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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.05.2022

Toller Regency-Roman mit einer sympathischen Protagonistin

Die Ladys von Somerset – Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich
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Jahr 1807 und ihr Vormund wird inhaftiert. Damit muss sie sich ihren Lebensunterhalt allein verdienen. Sie findet eine Anstellung als Gesellschafterin und bekommt von ihrer Arbeitgeberin Lady Darlington ...

Jahr 1807 und ihr Vormund wird inhaftiert. Damit muss sie sich ihren Lebensunterhalt allein verdienen. Sie findet eine Anstellung als Gesellschafterin und bekommt von ihrer Arbeitgeberin Lady Darlington die Aufgabe deren Tochter Anthea mit dem reichen Lord Livingston zu verkuppeln. Doch der Plan droht zu scheitern, denn da ist noch Mr. Beauchamps, der vermeintliche Dandy, der zunächst ein Auge auf Anthea geworfen hat. Aber in diesem Fall ist nichts so einfach, wie es scheint…
Das Buch „Die Ladys von Somerset“ stammt aus der Feder der Autorin Julie Marsh und ist ihr Debütroman. Das Cover des Buches finde ich sehr passend zur Geschichte und es versetzt uns direkt in die Zeit von Jane Austen & Co. zurück. Die Autorin hat einen äußerst angenehmen und leicht schwungvollen Schreibstil und man kann der Geschichte sehr schnell folgen. Emma ist eine tolle Protagonistin und macht im Laufe des Buches eine sehr interessante Entwicklung durch- von beinahe hilflos ohne Vormund bis hin zu einer selbstbewussten jungen Frau, die ihre Ziele erreichen möchte. Anfangs ist sie sehr naiv und weiß nichts von der „wirklichen“ Welt, aber glücklicherweise ändert sich das, sodass man gerne mit ihr mit fiebert, wie ihre persönliche Geschichte ausgehen mag. Die sich aufbauenden Irrungen und Wirrungen sind sehr unterhaltsam. Das Gesellschaftsbild der damaligen Zeit wird perfekt eingefangen. Interessant ist außerdem, dass ein Teil der Geschichte am Theater spielt. Auch hier sind die Eindrücke der damaligen Zeit gut getroffen.
Nicht so gut gefallen hat mir das Hin und Her mit unserem Dandy Mr. Beauchamps und was schlussendlich daraus geworden ist. Aus ihm wird man lange Zeit nicht so richtig schlau und ich finde die Wendung der Geschichte dann doch zu vorhersehbar und einfältig. Zusätzlich fällt ganz klar auf, dass die Autorin Jane Austen oder Julia Quinn wohl sehr mag, denn manche Sätzen wirken wie aus deren Romanen entsprungen. Insgesamt war ich froh, als das Geplänkel ein Ende nahm und die Geschichte ihr Happy End erreicht hatte, allerdings war mir das Ende wiederum zu kurz.
Mein Fazit: Mit dem vorliegenden Buch kann man nichts falsch machen, wenn man auf sommerlich leichte und unterhaltsame Lektüre vergangener Zeitepochen steht. Es ist daher für Fans der Regency-Epoche sehr zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 09.05.2022

Emotionslos und kalt

Verheizte Herzen
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Ana ist verheiratet mit Paul, sie haben 2 Kinder. Doch plötzlich tritt Connor in ihr Leben, sie beginnen eine Affäre und letztendlich verliebt sie sich in ihn. Als Connor plötzlich verstirbt, tritt Rebecca, ...

