung. Sie lässt sich jedoch gerne darauf ein und begegnet in Schweden dem einsamen Per Andersson. Ihn scheint ein Geheimnis zu umgeben und neben Ausflügen im verschneiten Lappland zeigt Per auch immer mehr von dem, was sein Herz bewegt. Und das hat nicht nur Minnie aus der Bahn geworfen, sondern auch ich war beim Lesen völlig aus dem Hier und Jetzt katapultiert. Die Geschichte ist einfach nur wunderschön und geht ans Herz, ohne irgendwie kitschig zu sein. Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und habe jede Szene sehr genossen. Die Charaktere sind allesamt zauberhaft. Sogar in die Nebenrollen hat die Autorin sehr viel Herzblut gesteckt, so dass auch die Nebenschauplätze ein echter Genuss waren. Obwohl ich mich zurzeit eigentlich nach dem Frühling sehne, habe ich die Winterzeit in Lappland sehr genossen. Ich kann euch dieses Buch nur ans Herz legen. Lasst euch von der Winterwelt Lappland verzaubern und geht mit Minnie auf Entdeckungsreise.

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Veröffentlicht am 19.03.2024

Falsches Spiel

Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse
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Eigentlich hätten die vier Schwestern in Nord-Wales ganz beschaulich auf der Farm ihrer Eltern aufwachsen können. Doch ihre Kindheit war alles andere als ein kleines Paradies. Die Eltern drogenabhängig ...

Eigentlich hätten die vier Schwestern in Nord-Wales ganz beschaulich auf der Farm ihrer Eltern aufwachsen können. Doch ihre Kindheit war alles andere als ein kleines Paradies. Die Eltern drogenabhängig und nicht in der Lage sich und die Kinder zu versorgen, ließen die Farm immer weiter zugrunde gehen. Mit 16 Jahren hielt es Spring nicht mehr aus und suchte ihr Glück in London. Aber auch hier warten nur Drogen und Kleinkriminalität auf sie. Um sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen, soll sie ihre aufgebrummten Sozialstunden bei der Seniorin Sophia Fowler ableisten. Schnell merkt sie, dass es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche alte Dame handelt, sondern, dass diese aus den besseren Kreisen stammen muss. Aber wieso lebt sie verarmt in London? Die Geschichte, die dahintersteckt, führt Spring, aber auch den Leser zurück ins 19. Jahrhundert und zu einer tragischen Familiengeschichte auf Daffodil Castle. Dies ist der erste Teil der Seasons Sister Reihe, die ich als Hörbuch genossen habe. Die Story beinhaltete zwei Zeitebenen, die ich spannend, aber auch etwas vorhersagbar fand. Das Finale der Gegenwartsgeschichte empfand ich jedoch etwas unrealistisch und drüber. Eine Intrige weniger hätte der Story sicher nicht geschadet. Die Stimme der Erzählerin hat mir gut gefallen. Sie hat sowohl die alte Sophia als auch die junge Spring gut getroffen. Es war sehr angenehm ihr zuzuhören. Die Geschichte an sich war für mich nicht unbedingt ein Highlight, dennoch interessiert mich wie es bei den Schwestern weitergeht.

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