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Veröffentlicht am 01.05.2021

Ich brauch frische Luft, damit ich wieder bisschen atmen kann... (Wincent Weiss)

Die Inselhebamme
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Für Nela ist es das Schönste auf der Welt, als Hebamme zu arbeiten und den kleinen Erdenbürgern beim Start ins Leben zu helfen. Aber im Krankenhaus geht immer mehr das Menschliche verloren und ihr macht ...

Für Nela ist es das Schönste auf der Welt, als Hebamme zu arbeiten und den kleinen Erdenbürgern beim Start ins Leben zu helfen. Aber im Krankenhaus geht immer mehr das Menschliche verloren und ihr macht das Gefangen sein im Hamster-Rad zwischen Zeitdruck und Effizienz immer mehr zu schaffen, ebenso wie die Trennung von ihrem Ex. Es ist Zeit, an der Reißleine zu ziehen und das Leben zu überdenken. Und wo geht das besser, als Zuhause auf Norderney ? Aber auf der Insel in der Nordsee hat sich einiges getan und so sieht sich Nela vor Entscheidungen gestellt, die von ihr mehr als Mut und Zuversicht erfordern...


Emma Jacobsen lässt mit ihrem Roman eine ordentliche Portion Nordseezauber und Inselfeeling in das heimische Wohnzimmer einziehen, denn die landschaftlichen Beschreibungen von Norderney sind wirklich kleine Auszeiten im imaginären Strandkorb, die man als Leser erleben darf.

Aber mit dem Verlauf der Geschichte bin ich nicht ganz so glücklich, denn trotz sympathischer Titelfigur fehlt mir hier Einiges, um wirklich von einem echten Schmöker zu sprechen. Zwar kann ich mit Nela den Weg aus der Tretmühle des stressigen Alltags gemeinsam gehen, aber sie wirkt mir immer noch ein bisschen unausgereift und in ihren Entscheidungen unsicher. Es bedarf mehr als einmal des berühmten Tritts in den Hintern, damit sie in die Puschen kommt und ihren Traum verwirklicht.

Was mir gar bitter aufstößt ist die Tatsache, dass Nelas Eltern sich einfach so sang- & klanglos aus dem Staub machen und Omama Alma mehr oder weniger allein auf der Insel zurücklassen. Die alte Dame hat nicht nur eine beginnende Demenz, sondern ein echtes Alkoholproblem, für das sich keiner zu interessieren scheint (täglich backt sie Kuchen, der mit ordentlich Rum oder Eierlikör als Topping verzehrt wird, in jede Tasse Tee gehört ein kräftiger Schluck Rum). Sind denn alle blind und taub oder verschließen wirklich nur geschickt die Augen ?

Was mir hingegen sehr gut gefällt ist der kritische Umgang mit der Scheinwelt in den sozialen Medien, deren Opfer Tini wird - solange man möglichst ausgefallene Storys mit noch außergöhlicheren Fotos auf Insta postet und somit die breite Masse bedeent , ist alles in Ordnung. Aber ein Fehltritt und schon bist du im Reißwolf der Hetzer und wirst, dank der Anonymität im Netz, mit einem Shitstorm regelrecht in der Luft zerrissen. Es ist eben doch mehr Schein als sein- Tini merkt, dass sie keine echten Freunde hat und fällt in ein tiefes Loch.

Das eigentliche Thema des Buches, nämlich dass Nela sich dazu entscheidet, wieder zurück nach Norderney zu gehen und dort als Hebamme glücklich zu werden, gerät aufgrund der Fülle der Nebenhandlungen eher in den Hintergrund und kommt erst auf den letzten 50 Seiten zum Zug. Die Entwicklung zu dieser Entscheidung läuft eher im Hintergrund ab und wird dann als Happy End präsentiert. Hier hätte ich mir gewünscht, dass ich als Leser mehr mit in die Gefühle und Gedanken von Nela einbezogen werden, um an ihren Entscheidung teilhaben zu können..

Das Buch liest sich schnell von der Hand weg, bleibt aber leider hinter meinen Erwartungen zurück.

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Veröffentlicht am 30.04.2021

Geh deinen eigenen Weg

Elsas Erbe
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Für Elsa ist Roseburg Heimat, Geborgenheit und Familie und ihr fehlt es an nichts. Der Vater erfüllt ihr jeden erdenklichen Wunsch, denn als vermögender „Kiesbaron“ muss er nicht aufs Geld achten. Doch ...

