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Veröffentlicht am 11.03.2022

Pflichtlektüre über Afghanistan

Tausend strahlende Sonnen
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"Tausend strahlende Sonnen" von Khaled Hoissini ist ein eindrückliches, schockierendes und unfassbar gut geschriebenes Buch über die Geschichte Afghanistans.

Mariam lebt mit ihrer Mutter abseits der Stadt ...

"Tausend strahlende Sonnen" von Khaled Hoissini ist ein eindrückliches, schockierendes und unfassbar gut geschriebenes Buch über die Geschichte Afghanistans.

Mariam lebt mit ihrer Mutter abseits der Stadt in einer abgelegenen Hütte. Ihre Mutter zog sich hierhin zurück, denn Mariam ist ein uneheliches Kind. Einmal in der Woche kommt ihr Vater zu Besuch, der in einem großen Haus in der Stadt wohnt, nie nimmt er Mariam mit dorthin. Denn das Land, in dem dieses Buch spielt, heißt Afghanistan und Mariams Vater hat drei Frauen und eine Familinehre zu beschützen. Als Mariam sich irgendwann auf eigene Faust zu ihm begibt, nimmt ihr Leben eine radikale und dauerhafte Wendung.

Jahre später, unter der grausamn Herrschaft der Taliban, trifft Laila auf Mariam, ein junges Mädchen aus einer kommunistischen Familie, erschüttert und traumatisiert vom tobenden Bürgerkrieg. Die beiden Frauen verbindet nicht nur ein gmeinsamer Feind, sondern bald auch eine besondere Freundschaft.

Khaled Housseini beschreibt mit seiner Geschichte das unfassbar tragische und bedrückende Leben zweier afghanischer Frauen. Schonungslos und einfühlsam behandelt dieses Buch die verschiedenen Stationen der afghanischen Besetzer, von der russischen Besatzung bis zum Einmarsch der Amerikaner. Dabei bleiben dem Leser Tod, Krieg, Unrecht und Verlust ebenso wenig erspart wie den Protagonistinnen. Die Inhalte dieses Buches sind schwer zu ertragen und werden vielleicht erst durch die wunderbare Erzählung (und die gelungene Übersetzung) überhaupt greifbar.

Mariams und Lailas Geschichte handelt vom Krieg in Afghanistan, aber auch vom Verhältnis zwischen Mann und Frau, der Bedeutung einer Mutter und der Frage nach dem, was Freiheit ist.

Ich finde dass dieses Buch zu den 20-30 Büchern gehört, die man in dieser Zeit gelesen haben sollte. Es ist auch ein sehr guter Einstieg in die Thematik des Afghanistan-Konflikts, sollte aber vorsichtig gelesen werden, da die Liste der Triggerwarnungen lang ist.

Für mich war es erhellend und berührend. Ich bin tief erschüttert, dass sich Mariams Geschichte mit dem erneuten Einmarsch der Taliban in Afghanistan nun millionenfach wiederholen wird.

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Veröffentlicht am 04.02.2022

Drei Mädchen und eine Schokoladenfabrik

Unser kostbares Leben
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Warnung: Dieses Buch kann Heißhunger auf Schokolade auslösen! Das ist kein Witz, sondern eine ernstgemeinte Warnung, denn "Unser kostbares Leben" spielt in der Kleinstadt Mainheim bei Frankfurt im Einzugsgebiet ...

Warnung: Dieses Buch kann Heißhunger auf Schokolade auslösen! Das ist kein Witz, sondern eine ernstgemeinte Warnung, denn "Unser kostbares Leben" spielt in der Kleinstadt Mainheim bei Frankfurt im Einzugsgebiet der Schokoladenfirma Cassada. Die Stimmung in der Stadt ist gut, wenn der Wind den Schokoladenduft über die Dächer trägt und schlecht, wenn stattdessen chemische Abgase aus der nahegelegenen Farbenfabrik durch die Straßen dünsten.

