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Veröffentlicht am 29.07.2023

Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen (Talmud)

Geteiltes Land – Zwischen Verlust und Liebe
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Das Leben für Sonja hat sich in der DDR grundlegend geändert, denn nach der geleisteten Haft und der Ausreise ihrer Schwester steht sie mehr denn je im Fokus der Stasi. Statt Abitur und Studium wartet ...

Das Leben für Sonja hat sich in der DDR grundlegend geändert, denn nach der geleisteten Haft und der Ausreise ihrer Schwester steht sie mehr denn je im Fokus der Stasi. Statt Abitur und Studium wartet eine Schneiderlehre auf sie. Doch Sonja lässt sich so schnell nicht kleinkriegen und ihr Drang nach Freiheit und einem selbstbestimmten Leben ist ungebrochen. Sie ahnt zunächst nicht, dass ausgerechnet ihre Tante für ihre Überwachung abgestellt wird. Als Sonja ans Messer geliefert wird, scheint ihr Traum vom Westen ausgeträumt...


Mit dem zweiten Teil legt Farina Eden noch einmal die Messlatte höher und zeigt, wie nah Freud und Leid tatsächlich beieinander liegen. Die Stasi verbreitet Furcht und Schrecken und weicht keinen Deut von ihrem eingeschlagenen Weg ab. Auch wenn Elise zunächst noch Feuer und Flamme für ihr Studium und die Ideale der Stasi brennt, erkennt sie schon bald, dass irgendetwas an der Denkweise nicht stimmen kann. die Zwickmühle, in der sie sich befindet, wird von Eden sehr glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Elise hat die konfligierenden Glaubenssätze dermaßen in ihren eigenen Alltag integriert, sodass diese in Verbindung mit den operativ tätigen Stasi-Mitarbeitenden ihr Leben beherrschen.

Die Einblicke in Sonjas Leben sind sehr aufwühlend und die Autorin schenkt den Leser:innen die Möglichkeit, sich mit dieser Figur emotional zu verbinden, um eine Symbiose mit ihr einzugehen und das Gelesene sehr intensiv zu erleben. Angst und Schrecken, Hoffnung und Verliebtheit, Zuversicht und Ausweglosigkeit - Eden beherrscht die Klaviatur der Gefühlsachterbahn wie keine Zweite und schickt ihre Leser:innen durch emotionale Hochs und Tiefs, die mal für erleichtertes Aufatmen oder angespanntes Luft anhalten verantwortlich sind.

Es sind unglaublich plastisch Bilder, die sich im Kopfkino abspielen und immer wieder vor Augen führen, dass die Machtspiele der Stasi keine Erfindungen einer Autorin sind, sondern leider grausame Wahrheit. Menschen werden zu Werkzeugen eines Machtapparates, der nur eines im Sinn hat: das totalitäre Herrschaftssystem der DDR zu unterstützen und Menschen zu brechen, die auch nur ansatzweise Kritik am System geübt haben - sei es in Gedanken, Worten oder Taten.

Sonjas Geschichte ist mitreißend und fesselnd erzählt, zeigt in schockierenden Bildern die grausame Wirklichkeit und lässt die Leser.innen manchmal selbst an der Glaubwürdigkeit mancher Figuren zweifeln. Ist es wirklich so, wie es auf den ersten Blick aussieht ? Oder doch ganz anders ? Hinter jedem freundlichen Wort könnte eine böse Absicht stecken...die Saat des Misstrauens fällt auch beim Lesen auf fruchtbaren Boden.

Mehr als einmal fließen Tränen - aus Wut und Enttäuschung, vor Schreck und Angst, vor Freude und Erleichterung. Ein emotional sehr aufwühlender zweiter Teil, der nicht nur die Weiterentwicklung der einzelnen Charaktere sehr deutlich zum Vorschein bringt, sondern auch das intensive Auseinandersetzen mit dem Gelesenen notwendig macht.

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Veröffentlicht am 28.07.2023

Nervenzerrer

Das Moorkind
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Martha ist Kinderärztin mit Leib und Seele, das Wohl der Kinder liegt ihr am Herzen. Um so härter trifft sie die Tatsache, dass ausgerechnet während ihres Nachtdienstes in der Klinik ein kleines Mädchen ...

