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Veröffentlicht am 15.11.2023

Erinnerungen

Talsommer
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Mizzi lebt gemeinsam mit ihrer Mutter im Gasthaus ihres Onkels. Auch wenn sie hart arbeiten muss und die Schule ihr manchmal ein Graus ist, verbringt sie doch meist schöne Kindheitstage. Sie wächst zwischen ...

Mizzi lebt gemeinsam mit ihrer Mutter im Gasthaus ihres Onkels. Auch wenn sie hart arbeiten muss und die Schule ihr manchmal ein Graus ist, verbringt sie doch meist schöne Kindheitstage. Sie wächst zwischen Mythen und Legenden, gottesfürchtigen Dorfbewohner;innen und einer großen Portion Aberglauben auf und lernt, dass es manchmal besser ist, auf das zu hören, was Pfarrer und Erwachsene sagen. Mit den Sommergästen weht ordentlich Abwechslung in den Ort, die bei manchen nur Kopfschütteln hervorruft. Die unbeschwerte Kindheit ist jäh zu Ende, als Mizzis Freundin Lisei tot aus der Ache gezogen wird. War es ein tragischer Unfall oder hat jemand nachgeholfen ? Mizzi weiß, was passiert ist und will Licht ins Dunkel bringen, aber niemand hört auf die Worte, die das Mädchen spricht...


Manchmal gibt es Bücher, die zwar mit leisen Worten geschrieben sind, aber beim Lesen eine solche Wucht entfalten, dass sie unter die Haut gehen und nicht mehr loslassen. Und genau so ein Buch ist "Talsommer" von Sandra Altmann, denn die Autorin bezirzt regelrecht ihre Leser;innen und lässt sich eine sehr emotionale und aufwühlende Zeitreise erleben.

Es gelingt Altmann, die Gegebenheiten im kleinen Gebirgsdorf so bildhaft und lebendig darzustellen, dass das Kopfkino direkt anspringt und die Lesenden ein Teil der verschworenen Dorfgemeinschaft werden. Sie sitzen gemeinsam mit Mizzi auf der harten Schulbank und hören den Worten des Lehrer und des Pfarrers zu, die auf der einen Seite weltliches Wissen vermitteln und auf der anderen Seite geistliche Weltanschauung regelrecht eintrichtern.

Von Mythen, Legenden, Sagen und Vorurteilen begleitet, wächst Mizzi ohne Vater auf und muss lernen, sich in der Welt der Erwachsenen zurecht zu finden und trotzdem Kind zu bleiben. Hier gelingt es der Schreibenden, den Alltag und das mühsame Tagwerk Ende des 19. Jahrhunderts nachvollziehbar zu beschreiben. Eine Kindheit zwischen Pflichterfüllung, körperlicher Züchtigung, klerikaler Machtausübung und dem Einfluss der Dorfgemeinschaft, die mal wie ein Schraubstock, mal wie eine schützende Umarmung das Mädchen umgibt.

Die Kapitel sind kurz gehalten, die Ereignisse mitreißend und dramatisch geschrieben, sodass sich die Seiten fast wie von selbst umblättern. Die Leser:innen erhalten einen sehr intensiven Einblick in Mizzis Leben, werden im Zeitraffer mit ihr erwachsen, durchfliegen Zeitgeschichtliches, ohne dabei Wichtiges zu verpassen. Die letzten Seiten gehen mir unendlich nah und lassen sogar die Tränen fließen, denn hier werden die Stufen des schrittweisen Vergessens beschritten.

"Talsommer" ist keine leichte unbeschwerte Lektüre, sondern intensive, prägende Erinnerungen einer Generation, die den Wandel der Zeit viel zu schnell hinnehmen musste.

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt (Schiller)

Das bittere Gift der Zwietracht
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Johann Balthasar Michel zieht es nach München, denn hier will er zukünftig beruflich neue Wege gehen. Eine Weinwirtschaft soll es sein, die nicht nur Geld in seinen Beutel spült, sondern aus gleichzeitig ...

Johann Balthasar Michel zieht es nach München, denn hier will er zukünftig beruflich neue Wege gehen. Eine Weinwirtschaft soll es sein, die nicht nur Geld in seinen Beutel spült, sondern aus gleichzeitig die Erfüllung seines großen Traumes ist. Aber so einfach, wie sich Michel das vorstellt, machen es ihm die Münchener nicht, denn Michel eckt mit seinem protestantischen Glauben in der streng katholischen Stadt an. Auch seine Liebe zu Katharina steht auf dem Prüfstand, denn eine Heirat zwischen Katholiken und Protestanten ist verboten. Ob Michel diesem Gegenwind standhalten kann ?