In dieser Stadt lernen wir eine Reihe von Charakteren kennen: Herr und Frau Schönwetter, der Bürgermeister und seine Frau, mit ihren Kindern, darunter die aufmüpfge Minka. Die Familie Stern, deren Vater die Schokoladenfabrik gehört, mit ihren fünf Kindern, eines davon Caro, die schon als Jugendliche leidenschaftlich gerne schreibt. Claire, ein Waisenkind aus Vietnam, das ins nahegelegene Kinderheim gebracht wird, und noch viele mehr. Wir begleiten sie über mehrere Jahrzehnte durch ihr Leben und können nebenbei den Zeitgeist der 70er und 80r Jahre in Westdeutschland erleben.

Klingt doch nach einem großartigen Epos? Leider nur in der Theorie!

In der Praxis bleibt dieser Roman, der von der Anlage her wirklich vielversprechend ist, leider hinter seinem Potential. Der Erzählstil ist zwar angenehm, aber es gelang mir bis ganz zum Schluss nicht, einen Zugang zur Handlung oder den Charakteren zu finden. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum einen gibt es in diesem Buch ständig Zeitsprünge. Das ist an sich nicht schlimmes, aber diese Zeitsprünge passieren immer genau dann, wenn sich gerade mal ein spannender Konflikt auftut oder tatsächlich Emotionen entstehen. Dann heißt es immer "Cut!" und wir treffen die Charaktere fünf bis zehn Jahre später wieder. Alle Konflikte werden fallen gelassen, wenn man Glück hat wird in einem Nebensatz erwähnt, wie sich der Cliffhänger auflöst. Und dann muss man wieder ganz von vorne beginnen, einen Zugang zu den Charakteren zu finden. Das hat leider nur begrenzt Lesefreude bereitet.

Hinzu kommt, dass dieses Buch all seine Charaktere auf der Basis von Stereotypen einführt. Der grummelige Bürgermeister, der dicke Schokoladenbesitzer, die rebellische Naturschützerin, die hochbegabte Asiatin (leider kein Scherz), die fürsorgliche christliche Mutter, die kaltherzige und karrierebezogene Ärztin. Und auch das kann seinen Charme haben, wenn es richtig gemacht wird, aber hier bleiben die Charaktere leider an der Oberfläche und die Handlung wirkt teilweise aufgesetzt und unrealistisch. Caro reflektiert schon als Zehnjährige über rhetorische Figuren und die korrekte Darstellung von Emotionen in ihren ersten Schreibversuchen. Claire sitzt (Achtung kleiner Spoiler) einfach mal als 19jährige an ihrer Promotion. Das hat mich doch das ein oder andere Mal mit den Augen rollen lassen.

Aber es gab auch schöne Momente in diesem Buch: Die Schilderung des giftigen Regens über Mainheim durch die Augen der Frau des Bürgermeisters, Hinterzimmer-Szenen und geheime Absprachen zwischen den führenden Männern der Stadt. Auch die Geschichte über das erste Hüttendorf der Klimaaktivisten in Mainheim hat mir gut gefallen.

Was bleibt also an Ende von diesem Buch: Ein paar interessante Fakten und das Gefühl einer nicht ausgereiften Geschichte. Dafür dass das Buch schon recht lang ist, wurde hier definitiv an den falschen Stellen gekürzt.

Daher gibt es von mir drei Sterne für das Buch. Das bedeutet, ich würde es nur ganz speziellen Menschen empfehlen: Zum Beispiel Menschen, die in den siebziger Jahren geboren wurden und gerne ein bisschen nostalgisch zeitreisen möchten. Oder vielleicht Menschen, die gerne Schokolade mögen. Davon gibt es in diesem Buch mehr als genug.

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Veröffentlicht am 15.01.2022

Erschütternd, schmerzhaft, lesenswert

Die Glasglocke
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Dieses Buch war für mich eine meiner intensivsten Leseerfahrungen dr letzten Jahre. Es ist definitiv keine leichte Lektüre, aber trotzdem und gerade deshalb sehr lesenswert.

Die Protagonistin heißt Esther, ...

Dieses Buch war für mich eine meiner intensivsten Leseerfahrungen dr letzten Jahre. Es ist definitiv keine leichte Lektüre, aber trotzdem und gerade deshalb sehr lesenswert.

Die Protagonistin heißt Esther, ist eine junge College-Studentin und macht gerade ein prestigetrchtiges Praktikum bei einer Modezeitschrift in New York. Eigentlich ist sie ziemlich erfolgreich, erhält Stipendien, gewinnt Preise und verkehrt dank guter Kontakte in den höheren Kreisen New Yorks. Eine aufstrebende junge Frau also, wenn da nicht die Glasglocke wäre.

