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Veröffentlicht am 04.04.2020

Ein Highlight 2020 !

Turmschatten
3

„Wenn man Bestien jagt, wird man selbst zur Bestie“

Ephraim Zamirs Haushälterin wurde brutal niedergeschossen – von einem 13-jähringen, glühenden Anhänger des NS-Regimes. Seine braunen Kameraden dringen ...

„Wenn man Bestien jagt, wird man selbst zur Bestie“

Ephraim Zamirs Haushälterin wurde brutal niedergeschossen – von einem 13-jähringen, glühenden Anhänger des NS-Regimes. Seine braunen Kameraden dringen in den Turm ein, der Zamir als Wohnung dient. Sie ahnen nicht, dass sie dabei eine Tragödie auslösen, die es so in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben hat. Denn Zamir will Gleiches mit Gleichem vergelten…

Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das mich so bewegt hat wie „Turmschatten“. Ich bin noch immer hin und weg von dieser Intensität, mit der die fiktive Geschichte vor den Hintergründen von realen Straftaten in der Bundessrepublik Deutschland erzählt wird.
Ephraim Zamir hat als jüdisches Kind im Zweiten Wellkrieg durch die Nazis seine Eltern und seine Geschwister verloren, war in Auschwitz Zeuge des Holocausts und schwört auf Rache. Sein Plan ist gut durchdacht und lässt die Mitglieder des braunen Sumpfes an eigenen Leib spüren, wie sich Leid, Folter, Qualen und Todesangst anfühlen.
Peter Grandl bindet hier die schrecklichen Szenen des Geiseldramas von Gladbeck, das Oktoberfest-Attentat und viele andere brutalen Verbrechen aus der jüngeren Vergangenheit in seinen Roman ein und lässt sie wieder erschreckend lebendig werden.
Vor dem Hintergrund der verbrannten Nazi-Ideologie zeigt er auf, was passieren kann, wenn man auf Rache pocht und welche Ausmaße die falschen Ideale annehmen können.
Das wahrgenommene Bild verzerrt sich im Verlauf des Buches und lässt so die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmen.
Schlägt man sich erst noch auf die Seite von Ephraim Zamir, weil ihm, seiner Familie und Millionen von Juden Unrecht getan wurde, so erschreckt man im Verlauf des Buches immer mehr über die Rachegelüste dieses Mannes, die all das Böse und Schlechte in ihm hervorbringen. Dass dieser Mann mit seinen mehr als siebzig Jahren zu solchen Gräueltaten fähig ist, die mit einer Akribie und Perfektion ausgeführt werden, lässt mir kalte Schauer über den Rücken jagen. Auch er hat Helfershelfer und ich bin über seine Verbindungen erschüttert. Hier wird mit technischen Raffinessen gearbeitet, die mich nachdenklich stimmen und ins Grübeln kommen lassen.
Seine Opfer, allesamt Mitglieder der braunen Vereinigung, werden hier weder beschönigt noch verherrlicht, sondern bekommen vom Autor die Fratze des Bösen auf den Leib geschneidert. Hinter jedem Eiferer der braunen Werte steht ein ganz persönliches Schicksal und der Autor erklärt, wie es dazu gekommen ist, dass jeder Einzelne zum glühenden Verehrer der hirnverbrannten Ideen eines einzelnen Phantasten geworden ist.
Fehlentscheidungen der vor Ort anwesenden Polizei werden ebenso an den Pranger gestellt wie die Quotengeilheit der Presse und des Fernsehens – für eine gute Story sind viele bereit, ihr eigenes Ich aufzugeben, zu verkaufen und Menschenleben zu aufs Spiel zu setzten, anstatt sie zu retten.
Das Ganze gipfelt in einer Aufforderung der Öffentlichkeit, per Online-Voting auf Hinrichtung oder Gnade mit den Tätern abzustimmen.
Mit jeder schrecklichen Szene, mit jeder Misshandlung und jedem Detail, das aus dem Leben der Geiseln bekannt wird erhöhen sich die Klicks…wie es ausgeht, müsst ihr selbst lesen, denn es fehlen mir ehrlich gesagt die richtigen Worte, um dieses Buch treffend zu beschreiben.
Nur so viel – ein Pageturner mit packenden, erschreckenden, voyeuristischen Szenen, die mich nicht mehr loslassen.
Für mich ein Highlight !