Bhavya Heubisch greift erneut zum Federkiel und lässt nicht nur ihre wunderbaren Einfälle zu Papier fließen, sondern bringt auch mit ihrem bildhaften und sehr lebendigen Schreibstil die Bilder im Kopfkino zum Laufen. Die Gassen und Winkel des streng katholischen Münchens zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden mit vielschichtigen Charakteren belebt, die es faustdick hinter den Ohren haben. Die Stadtoberen klügeln und halten zusammen wie Pech und Schwefel wenn es darum geht, unter ihresgleichen zu bleiben und werfen jedem echte Wackersteine in den Weg, der nicht katholischen Glaubens, sondern - ihrer Meinung nach - sich auf Abwegen befindet.

Heubisch zeichnet ein sehr treffende Sittengemälde der damaligen Zeit und ermöglicht ihre Leser;innen, gemeinsam mit Michel und Katharina durch das altertümliche München zu streifen. Der schwelende verbale Glaubenskrieg zwischen Protestant;innen und Katholik:innen, die herrschende Doppelmoral, gefestigt in Bigotterie und der feste Glaube daran, dass nur der katholische Glaube Seelenheil und Erlösung bringen kann, werden von der Autorin mit teilweise spitzer Feder, aber nicht diffamierenden Beschreibungen dargestellt, sodass sich die Leser:innen ein sehr genaues Bild über Sein oder Nichtsein machen können.

Auch wenn das Buch ohne große Aufreger auskommt, ist es spannend und mitreißend geschrieben, denn hier liegt die Dramaturgie eindeutig im Zwist zwischen den beiden unterschiedlichen Glaubensrichtungen. Eine Stadt im Wandel und Aufbruch, jede Menge Widersacher und eine zarte Romanze, die immer wieder hart auf die Probe gestellt wird, bilden das Grundgerüst für diesen historischen Roman, der kurzweilig und manchmal auch amüsant geschrieben ist.

Außergewöhnlich in der Gestaltung , ist dieser Roman nicht nur ein Hingucker im Bücherregal, sondern auch absolut lesenswert, da er Historisches und Fiktion gekonnt miteinander verbindet. Für Liebhaber;innen von historischen Romanen ein absoluter Lesegenuss !

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Veröffentlicht am 13.11.2023

Hält leider nicht, was Titel und Klappentext versprechen

Bis ihr sie findet
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Was vor dreißig Jahren als cooles Campingabenteuer beginnt, endet in einer Katastrophe. Ausgerechnet die Jüngste im Bund wird vermisst. Der Fall wird ungelöst zu den Akten gelegt bis jetzt. Durch einen ...

Was vor dreißig Jahren als cooles Campingabenteuer beginnt, endet in einer Katastrophe. Ausgerechnet die Jüngste im Bund wird vermisst. Der Fall wird ungelöst zu den Akten gelegt bis jetzt. Durch einen Zufall wird die Leiche der damals 14jährigen Aurora entdeckt und zwar in einem Versteckt, das ausser den 6 Freunden niemand kennt. Jonah Sheens will endlich Licht ins Dunkel bringen und damit Gewissheit haben, welcher der Freunde ein falsches Spiel spielt. Aber wer lügt und wer spricht die Wahrheit ?


"Bis ihr sie findet" ist mal wieder ein Buch, bei dem ich mich vom Cover und Klappentext habe einfangen lassen. Nach dem neugierig machenden Klappentext war ich dermaßen angefixt, dass ich nicht anders konnte, als dieses Buch zu lesen. Die ersten Kapitel sind auch wirklich gut geschrieben, bieten Nervenkitzel und Atmosphäre, aber dann verläuft die Aufregung im Sand und das Buch schleppt sich mühsam von einer Seite zur nächsten.

Aus verschiedenen Perspektiven erzählt, erhalten die Leser;innen viele Möglichkeiten, die Geschehnisse von einst und heute nachzuverfolgen. Lediglich Auroras Part kann mich dabei fesseln, aber leider auch nicht über die komplette Dauer der Lektüre. Schnell steht fest, wer der Täter ist und welche Beweggründe er gehabt hat. Danach ist die Luft raus und die Autorin bekommt einfach nicht mehr die Kurve, um die Leseneugier wieder neu zu entfachen.

Es fließen viele Nebensächlichkeiten ein, die unnötig aufgebauscht werden, obwohl sie zum Fortgang der Handlung nichts beitragen. Das wirkt auf Dauer ermüdend und zieht die Handlung unnötig in die Länge. Dadurch wirkt die Story an vielen Stellen konstruiert und schematisch, was zu Lasten der Spannung geht.