Martha ist Kinderärztin mit Leib und Seele, das Wohl der Kinder liegt ihr am Herzen. Um so härter trifft sie die Tatsache, dass ausgerechnet während ihres Nachtdienstes in der Klinik ein kleines Mädchen verstorben ist. Aber noch schlimmer als das ist, dass ihr offenbar niemand glaubt und es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass die Patientin jemals in der Klinik behandelt worden ist. Es folgt für Martha eine lange stationäre Therapie, in der ihre paranoiden Wahnvorstellungen behandelt werden. Doch nach der Entlassung geschehen wieder befremdliche Dinge: Martha sieht am Straßenrand einen Jungen, dessen Leben am seidenen Faden hängt. Sie packt ihn kurzerhand in ihr Auto und will mit ihm zur nächsten Klinik fahren. Doch auch dieser Junge ist plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Martha versteht die Welt nicht mehr, denn niemand glaubt ihr, dass es die Kinder wirklich gibt....


Eigentlich habe ich gestern nur mal kurz in das Buch reinlesen wollen und dann habe ich die ganze Nacht durchgelesen, denn dieses Buch macht süchtig, ist ein echter Nervenzerrer und Pageturner. Alma Lundt erschafft schon auf den ersten Seiten eine unglaublich dichte Atmosphäre, die von Zweifeln, unterschiedlichen Realitätswahrnehmungen und unterschwelligen Bedrohungen immer wieder befeuert wird und für ein beklemmendes Gefühl beim Lesen verantwortlich ist. Der Kopf der Leser:innen wird zum Kinosaal, denn hier spielen sich die Bilder äusserst lebendig vor dem inneren Auge ab und es gelingt der Autorin den Blick der Lesenden an den Seiten festzuschweißen.

Mit Martha ist Lundt eine herausragende Figur gelungen, die das Wechselspiel aus Wahrheit und Trugbildern perfekt transportieren kann. Ihre Selbstzweifel, ob tatsächlich sich alles so zugetragen hat und ihr enormer Wille, alles lückenlos aufzuklären und zu beweisen, dass sie sich das Ganze nicht eingebildet hat, wirken wie ein Aufputschmittel beim Lesen und ziehen die Leser:innen immer tiefer in den Strudel aus Paranoia, Intrigen, Lügen und Realitätsverlust hinein.

Die Szenen im Krankenzimmer der psychatrischen Klinik gehen an die Substanz, denn die freiheitsentziehenden Maßnahmen verfehlen selbst beim Lesen ihre Wirkung nicht, wecken ein klaustrophobisches und zugleich Empfindung gedämpftes Gefühl. Die Handlung ist erstklassig inszeniert, lebt vom perfekten Timing und den raffinierten Ideen, die die Schreibende hier sehr gut platziert. Es entsteht ein gefährlicher Strudel, dem weder die Leser:innen noch Martha entfliehen können.

Der Puls rast und die Herzfrequenz ist dauerhaft hoch, denn hier geht es um schwelende Konflikte und Machtspiele, die in unterschiedlichen Kombinationen und Auswirkungen auftreten. Das zermürbende Spiel mit der Ungewissheit frisst sich wie Säure durch die Seiten und lässt nicht nur Martha, sondern auch die Leser;innen immer wieder zweifeln und die Frage stellen, welche Figuren im Buch noch vertrauenswürdig sind

Fazit nach einer schlaflosen Nacht: Hier ist jeder Buchstabe Spannung pur und es lohnt sich zu Gunsten des Buches auf den Schlaf zu verzichten!

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Wer den Weg zur Natur findet, findet auch den Weg zu sich selbst (Klaus Enden)

Das Glück in den Wäldern
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Der Frühling ist für Franzi die schönste Zeit des Jahres - alle Zeichen stehen auf Neuanfang, alles grünt und blüht und auch neue Ideen für ihr Café schwirren in ihrem Kopf herum. Das Frühjahr wird umso ...

Der Frühling ist für Franzi die schönste Zeit des Jahres - alle Zeichen stehen auf Neuanfang, alles grünt und blüht und auch neue Ideen für ihr Café schwirren in ihrem Kopf herum. Das Frühjahr wird umso schöner als Franzi merkt, dass sie schwanger ist. Doch in die Vorfreude schleicht sich auch ein bisschen Wehmut, denn Franzi würde so gerne ihrem Baby den Baumgeist, den sie einst von ihrem Vater geschenkt bekommen hat, über das Bettchen hängen. Ob ihre Schwester Luna die Sachen ihres Vaters noch aufbehwart hat ? Soll Franzi nach der jahrelangen Funkstille den ersten Schritt auf Luna zugehen und alte Wunden schließen ?