Ana ist verheiratet mit Paul, sie haben 2 Kinder. Doch plötzlich tritt Connor in ihr Leben, sie beginnen eine Affäre und letztendlich verliebt sie sich in ihn. Als Connor plötzlich verstirbt, tritt Rebecca, Conners Frau in Anas Leben. Ana verwaltet den Nachlass von Connor und so wird diese von ihr kontaktiert. Die beiden Frauen freunden sich ein wenig miteinander an. Ana ist von der Idee besessen die Frau kennen zu lernen, die mit Connor verheiratet war.
Der Roman „Verheizte Herzen“ stammt aus der Feder von Sarah Crossan. Das Cover und die Aufmachung sowie auch den Titel finde ich klasse, sodass ich mich für das Werk interessiert habe. Die Autorin war mir vorher noch nicht bekannt. Leider habe ich aber übersehen, dass der Roman durchgehend in Versform geschrieben ist. Was anfangs sehr spannend und ein fliegender Wechsel von vielen Gedanken und Ereignissen ist, da einem die Satzfetzen förmlich um die Ohren fliegen, entwickelt sich zu einer echten Herausforderung dem ganzen überhaupt durchgehend zu folgen. Ich dachte, dass es vielleicht einen Wechsel an schnellen Versen als auch richtiger Prosa in diesem Buch gibt. Durch die Versform ist der Roman sehr kurz und sehr schnell abgehandelt, ohne viele Nebenerklärungen. Er ist zunehmend nach vorne drängend, während man teilweise noch gar nicht richtig als Leser realisiert hat, womit man es zu tun hat. Dieses extreme Sprunghafte macht es mir persönlich schwer auch zwischen den Zeilen zu lesen, um die Charaktere besser einschätzen und kennenzulernen. Die Grundgeschichte ist sehr gut gewählt, die Beziehungen und Umstände teils pikant, aber die Charaktere sind völlig blass und unnahbar. Leider konnte ich mit Ana kein Mitgefühl empfinden. In meinen Augen verhält sie sich zudem völlig egoistisch ihrer Familie gegenüber und das Wort Rücksicht in einer Beziehung hat sie auch noch nie gehört. Die fixe Idee, die sie sich in den Kopf setzt, näher an Connors Familie heranzukommen, könnte man fast als verrückt bezeichnen. Das Buch ist wenig gefühlvoll, die Fakten werden bloß abgehandelt. Besonders das Ende ist grauenhaft und auch einige Beschreibungen vorher (ich kann es nicht besser beschreiben, ohne zu spoilern), aber ich denke die Leser*innen wissen, worauf ich hinauswill. Wie man einen solchen besonderen Umstand so dermaßen kalt behandeln kann, erschließt sich mir nicht und es schüttelt mich.
Mein Fazit: Ich bin momentan echt ernüchtert, wieder ein absoluter Buchreinfall! Es ist immer das gleiche Prinzip: Vielversprechende Geschichte und Klappentext, aber mangelhafte Umsetzung bzw. ganz anders als erwartet. Ich denke, dass das Buch polarisiert in die unterschiedlichsten Richtungen. Ich konnte der Geschichte und dem Schreibstil leider aber nicht genügend abgewinnen und die Unterhaltung war für mich gleich 0. Daher kann ich das Buch nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 06.05.2022

Zu psychoanalytisch und unvollkommen

Große Gefallen
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Eve ist queer und lebt in einer festen Beziehung mit Romi. Doch dies reicht ihr nicht und so beginnt sie eine Dreiecksbeziehung zu Olivia und Nathan. Nathan ist der perfekte Typ, um Frauen zu manipulieren ...

