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Veröffentlicht am 26.01.2021

"Um acht am Mond"

Helenes Versprechen
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Nach fast 10 Jahren stehen sich Helene und ihr Sohn wieder gegenüber, doch das Band, was einst Mutter und Sohn unzertrennlich machte, scheint gerissen zu sein. Moritz verhält sich abweisend und seine Mutter ...

Nach fast 10 Jahren stehen sich Helene und ihr Sohn wieder gegenüber, doch das Band, was einst Mutter und Sohn unzertrennlich machte, scheint gerissen zu sein. Moritz verhält sich abweisend und seine Mutter ist ihm fremd geworden. Doch tief im Innern kann er nicht vergessen, dass seine Mutter im ein Versprechen gegeben hat, als sie ihn damals fortgeben musste, damit er überleben konnte...."Um acht beim Mond". Unterdessen hadert Helene mit sich und ihrer Entscheidung und kann nicht vergessen, was in den letzten 10 Jahren sich ereignet hat. Wird der Neuanfang in Amerika gelingen ?


Mit "Helenes Versprechen" tauchen wir tief ein in die Lebensgeschichte einer jüdischen Kinderärztin, deren Schicksal zu Herzen geht und den Leser emotional an die Seiten bindet. Doch um ehrlich zu sein, gefällt mir der Erzählstrang in den Jahren ab 1923 in Frankfurt um ein Vielfaches besser, weil ich hier ganz schnell Zugang zu Helene und ihren Gefühlen finde und es mir so leichter fällt, mich mit ihr zu identifizieren. Hier zeigt die Autorin unglaublich viel Fingerspitzengefühl, um das Thema Judenverfolgung in Frankfurt in ihre fiktiven Ereignisse miteinzubauen und schlägt so das dunkelste Kapitel Deutschlands wieder auf, um den Leser mit all dem Schrecken und der Angst daran teilhaben zu lassen. Auch beschreibt sie das alte Frankfurt mit unglaublich plastischen Bildern, sodass die historische Kulisse regelrecht vor den Augen des Lesers entsteht und so für eine Stadtbesichtigung der besonderen Art sorgt.

Der Wechsel hinüber nach Amerika ins Jahr 1947 bedeutet einen Schnitt, nicht nur in der Zeit und in den Ereignissen, sondern auch in der Erzählweise. Irgendwie entgleiten mir die Figuren und der Zugang zu ihnen scheint mit der Reise über den großen Teich an Nähe verloren zu haben. Hier wirkt Helene steif und unnahbar, ihre Gefühls- & Gedankenwelt wird zwar offengelegt, aber da ist irgendiwe eine unsichtbare Wand, die den Leser immer wieder davon abhält, sich ganz in sie hineinzuveretzten. Dabei bietet der Konflikt zwischen Mutter und Sohn so unglaublich viele Möglichkeiten, um das sich wieder annähern so richtig mitzuerleben. Hier bleibt über weite Strecken der Leser jedoch nur ein stiller Beobachter.

Der Roman büßt leider seinen Reiz ein, was ich unglaublich schade finde, denn die Geschichte ab der Überfahrt im Jahr 1947 hat mir laut Klappentext etwas anderes suggeriert. Die Figuren wirken in meinen Augen zu bemüht und manchmal zu energisch, um sich ihren Platz in meinem Leserherz zu sichern. Gerade mit Helenes Schwester Marlis habe ich meine liebe Not, denn sie ist sehr egoistisch und ich kann ihre Entscheidungen und Handlungen nicht immer gut heißen.

Trotzdem ist dieses Buch 4 Sterne wert, denn es ist ein wichtiges Dokument gegen das Vergessen

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Ein Leben zwischen Tüll und Tränen

Die Brautflüsterin
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Sanna Lindström ist vielen aus der VOX-Serie "Zwischen Tüll und Tränen" bekannt und dort verzaubert sie nicht nur ihre Bräute mit Charme, Esprit und ihrem süßen schwedischen Akzent, sondern wie weiß auch ...

Sanna Lindström ist vielen aus der VOX-Serie "Zwischen Tüll und Tränen" bekannt und dort verzaubert sie nicht nur ihre Bräute mit Charme, Esprit und ihrem süßen schwedischen Akzent, sondern wie weiß auch die Zuschauer mit ins Boot zu nehmen, ihnen ein paar pastellige Momente im Wohnzimmer zu verschaffen und so für Brautfeeling und Herzklopfen zu sorgen.

Doch dass Sannas Leben nicht immer von Scheinwerfer erhellt und mit Sonnenglanz beschienen ist, wissen die wenigsten und Sanna gibt hier einen ganz tiefen Einblick in die dunkelste Zeit ihres Lebens. Sie bricht mit dem Tabu und bringt ihre Erkrankung ans Tageslicht, weil diese schwere Zeit der Depressionen sie geformt und geprägt haben.