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Veröffentlicht am 04.04.2020

Nette Unterhaltung für zwischendurch

Ein Sommer im Alten Land
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Alix ist Parfümeurin, doch durch den Verlust ihres Geruchsinns kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben. Als wären das nicht schon genug schlechte Nachrichten, muss sie sich auch noch mit einer handfesten ...

Alix ist Parfümeurin, doch durch den Verlust ihres Geruchsinns kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben. Als wären das nicht schon genug schlechte Nachrichten, muss sie sich auch noch mit einer handfesten Beziehungskrise herumplagen. Kurzerhand flüchtet sie in die Provence, um alles zu überdenken. Doch hier holt sie die Vergangenheit ein. Das Angebot ihrer Tante, zu ihr auf den Apfelhof im Alten Land zu reisen, kommt ihr gerade Recht. Und schon sprudeln die Ideen. Eine Seifenmanufaktur, wie man sie in der Provence finden kann, wäre doch genau das Richtige, um noch einmal neu durchzustarten. Aber Alix Idee stößt zunächst auf taube Ohren...

Wenn man das Buch in den Händen hält, fängt man aufgrund des wunderschön gestalteten Covers sofort an zu träumen. Man spürt die Sommersonne auf der Haut und in der Luft liegt leichter Apfelduft. Doch von diesem Wohlgefühl zu Beginn bleibt leider im Verlauf des Buches nicht allzu viel übrig, denn die Schlüsselfigur Alix ist einfach zu wankelmütig, nervtötend und nachlässig.
Anstatt die Ärmel hochzukrempeln und mit Elan und Arbeitseifer durchzustarten, lässt sie sich die Seifenrezepte von Agnes aushändigen und setzt fort, was diese begonnen hat. Hier wäre so viel Raum für eigene Ideen, für ein tolles Geschäftsmodell und für innovative Neuerungen, aber Alix ergreift einfach nicht diese Chance, sondern lässt sich im Strom treiben. Wie sie mit dieser fehlenden Dynamik ein Geschäft erfolgreich führen will, ist mir schleierhaft.
Alix hätte hier die Möglichkeit, Frische und Pep auf den alten Hof zu bringen, doch bleibt diese Chance in meinen Augen ungenutzt. Sie macht ihn nicht zu ihrem Refugium, sondern richtet sich bequem in einer Nische ein und scheint froh zu sein, wenn sie nicht allzu viel zum Gelingen beitragen muss.
Die Liebesgeschichte fügt sich dann auch recht problemlos in das bestehende Grundgerüst ein, bleibt aber auch recht oberflächlich gehalten - wie eigentlich das ganze Buch.
Die Figuren hätten dem Roman ihren eigenen Stempel aufdrücken können, aber so hinterlassen sie nicht einmal Spuren im Herzen des Lesers. Das Buch liest sich schnell weg, ist für die nette Unterhaltung zwischendurch gut geeignet, bleibt aber ohne Mehrwert.

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Veröffentlicht am 04.04.2020

Lass die Sonne in dein Herz

Der Schmetterlingsgarten
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Im Garten von Contessa Farnese finden sich viele wunderschöne Blumen und uralte Bäume – ein Erbe ihres Vaters, der von seinen vielen Reisen in die ferne Welt all die exotischen Pflanzen mitgebracht hat. ...

Im Garten von Contessa Farnese finden sich viele wunderschöne Blumen und uralte Bäume – ein Erbe ihres Vaters, der von seinen vielen Reisen in die ferne Welt all die exotischen Pflanzen mitgebracht hat. Diese sind nicht nur Erinnerungen an eine bessere, längst vergangene Zeit, sondern sie helfen auch Contessa Farnese, ihr wundes Herz zu heilen. Inmitten dieser floralen Pracht sorgt Lucia dafür, dass niemand in diesen verwunschenen Garten eindringt. Doch auch Lucia hat ihre dunklen Geheimnisse und die kommen ans Tageslicht, als mit Biologe Martin die Welt plötzlich bunter und lebhafter wird. Er ist auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Schmetterling und so flattert er ins Leben von Lucia und bringt dieses ordentlich durcheinander. …