Für Elsa ist Roseburg Heimat, Geborgenheit und Familie und ihr fehlt es an nichts. Der Vater erfüllt ihr jeden erdenklichen Wunsch, denn als vermögender „Kiesbaron“ muss er nicht aufs Geld achten. Doch Elsas heile Welt bekommt einen dicken Riss, denn der Vater verlässt in einer Nacht und Nebelaktion seine Familie, weil er sich zu einer anderen Frau hingezogen fühlt und mit ihr bereits einen gemeinsamen Sohn hat. Durch diesen Rückschlag muss Elsa lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, sich durchzusetzen und für ihre Träume zu kämpfen…

Tanja Schlie hat mit „Elsas Erbe“ einen sehr kraftvollen und mitreißenden Roman geschrieben, der von den unterschiedlichen Wesenszügen und den damit verbundenen Reibungen zwischen Vater und Tochter lebt.

Während Georg eher impulsiv und ein echter Quertreiber ist, der manchmal ohne Rücksicht auf Verluste seine Vorhaben regelrecht mit dem Brecheisen durchsetzt, ist Elsa eher pragmatisch veranlagt, geht mit Effizienz und einer guten Portion Selbstbewusstsein an die Hürden heran, die sich ihr in den Weg stellen. Dabei bleibt sie sich aber selbst treu und verliert nie ihr Ziel aus den Augen.

Im Verlauf der Jahre merkt man sehr deutlich, dass Elsa fest verwurzelt mit ihrer Heimat ist, ihr die diese aber noch nicht wirklich zu einem echten Zuhause geworden ist. Und so, wie ein Baum die Äste nach dem Sonnenlicht streckt und wächst, so lässt auch hier die Schreibende Elsa an ihren Aufgaben wachsen. Auch wenn sie kein glückliches Händchen in der Liebe hat und ihr Herz scheinbar immer wieder an den Falschen verliert, möchte sie doch im Grunde nur eins – lieben und geliebt werden.

Die Entwicklung vom Mädchen aus gutem Hause hin zu einer erwachsenen Frau, die weiß, was sie vom Leben will und wie sie ihre Ziele erreichen kann, ist von der Autorin nachvollziehbar und glaubwürdig geschildert. Ich mag es, dass man hier die Verwandlung regelrecht hautnah miterleben kann, dann die Gefühls- & Gedankenwelt wird für den Leser zugänglich gemacht. Man spürt die Angst von Elsa, immer wieder aufs Neue verletzt zu werden genauso wie ihren unbedingten Willen, sich den unangenehmen Situationen zu stellen und so für klare Verhältnisse zu sorgen.

Ein Roman mit vielen Emotionen, zeitgeschichtlichen Ereignissen und einer Protagonistin, die überzeugt.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

Walli bringt das Allgäu in Wallung

Die letzte Pille bringt den Tod
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Burglbach ist dermaßen am Ende der Welt gelegen, dass sich normalerweise kein Verbrecher dorthin verirrt. Doch als man den Fischlinger Ludwig tot in seiner Apotheke findet, ist es aus mit der Ruhe im Allgäudörfchen. ...

Burglbach ist dermaßen am Ende der Welt gelegen, dass sich normalerweise kein Verbrecher dorthin verirrt. Doch als man den Fischlinger Ludwig tot in seiner Apotheke findet, ist es aus mit der Ruhe im Allgäudörfchen. Aber wie soll Walli ihrem Sohn Wolfi, der zwar Polizist, aber nicht immer der Schnellste in der Truppe ist, beibringen, dass hier ein Mörder sein Unwesen treibt und nicht Frau Hippe die Sense geschwungen hat ? Wenn frau nicht alles selbst in die Hand nimmt....


Zugegeben, Walli ist schon sehr speziell - egal ob es ihren gewöhnungsbdürftingen modischen Chic, ihre bescheidene 500qm Behausung oder ihre Ausdrucksweise betrifft. Da sie sich selbst nicht ganz so ernst nimmt, darf man das als Leser auch nicht unbendingt, denn die Autorin schreibt mit spitzer Feder - Sakasmus, Ironie und derbe Flüche inklusive.

Der Fall braucht schon ein paar Seiten Anlauf, um richtig in Fahrt zu kommen, aber wenn Walli erst einmal so richtig in Wallung kommt, ist sie nicht mehr zu stoppen. Wie ein Derwisch fegt sie durchs Allgäu, zeigt ihrem trägen Sohn, wo der (Ermittlungs-)Hammer hängt und begibt sich mehr als einmal in eine brenzlige Situation.

Wer im Allgäuer Dialekt nicht gerade heimisch ist, wird den einen oder anderen Stolperstein überwinden müssen, aber ich liebe den regionalen Bezug, der die Dialoge lebendig und authentisch macht.

Bis zum Schluss ist gute Laune vorprogrammiert, der ein oder andere Holzweg beschritten und und mit unkonventionellen Ermittlungsmethoden für den Leser ein abwechslungsreiches Rätselraten.