Doch aus den dunklen Tag gibt es einen Pfad zurück ans Licht und den geht sie gemeinsam mit ihrer Familie, denn nur gemeinsam können sie diesen Weg gehen. Aus jeder Zeile spricht die Liebe zu ihrer Heimat und ihrer Familie, die sie zu dem Menschen gemacht haben, der sie heute ist. Eine unglaublich empathische Frau, die mit offenem Herzen und dem Gespür für die Bedürfnisse der Menschen durchs Leben geht.

Die Idee, eigene Brautkleider zu entwerfen, ist zuerst nur ein kleines Sandkorn und entwickelt sich dann nach und nach zu einer schönen schimmernden Perle. Mit ganz viel Herzblut und Feuereifer entstehen Kleider, die die Schönheit einer Frau unterstreichen und genau das betonen, was sie so liebenswert macht. Denn für jede Braut gibt es das eine Kleid, dass Herzklopfen und Gänsehaut, Freudentränen und funkelnde Augen hervorruft.

Ein paar Einblicke in den Alltag, ein paar Tipps für die zukünftige Braut und die gängigen Schnitte für Brautkleide runden das Ganze ab und geben der Leserin das Gefühl, sich mitten in einem der mit Licht und Liebe gefüllten Ateliers zu befinden und bei einer Anprobe das Herz an eines von Sannas Kleider zu verlieren. Aus "Ja, das ist mein Kleid" wird hier eindeutig "Ja, das ist mein Leben" , an dem die sympathische Schwedin uns gerne teilhaben lässt.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Rauchiger Whisky und Künstliche Intelligenz rauben Kommissar Brander den Schlaf

Schwabentod
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Es ist schon ein skurriler Tatort, den Brander da betritt - eine männliche Leiche liegt, ähnlich einer Marionette, auf dem Boden und ist mit rosafarbenem Lack überzogen. Stumme Zeugen der Tat sind sechs ...

Es ist schon ein skurriler Tatort, den Brander da betritt - eine männliche Leiche liegt, ähnlich einer Marionette, auf dem Boden und ist mit rosafarbenem Lack überzogen. Stumme Zeugen der Tat sind sechs lebensgroße Silikonpuppen, die sogar sprechen können. Sind die Puppen als Gespielinnen gedacht oder was hat es mit diesen Living Dolls auf sich ? Kommissar Brander muss ermitteln und bekommt so einen tiefen Einblick in die Welt der Künstlichen Intelligenz, die Fluch und Segen zugleich ist....



Mit "Schwabentod" packt Sibylle Baecker ein heißes Eisen an und schürt die Diskussion um das Thema Künstliche Intelligenz . Ihre Recherchen zum Geschäft mit den Living Dolls, die einsamen Männern Gesellschaft leisten und ihnen als Lebensgefährtin dienen, ist sehr ausführlich und weckt mein Interesse an der Thematik. Für viele ist die lebensechte Puppe mit vielen technischen Finessen ein Ersatz für eine echte Partnerin und es lässt sich, wenn man es richtig anstellt, richtig viel Geld mit diesen Puppen verdienen.

Der Fall lebt von den technischen Einblicken, die wirklich gut erklärt werden und auch für den fachlichen Laien sehr gut verständlich sind. Das komplexe Thema biete viel Zündstoff und viele Möglichkeiten, den Täter lange Zeit im verbogenen agieren zulassen.

Die Autorin setzt ihre kreative Ideen und ein rasantes Erzähltempo als Grundstock für ihren Krimi ein und baut für den Leser so ein schier undurchdringliches Geflecht aus Lügen, Intrigen, Geldgier und bizarrer Weltanschauung.

Brander flüchtet sich ab und an zu einem guten Glas Whisky, der sein strapaziertes Nervenkostüm wieder beruhigt und ihn erdet. Der Genuss des edlen Tröpfchens lässt ihn zur Ruhe kommen und nachdenken.

Die Figuren überzeugen mit einem breit angelegten Fächer an Charaktereigenschaften und man findet von tobenden Emanzen-Schwestern, über das naive Blondchen bis hin zum Fachmann für KI alles, was es für diesen Fall braucht, um Spannung, Nervenkitzel und Rätselraten über weite Strecken hin aufrecht zuhalten. Lange tappt man wirklich auf dem Holzweg und die Schreibende weiß geschickt falsche Fährten zu legen und so ihre Leser in die Irre zu führen. Bis zum Schluß bleibt der Täter unerkannt und der Showdown sorgt für eine Wendung, die ich so nicht auf dem Schirm gehabt habe.

Ein Krimi, der von der Geschäftsidee, mit der Einsamkeit der Menschen richtig Geld zu machen und dabei künstliche Intelligenz einzusetzen, lebt, dabei die herrliche Umgebung des Ländle ordentlich aufmischt und für spannende Lesemomente sorgt.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Leben und Wirken eines Grandseigneurs

Im Herzen Gaukler
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Armin Mueller-Stahl ist das Aushängeschild des deutschen Films und F.-B. Habel würdigt den Schauspieler mit dieser unglaublichen Filmografie, in der alle Filme, Synchron- & Regiearbeiten des Grandseigneurs ...