Denn die Glasglocke schwebt über Esther, sinkt immer tiefer und schneidet sie schließlich von der Welt ab. Das bemerken wir als LeserInnen aber erst, als auch Esther immer tiefer in ihre Innenwelt abruchtscht. Ihr innerer Zustand ist dabei nie explizit Thema, wird aber auf grausam eindrückliche Weise zwischen den Zeilen offengelegt. Esthers Verfall ist erschütternd, empörend deprimierend und zugleich faszinierend zu verfolgen. Man kann nicht aufhören zu lesen und wünscht sich gleichzeitig, es wäre vorbei.

Das dieses Buch inzwischn fast 60 Jahre alt ist merkt man nur an einigen aus der Zeit gefallenen rassistischen Bemerkungen. In seiner Gänze ist es unfassbar aktuell und spielt trotz einiger zeitgeschichtlicher Bezüge in einem zeitlosen Raum.

Sollte man dieses Buch lesen, wenn man selbst Depressionen hat? Ich weiß es nicht. Ich denke dass sich viele mit Esther identifizieren können und sich durch dieses Buch vielleicht gesehen fühlen. Bevor man es liest, sollte man aber wissen, dass es sehr graphische Beschreibungen von Suizidgedanken und -versuchen enthält.

Ich würde dieses Buch meinen Freundinnen und Freunden weiterempfehlen. Es hat mich tief berührt und mein Verständnis für die Krankheit Depression verstärkt. Ich bin froh in einer Zeit zu leben, in der Elektroschock-Therapien nicht mehr zum State-of-the-Art gehören und auch froh über das Gute in meinem Leben. In diesem Sinne werde ich das Buch noch eine Weile in meinem Kopf wohnen lassen. Passt auf euch auf!

Ich gebe diesem Buch 4,5/5 Sternen. Das heißt, es hat mir sehr gefallen und war eines meiner Lieblingsbücher.

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Zwischen Charakter und Klischee

Altes Land
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Ich bin bei dieser Rezension nicht ganz unbefangen, denn ich habe selbst Verbindungen ins alte Land. Eine Zeit lang war ein Mensch mit Wochenendhaus bei Krautsand Teil meines Lebens, und so kann ich mir ...

Ich bin bei dieser Rezension nicht ganz unbefangen, denn ich habe selbst Verbindungen ins alte Land. Eine Zeit lang war ein Mensch mit Wochenendhaus bei Krautsand Teil meines Lebens, und so kann ich mir durchaus etwas vorstellen unter knorrigen Apfelbäumen und feuchten Reetdächern.

Dörte Hansens Buch spielt in dieser Welt an der Elbe bei Stade und zum Teil auf der anderen Elbseite, in Hamburg Ottensen. Sie erzählt die verwobene Geschichte dreier Generationen. Hildegard kommt als ostpreußischer Flüchtling in das Haus von Ida und ihrem Sohn Karl. An der Hand hält sie ihre Tochter Vera, die auch noch dann im Haus lebt, als alle anderen bereits gegangen sind. Viele Jahre später steht Anne mit ihrem Sohn Leeon vor der Tür. Sie ist Veras Nichte und auf der Suche nach einer Unterkunft.

Es entspinnt sich ein Alltagsdrama um Familie, Identität und Geschichte. Dörte Hansen erzählt vom Schrecken der Flucht, dem Horror des Krieges, den Tücken des Landlebens und den Neurosen der Hamburger, als hätte sie alles selbst miterlebt und genau beobachtet. Es entsteht ein Mikrokosmos, in dem man glaubt, alle Akteure genauestens zu kennen, von ihren Macken und Anwandlungen bis zum Stammbaum und der Farbe des Hausdaches. Dabei sind die Nebencharaktere ebenso plastisch gestaltet wie die Protagonistinnen: der sorgfältig Heinrich Lührs, die energische Dorfmutter Britta, der zugezogen Fotojournalist, selbst die Kindergärtnerin.