Die Auflösung ist, wie gesagt, keine große Überraschung und reiht sich in den eher flachen Verlauf der Geschichte ein. Für ein Debüt eine recht solide Arbeit, die noch deutlich Luft nach oben hat.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Ein Hauch Leben macht sich golden auf den Weg - Monika Minder

Sterben. Des Lebens heller Schatten
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Es gibt noch viele Themen, die auch im 21. Jahrhundert mit einem Tabu belegt sind. Das Sterben, der Tod und auch Trauern gehören dazu. Die Frage ist aber, warum sich die Sterbekultur so ins Negative bewegt ...

Es gibt noch viele Themen, die auch im 21. Jahrhundert mit einem Tabu belegt sind. Das Sterben, der Tod und auch Trauern gehören dazu. Die Frage ist aber, warum sich die Sterbekultur so ins Negative bewegt hat, wo doch früher das Gehen lassen eines lieben Menschen mit vielen Ritualen zum Alltag dazu gehört hat.

Astrid Kofler hat mit vielen Menschen sehr einfühlsame und durchweg positive Gespräche zum Thema Sterben geführt und ermöglicht so ein sanftes Heranführen an diese sensible Themen. Hoffnungen und Ängste, aber auch Dankbarkeit für die gemeinsam verbrachte Zeit prägen die Erinnerungen der Gesprächsteilnehmenden und geben jeder Unterhaltung eine ganz persönliche Note.

Es sind unterschiedliche Blickwinkel, die den Umgang von Notfallseelsorger:innen, Theolog:innen, Therapeut:innen und Angehörigen mit dem Sterben und dem Trauerprozess sehr intensiv und einfühlsam zugänglich machen

Die Leser:innen erhalten die Möglichkeit, sie beim Prozess des Zulassens und Loslassens zu begleiten, um gemeinsam mit den Gesprächsteilnehmer:innen an den persönlichen Erfahrungen zu wachsen. Astrid Kofler gibt mit ihrem Buch der Thematik einen sehr ansprechenden Rahmen, um den Wandel vom Tabu hin zum Akzeptieren der Endlichkeit des Lebens sensibel und feinfühlig zu vollziehen. Denn der Tod gehört zum Leben dazu, auch wenn er für eine gewisse Zeit seinen Schatten in unseren Alltag wirft.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

In den Bergen erfährt man das Gefühl märchenhafter Verwunschenheit

Südtirol
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Es gibt unendlich viele Bildbände über Südtirol und verkitschte Postkartenmotive, die uns immer wieder begegnen. Irgendwie gleichen die Aufnahmen wie ein Ei dem anderen und sind schon fast zur Gewohnheit ...

Es gibt unendlich viele Bildbände über Südtirol und verkitschte Postkartenmotive, die uns immer wieder begegnen. Irgendwie gleichen die Aufnahmen wie ein Ei dem anderen und sind schon fast zur Gewohnheit geworden. Lukas Schäfer aber geht mir seinem Prachtband "Südtirol" einen ganz anderen Weg und zeigt mit seinen ausdrucksstarken, fast schon poetischen Aufnahmen, wie schön und berührend das Panoramakino direkt von seiner Haustür ist.

Der Natur- &Landschaftsfotograf sieht nämlich mit dem Herzen und projiziert diese Liebe zur heimatlichen Bergwelt in seine Fotos, damit aus ihnen die stillen Wunder sprechen können, die Südtirol so einzigartig machen.

Natur trifft Seele...so könnte der Untertitel des Buches heißen, denn dieser Bildband berührt, spricht Sehnsüchte an und lädt zum Träumen ein. Schäfer spielt mit Licht und Schatten, bizarren Felsformationen und Himmelserscheinungen, aber auch mit den Elementen und komponiert daraus mal expressionistisch wirkende, mal emotionalisierende Bildmomente und schickt seine Leser;innen auf eine visuelle Augenreise, die besondere Lichtstimmungen beinhaltet. Jedes einzelne Foto erzählt eine Geschichte voller intimer Momente, denn nur so gelingt es Schäfer, den Zauber und die Energie des flüchtigen Augenblicks einzufangen und für immer in seinen Fotos festzuhalten.

Fließender Neben im Mondlicht legt sich wie eine fluffige Decke über die Bergkämme, der von Raureif überzogene Federkiel eines Eichelhähers wirkt wie kunstvoll drapierte Kristalle auf blau-schwarzem Samt und beeindruckende Schwarz-Weiß-Fotografie lässt die Motive wie sehr akkurat definierte Konturen eines Scherenschnittes erscheinen.

Schäfer beherrscht die Kunst des Verführens mit seiner Kamera perfekt, denn er weckt mit seinen Fotos Sehnsüchte und Träume bei den Betrachtenden, von denen sie gar nicht wussten, dass diese in ihnen schlummern.

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