Armin Mueller-Stahl ist das Aushängeschild des deutschen Films und F.-B. Habel würdigt den Schauspieler mit dieser unglaublichen Filmografie, in der alle Filme, Synchron- & Regiearbeiten des Grandseigneurs aufgezählt werden. Aber Mueller-Stahl ist nicht nur Schauspieler, er erzielt auch Erfolge und Anerkennung als Musiker, Schriftsteller und Maler und begeistert so sein Publikum immer wieder aufs Neue.

Von den schauspielerischen Anfängen in der DDR bis hin zu seinen großen Erfolgen in Amerika darf der Leser hier unglaublich beeindruckende Lesemomente genießen, die die Stationen vor und hinter der Kamera lebendig machen. Armin Mueller-Stahl kommt dabei selbst zu Wort und man kann direkt seine sonore Stimme hören, wenn er von Misserfolgen und Erfolgen, von guten Freundschaften und angesehenen Kollegen spricht.

Das Buch liest sich wie ein "Who is who" der berühmten und erfolgreichen Schauspieler und zeigt auf, dass sich Mueller-Stahl nicht verstecken muss. Egal, ob er an der Seite von deutschen Schauspielgrößen wie Manfred Krug, Gudrun Landgrebe, Otto Sander, Mario Adorf, Rolf Hoppe oder Monica Bleibtreu Filme wie "Die Manns - Ein Jahrhundertroman", "Oberst Redl" oder "Das unsichtbare Visier" dreht , am Theater bewegende Stücke inszeniert oder internationale Erfolge an der Seite von Meryl Streep in "Das Geisterhaus", mit Michael Douglas und Sean Penn in "The Game" oder in "Illuminati" mit Tom Hanks und Ewan McGregor feiert - aus der Film- und Theaterwelt ist dieser großartige Darsteller und Künstler einfach nicht wegzudenken.

Der Autor bringt geschickt das Zeitgeschehen aus Politik, Fernsehen und Theater mit ins Spiel , wenn er die Jahre chronologisch Revue passieren lässt und so wichtige Ereignisse der Geschichte mit dem Wirken und den des Schauspielers verknüpft. Ein toller Schachzug, der dem Leser so einen vielfältigen Eindruck verschafft und ganz viel Lesenswertes zum Vorschein bringt.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Die Hauptfigur ist eine absolute Fehlbesetzung :-(

Den Sommer kannst du auch nicht aufhalten
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Sonny ist in ganz besonderer Mensch und er hat es aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigungen nicht leicht. Die regelmäßigen Besuche von Pierre und die gemeinsamen Spaziergänge im Park, Pierre zu Fuß ...

Sonny ist in ganz besonderer Mensch und er hat es aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigungen nicht leicht. Die regelmäßigen Besuche von Pierre und die gemeinsamen Spaziergänge im Park, Pierre zu Fuß und Sonny im Rollstuhl, sind eine willkommene Abwechslung. Doch ausgerechnet an Sonnys 16. Geburtstag wird aus dem Spaziergang eine Reise in die Vergangenheit, denn Pierre zeigt Sonny die Provence und erninnert sich an die schönste Zeit in seinem Leben...


Oh, was habe ich ich mich auf eine wunderschöne Liebesgeschichte gefreut, die leicht melancholisch den Blick zurück auf eine große Liebe wirft, die man auf ewig in Erinnerung behält. Aber schon auf den ersten Seiten schaue ich ganz versört das Gelesene an und kann nicht glauben, was ich da sehe. Muss man sich tatsächlich so in der Wortwahl vergreifen und einen jungen Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen so erniedrigen und beschämen ? Das, was Pierre da von sich gibt, entbehrt jeglicher Diskussion und ich finde seine rücksichtslose, primitive, ordinäre Art einfach nur noch abstoßend. Wie kann man sich dermaßen verbal an einem einem Menschen vergehen, der sich nicht wehren kann ? Ich bin fassungslos und entsetzt, wie der Autor Beleidigungen der übelsten Art auf einen behinderten Menschen regelrecht einhämmert, dem eigentlich Schutz und Fürsorge und ein liebevoller Umgang zusteht. Die Menschenwürde wird hier mit Füßen getreten....

Das Bild wandelt sich, als die beiden in der Provence angekommen sind und Pierre seine widerliche Maske abstreift. Er zeigt Herz und Gefühle, wenn er Sonny von seiner großen Liebe erzählt und man spürt ganz deutlich, dass sich etwas in ihm verändert. Hier wird er richtig einfühlsam und seine zärtlichen Worte strafen sein Verhalten aus dem Bucheinstieg Lügen.

Aber das alles kann den negativen Leseeindruck nicht ausmerzen, denn wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht vergessen, was Pierre zu Beginn des Buches Sonny angetan hat....


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