„Der Schmetterlingsgarten“ ist ein pudrig zarter Liebesroman, der mit ganz viel Sonne und dem Zauber Capris den Leser begeistert.
Der opulente Garten der Contessa wächst, dank bildhafter Beschreibung der Autorin, direkt vor dem inneren Auge und man kann sich stundenlang darin aufhalten und Neues entdecken. Wer wie ich, die Gardini Hanbury und den Parco Sigurta kennt, der kann sich in etwa vorstellen, wie wunderschön der Garten der Contessa ist und man fühlt sich auf Anhieb wohl darin.
Die Geschichte lebt zum einen von der quirligen Lucia, die sehr impulsiv und trotzdem liebenswert ist, die mit ihrer Vepsa über die Insel brettert und im wahrsten Sinne des Wortes viel Staub aufwirbelt.
Zum anderen gibt es den ruhigen Gegenpol, die Contessa, die mit ihrer liebenswürdigen Art den Leser verzaubert. Ich mag sie und ihre Liebe zu ihren Pflanzen sehr.
Martin ist ein bisschen der verpeilte Wissenschaftler, der erst nicht so richtig aus sich heraus kann, aber dann lernt, auf sein Herz zu hören.
Während um ihn herum die Schmetterlinge flattern und er die Entdeckung seines Lebens macht, fühlt er, wie sich die Schmetterlinge in seinem Bauch ausbreiten und er sich zu Lucia immer mehr hingezogen fühlt.
Dann gibt es noch den schmierigen Alessandro, Lucias Mann, der sich für keine Lüge, keine Intrige zu schade ist, um an Geld zu kommen und andere Menschen auszubooten und an die Wand zu spielen.
Maria Mattisek bietet durch die Rückblenden der Contessa und die regelmäßigen Einblicke in Martins und Lucias Leben sehr viel Abwechslung. Man ist somit immer direkt mittendrin im Geschehen, bekommt ein Blick in das Leben und die Gedanken und- Gefühlswelt der Figuren und fiebert mit.
Die Autorin verwebt hier die Schönheiten von Capri mit einer frühlingshaften, leichten Geschichte. Sie lässt ein wenig Spannung aufkommen, sorgt mit ein paar Kniffen und Wendungen für Aufregung und Herzklopfen und präsentiert so einen warmherzigen Roman, der für gute Unterhaltung sorgt.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Die beste Zeit ist....JETZT

Birgit ungeschminkt
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Birgit Schrowange zieht nach 40 Fernsehjahren Bilnaz und teilt ihre Gedanken, Erfahrungen und Leidenschaften mit dem Leser und so entsteht tatsächlich ein absolut ungeschminkter Blick in ihr Leben, das ...

Birgit Schrowange zieht nach 40 Fernsehjahren Bilnaz und teilt ihre Gedanken, Erfahrungen und Leidenschaften mit dem Leser und so entsteht tatsächlich ein absolut ungeschminkter Blick in ihr Leben, das faszinierend, achtsam und bewusst und trotzdem voller Lebenslust und Lebenshunger ist.
Die beliebte Moderatorin macht Schluss mit dem Vorurteil, dass sie die seriöse und anständige Frau ist, dessen vorgefertigtes „Bild“ sich in der Öffentlichkeit festgezurrt hat.
Birgit Schrowange ist eine Frau mit Ecken und Kanten – und die lebt sie auch nach allen Regeln der Kunst aus. Sie hat Spaß am Leben, am Älterwerden und älter sein und sie steht dazu. Sie beschreibt, wie sie ihren Entschluss, die grauen Haare wachsen zu lassen und ihrem Publikum zu präsentieren, mit einer Perücke übertüncht hat und welche, teilweise recht skurrilen Situationen daraus entstanden sind. Was soll der Irrsinn des ständigen Nachfärbens und dem Nachrennen eines Schönheitsideales? Wessen Ideal ist es? Ihres sicherlich nicht, denn sie hat sich selbst und ihre Mitte gefunden und sie steht dazu. Und genau dieses Selbstbewusstsein lässt sie strahlen – das spürt man mit jedem Wort, das sie hier zu Papier bringt. Dieses Buch fühlt sich aber eher an, als würde mit man mit einer guten Freundin bei einer guten Tasse Kaffee/Tee zusammensitzen, klönen und sich austauschen. Es entsteht eine ganz private und intime Atmosphäre und das macht es mir leicht, ihr zuzuhören und ihren Erzählungen zu folgen.
Mit Wortwitz und Charme lässt sie uns an vielen Stationen ihres Leben teilhaben, gibt ernsten und nachdenklichen Themen eine Plattform und weist vor allen Dingen darauf hin, dass man als Frau, egal in welchem Alter, niemals seine Selbstständigkeit und Selbstbestimmung aufgeben darf.
Finanzielle Unabhängigkeit, gerade im Alter, ist wichtig, um als Frau im Leben zu bestehen und Birgit Schrowange gibt hilfreiche Tipps und Ratschläge, wie sich schon kleine Summen erfolgreich vermehren lassen. Ihre Anregungen und Empfehlungen sind einfach und verständlich beschrieben, sodass sich jede Frau damit befassen und das Gelesene in die Tat umsetzen kann.
Es gibt herrliche schräge Anekdoten (u. a die Sauna-Szene mit DJ Ötzi, die Entdeckung eines Sex-Shops und seiner Spielzeuge in Amerika, der Streich mit der versteckten Kamera durch Guido Cantz), die mir wirklich die Lachtränen in die Augen getrieben haben.
Das Buch ist ein Wegweiser für jede Frau, in Würde älter zu werden und sich so anzunehmen, wie sie ist. Der einzige Weg, um glücklich zu sein und zu werden und sich zu trauen – egal wie alt man ist.
Danke an Birgit Schrowange für so viel Ehrlichkeit, Optimismus, Geradlinigkeit und Offenheit.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Von Krimi keine Spur

