Oftmals reicht ein einzelner Mensch, um die Welt zum Leuchten zu bringen
Die Stunde zwischen Nacht und MorgenDas kann es doch noch nicht gewesen sein- ein fest vorgezeichneter Lebensweg mit einer Heirat, die nicht aus Liebe, sondern aus Pflichtgefühl geschlossen wird. Da muss es doch auch noch etwas anders geben, ...
Das kann es doch noch nicht gewesen sein- ein fest vorgezeichneter Lebensweg mit einer Heirat, die nicht aus Liebe, sondern aus Pflichtgefühl geschlossen wird. Da muss es doch auch noch etwas anders geben, um wirklich richtig glücklich zu werden. Diese Gedanken gehen Eli, einer jungen Schweizerin, durch den Kopf, als sie fluchtartig das behütete Elternhaus verlässt und als Mitglied einer Hilfsorganisation nach Köln geht, um dort im Nachkriegsjahr 1946 die Not leidende Bevölkerung zu versorgen. Zwischen Trümmern und Elend steht sie plötzlich einem verhärmt aussehenden ehemaligen Soldaten gegenüber, der ihr auf der einen Seite unheimlich und abweisend erscheint und auf der anderen Seite rührt es an Elis Herz, wie sich Helmut um seinen kleinen Bruder Mattes kümmert...
"Die Stunde zwischen Nacht und Morgen" lässt mit aller Deutlichkeit die verheerende Situation im Hungerwinter 1946 wieder lebendig werden und katapultiert die Leser:innen direkt in das zerbombte Köln, wo zwischen pechschwarzen Häusergerippen, Bombentrichtern und Trümmern Eli Gutes tut.
Die Handlung rund um das Schweizer Dorf in Köln ist von der Schreibenden mit eindringlichen Worten, aber auch mit sehr plastischen Bildern beschrieben. Man sieht die Baracken in der Nähe des Westbahnhofs regelrecht aus den Seiten steigen und wird so zum Zeitzeugen. Aus den Helfer:innen werden ganz schnell regelrechte Engel, denn mit ihrer menschlichen Zuwendung und den kleinen Köstlichkeiten wie Ovomaltine und Schokolade sind sie echte Lichtblicke in dieser schwierigen Zeit.
Mittendrin Eli, die das Herz auf dem rechten Fleck hat - eine junge Frau, die schnell zur Freundin wird und mit der man sich gemeinsam um die Not Leidenden kümmert. Ihre Geschichte ist für die Leser:innen so erzählt, als würde man mit ihr verschmelzen und so ein Teil von ihr werden.
Deutlich ist zu spüren, wie sich Eli von der Tochter aus gutem Hause zu einer jungen Frau entwickelt, die weiß was sie möchte und die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Es macht Spaß, diese Veränderungen zu sehen, mitzuerleben und Eli auf ihrem Weg zu begleiten.
Kriegsheimkehrer Helmut hat es erst noch schwer, sich an die neue Freiheit zu gewöhnen, aber auch er geht seinen Weg, kümmert ich liebevoll um seinen kleinen Bruder Mattes und kann so nach und nach die schmerzhaften Erinnerungen verarbeiten. Er gesteht sich sogar wieder ein, Träume haben zu dürfen.
Der Roman ist mit leisen Worten erzählt und bietet ein sehr genaues Bild vom Durchhaltewillen der notleidenden Bevölkerung, ermöglicht aber auch, dass sich das kleine Pflänzchen Liebe in den Trümmern einnisten kann und dort aufgeht. Eine Romanze, die auch bei den Leser:innen für Herzklopfen sorgt und bei der man die Zerrissenheit und die Hoffnung nachfühlen kann.
Das Buch berührt, besticht durch akribische Recherche und überzeugt mit warmherzigen Figuren, die die Leser:innen an die Hand nehmen, um ihnen ihre Vergangenheit zeigen zu können.