Stärker noch als der Tod ist die Liebe
Wo du nicht bist„Wo du nicht bist“ ist die wahre Geschichte von Irma Weckmüller, die Ende der 1920er Jahre als Verkäuferin im KaDeWe arbeitet und für sich und ihre jüngere Schwester Martha sorgt. Als Kinder haben sie ...
„Wo du nicht bist“ ist die wahre Geschichte von Irma Weckmüller, die Ende der 1920er Jahre als Verkäuferin im KaDeWe arbeitet und für sich und ihre jüngere Schwester Martha sorgt. Als Kinder haben sie den Vater verloren, die Mutter hat den Verlust des Ehemannes nie verwunden und ihrem Leben ein Ende gesetzt. Während Martha in eine Art Lethargie verfällt, ist Irma der Fels in der Brandung und hält mit Flickarbeiten die beiden Vollwaisen über Wasser.
Als Irma ihrer Schwester bei einer schweren Entscheidung beistehen muss, lernt sie den charmanten Arzt Erich Bragenheim kenne und verliebt sich in ihn. Ihre Freude kennt keine Grenzen, als Erich ihre Gefühle erwidert und sie ein Paar werden.
Doch der politische Wind weht zunehmend rauer und Irma und Erich müssen am eigenen Leib erfahren, was es heißt, eine Verbindung zu einem Juden zu haben.
Selbst eine Eheschließung ist ihnen verwehrt und Irma kann nicht glauben, dass sie ihren geliebten Erich niemals ehelichen soll.
Der Zeitsprung in das Jahr 1945 offenbart, dass Erich in Auschwitz ermordet wurde und Irma alles daran setzt, das ihm gegeben Versprechen, seine Frau zu werden, einzulösen.
Die Lebensgeschichte von Irma Weckmüller ist mit leisen, aber doch eindringlichen Worten erzählt, nimmt den Leser mit in das dunkelste Kapitel Deutschlands und lässt ihn an der Lebens- & Liebesgeschichte teilhaben. Sie kämpft wie eine Löwin für die Anerkennung ihrer Liebe zu Erich und das imponiert mir. Sie ist unerschütterlich in ihren Gefühlen und lässt sich durch nichts und niemand davon abbringen.
In machen Szenen wird mir Irma allerdings sehr nüchtern und zurückhalten präsentiert, denn gerade, als sie von Tod ihres geliebten Erich erfährt, hätte man hier alle Register ziehen müssen, um den Leser die sich ausbreitende Hoffnungslosigkeit, Wut und Trauer nahebringen zu können. So liest man die Zeilen, wischt sich die ein oder andere Träne weg, die eigentlich Irma hätte vergießen sollen. Sie wirkt seltsam distanziert und das über längere Strecken des Buches, was ich als sehr schade empfinde.
Die Erinnerungen von Irma sind manchmal sehr aufregend und mitreißend erzählt, manchmal wirken sie allerdings ein wenig blass. Fast so, als könne sich Irma nur noch schemenhaft an die Ereignisse erinnern, die ihr doch ein Leben lang präsent gewesen sind.
Die Nachricht zum Ende des Buches geht fast unter und ich hätte mir gewünscht, dass Irmas Empfinden spürbar wird. Die Emotionen bleiben auch hier aus und ich hätte mir gewünscht, dass zumindest eine Reaktion für den Leser fühlbar wird. So hat man das Gefühl, dass Irma die Nachricht eher stoisch gelassen, ja fast schon erschöpft, anstatt freudig erregt, hinnimmt.
Ansonsten ist dieses Buch sehr plastisch gestaltet, viele Szenen wirken wie ein sepiafarbener Film, der sich vor dem inneren Auge abspult und so den Leser fasziniert. Die Lieder von Richard Tauber aus der Operette „Das Land des Lächelns“ tragen dazu bei, dass Melancholie und Wehmut sich ausbreiten und man die Trauer und Verlust des Geliebten nachfühlt.. Daher vergebe ich 3,5 Sterne.