Tod in Oberammergau
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Kurz vor den Passionsspielen in Oberammergau werden Emil und Phillipp als Tatverdächtige eines bizarren Ritualmordes auf dem "Heilligen Berg der Franken" quer durch Bayern gejagt. Beide versuchen verzweifelt, ...

Kurz vor den Passionsspielen in Oberammergau werden Emil und Phillipp als Tatverdächtige eines bizarren Ritualmordes auf dem "Heilligen Berg der Franken" quer durch Bayern gejagt. Beide versuchen verzweifelt, ihre Unschuld zu beweisen und stoßen dabei auf eine sensationelle Entdeckung, die im Zusammenhang mit der Kreuzigung und Auferstehung Jesu steht. Was liegt da also näher, als "Unterschlupf" in der Riege der Schauspieler in Oberammergau zu suchen und ein wenig mitzumischen. Doch es kommt alles anders....

Ich liebe die Ammergauer Alpen, Oberammergau ist für mich so etwas wie eine zweite Heimat geworden und daher habe ich mich auf diesen Regio-Krimi ganz besonders gefreut.
Das als schwarzhumorig und herrlich schonungslos angekündigte Buch kann aber schon nach wenigen Seiten nicht halten, was die Ankündigung verspricht. Im Gegenteil - die Geschichte ist eine müde Zusammenfassung der Krimis "Fromme Sünde" und "Heiliger Bastard" und hat nur hier und da einige abgeänderte Sequenzen als "Neuerung" hinzugefügt bekommen. Von Wortwitz und Schonungslosigkeit keine Spur - dafür aber umso mehr brachialer Humor, der sich über die gesamte Länge des Buches wie ein roter Faden durch die Kapitel zieht und selbst mit ein paar Maß Bier intus nicht erträglicher wird.
Spannung und Nervenkitzel sucht man hier vergebens und ich bedauere die armen Bewohnern des schönen Örtchens und Oberammergau selbst, dass man hier zu einer solchen Verunglimpfung greifen muss, um auf den Zug der Erfolgswelle rund im die (hoffentlich) bald startenden Passionsspiele aufzuspringen. Selbst diese Aktivitäten sind nicht glaubwürdig, da man nicht so einfach als Mitwirkender bei den Passionsspielen aufgenommen wird. Es gelten strenge Bestimmungen, die man hier komplett außer Kraft setzt...nicht sehr authentisch.
Bitte verschont uns Leser demnächst mit solchen wahnwitzigen Ideen, denn sie ziehen die Arbeit der Organisatoren und Mitwirkenden der Passionsspiele nur unnütz ins Lächerliche und schrumpfen ihre aufopferungsvolle Leistung auf ein Minimum zusammen. Das haben sie definitiv nicht verdient.

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