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Veröffentlicht am 15.09.2016

Noah und der alte Mann

Der Junge mit dem Herz aus Holz
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Noah Barleywater, ein achtjähriger Junge läuft eines Tages von zu Hause fort, um ein Abenteuer zu erleben aber vor allem weil er das langsame Sterben seiner Mutter nicht ertragen kann. Durch Zufall gelangt ...

Noah Barleywater, ein achtjähriger Junge läuft eines Tages von zu Hause fort, um ein Abenteuer zu erleben aber vor allem weil er das langsame Sterben seiner Mutter nicht ertragen kann. Durch Zufall gelangt er an einen alten Spielzeugladen, in dem ein ebenso alter Mann lebt und plötzlich befindet sich Noah in einer Phantasiewelt, voller Zauberei, sprechender Gegenstände und mysteriöser Begebenheiten. Noah und der alte Mann erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten und schöpfen aus den Worten des anderen Kraft und Zuversicht für ihre Zukunft. Eine besondere Freundschaft beginnt, die den Lebensweg von Noah nachhaltig prägt …
Nicht mein erstes und mit Sicherheit nicht mein letztes Buch von John Boyne, der hier eine wunderschöne, traurig-hoffnungsvolle Geschichte erzählt. Eine märchenhafte Story die mir tolle Lesestunden geschenkt hat. Liebevoll zeichnet der Autor die beiden Hauptprotagonisten, beschreibt fast kindlich-naiv deren Charakter und ebenso ihre Handlungen, doch dahinter verbergen sich ganze Lebensgrundsätze und jahrelange Erfahrungswerte. Mühelos und leicht taucht man in die Geschichte ein, identifiziert sich mit den beiden außergewöhnlichen Helden und kann dabei eine Menge über das Leben lernen.
Besonders die Verflechtung der Gegensätze hat mich fasziniert: Jung und Alt, Trauer und Hoffnung, Abenteuerlust und Heimatverbundenheit, Einsicht und Rebellion. Niemals verläuft ein Leben ausschließlich nach Plan, niemals erfüllen sich all unsere Wünsche und doch können wir am Ende erreicht haben, was wir uns einst selbst versprachen. Tolle Worte, schöne Sprache – ein Roman fürs Herz und für die Seele.
Fazit: Menschliche Beziehungen, Zuwendung und Trost sind die Kernfragen dieses kleinen aber feinen Romans, der sich für alle Altersgruppen eignet und mich mit tränenden Augen und lächelndem Herzen zurücklässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Liebe versus Pflichterfüllung

Die Liebe in Grenzen
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Katia Werner ist, eine junge Frau, die ganz am Anfang steht und ihr Leben in Angriff nehmen möchte, indem sie sich trotz fehlender Qualifizierung ihre erste Arbeitsstelle in einer psychiatrischen Heilanstalt ...

Katia Werner ist, eine junge Frau, die ganz am Anfang steht und ihr Leben in Angriff nehmen möchte, indem sie sich trotz fehlender Qualifizierung ihre erste Arbeitsstelle in einer psychiatrischen Heilanstalt sucht. Dort lernt sie den verschlossenen aber charismatischen Konrad kennen und nach kurzer Zeit auch lieben. Doch einmal abgesehen von ihren Schuldgefühlen bezüglich der ungleichen Beziehungsbasis (sie ist die Betreuerin, er der Patient) schleichen sich weitere Zweifel ein: fehlendes Vertrauen und mangelnde Perspektiven kommen erschwerend hinzu. Katia muss lernen, dass es manchmal besser ist einen Menschen loszulassen, um den eigenen Weg weitergehen zu können.
Auf dieses Buch bin ich dank des ansprechenden Titels samt Covergestaltung aufmerksam geworden, die Autorin war mir bisher hingegen unbekannt. Veronika Peters entwirft hier einen äußerst authentischen, stellenweise alltäglichen Roman über die Liebe und das Leben. Ein erstes Kennenlernen unter schwierigen äußeren Umständen, bestehende Grenzen die zwei Liebende nicht ohne weiteres überwinden können und eine Beziehung die auf Grund unterschiedlicher Lebensentwürfe zum Scheitern verurteilt ist. Gerade die Banalität dieser Erzählung hat mich persönlich angesprochen, denn sehr oft sind es gerade die kleinen Dinge, die fehlenden Alltäglichkeiten, die unterschiedlichen Lebensauffassungen die eine Liebesbeziehung auf die Probe stellen. Und nicht jedes Paar vermag diese Differenzen zu überbrücken. Die beiden Hauptprotagonisten Katia und Konrad bleiben im Verlauf des Buches eher blasse Charaktere und daher mangelte es mir an Identifikationspotential. Ein fehlendes Happy-End kann ich nicht bedauern, vielmehr ist es eine stetige Entwicklung in dieselbe, vom Leser erwartete Richtung.
Fazit: Ein stiller, lebensnaher Roman über das Gefühl des Verliebtseins, den Beginn einer ungewöhnlichen Beziehung und ihr Scheitern im Alltag. Schön zu lesen, gut nachvollziehbar aber realistisch-unnahbar erzählt, so dass es mir an emotionalem Tiefgang fehlte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Stille nach dem Schweigen

Was fehlt, wenn ich verschwunden bin
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Früher waren April und Phoebe ganz normale Schwestern, sie haben gemeinsam gelacht, sich gegenseitig genervt doch meist gut verstanden. Aber nun liegt April im Krankenhaus und kämpft gegen die Magersucht, ...

