Profilbild von kati-katharinenhof

kati-katharinenhof

Lesejury Star
offline

kati-katharinenhof ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kati-katharinenhof über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.11.2020

Wunderbarer Evergreen

White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht
0

Heilig Abend ohne die geliebte Familie verbringen zu müssen, ist für Irving Berlin fast nicht erträglich. Mit den Gedanken und seinem Herzen ist er bei seiner Frau und den Töchtern und so beginnt sich ...

Heilig Abend ohne die geliebte Familie verbringen zu müssen, ist für Irving Berlin fast nicht erträglich. Mit den Gedanken und seinem Herzen ist er bei seiner Frau und den Töchtern und so beginnt sich langsam eine leise Melodie zu formen. Seine Gefühle kleidet er in einen passenden Text über die Weihnachtszeit und er ahnt nicht, dass er mit diesem Lied ein kleines Wiehnachtswunder erschaffen hat...


Weihnachten ohne "White Christmas" ist für mich einfach nicht denkbar, es gehört dazu wie alle Sitten und Bräuche, die innerhalb der Familie weitergegeben werden. Aber ich habe mich bisher noch nie mit der Entstehung dieses Liedes befasst. Dank Michelle Marly bin ich Zeuge einer unglaublich tiefen Liebe geworden, die bis heute durch diesen Evergreen weiterleben darf.

Die Autorin erzählt vom großen Traum des jungen emigrierten Izzy Naline, der als singender Kellner sich seinen Lebensunterhalt verdient und in dessen Leben die Musik eine große Rolle inneh hat. Erste Erfolge auf dem Broadway stellen sich ein. Als er auf einer Dinnerparty mit Ellin die Liebe seines Lebens kennenlernt, scheint die Kluft zwischen ihm und der Tochter eines reichen Geschäftsmannes unüberwindbar zu sein. Doch die Gefühle der beiden lassen sie stark werden und jede noch so unbezwingbare Hürde nehmen. Man spürt richtig, wie innig und herzlich sich die beiden zugtan sind und die Gefühle, die sie füreinander empfinden wärmen auch mir beim Lesen das Herz.

Die Schreibende hat hier schön den lieblosen Ton aufgegriffen, der in Ellins Familie herrscht. Hier geht es nur um Geld und Reichtum, um mehr Schein als Sein und man kann die Kälte fühlen, die sich auf der Jagd nach Vermögen und Wohlstand in den Herzen der Familienmitglieder ausgebreitet hat. Ellin ist so ganz anders - sie widersetzt sich dem Druck des Vaters und "opfert" die Statussymbole, um am ende reicher denn je zu sein, denn sie wird mit der bedingungslosen Liebe von Izzy beschenkt.

Der Roman zieht den Leser regelrecht in die Liebesgeschichte hinein und entwickelt sich zu einem Bad in den Gefühlen. Die Sehnsucht Irvings, als er "White Christmas" komponiert, ist für den Leser fühlbar. Man merkt richtig, wie sein Herz vor Verlangen nach seinen Liebsten schwer wird, wie sich die Gefühle in Worte und Noten verwandeln und lässt mir so die Gänsehaut über die Arme rieseln.

Der schwere Schicksalsschlag am Ende des Romans ist ein echter Taschentuchmoment und lässt ungehindert die Tränen fließen- man vergisst, dass dieses Buch eine fiktive Erzählung ist und verliert sich vollkommen in der Feinfühligkeit der Autorin. Für mich ein unglaublich emotionales Buch, das mich den Song mit anderen Augen sehen und mit anderen Ohren hören lässt.

Für alle, die an das Wunder der Liebe und an die Magie und den Zauber von Weihnachten glauben

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.11.2020

Tanz mit dem Teufel

Groumdeifl
0

Teerdecke drauf, Langzeitbaustelle beendet, Weihnachtsmarkt genießen- so in etwa hatten es sich die Schwandorfer vorgestellt, als endlich die Langzeitbaustelle mitten im Ort fertiggestellt wird. Doch ein ...

Teerdecke drauf, Langzeitbaustelle beendet, Weihnachtsmarkt genießen- so in etwa hatten es sich die Schwandorfer vorgestellt, als endlich die Langzeitbaustelle mitten im Ort fertiggestellt wird. Doch ein Rohrbruch zwingt die Teerdecke in die Knie und die gerade beendete Baustelle muss wieder aufgerissen werden. Aber die Bauarbeiter finden nicht etwa die undichte Stelle, nein, sie finden eine Leiche, gewandet im furchterregenenden im Krampuskostüm. Das ruft die Versicherungsdetektive Viersen und Leitner auf den Plan, die schon bald in einem echten Teufelswerk aus Hinterlist, geplatzten Träumen und schonungslosen Geschäftemachern ermitteln...