Eve ist queer und lebt in einer festen Beziehung mit Romi. Doch dies reicht ihr nicht und so beginnt sie eine Dreiecksbeziehung zu Olivia und Nathan. Nathan ist der perfekte Typ, um Frauen zu manipulieren und er biegt sich vieles so, wie er es braucht. Eve wird immer mehr in dem Strudel um Lust, Begehren und Leidenschaft hineingezogen und weiß zum Schluss gar nicht so richtig, was sie überhaupt will…
Der Roman „Große Gefallen“ stammt aus der Feder von Lillian Fishman. Es ist ihr Debütroman. Das Cover gefällt mir bei diesem Buch nicht so gut, hätte ich doch Angst die junge Dame verschluckt jeden Moment die Weintraube (und besonders erotisch finde ich es auch nicht), aber die Geschichte über die angekündigte Dreiecksbeziehung hat mich sehr neugierig gemacht. Der Einstieg in das Buch gelingt sehr gut und einfach. Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Eve erzählt, somit erhält man viele Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Der Schreibstil ist modern und schnell zu lesen. Das Setting in der Weltmetropole New York, wo alles möglich ist, ist auch sehr gut gewählt.
Doch nun komme ich bereits zu meiner Kritik. Die Geschichte beginnt vielversprechend, doch die Charaktere bleiben durchweg unnahbar. So richtig rein fühlen kann man sich nicht. Die beschriebenen sexuellen Handlungen sind in Ordnung und nicht übertrieben, aber sie werden zerstört durch das ständige psychologische Geplänkel der Protagonistin. Eve hinterfragt alles und jeden und diskutiert auch mit mehreren Charakteren alles bis auf das kleinste Detail aus. Damit wird das Buch überwiegend gefüllt und plätschert vor sich hin und es beginnt langweilig zu werden. Diese psychoanalytische Aufarbeitung hat für mich nichts mit einem unterhaltsamen Roman zu tun. Doch das Ende des Buches macht für mich das Werk dann gänzlich kaputt. Denn das Ende ist eigentlich kein Ende und eine richtige Auflösung gibt es nicht. Damit weiß ich leider nicht, was der Roman mir schlussendlich mit auf den Weg geben will. Ich finde das sehr schade, denn die Story ist vielversprechend und interessant, wurde dahingehend auch gut beworben. Sehr stark gestört hat mich außerdem, dass die wörtliche Rede im Buch nicht gekennzeichnet wird, so wird es manchmal schwer zu folgen, wer eigentlich spricht und manchmal glaubte ich, es wurde nicht gesprochen, sondern fand als eine Art Zwiesprache im Kopf statt. Das war sehr merkwürdig. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Charaktere und Nebenpfade auftauchen und daraus nichts weiter erdacht wurde, zum Bsp. die Handlung zu Eves Vater. Ebenfalls alles merkwürdig.
Mein Fazit: Das Buch ist für mich eine absolute Enttäuschung. Viel beworben sollte es die Zerstörungskraft und Besonderheit einer modernen Dreiecksbeziehung einfangen, aber macht durch psychoanalytische Strukturen und äußerst unnahbare und oberflächliche Charaktere alles kaputt und ist nur wenig unterhaltsam. Ich kann das Buch leider nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Langweilig und überpolitisiert

Die Buchhandlung in der Amalienstraße
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Elly und Henni, zwei junge Frauen und beste Freundinnen 1913 in München, arbeiten gemeinsam in einer Buchhandlung in München. Bücher sind ihre Leidenschaft, doch der 1.Weltkrieg wirft bereits seine ersten ...