Früher waren April und Phoebe ganz normale Schwestern, sie haben gemeinsam gelacht, sich gegenseitig genervt doch meist gut verstanden. Aber nun liegt April im Krankenhaus und kämpft gegen die Magersucht, während Phoebe´s normaler Alltag mehr und mehr schwindet. Phoebe schreibt jeden Tag Briefe an ihre ältere Schwester, bittet sie darum endlich wieder nach Hause zu kommen und macht damit deutlich, wie sehr sie April liebt und vermisst. Allerdings bleiben ihre Worte unbeantwortet, denn April schickt ihre Antworten nicht ab sondern verwahrt sie in einer Kiste in ihrem winzig kleinen, tristen Krankenhauszimmer auf. Irgendwann wird Phoebe ihre Briefe lesen können, aber dann ist April nicht mehr da …
Dieser Roman ist in Briefform verfasst und da die Briefe lange Zeit nicht beantwortet werden, empfindet der Leser den Text als eine Art Tagebuch eines jungen, verzweifelten Mädchens, die der Erkrankung ihrer älteren Schwester nichts entgegen zu setzen hat und die von ihrem Umfeld im Unklaren darüber gelassen wird, wie die Gegenwart aber auch die Zukunft aussehen soll. Zwischen den geschriebenen Zeilen spürt man die Verzweiflung, die Angst vor dem Alleinsein, die Sehnsucht nach einer intakten Familie, den Wunsch, die Zeit anzuhalten und zurückzustellen und mit jedem Wort eine innige Schwesternliebe.
Etwa nach der Hälfte des Buches wechselt die Erzählperspektive: nun beschreibt April ihre Sicht auf die Dinge, schildert ebenso in Briefform die Ereignisse rund um ihre Erkrankung, erzählt ihrer kleinen Schwester, warum sie krank geworden ist und sich auch nicht mehr dagegen wehren kann. Gleichzeitig bietet sich hier dem Leser ein erschreckend ehrlicher Abriss über fatale Erziehungsfehler, über das maßlose Unverständnis im eigenen Elternhaus, über das Fehlen von Liebe, Anerkennung und Zuwendung und die verheerenden Folgen.
Die Geschichte zieht unweigerlich in ihren Bann, sie rüttelt am Herzen und hinterlässt Wut und Trauer gleichermaßen. Manchmal hat mich beim Lesen die Einseitigkeit gestört, weil immer nur eines der beiden Mädchen zu Wort kommt. Es wäre schöner gewesen, wenn man die Briefe im Wechsel gedruckt hätte – doch das ist nur ein kleiner, stilistischer Schönheitsfehler in einem bewegenden Roman.
Fazit: Ein traurig-ehrlicher Jugendroman der Erziehungsfehler und ihre Auswirkungen thematisiert und der gleichzeitig den unbedingten Wunsch zurücklässt, es bei den eigenen Kindern anders zu machen. Der jungen Menschen ihren Wert, ihre Besonderheit und ihren eigenen Weg zugesteht. Ein Buch für alle, die gerne reflektieren, für Jugendliche aber auch für Eltern, für Menschen die auf ihr Herz hören und denen die Hoffnungslosigkeit der Geschichte nicht zu sehr aufs Gemüt schlägt. Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von der Bedeutsamkeit einer Begegnung

Zwanzig Zeilen Liebe
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Der Roman erzählt nicht nur eine, sondern ganz viele Geschichten, Geschichten von Menschen, die ihr Leben neu überdenken müssen, die es in Ordnung bringen müssen, weil sie nicht mehr lange auf dieser Welt ...

Der Roman erzählt nicht nur eine, sondern ganz viele Geschichten, Geschichten von Menschen, die ihr Leben neu überdenken müssen, die es in Ordnung bringen müssen, weil sie nicht mehr lange auf dieser Welt sein werden. Die Hospizschwester Stella verfasst für ihre sterbenden Patienten Briefe an deren Angehörige und schickt sie an den jeweiligen Adressaten, sobald die Hospizbewohner verstorben sind. Doch auch in Stellas Leben existiert eine große Trauer, eine schwere Last liegt auf ihren Schultern, seitdem ihr über alles geliebter Mann bei einem militärischen Auslandseinsatz ein Bein verloren hat. Ihre Ehe steht mittlerweile kurz vor dem emotionalen Aus und doch gelingt es ihr, für andere der Anker in stürmischen Zeiten zu sein …

Nachdem ich den ersten Roman der Autorin „Einfach unvergesslich“ sehr genossen habe, war meine Vorfreude auf den Nachfolger natürlich riesengroß. Gewünscht habe ich mir eine emotional, tief berührende, traurig-hoffnungsfrohe Geschichte über das Leben und das Sterben, mit vielen ergreifenden Szenen und bitte auch Taschentuchalarm, einfach weil ich solche Bücher mag, bei denen man mitfühlen und mitleiden kann. Leider konnte die Erzählung meine Ansprüche nicht ganz erfüllen, weil sie ihre zahlreichen sehr guten Ansätze nicht ausschöpft, weil sie zu viele verschiedene Geschichten in einem Roman aufgreift und dadurch irgendwie steckenbleibt.