Patricia Koelle entführt die Leser:innen wieder mit ihrem seelenvollen Schreibstil auf den Darß und lässt sie gemeinsam mit den beiden Schwestern bis zum Horizont ins Blaue schauen, den Wellen folgen und den Geschmack von Salz auf den Lippen spüren. "Das Glück in den Wäldern" setzt nahtlos an das erste Buch an und es ist, als habe es die Lesepause nicht gegeben, denn sofort steigen die knorrigen Windflüchter und die majestätischen Bäume des Gespensterwaldes aus den Seiten und werden von den mystisch klingenden Tönen der Windharfe begleitet.

Luna und Franzi könnten unterschiedlicher nicht sein und doch spüren sie nach all den Jahren das schwesterliche Band, das sie verbindet. Währende Luna erzählt, warum sie sich lieber zurückzieht und die Stille genießt, lernt Franzi endlich, ihre große Schwester zu verstehen und ihre Beweggründe sind für sie nachvollziehbar.
Das Eintauchen die die familiäre Vergangenheit reißt auf der einen Seite alte Wunden wieder auf, gibt den Schwestern aber gleichzeitig die Möglichkeit, in langen Gesprächen diese Wunden heilen zu lassen, um gemeinsam nach vorne zu schauen.

Koelle verbindet ihre fast schon märchenhafte Erzählung mit ganz vielen aktuellen Themen, macht auf den Stress der Bäume durch die Unachtsamkeit der Tourist:innen und die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam, hebt aber nicht drohend oder mahnend den Zeigefinger, sondern lässt ihre Botschaften sanft mit in die Handlung einfließen.

Überhaupt geht es um ein achtsames und fürsorgliches Miteinander, gegenseitiges Verstehen und dem Erkennen und Benennen von eigenen Bedürfnissen, um nicht nur das Lebensglück zu finden, sondern auch das Glück,, das tief in uns wohnt. Die Autorin hat ein Händchen für ganz besondere Schwingungen, die den Wind in den Bäumen alte Lieder singen lassen, denen die Lesenden gerne zuhören. Zwischen Meereslauschen, Windspielen, Baumgeistern und innerer Heilung gelingt das Wechselspiel zwischen Wald und Meer mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit, denn Koelle fängt die Gedanken und Gefühle ihrer Figuren wie durch die Kristalle eines Sonnenfängers ein, lässt sie mal mehr, mal weniger in der Sonne glitzern und zeigt, dass der Wald gerade in einer Umbruchphase körperlich und seelisch gut tut.

"Das Glück in den Wäldern" begeistert mit leisen Tönen und starken Botschaften, eindrucksvoller Handlung und wundervollem Setting. Wieder sehr lesenswert !


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Veröffentlicht am 25.07.2023

Man muss nicht verrückt sein, um hier zu arbeiten. Aber es hilft :-)

Sie haben Ihr Gebiss auf der Hüpfburg verloren
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Mit dem neuen Chef soll alles anders werden und so sieht sich Pflegerin Sybille plötzlich nicht nur mit den normalen Alltagsaufgaben im Pflegebereich konfrontiert, sonder auch mit englischen Berufsbezeichnungen, ...

Mit dem neuen Chef soll alles anders werden und so sieht sich Pflegerin Sybille plötzlich nicht nur mit den normalen Alltagsaufgaben im Pflegebereich konfrontiert, sonder auch mit englischen Berufsbezeichnungen, Duftwolken und dem ambitionierten Bestreben ihres Vorgesetzten, den Titel "Pflegeheim des Jahres" einzuheimsen. Doch erstens kommt alles anders und zweitens eine Hüpfburg....


Sybille Bullatschek hat wirklich das Zeug zur Comedienne, denn ihr Buch liest sich locker flockig von der Hand, ist an vielen Stellen brüllend komisch und garantiert Lachmuskelkater am nächsten Tag. Sie weist mit einer großen Portion Humor auf das ernste Thema Pflegenotstand hin und schildert den normalen Wahnsinn im Pflegeheim mit frechen Pointen, scharfzüngigen Verbalduellen und wohl dosierter Hinterlistigkeit.

Ihre Figuren sind überspitzt dargestellt, nehmen sich nicht ganz so ernst und daher sind sie prädestiniert dafür, von einem Fettnäpfchen ins andere zu treten. Der eintönige graue Heimalltag wird plötzlich kunterbunt, auch wenn die Hintergedanken des Heimleiters nicht unbedingt gut zu nennen sind. Manipulation und Profitgier stehen bei ihm an vorderster Stelle und er verlangt von seinen Mitarbeitenden, seine Entscheidungen mitzutragen, komme was wolle.