Mit "Groumdeifl" lässt Fabian Borkner das weihnactliche Brauchtum der Kramupsläufe in der Oberpflaz als Kulisse für seinen Krimi wieken und er setzt so die finsteren Weihnachtsgeister geschickt in Szene.

Ich mag es sehr, dass der Autor hier auf die Sitten und Gebräuche seiner Heimat sehr detailreich eingeht und sie dem Leser nahebringt. So erfährt man unglaublich viel über die angsteinflößenden Perchten nd Krampusse und das macht den Krimi sehr autehntisch und heimatverbunden.

Das Ermittlerduo Agnes und Gerhard verbindet eine Freundschaft+ und es ist schön zu lesen, wie die beiden manchmal umeinanderschleichen wie die Katze um den Milchnapf. Aber selbst wenn sie sich mal wieder näherkommen,, tut das ihrer Freundschaft keinen Abbruch. Mit Wortwitz und Charme begleiten sie den Leser durch den Regio-Krimi.

Der Fall bietet ein abwechslungsreiches Potpourri an Charakteren - egal ob Klatsch und Tratsch am Frauenstammtisch (hier wird tatsächlich jeder in der Luft zerrissen,der nicht im Raum ist), knallharter Bauunternehmer, eine Schwangere , deren Träume wie Seifenblasen zerplatzen oder ein kleiner kecker Junge, der sich in mein Leserherz schleicht - hier dürfen alle Figuren nach Herzeslust ihre Ecken und Kanten ausleben, Dialekt sprechen und die idyllische Oberpfalz dem Leser nahebringen.

Der Mordfall an und für sich bietet viele Fragen, die zu eigenen Ermittlungen anregen. War das Rohr in der Baustelle vorher schon beschädigt ? Gab es gar Pfusch auf der Baustelle ? Oder wurde der Schaden erst mit dem Vergraben des Toten verursacht ? Und die alles entscheidende Frage - wer hat dem Teufel das Lebensfeuer gelöscht und zieht so einen Nutzen aus seinem Tod ?

Es gilt, viele kleine Puzzleteilchen zu finden und sie zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzusetzen. Manchmal vergisst man beim Lesen, dass es sich um einen fiktiven Fall handelt, denn durch die vielen regionalen Brauchtümer und die sehr gut aufbereiteten Hintergrundinformationen verschwimmt ganz oft die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Ein geschickter Schazug vom Autor, der seine Leser somit an die Seiten fesselt und ihnen Vorweihnachtszeit mit dieser Mordsgeschicht auf kurzweilige, spannende Art und Weise verkürzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.11.2020

„Gewonnen hat immer der, der lieben, dulden und verzeihen kann.“ (Hermann Hesse)

Der Wahnsinn, den man Liebe nennt
0

Susa mag nicht an einen dummen Zufall glauben, als sie einen Anruf erhält, der ihr die Lieferung eines Kühlschrankes auf den Namen ihres Mannes bestätigt. Aber wieso unter einer anderen Adresse ? Gequält ...

Susa mag nicht an einen dummen Zufall glauben, als sie einen Anruf erhält, der ihr die Lieferung eines Kühlschrankes auf den Namen ihres Mannes bestätigt. Aber wieso unter einer anderen Adresse ? Gequält von der bohrenden Frage, was dahinter steckt, entdeckt sie schließlich, dass nur ein paar Straßen weiter ihr Mann seit Jahren ein Doppelleben geführt hat - als glücklicher Familienvater. Susa fällt ins Bodenlose und sucht Zuflucht bei ihrer Mutter, doch auch die hält eine Neuigkeit für sie parat: Susa hat eine Halbschwester, weil ich Vater auch gerne von fremden Früchten genascht hat...



Mit "Der Wahnsinn, den man Liebe nennt" hat Brigitte Riebe das wohl authentischste und einfühlsamste Buch geschrieben, das sie je für ihre Leser bereitgehalten hat. Denn mit jeder Seite, die man liest, kehrt die Leserin unweigerlich selbst ihr Innerstes nach außen und lässt die eigene Beziehungen Revue passieren. Wie oft ist man schon selbst auf solch einen Blender hereingefallen, der einem die Sterne vom Himmel holen wollte und am Ende waren es nur billige Dekoartikel aus dem Ein-Euro-Laden ?

