Auch bei offener Tür bleibt man im Käfig gefangen (Was ich damit meine? Das erfahrt ihr weiter unten!)
Someone NewLaura Kneidl – Someone New
Auch bei offener Tür bleibt man im Käfig gefangen
(Was ich damit meine? Das erfahrt ihr weiter unten!)
Zum Inhalt:
Micah heißt eigentlich Michaella. Sie stammt aus gutem Hause. ...
Laura Kneidl – Someone New
Auch bei offener Tür bleibt man im Käfig gefangen
(Was ich damit meine? Das erfahrt ihr weiter unten!)
Zum Inhalt:
Micah heißt eigentlich Michaella. Sie stammt aus gutem Hause. Ginge es nach ihren Eltern, so würde sie an der Eliteuniversität Yale Jura studieren. Doch seitdem Micahs Zwillingsbruder Adrian nach seinem Outing von ihren Eltern mehr oder weniger aus dem Haus gejagt wurde, haben sich Micahs Pläne geändert. Zwar studiert sie immer noch Jura – allerdings nun am örtlichen Mayfield College. Grund dafür ist ihre Suche nach Adrian, der sämtlichen Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hat. Micah distanziert sich zumindest räumlich von ihren Eltern und zieht in eine eigene Wohnung. Als sie herausfindet, dass einer ihrer neuen Nachbarn Julian heißt und einen Kater namens Laurence hat, ist dies keine nur positive Entdeckung. Immerhin hatte sie auf einer der letzten Partys ihrer Eltern eben diesen Julian, der dort als Kellner beschäftigt war, in eine verfängliche Situation gebracht, die ihn den Job kostete. Stellt sich nun nur noch die Frage, wie man sich entschuldigen und sein Gewissen beruhigen soll, wenn einem der nette junge Mann von nebenan aus dem Weg geht.
Zum Cover:
Das Cover ist traumhaft schön. Der Hintergrund ist weiß gehalten. In schwarzer Schrift -wie mit einem Füller geschrieben- hebt sich das Wort „Someone“ ab. „New“ hingegen ist in drei versetzt und untereinander angeordneten weißen Großbuchstaben gestaltet worden. Im Hintergrund ist eine Flamme oder eine Art Rauch zu sehen, deren/dessen Quelle am Boden des Covers sitzt. Das Feuer ist zum Teil in Rosatönen und zum Teil in Blautönen gehalten. Allerdings lassen sich die Farben unten kaum auseinanderhalten, da sie miteinander vermischen.
In echt sieht das Cover noch viel schöner aus als am PC. Und ich muss sagen, dass ich nach dem Lesen eines Buches noch nie so sehr bewundert habe wie gut das Cover zu der Story passt wie in diesem Fall. Genial!
Meine Meinung / Bewertung:
Das Buch beginnt recht flott. Man merkt schnell, dass sich Micah in ihrer Welt, die eigentlich die Welt ihrer Eltern ist, nicht mehr wohlfühlt. Dennoch hat sie ihre Eltern weiterhin lieb und ist ihnen für die schöne Kindheit dankbar. Umso schwerer fällt es ihr damit klarzukommen wie ihre Eltern mit Adrian umgehen. Auch merkt man ihr an, dass sie stark damit zu kämpfen hat ihre Wünsche hinsichtlich des Studiums und der Wohnsituation zu äußern. Micah wird somit als starke junge Frau in die Geschichte eingeführt – mit einem Interesse für Comics. Die Hinweise auf Comics ziehen sich durch das gesamte Buch, was ich einerseits gut finde, da es so sehr aktuell und sehr nah an der Zeit geschrieben ist, was mir als nicht-Comic-Leserin anderseits aber ab einem gewissen Punkt ein wenig zu viel war. Dies ist vermutlich nur ein Grund, aus dem mir Micah nicht so sympathisch war wie Julian.