Da aber mit Humor alles besser geht, streut die Autorin hier eine Extraportion in ihre Schilderungen ein, um den hektischen und stressigen Alltag auf einer Pflegestation leichter meistern zu können. Vom Speed-Dating bis Bordellbesuch ist im Haus Sonnenuntergang so ziemliche alles möglich :) Es sind die kleinen liebevollen Details, die aus einem anonymen Heim ein Zuhause machen - die Pfelgebedürftigen werden Senior und Senioras genannt, die Zimmer tragen die Namen von Städten wie Paris, New York oder Prag und die Pflegenden haben das Herz auf dem rechten Fleck. Auch wenn der ein oder andere Ausreißer dabei ist, wird auf den Stationen Nordcorega und Südcorega gut für die Bewohner:innen gesorgt (ich habe nur noch darauf gewartet, dass eine Corega-Staffel ein Wettrennen mit den Rollatoren veranstaltet :) )

Ein bisschen Dialekt, ein bisschen Chaos, das ab und an zu dick aufgetragen wirkt und der ein oder andere Seitenhieb runden das Ganze ab und lassen den Pflegenotstand in unseren Heimen zu einem kurzweiligen Lesespaß werden Vielleicht hilft dieses Buch ja dabei, genau dort anzusetzen und die Pflegenden zu unterstützen und ihnen nicht nur Applaus für ihre Tätigkeit zu spenden, sondern auch den ein oder anderen Hunderter im Geldbeutel am Monatsende.

Humorvoll inszeniert und trotzdem mit ernsten Zwischentönen versehen, kann dieses Buch überzeugen.

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Veröffentlicht am 25.07.2023

Stilvoll aufgegabelt

Die Weltköche zu Gast im Ikarus
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Auch mit Band 9 der stilvollen Kochbuchreihe zieht ein Hauch Exklusivität und Luxus in die heimische Küche ein, denn das Ikarus öffnet nicht nur Köchen der Haute Cuisine wie Johannes Nuding, Cyril Molard ...

Auch mit Band 9 der stilvollen Kochbuchreihe zieht ein Hauch Exklusivität und Luxus in die heimische Küche ein, denn das Ikarus öffnet nicht nur Köchen der Haute Cuisine wie Johannes Nuding, Cyril Molard oder Kai Ho die Türen, sondern ermöglicht Gourmets, den Gastronomen beim kreieren ihrer Menüs über die Schulter und direkt in die Töpfe zu schauen.

Es ist definitiv kein Kochbuch für Neulinge am Herd, denn hier wird eindeutig Können vorausgesetzt, um die aussergewöhnlichen Schmankerl zubereiten zu können. Wenn Birne, Safran und Marone miteinander flirten, lässt Peter Haen-West daraus ein Dessert entstehen, das direkt in den siebten Genusshimmel führt. "Die Gentlemen bitten zu Tisch" ist das Motto von Jon Browning und er serviert Label-Rouge-Lachs in Heu geräuchert mit Gentleman Relish und Amalfi-Zitrone. D'as Beste aus Meer und Garten vereint sich bei Christophe Bacquié zu einem Augen- & Gaumenschmaus, denn Wolfsbarsch küsst Kürbis mit Kauzinerkresse und Koriander-Öl. Eleganz auf dem Teller macht das Ikarus-Team möglich, denn Karotte, Zitrus und Ingwer verschmelzen zu einem Sorbet, das die Geschmacksknospen auf der Zunge zum Tanzen bringt.

Die Rezepte werden ausführlich, übersichtlich und leicht verständlich zum Nachkochen präsentiert. Die Zutaten sind nicht immer vor Ort zu kaufen und auch die Zubereitung erfordert ein wenig mehr Zeit. Aber der erlesene Geschmack entschädigt für alle Mühen. Haute Cuisine für Zuhause wird durch dieses exquisite Kochbuch möglich.

Aufgelockert wird das Kochbuch mit sehr interessanten Interviews, in denen die Köche erzählen, was sie antreibt, um ihre Passion zum Kochen zu verwirklichen - inklusive Schnappschüsse aus der Küche. Die Stars am Herd zeigen ihre Stars auf dem Teller und diese werden durch die perfekte Foodfotografie zu echten Highlights auf dem Teller.

Für Sammler:innen und ambitionierte Köch:innen das perfekte Geschenk.

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