Elly und Henni, zwei junge Frauen und beste Freundinnen 1913 in München, arbeiten gemeinsam in einer Buchhandlung in München. Bücher sind ihre Leidenschaft, doch der 1.Weltkrieg wirft bereits seine ersten Schatten voraus.
Der Roman „Die Buchhandlung in der Amalienstraße“ stammt aus der Feder von Heidi Rehn, für mich eine bereits bekannte Autorin, auch wenn es schon länger zurück liegt, dass ich ihre Reihe um die Wundärztin Magdalena gelesen habe. Das Cover gefiel mir bei diesem Buch auf Anhieb, sodass ich es gerne lesen wollte. Der Schreibstil ist solide, flüssig und schnell lesbar und die Kapiteleinteilung ist ebenfalls sorgfältig gewählt. Das Eintauchen in die Geschichte von Elly und Henni gelingt gut und ihre Liebe zu Büchern ist sofort spürbar. Ich finde es interessant, dass so viele historischen Autorenpersönlichkeiten sowie ihre Werke im Buch erwähnt werden und worüber man sich in dieser Zeit ausgetauscht hat. Das Weltbild der damaligen Zeit wird somit gut eingefangen und sichtbar und das Setting zu Beginn bzw. dann während des 1.Weltkrieges passt hervorragend dazu.
Doch leider bin ich nun mit den positiven Worten schon am Ende, denn die Geschichte von Elly und Henni ist vor allem eins: langweilig und unausgewogen. Leider muss ich es so deutlich auf den Punkt bringen. Während man am Anfang sich freut, welche Entwicklungen die Charaktere wohl gemeinsam nehmen werden, da beide unzertrennlich sind, merkt man, dass sie sich eigentlich kaum entwickeln bzw. viel später erst getrennt voneinander. Es wird einfach viel drumherum geschrieben und es geschieht nichts, was die Geschichte voranbringt (vom Krieg abgesehen). Wir haben es wieder mit dem typischen Frauenbild der damaligen Zeit zu tun: Die Frauen fordern mehr Selbständigkeit, Emanzipation usw. Alles wichtige Grundvoraussetzungen zur Erlangung der Unabhängigkeit, aber leider nichts neues und ausgeleiert dieses Thema, besonders hier. Denn trotzdem treten Männer auf, die sich alles leisten können und es geschehen eben jene Dinge, über die nicht näher gesprochen wird, sondern geschwiegen wird. Vielleicht passend zur damaligen Zeit aber nicht schön zu lesen, da einfach Lücken in der Logik bleiben und absolutes Unverständnis zurückbleibt. Charaktere tauchen auf, verschwinden wieder. Geheimnisse sind nicht so spannend, dass man sie nun unbedingt aufdecken müsste, und manches hatte ich tatsächlich schon geahnt, ohne jetzt zu spoilern. Ab der Hälfte des Buches fing ich also an, nur noch quer zu lesen. Ebenfalls stieß mir negativ auf, dass das Buch hauptsächlich neben den genannten Buchtiteln und Autoren aus Politik besteht. Es wird sehr viel auf das Ende des Kaiserreichs und den aufkommenden Veränderungen und Streiks seitens der Arbeiterschaft eingegangen, genauso wie auf politische Reden etc. pp. Es ist zwar gut, dass sich die Hauptprotagonisten auch dafür interessieren und natürlich insgesamt über die Stellung der Frau im Deutschen Reich, allerdings passen sie wiederum gar nicht wirklich in das Geschehen solcher Versammlungen. Hinzu kommt, dass mir die Charaktere absolut nicht sympathisch sind. Elly vielleicht noch am ehesten, aber Henni hat mich einfach nur genervt. Trotzdem weiß man wenig über sie, es wird nur angerissen, leider kommt sehr wenig zur Gedanken- und Gefühlswelt. Das macht darüber hinaus die Charaktere absolut unnahbar.
Mein Fazit: Das Buch ist eine absolute Enttäuschung. Der Zeitgeist, der eingefangen wurde, mag noch stimmen, aber alles andere ist blass, langatmig und damit leider langweilig. Ich kann das Buch leider nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Familiensaga mit vielen handelnden Personen und anspruchsvoller Sprache

Die Forsyte Saga
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Mit der Forsyte-Saga von John Galsworthy hält man einen Klassiker in den Händen, der vor über 100 Jahren geschrieben worden ist und für den der Autor den Literaturnobelpreis erhalten hat. Die drei vorliegenden ...