Julian ist ein netter junger Mann mit guten Manieren und einer Katze, der studiert und sich mit einer Vielzahl an Jobs über Wasser hält. Er ist als eher zurückhaltend zu beschreiben, aber dennoch jederzeit hilfsbereit. Durch seine charmante Art wächst er einem schnell ans Herz, auch wenn man sich fragt was er denn verbirgt.
Sein Geheimnis ist DAS große Thema in dem Buch. Ein Thema, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Ein Thema, über das ich noch nicht in einem Roman gelesen hatte. Ein Thema, das mehr Raum zur Entfaltung gebraucht hätte. (Ohne zu spoilern ist es echt schwer Näheres dazu zu schreiben, weshalb ich es an dieser Stelle bewusst wage halte.)
Dass das Lüften von Julians Geheimnis am Schluss in meinen Augen doch recht reibungslos über die Bühne ging, ist für mich einer meiner Kritikpunkte. Ich als Leserin habe mehr Zeit zum „Verarbeiten“ des Themas gebraucht, als mir das Buch ließ. Und mit „Verarbeiten“ meine ich lediglich, dass ich im Kopf die Handlung noch einmal durchgegangen bin und mir gedacht habe „Ahh... so ist das also. Jetzt macht das noch viel mehr Sinn.“, aber auch, dass ich mir Gedanken über das Thema in der Realität gemacht habe.
Wo ich schon einmal beim Thema Realität bin: hier sehe ich in ein und derselben Sache sowohl einen Plus- als auch einen Minuspunkt. Das Buch ist sehr sehr realitätsnah geschrieben. All das, was in dem Buch vorkommt, die Vielfalt an Persönlichkeiten, die Micah umgibt, sei es der homosexuelle Bruder oder die beste Freundin, die noch zu Schulzeiten Mutter wurde, kann man sich eins zu eins auf das wahre Leben übertragen vorstellen. Das Buch ist dadurch brandaktuell, was mir wirklich gut gefallen hat. Andererseits sind mit Micahs Freundeskreis -diese Charaktere sind im Übrigen alle sehr liebevoll gestaltet- alles Persönlichkeiten eingeführt worden, die ihre eigenen Probleme haben. Natürlich hat jeder sein eigenes Problem – wer kennt das nicht? Doch für die Handlung eines Buches war es mir vielleicht ein kleines bisschen zu viel. Stattdessen hätte ich mich lieber noch mehr auf die Haupt-Storyline konzentriert.
Zum Schluss möchte ich gerne das Bild von dem Käfig aufgreifen und warum man gefangen ist, wenn doch die Tür offen steht: Wir leben in einer modernen Zeit, in einer modernen Welt. Zumindest hört man das immer wieder. Man soll sein, wer man sein möchte. Man soll tun, was einen glücklich macht. Die Welt (oder Käfigtür) steht einem also offen. Aber dennoch traut man sich nicht heraus. Denn man hat sich an sein Leben gewöhnt. Wagt man einen Schritt heraus, so sind einem schiefe Blicke gewiss. Ich persönlich denke, dass es dadurch für die jungen Menschen von heute noch viel schwieriger ist, als früher. Und dieses Gefühl habe ich auch dem Buch entnehmen können. Die Handlung zeigt aber auch, dass man manchmal einen Käfig nur verlässt, um dann einen neuen zu betreten. Einen Platz zu finden, an dem sich Menschen versammeln, die ihre Käfige hinter sich gelassen haben ist schwer. Der Weg dahin ist mit vielen Zweifeln gesäumt.
Wem das zu metaphorisch war: Es ist schwer herauszufinden, wer man sein möchte. Und hat man es erst einmal herausgefunden und dabei manchmal leider alte Familienbanden kappen müssen, so braucht es seine Zeit mit seinem neuen Leben glücklich zu sein. Eine Erfahrung, die sowohl Micah als auch Julian durchleben mussten.
Sterne: 4 von 5!
Viel Spaß beim Lesen!