Susa ist eine tolle Frau, die man gerne zur Freundin haben möchte. Mit ihr verquatscht man gerne den Nachmittag und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist, weil sie eine unglaubliche Leichtigkeit verströmt und mir von Anfang an sympathisch ist. Ihre Sommersprossen lassen sie mädchenhaft wirken und doch hat sie etwas an sich, dass ihr die nötige Ernsthaftigkeit verleiht.

Brigitte Riebe lässt teilweise autobiografische Erlebnisse mit in die Handlung einfließen und genau das merkt man dem Buch auch an - es wirkt wie ein Seelenpflaster und tröstet alle Frauen, die bereits ähnliches erleben mussten. Denn die Autorin weiß, welche Saiten sie zum klingen bringen muss, um mit einfühlsamen Worten die wunden Punkte zu berühren, die jede Leserin in sich trägt und doch gut verschlossen hält..

Welche Kapriolen das Leben schlagen kann, wird hier sehr deutlich geschildert - Wolf ist wirklich ein Großkotz, ein Möchtegern, ein Blender - ihm kann man nicht trauen von zwölf bis Mittagläuten und er weiß geschickt die Frauenwelt um seinen Fingern zu wickeln. Dass er mit seinem Blendwerk immer wieder sein Ziel erreicht, macht mich wütend und traurig zugleich. Er scheut nicht davor zurück, seine eigen Mutter vor seinen dreckigen Karren zu spannen und...aber das müsst ihr wirklich selbst lesen

Die Entwicklung von Susa von der betrogen Ehefrau, deren Welt in Scherben liegt, bis hin zur glücklichen Frau, die ihr Herz wieder weit für die Liebe und für neue Freundschaften öffnet, wird von der Schreibenden sehr gut nachvollziehbar beschrieben. Man ist wütend und zornig, will am liebsten Teller und Tassen an die Wand schmeißen, um dem Ärger Luft zu machen, weint mit Susa um den Verlust ihrer Liebe und hofft ein Happy End. Vor allen Dingen hat die Schlüsselfigur die Kraft und den Mut, Schwäche zu zeigen und diese auch auszuleben. Das findet man nicht häufig in der gängigen Romanwelt.

Das Buch erzählt von zerplatzten Träumen, verratener Liebe, neunen Wegen und dem Mut, aufeinander zuzugehen und zu verzeihen....und ist damit so ganz anders als das, was man bisher aus der Feder von Brigitte Riebe kennt. Sehr lesenswert !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2020

Blutrote Wolken am weiß-blauen Himmel

Bayerisch Kongo
0

Friedrich Sperber hat einen neuen Job - nicht etwa als Geophysiker in einem anerkannten Institut oder gar als Inhaber eines Lehrstuhles einer Universität, nein, er soll als Seiteneinsteiger das LKA in ...

Friedrich Sperber hat einen neuen Job - nicht etwa als Geophysiker in einem anerkannten Institut oder gar als Inhaber eines Lehrstuhles einer Universität, nein, er soll als Seiteneinsteiger das LKA in München unterstützen. Die Ermittler benötigen seine Hilfe, da Sperber lange Jahre im Kongo gearbeitet hat und sich mit dem begehrten Erz Coltan auskennt. Doch wie hängen der Mord an einem Schwarzafrikaner, das mysteriöse Auftauchen eines belgischen Söldners und das Firmenimperium Hartung zusammen? Eines steht fest - Sperber und Co müssen tief in die Vergangenheit eintauchen und die ist rabenschwarz...



Lutz Kreutzer holt mit seinem ersten Fall für Friedrich "Silikon-Fritz" Sperber und Co skrupellose Geschäftsmänner, eiskalte Drahtzieher und gebrochene Seelen in das heimische Wohnzimmer des Lesers und lässt so die grausame Geschichte mit seinem äußert bildlichen und rasanten Schreibstil Wirklichkeit werden.

Die Idylle der Isarauen wird durch die Anhänger von hirnverbrannten braunen Ideologien gestört, wenn sie mit ihren Baseballschlägern auf scheinbar wehrlose Mitmenschen mit dunkler Hautfarbe einprügeln. Aber sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn dieser Irrtum kostet sie das Leben und sie werden grausam hingerichtet.