Der Schreibstil und die Wortwahl sind wunderschön und animieren beim Lesen ganz wesentlich, so dass man gut vorankommt und die Szenen bildhaft vor Augen hat. Auch die einzelnen Abschiedsbriefe gehen zu Herz, denn sie zeigen ganz nebenbei, dass jeder Mensch in seinem Leben Spuren hinterlässt und für andere eine Bedeutung hat und sei es auch nur eine Momentaufnahme des Glücks und der Liebe.

Auch die Grundaussage des Buches, dass es manchmal nur die kleinen, anscheinend unbedeutenden Situationen sind, die das eigene Leben in eine bestimmte Richtung lenken, finde ich zutreffend. Der Roman beschreibt sehr ausführlich die Bedeutsamkeit einer Begegnung, die Hoffnung die aus Zuwendung erwachsen kann, den positiven Umgang mit Trauer und Verlust und nicht zu vergessen die menschliche Stärke des Verzeihens.

Fazit: Ich vergebe gute 3,5 Sterne für diesen Roman, der trotz seiner Sprachgewalt und wunderschönen Ausstattung nicht an den Vorgängerroman heranreicht, weil er sich in zu vielen Einzelheiten verliert und mein Leserherz nicht gänzlich erreichen konnte. Eine Leseempfehlung für Zwischendurch vergebe ich dennoch, denn er unterhält ausgezeichnet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Feldzug eines Serienmörders

Die stille Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 6)
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Durch bloßen Zufall gelingt es dem FBI-Team in Quantico den gemeingefährlichen Massenmörder Lucien Folter zu stellen und ihm zum Geständnis all seiner Gräueltaten zu bewegen. Mit Hilfe des Ermittlers Robert ...

Durch bloßen Zufall gelingt es dem FBI-Team in Quantico den gemeingefährlichen Massenmörder Lucien Folter zu stellen und ihm zum Geständnis all seiner Gräueltaten zu bewegen. Mit Hilfe des Ermittlers Robert Hunter, einem ehemaligen Studienfreund des Verdächtigen bekommen die Beamten alle notwendigen Informationen aus erster Hand. Doch Lucien verfolgt ein eigenes, viel größeres Ziel und macht Robert Hunter zur Marionette in einem abgekarteten Spiel. Als er schließlich ein noch lebendes Opfer erwähnt, bei dem jede weitere Stunde in Gefangenschaft den Tod bedeuten könnte, setzt Hunter alles auf eine Karte …

Chris Carter scheint ein Garant für gruselige, brutale Thriller mit einer großen Portion Nervenkitzel zu sein, wenn man den Rezensionen und Kritiken Glauben schenken darf. Deshalb habe auch ich mich an sein neuestes Werk gewagt, um den Autor kennenzulernen und ich wurde nicht enttäuscht.

Der Thriller ist wirklich top, weil er von der ersten bis zur letzten Seite eine ganz eigene spannungsgeladene Gruselatmosphäre schafft und immer nur einen Brocken neues Wissen für den Leser bereithält. Dadurch dass er fast ausschließlich aus Sicht eines Psychopathen bzw. eines persönlich betroffenen Ermittlers geschildert wird, bekommt die schockierende Handlung umso mehr Erzähltiefe und Bedeutsamkeit. Auch die Story an sich und der übergeordnete Plan des Täters, eine Art Enzyklopädie für Massenmörder zu verfassen, ziehen den Leser regelrecht ins Geschehen hinein, so dass man den Mörder hier unter vielen verschiedenen Gesichtspunkten präsentiert bekommt. Und darüber hinaus erfährt man sogar noch Dinge, die in anderen Thrillern niemals benannt werden oder einfach im Geschehen untergehen.

Bei den beschriebenen Foltermethoden und Tötungsvarianten spielt Chris Carter geschickt mit einer gewissen Härte und Brutalität, dennoch wirken die Szenarios nicht monströs abschreckend – weil man nach und nach ein immer härteres Niveau geboten bekommt und sich auf die Verschärfung der Umstände einstellen kann.

Fazit: Dieses Buch ist ein wahrer Pageturner, der durch seine Handlung besticht und auch Neuleser für Chris Carter begeistern kann. Brutal, packend und schonungslos – taucht man in das kranke Seelenleben eines Psychopathen ein, für den es nichts Schöneres gibt als das Morden. Unbedingt lesen!