Diese Charaktere und ihre Geschichten machen dieses Buch lesenswert, das manchmal in Klischees abzurutschen droht und sich immer an der Grenze zwischen Bezauberung und Kitsch bewegt. Was dem Klappentext nicht zu entnehmen ist, ist dass sich Hildegards Flucht als Motiv zwar durch den Text hindurchzieht, aber nie das Hauptthema ist. Stattdessen bietet sie den Rahmen der Handlung, ist die Prämisse für die Handlungen und Emotionen der Protagonistinnen. Diese Schilderung habe ich als sehr realistisch empfunden. Das Thema ist irgendwie präsent, ohne jemals im Vordergrund zu stehen. Wer hier allerdings nach einer literarischen Aufarbeitung von Flucht und Ankunft im Alten Land sucht, wird durch dieses Buch nur begrenzt zufriedengestellt werden. Die Abhandlung dieses Thema geschieht in den Zwischentönen.

Insgesamt ist dieses Buch eine schöne und gar nicht mal wenig tiefgründige Lektüre für nachdenkliche Nachmittage. Weniger geeignet dürfte sie für Männer aus Hamburg Ottensen sein. Aber das ist ja auch mal in Ordnung.


Insgesamt bewerte ich das Buch mit 3,5 Sternen. Das bedeutet: Es hat mit gut gefallen.

Wichtig! Zu diesem Buch sollte es eine Triggerwarnung geben. Sie enthält einen leichten Spoiler:



TW: Suizid


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Veröffentlicht am 15.08.2021

Was für ein großartiges Buch!

Dieser weite Weg
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Ich habe das Buch "Dieser Weite Weg" von Isabel Allende gelesen und durfte eine liebenswürdige, vom Schicksal gebeutelte Familie auf ihrem Lebensweg begleiten.

== INHALT ==

In diesem Buch geht es um ...

Ich habe das Buch "Dieser Weite Weg" von Isabel Allende gelesen und durfte eine liebenswürdige, vom Schicksal gebeutelte Familie auf ihrem Lebensweg begleiten.

== INHALT ==

In diesem Buch geht es um Krieg, immer wieder, zu verschiedenen Zeiten und mit verschiedenen Beteiligten. Mitten drin ist die Familie Dalmau aus Katalanien. Víctor ist eigentlich mitten im Medizinstudium, doch seit Krieg herrscht versorgt er verletzte Soldaten an der Front. Dort kämpft auch sein Bruder Guilliemme, wir lernen ihn nur aus Erzählungen kennen. Zuhause warten Víctors Eltern auf ihre Söhne, gemeinsam mit Roser, die einst als Musikschülerin ins Haus kam, aber nun die Verlobte von Guiliemme ist. Als sich der Gürtel um den Heimatort der Familie immer enger zieht, bleibt nur noch die Flucht, zuerst nach Frankreich, dann nach Chile und irgendwann, Jahre später nach Venezuela. Dort geht es immer wieder um das Verlieren, das Wiederfinden und das Neuanfangen.

== MEINUNG ==

Ich bin ohne Erwartungen an dieses Buch herangetreten und wurde vollkommen unerwartet und unvorbereitet mitgerissen. Der Beginn des Buches lebt von seinen erschütternden Erzählungen über Krieg und Vertreibung. Isabel Allende erzählt dabei sensibel aber schonungslos, der Text ist immens immersiv.

Im späteren Teil des Buches geht es dann um Liebe, Familie, Heimat, Alter, die großen und kleinen Fragen des Lebens. Auch hier schafft Isabel Allende es, im Leser eine starke Verbindung zur Familie Dalmau aufzubauen. Immer wieder gibt es Wendungen, Verstrickungen, Liebeleien und Affären, wir verabschieden uns von alten Charakteren, andere tauchen unerwartet wieder auf. Es macht einfach Spaß zu lesen und ist dabei trotzdem keine "leichte Lektüre", sondern ein anspruchsvolles Buch. Ganz nebenbei lernt der Leser aus dieser gut recherchierten Geschichte vieles über den Verlauf des letzten Jahrhunderts auf dem südamerikanischen Kontinent.

== FAZIT ==

Ich kann dieses Buch nur empfehlen. Man muss sich natürlich bewusst sein, dass das hier keine Sommer- und auch keine Herzschmerzlektüre ist. Und trotzdem hat man Ende das Gefühl ein ganzes Leben gelebt zu haben, in einem kleinen Haus in Chile mit Víctor und seiner Familie.

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