Messerscharf wie die Tatwerkzeuge ist auch die Beobachtungsgabe von Lutz Kreutzer, denn er schafft es, die Tatorte detailgenau zu schildern und so dem Leser das Gemetzel mit all seinen blutigen Einzelheiten vor Augen zu führen.

Mir blutet das Herz wenn ich lesen muss, wie die armen Menschen im Kongo geknechtet und missbraucht werden, nur damit in der westlichen Welt die Unterhaltungselektronik auf dem neuesten Stand ist. Die Jagd nach Coltan und die damit verbundene illegale Ausfuhr entpuppt sich als Machtgerangel in der Unterhaltungselektronik, denn nur wer den Markt beherrscht, kann ihn regieren. Ich muss gestehen, dass ich mein Smartphone jetzt mit anderen Augen sehe, denn ich weiß jetzt, unter welch menschenunwürdigen Bedingungen das Erz seinen Weg in den Westen findet. Es erschreckt mich, das man hier über die sprichwörtliche Leichen geht, nur damit der Profit stimmt. Ich glaube kaum, dass uns allen bewusst ist, unter welchen Umständen die einzelnen Rohstoffe gewonnen werden, nur damit die neueste Spielekonsole oder das neueste Smartphone auf den Markt kommen können - hier regt Lutz Kreutzer den Leser dazu an, selbstkritisch über das eigene Konsumverhalten nachzudenken. Hier hat der Schreibende mit seiner Recherche sehr gute Arbeit geleistet und er lässt die erschreckenden Tatsachen gekonnt in seine fiktive Handlung einfließen.

Ich habe atemlos die Schilderungen in Desirés Tagebuch gelesen und mit dem damals jungen Mädchen mitgelitten. Die martialische Beschneidungstradition hat auch vor ihr als weißes Mädchen, das in Afrika aufgewachsen ist, keinen Halt gemacht und ich habe ihre Seelenqualen und ihre Pein mitgetragen und um sie geweint. Das Rätsel um ihren Tod hat mich über die Dauer des ganzen Romans beschäftigt und ich habe hunderte von Theorien aufgestellt und wieder verworfen, aber auf die Lösung bin ich nicht gekommen.

Geschickt hat der Autor hier drei spannende Handlungen aufgebaut, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander gemein haben. Beim genaueren Hinsehen verflechten sich die Handlungsstränge wie die Strähnen eines Zopfes und ergeben somit einen komplexen Fall aus Amoralität, Gewissenlosigkeit und der immer größer werdenden Gier nach Geld und Macht.

Der immer wieder einfließende bayerische Dialekt sorgt für lebhafte Dialoge, die mit einem Augenzwinkern zu lesen sind und die wiederholt für Erheiterung sorgen. Eine gelungene Abwechslung zwischen all den zwielichtigen Charakteren, die hier ihr Unwesen treiben. Ich mag die bayerischen Ermittler, denn sie sind so herrlich unkonventionell und heben sich von der breiten Masse der sonst so bekannten Ermittlerschablonen im Krimigenre deutlich ab. Sie haben einige Macken, die sie aber nach Herzenslust ausleben dürfen und genau das macht sie so authentisch. Neben Sperber ist mir Penelope ans Herz gewachsen. Ach, überhaupt ist die ganze coole Truppe fest in meinen Leserherzchen verankert, denn sie haben es geschafft, sich nach wenigen Seiten diesen Platz zu erobern

Das Ende lässt noch einmal einen dicken Kloß im Hals entstehen und ich komme nicht umhin, mir die ein oder andere Träne wegzuwischen. Selten hat mich ein Krimi so in Gefühlsschräglage gebracht wie "Bayrisch Kongo" - der Autor weiß, wie er seine Leser an die Seiten fesselt , in dem er ihnen falsche Ideale aufzeigt, das heile Alpenpanorama mit blutroten Wolken am blau-weißen Himmel bestückt und so eine ungeheure Spannung erzeugt, die einen nicht mehr aus ihren Klauen lässt.

Das macht auf jeden Fall neugierig auf weitere Fälle von Sperber und Co und somit bekommt dieses Buch eine absolute Leseempfehlung von mir !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2020

Geld, der beste Köder um nach Menschen zu fischen (Thomas Fuller)

Das süße Gift des Geldes
0

Berlin hat ihr kein Glück gebracht und deswegen kehrt Adele Spitzeder 1868 nach München zurück. Ein paar Gulden sind ihr geblieben und davon muss sie ihr Quartier bezahlen. Der Pfandleiher ist ein Spitzklicker ...

