Wäre dieses Buch doch verschlossen geblieben...
Das verschlossene ZimmerWährend in Polen alle Vorzeichen darauf deuten, dass ein Krieg immer wahrscheinlicher wird, versucht Marie ein gut gehütetes Geheimnis zu lüften. Denn Marie hat einen blinden Fleck in ihrer Vita und weiß ...
Während in Polen alle Vorzeichen darauf deuten, dass ein Krieg immer wahrscheinlicher wird, versucht Marie ein gut gehütetes Geheimnis zu lüften. Denn Marie hat einen blinden Fleck in ihrer Vita und weiß nicht, wer ihre Mutter gewesen und warum sie so plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist. Der Vater lässt alle Nachfragen von Marie an sich abprallen und das macht Marie nur noch neugieriger...
Rachel Givney möchte ihre Leser;inne mit einer geheimnisvollen und zeitgleich eindringlichen Geschichte überraschen und stößt dabei gleich zu Beginn selbige weit von sich. Denn so viele Diskrepanzen und wirre Szenen, wie in diesem Buch, habe ich selten lesen müssen.
Zum einen stellt sich mir die Frage, warum Marie ausgerechent knappe 15 Minuten vor der Heimkehr ihres Vaters in dessen Schlafzimmer einbrechen möchte, wenn sie vorher dafür doch ein komfortables Zeitfenster zur Verfügung hatte, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Auch trägt der geradezu dilettantische Versuch des Einbruchs dazu bei, dass Marie eher unbeholfen statt taff wirkt.
So ziehen sich die Irritationen komplett durch den Roman und verdrängen dabei die historischen Ereignisse, die von Marie auch einfach nicht wahrgenommen werden (wollen?). Das völkische Gedankengut breitet sich immer mehr aus und Marie lächelt stur und naiv einfach alles weg...sie verhält sich einfach unglaubwürdig und ihr Auftreten ist mir mehr als suspekt. Die Chemie zwischen ihr und mir stimmt einfach überhaupt nicht. Auch wenn ich ihr mehrmals eine Chance gegeben habe, finden wir keinen gemeinsamen Nenner, damit ich ihre Geschichte mit Neugier und Interesse verfolge.
Auch verliert die Autorin meiner Meinung nach die Handlung vollkommen aus den Augen - es soll eigentlich um das Aufdecken von Familiengeheimnissen gehen, aber Givney packt immer neue Themen (u.a medizinischer Fortschritt, Kriegstraumata, Antisemitismus) an, verfolgt sie aber nicht weiter und lässt lose Enden im Roman hängen.
Irgendwann ist einfach nur noch die Luft raus und die Seiten werden überflogen -schade eigentlich, denn in dieser Thematik steckt unglaublich viel Potenzial, um einen sehr guten Roman daraus zu stricken. So fällt das Fazit eher ernüchternd aus: wäre dieses Buch doch verschlossen geblieben...