Zum Einstand von Walli vergebe ich 3,5 Sternchen, denn es ist noch Luft nach oben.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

Sei mutig und geh deinen Weg

Fussel und der Mutausbruch
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Fussel lebt zusammen mit seiner Fusselfamilie auf einer alten Wolldecke. Und genauso schlapp und träge wie die Wolldecke tagein tagaus einfach nur so herumliegt, so langweilig ist auch Fussels Leben. Da ...

Fussel lebt zusammen mit seiner Fusselfamilie auf einer alten Wolldecke. Und genauso schlapp und träge wie die Wolldecke tagein tagaus einfach nur so herumliegt, so langweilig ist auch Fussels Leben. Da muss doch mehr drin sein , denkt sich der Kleine und macht sich auf, um die Welt außerhalb der Deckenzipfel zu entdecken.....

"Fussel und der Mutausbruch" ist ein liebevoll gestalteter Mutmacher - nicht nur für die Kleinsten, denn mit mit der charmant verpackten Botschaft, alte Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen ist dieses Buch auch ein kleiner Schubs in die richtige Richtung für Erwachsene.

Die detailreichen und ansprechenden Zeichnungen laden ein, die Welt von Fussel kennenzulernen und mit ihm gemeinsam die kleinen und großen Abenteuer zu erleben. Kinder und Erwachsene fühlen sich sofort wohl in der Geschichte, schlagen gemeinsam mit Fussel Purzelbäume über die bunte Blumenwiese, bauen zusammen eine Sandburg am Strand und bestaunen die funkelnden Sterne am Nachthimmel .

Und so, wie Fussel langsam wächst, weil von jedem seiner Begegnungen etwas in seinem Fusselkleid haften bliebt, genauso wächst das Kind an seinen Erfahrungen und Erinnerungen, die es macht, wenn es die Welt um sich herum entdeckt. Ich finde diese Versinnbildlichung sehr gelungen interpretiert und kindgerecht umgesetzt.

Ein zauberhaftes Buch zum Vor- und Selbstlesen.

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Veröffentlicht am 27.04.2021

Mikro-Kosmos Frühstückspension - brüllend komisch

Die Pensionsspiele von Oberammergau
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Ja, so eine Frühstückspension inmitten der Ammergauer Alpen ist schon ein Traum und genau diesen setzen Simon und Carola mit Ahnungslosigkeit und Herzblut um, als die Tinte auf dem Kaufvertrag für das ...

Ja, so eine Frühstückspension inmitten der Ammergauer Alpen ist schon ein Traum und genau diesen setzen Simon und Carola mit Ahnungslosigkeit und Herzblut um, als die Tinte auf dem Kaufvertrag für das grüne Kleinod in Oberammergau noch nicht ganz trocken ist , dafür die Zimmer aber ausgebucht sind. Doch von beschaulicher Alpenidylle und netten Gästen ist ihr Alltag meilenweit entfernt...

Herzlich willkommen im Wahnsinn...und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn diese Komödie ist wahnsinnig komisch, wahnsinnig skurril und wahnsinnig unterhaltsam.

Der Autor integriert den Leser als Gast im Mikro-Kosmos Frühstückspension, die zum Theater für Selbstdarsteller, Eigenbrötler, kuriose Mitarbeitende und eine schillernd bunte Gästeschar wird.

Mit Wortwitz, einem sicheren Händchen für Szenekomik und eigenartigen Erlebnissen führt der Autor als Gastgeber durch die Leidensgeschichte von Simon und Carola, die doch so vielversprechend und mit Aussicht auf der große Geld beginnt.

Allein das Beantworten der Fragen zum sach- & ordnungsgemäßen Umgang mit der Wurstaufschnittschneidemaschine sorgt für heiteres Schenkelklopfen, aber der Schreibende kann in jedem Kapitel noch einen drauf setzen und strapaziert die Lachmuskeln bis zum Anschlag. Egal ob es die mehr als fragwürdigen Nebentätigkeiten des Reinigungpersonals oder die unglaublichen Hinterlassenschaften seiner Gäste auf dem Duschkopf sind, der horrend gestiegene Verbrauch an Toilettenpapier, als eine Jugendgruppe in der Pension weilt oder exquisite Fahrräder, deren ungeklärte Herkunft einfach totgeschwiegen und als "Ersatz" mal eben weiterverliehen werden - hier wird der Alltag mit abstrusen Szenen, Ironie und einer Prise Galgenhumor gewürzt und für den Leser in kurzweiligen Kapiteln ansprechend serviert.

Der gelungene Mix aus Absurditäten und romantischer Kulisse mit Kofel, Laber und Königsschlössern ist eine kleine Liebeserklärung an den Passionsspielort und seine Bewohner und bekommt eine absolute Leseempfehlung !!

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