Berlin hat ihr kein Glück gebracht und deswegen kehrt Adele Spitzeder 1868 nach München zurück. Ein paar Gulden sind ihr geblieben und davon muss sie ihr Quartier bezahlen. Der Pfandleiher ist ein Spitzklicker und gibt ihr nur ein Minium dessen, was ihr Schmuck wert ist. Aus der Not macht Adele eine Tugend, denn ihr kommt eine geniale Idee: Sie leiht sich Geld, verspicht aber eine weitaus höhere Zinsauszahlung, als es bei den örtlichen Banken und Sparkassen üblich ist. Die Rückzahlung finanziert sie aus den eingezahlten Geldern ihrer neuen Anleger. Ihr Geschäftsmodell blüht und Adele wird zu einer reichen Frau. Doch wie lange wird das gut gehen, denn Adele macht sich Feinde in Banken und Behörden....

Bhavya Heubisch widmet sich in ihrem Roman "Das süße Gift des Geldes" einer der wohl schillerndsten und skandalträchtigsten Frauenfiguren Ende des 19. Jahrhunderts und erweckt die Schauspielerin Adele Spitzeder wieder zum Leben. Aber nicht nur ihre Schlüsselfigur stellt sie plastisch dar, auch München zur damaligen Zeit wächst aus den Seiten des Romans und man steht inmitten von schäbigen Straßenzügen mit ärmlichen Unterkünften, wandelt auf mit Unrat übersäten Straßen und spürt den quälenden Hunger, der wegen überteuerter Lebensmittel nicht zu stillen ist.

Anfangs wird Adele noch gemieden, aber schon bald sieht sie mit den ersten "Erfolgen" ihrer Geschäftsidee, dass der Mensch käuflich ist und die Gier nach immer mehr Geld lässt die Anleger regelrecht zu Adele strömen wie die Motten zum Licht. Es bilden sich Menschentrauben, um ja etwas vom dem Stück Kuchen abzubekommen. Dass dabei nicht immer alles Gold ist was glänzt, muss Adele am eigenen Leib erfahren, denn Neider und Gauner fühlen sich ebenfalls angezogen von ihr wie ein Magnet. Allen voran Herbergsvermieter Jakob Kramer und sein verlogenes Weib Agnes, denn den beiden ist Adele ein Dorn im Auge und das lassen sie sie immer wieder spüren.

Die Autorin zeigt dem Leser die beiden Seiten der Medaille - auf der einen Seite will Adele immer mehr Geld und Macht, lässt es sich gut gehen und verwandelt sich von der verarmten Schauspieler hin zu einer reichen Frau, die vermeintlich die Fäden in den Händen hält. Sie kauft Häuser, Schmuck, goldene Kuschten und protzt nur so mit ihrem Reichtum, vergisst dabei aber, ordentlich Buch zu führen und verliert den Überblick. Auf der anderen Seite ist Adele die Wohltätigkeit in Personalunion, lässt Volksküchen errichten, organisiert Armenspeisungen und setzt sich für die (Schul-)Bildung von benachteiligten Menschen ein.

Gegensätzlicher kann ein Mensch nicht sein und so kommt, was kommen muss - Adele zieht sich immer mehr den Zorn der Münchner Bürger und Banken zu , ein Skandal jagt den nächsten und man wirft der Spitzederin Skrupellosigkeit, Betrug und Durchtriebenheit vor. Hier bekommt der rachsüchtige Advokat Vicenti seinen großen Auftritt und er gibt nicht eher Ruhe, bis er sein Ziel, die Spitzederin ans Messer zu liefern, erreicht hat. Dass dadurch zehntausende Menschen ihr ganzes Hab und Gut verlieren, scheint ihm egal zu sein - er zieht sein Ding durch.

Die Schreibende zeigt das Bild einer facettenreichen Frau, die wie keine andere die Münchner Stadtgeschichte geprägt hat. Dabei ist ihr Buch aktueller denn je, denn Adele Spitzeder hat vor gut 150 Jahren nur das gemacht, was heute in der Welt der Finanzen gang und gäbe ist - Kunden werden mit dem Versprechen nach dem großen Geld angelockt, aber die grandiose Rendite stellt sich nie ein und nicht selten hat das den Untergang des (Klein-)Anlegers zur Folge. Die großen Bankenskandale der jüngeren Vergangenheit sind leider Beweis dafür
Bhavya Heubisch hältdem Leser einen gesellschaftskritischen Spiegel vor und regt zum Nachdenken an.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere