Einer Vater wird zum Psychopath
Der fürsorgliche Mr. CaveTerence hat hat nach dem tragischen Tod seines Sohnes nur noch eines im Kopf - seine Tochter Bryony muss vor allem Übel dieser Welt beschützt werden, komme was wolle. Um ihr diesen Schutz in vollem Umfang ...
Terence hat hat nach dem tragischen Tod seines Sohnes nur noch eines im Kopf - seine Tochter Bryony muss vor allem Übel dieser Welt beschützt werden, komme was wolle. Um ihr diesen Schutz in vollem Umfang zu gewähren, fängt Terence an, ein Gefängnis aus Verboten, unnützen Regeln und Überwachung zu bauen, aus dem es für den Teenie kein Entrinnen gibt. Je mehr Zeit verstreicht, desto übergriffiger und wahnwitziger werden die "Schutzmaßnahmen", die Terence ergreift. Dabei merkt er nicht, dass er unweigerlich auf die Katastrophe zusteuert....
Ich habe den Schreibstil von Matt Haig in dem magisch-märchenhaften Buch "Die Mitternachtsbibliothek" kennen und lieben gelernt und mich daher auf die Veröffentlichung dieses Romans gefreut. Von der Presse als "faszinierender Roman" und "Pageturner" gelobt, sitzt die Messlatte entsprechend hoch.
Aber ich muss ganz ehrlich sagen, hier ist der Fall ins Bodenlose nicht aufzuhalten und ich wäre dankbar dafür gewesen, gleich zu Beginn des Buches entsprechende Hinweise zu erhalten, dass es hier um einen schwer psychisch gestörten Mann geht, der vor Nichts zurückschreckt.
Gerade Leser:innen mit entsprechender Krankheitsgeschichte könnten hier dazu animiert werden, bestimmte Handlungen nachzuahmen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Schilderungen Wahnvorstellungen, Psychosen, Angstzustände und Selbst-/Fremdgefährdung bei Betroffenen auslösen können...
Terence Cave entwickelt sich vom liebenden Vater immer mehr zum Psychopathen, der wirklich vor Nichts zurückschreckt, um seine Tochter vor der bösen Welt da draussen zu beschützen. Seine generalisierte Angststörung bestimmt nicht nur sein Leben, sondern zwingt ihn regelrecht dazu, seine Tochter zu überwachen. Erst sind es noch Regeln und Verbote, die das Leben des Teenies einschränken, aber es gipfelt in die totale Überwachung, als Terence seine Tochter nicht mehr aus den Augen lässt, ihr überall hin heimlich folgt und ein Babyfon in Bryonys Zimmer installiert, um alles mitzubekommen.
Man kann einen Menschen nicht besitzen und trotzdem vermittelt hier der Autor genau das - ein Getriebener, der von der fixen Idee besessen ist, seine Tochter als kostbarsten Besitz in seinem Leben anzusehen und diesen gilt es zu beschützen.
Der Roman ist in Briefform verfasst, kann aber auch durch die vertrauliche Anrede "Du" nicht die Nähe herstellen, um die Hauptfigur zu verstehen. Vielmehr frage ich mich, warum denn keiner sieht, in welcher psychischen Verfassung sich Terence befindet und welche Gefahr von ihm ausgeht. Seine Besessenheit macht mir Angst und ich fühle mich mit fortschreitender Lektüre immer mehr unwohl.
Unweigerlich steuert der Roman auf die Katastrophe zu, die sich nicht aufhalten lässt. Ich frage mich immer, warum greift ein Autor zu solchen Mitteln, um eine Geschichte zu erzählen und hoffe, dass die Handlung keine Nachahmer:innen finden wird.
Ich bleibe verstört, hilflos und enttäuscht zurück, denn dieses Buch spricht nicht von Vaterliebe, sondern von Paranoia und krankhaftem Wahn.