Freundschaft und Liebe überdauern Jahrzehnte
Goldene Zeiten im GepäckInhalt:
Die rüstige Altenheimbewohnerin Frau Kaiser weiß etwas über Karla, das sie nicht wissen sollte. Sie erpresst die junge Pflegehelferin damit, um von ihr in einem alten Renault quer durch Europa ...
Inhalt:
Die rüstige Altenheimbewohnerin Frau Kaiser weiß etwas über Karla, das sie nicht wissen sollte. Sie erpresst die junge Pflegehelferin damit, um von ihr in einem alten Renault quer durch Europa kutschiert zu werden. Wohin? Das wird Karla schon noch sehen. Warum? Das geht sie nichts an. Karla soll einfach nur fahren – möglichst schnell, denn viel Zeit bleibt ihnen nicht. Aus Kaisers Koffer blitzt eine goldene Medaille. Eine Erinnerung an längst vergangene Tage, als sich zwei junge Schwimmer bei den Olympischen Sommerspielen 1956 in Melbourne fanden, aber nicht lieben durften ...
Meine Meinung:
Schon länger wollte ich ein Buch von Adriana Popescu lesen und als ich dieses bei meiner Tante im Regal gesehen habe, wollte ich es unbedingt lesen.
Das Cover ist schlicht gehalten und erzählt trotzdem die Grundidee der Geschichte. Zu sehen sind Elisabeth Kaiser, eine rüstige ältere Dame und Karla Metuschke, Kaisers Pflegehelferin. Das rote Auto gehört Karla, mit welchem sie den geplanten Roadtrip durchführen werden. Das Cover finde ich also schon mal sehr gelungen.
Der Schreibstil ist wirklich toll. Mal scheinbar oberflächlich, dann wieder tiefgründig und dabei immer mit ganz viel Witz und Einfühlsamkeitsvermögen.
Von Seite eins an war ich in diese Geschichte verliebt! Die Kapitel sind recht kurz gehalten, sodass man auch mal schnell zwischendurch noch eins lesen kann, denn so ging es mir: einmal angefangen, wollte ich nicht mehr aufhören zu lesen und mit Karla und Frau Kaiser durch Europa reisen. Das Buch beinhaltet Zeitsprünge zwischen damals und heute. Damals erzählt die Geschichte von Frau Kaiser bei den Olympischen Sommerspielen 1956 in Melbourne, heute erzählt den Roadtrip von Karla und Frau Kaiser und spielt im August 2017. Beide Handlungsstränge sind sehr spannend gemacht, denn nach und nach fügen sich für den Leser die Erinnerungen von Frau Kaiser zusammen und man findet den Grund für die Reise. Ich kann gar nicht sagen, welche der beiden Handlungen mir besser gefallen hat, denn beide sind wichtig und einfach wunderschön.
„Wenn Menschen aus dem Leben verschwinden, hinterlassen sie immer eine Lücke bei ihren Lieben. An den Umrissen dieser Lücke kann man sich immer an sie erinnern.“ (S. 79)
Mit Karla hatte ich anfangs so meine kleinen Probleme. Sie schien mir nicht zu wissen, was sie eigentlich will und hat sich ein wenig merkwürdig verhalten. Das Ganze hat natürlich einen Grund, den man wenig später erfährt. Außerdem habe ich schnell gemerkt, dass in Karlas Vergangenheit die Zeiten wohl nicht ganz so golden gewesen sind...
Frau Kaiser hingegen mochte ich sofort. Für ihr Alter ist sie ganz schön fit und hält Karla mit ihren Ideen immer auf Trapp. Aus Frau Kaiser spricht die pure Lebenserfahrung und ich wage sie sogar als weise zu bezeichnen.
Auf dem Roadtrip läuft natürlich nicht alles wie geplant und Karla und Frau Kaiser sind anfangs auch nicht unbedingt die dicksten Freundinnen. Doch da sie viele Stunden auf engstem Raum miteinander verbringen, lernen sie sich besser kennen und vor allem: den anderen verstehen. Karla hat zu Beginn keine Ahnung, was sie mit ihrem Leben anfangen will, hat vieles nie zu Ende gebracht. Durch Frau Kaiser lernt sie, zu sich selbst zu finden und sich ihren Traum zu verwirklichen. Beide werden mit ihrer jeweiligen Vergangenheit konfrontiert, was sie schlussendlich stark zusammenschweißt.
„Manche Menschen müssen sich erst ein ganzes Leben kennen, um zu wissen, ob sie zusammengehören. Bei anderen reicht ein einziger Augenblick.“ (S. 199)
Die Freundschaft der beiden, die auf dieser Reise quer durch Europa entsteht, ist besonders. Denn obwohl die beiden viele Jahre trennen, so ist diese Freundschaft für beide elementar wichtig, der Roadtrip verändert beide. Auch Frau Kaisers Geschichte hat mich berührt, denn sie hat ihre große Liebe nie vergessen.
Ein wenig hat mich das Buch an „Frau Ella“ erinnert, was an einigen Stellen leider zu deutlich gewesen ist. Trotzdem:
Eine Geschichte, die uns zeigt, dass sowohl Freundschaft als auch Liebe Jahrzehnte überdauern kann und wie wichtig es ist, niemals aufzugeben!