Mit der Forsyte-Saga von John Galsworthy hält man einen Klassiker in den Händen, der vor über 100 Jahren geschrieben worden ist und für den der Autor den Literaturnobelpreis erhalten hat. Die drei vorliegenden Bücher werden neu aufgelegt vom Reclam-Verlag in einem hochwertigen Schuber geliefert. Die Bücher bestechen rein optisch schon in ihrer gelungenen Aufmachung, den Abbildungen inkl. Lesebändchen. Besonders hervorzuheben ist auch der Stammbaum zur Familie Forsyte, der vor allem für den guten Einstieg in die Geschichte unabdingbar ist, da wir eine Fülle von handelnden Personen vorfinden (ca. 60 Personen sind im Stammbaum verzeichnet).
In der Saga geht es also um die fiktive Familie Forsyte im viktorianischen England. Beginnend um 1880 entspinnt sich so eine Geschichte von sehr mannigfaltigen, aber auch äußerst speziellen Charakteren mit nicht immer moralisch tadellosen Ansichten der damaligen bürgerlichen Oberschicht. Es geht um Reichtum und Macht, um die Stellung in der Gesellschaft, um Intrigen, Liebe und Hass, Klatsch und Tratsch, Traditionen, Aufstieg und Niedergang, zahlreiche Fehden untereinander. Dies alles sind interessante Grundlagen, um besonders den Zeitgeist der damaligen Bedingungen einer Familie in besseren Verhältnissen einzufangen.
Hinsichtlich des Inhalts dient Buch 1 meiner Meinung nach insbesondere, um alle handelnden Charaktere vorzustellen (siehe großzügiger Stammbaum), denn insgesamt betrachtet passiert nicht überragend viel und erst in Band 2 und 3 nimmt die Geschichte mehr Fahrt auf. Den Mittelpunkt bildet in Band 1 Soames Forsyte, „der reiche Mann“, der mit einem Hausbau die Ehe zu seiner Irene retten will. Allerdings hat diese schon längst mehr oder weniger mit ihm abgeschlossen und sich neu verliebt- unglücklicherweise in jemanden, der eigentlich auch in die Familie Forsyte einheiraten sollte, selbstverständlich aber eine andere Frau. Dies erregt auf jeden Fall zahlreiche Gemüter. Im Verlauf des 2.Bandes gibt es zunächst einen kurzen Einschub, eine kleine Nebengeschichte zum alten Jolyon, bevor es mit Soames weitergeht. Aber auch der junge Jolyon und in einer Nebengeschichte dann Val, rücken nun in den Blickpunkt des Geschehens. Der 3.Band beschäftigt sich neben einem weiteren Einschub, dann mit den Kindern von Soames und Jolyon, der nun mittlerweile mit Irene verheiratet ist, die sich dann -natürlich- ineinander verlieben, was absolut nicht geduldet werden kann und darf, da sich so zwei verfeindete Forsyte-Familienlinien miteinander verbinden.
Sprachlich ist die Forsyte-Saga eine echte Herausforderung, denn der Text ist leider nicht besonders leicht und flüssig zu lesen und es braucht anfangs und auch später jede Menge Konzentration, um sich richtig auf die Geschichte einlassen zu können. Wenn man sich allerdings eingefunden hat, macht es viel Spaß zu Lesen und man möchte auch wissen, wie es mit den Personen weitergeht. Obwohl man keine riesigen Spannungssprünge erwarten darf, so bleibt man doch am Ball. Die Sprache fängt absolut den Zeitgeist und das Gesellschaftsbild ein, obwohl manchmal viel umschrieben wird und wenig passiert. Es handelt sich oft um lange, miteinander verknüpfte Sätze, die nicht sofort auf den Punkt kommen, dafür dem Leser allerlei vielfältige Informationen bieten und manchmal auch die Pointe bereits ein wenig vorwegnehmen. Auch die Kapitelüberschriften kündigen oft an, was passiert, was leider nicht zum Spannungserhalt beiträgt. Es kommt mir oft so vor, als ob der Autor ein direkter Beobachter der Szenarien war und alles notiert hat, was ihm dazu einfiel oder was spontan seine Aufmerksamkeit erregt hat. Das macht die Geschichte in meinen Augen höchst authentisch, aber lässt wenig Platz für Spekulationen des Lesers. Dem Autor Galsworthy gelingt es so hervorragend, seine Charaktere in Szene zu setzen und ihnen positive oder negative Eigenschaften zu zuweisen, doch leider bleiben sie mir als Leser trotzdem absolut unnahbar. Das klassische „Ich fiebere mit einem von ihnen ständig mit“-Gefühl, setzte bei mir leider nicht ein. Vielmehr empfand ich die Lektüre ebenso wie ein Beobachter, der von weitem auf die Szenen und handelnden Personen blickt. Das wiederum macht es spannend hinsichtlich der Zeitepoche, denn wir lernen viel insgesamt über das Geschehen und die Gesellschaft, ohne uns zu sehr von Gefühlen leiten zu lassen. Vor allem schwingt immer wieder durch, was denn nun ein echter „Forsyte“-Typus ist. Reichtum, Macht, Ansehen und Ehre bilden immer die zentralen Eckpunkte, doch letztendlich ist der Verfall der Familie durch ihre persönlichen Fehden, ausschlaggebend dafür, dass eben Macht und Reichtum doch nicht alles sein sollte und eine Familie so nicht dauerhaft erhalten werden kann (vor allem, wenn sie so zahlreiche Mitglieder hat). Dieser Grundtenor der Geschichte ist somit sicherlich auch in die heutige Zeit übertragbar.
Mein Fazit: Alles in allem ein rundum gelungener Klassiker, aber man muss auch Klassiker und das dort vorherrschende Weltbild sowie die Sprache mögen können und sich komplett darauf einlassen, dann wird man gut unterhalten. Wer keine Ängste vor schwierigen Werken hat, der sollte die Forsyte-Saga auf jeden Fall lesen.

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