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Veröffentlicht am 02.03.2020

Only life can be stranger than fiction

Milchmann
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„Milchmann“ ist in seinem Kern ein feministischer Roman. Es gibt namenlose Figuren wie die achtzehnjährige Protagonistin, nur der nicht minder ominöse „Milchmann“ ist näher charakterisiert, nicht auf gute ...

„Milchmann“ ist in seinem Kern ein feministischer Roman. Es gibt namenlose Figuren wie die achtzehnjährige Protagonistin, nur der nicht minder ominöse „Milchmann“ ist näher charakterisiert, nicht auf gute Weise. Er stalkt die Protagonistin, wird jedoch nicht an den Pranger gestellt. Vielmehr wird die Schuld der unschuldigen Hauptfigur zugeschoben -slut shaming lässt grüßen (Ich musste während der Lektüre an die Serie „Fleabag“ denken. In der Streaming – Serie wird die Protagonistin vom Mann ihrer Schwester bedrängt, niemand glaubt ihr)!
Überhaupt bleibt in dieser Erzählung von Anna Burns Vieles ungesagt, es lässt sich jedoch zwischen den Zeilen herauslesen. Die Gewalt und der Terror implizieren, dass der Ort der Handlung Belfast (in Nordirland) ist. In den späten 1970er Jahren waren die sogenannten „Troubles“ das beherrschende Thema der britischen Innenpolitik. Anna Burns beschreibt die bürgerkriegsähnlichen Zustände sehr anschaulich, daher ist das Buch bestimmt kein „Wohlfühlbuch“; dennoch ist es eine gewitzte Erzählung, ein schwarzhumoriger Kommentar, der auf sarkastische Art die bitterernste Bedrohung der damaligen Zeit aufzeigt, die an Skurrilität grenzende Bigotterie. Wie Eugène Ionesco entwirft Burns eine absurde Szenerie, aber wie sagt der Engländer so schön: „Only life can be stranger than fiction.“ Die kafkaeske Grundstimmung des Romans trifft auf wahre Begebenheiten, denn der Nordirlandkonflikt fand in seiner heißen Phase wirklich so statt, wie es die Autorin schildert – auch wenn sie mit Verfremdungseffekten arbeitet. Als Leser muss man jedoch über „Sitzfleisch“ verfügen, denn es gibt keinen wirklichen plot, fast könnte man meinen, der Roman sei sehr handlungsarm, aber es passiert dennoch Vieles, das auch in der heutigen Zeit noch für Probleme sorgt. Daher ist „Milchmann“ mehr als ein (zeit)historischer Roman; er spiegelt durchaus auch das heutige Machtgefälle der Geschlechter wider. „Milchmann“ ist völlig zurecht mit dem Man Booker Prize 2018 ausgezeichnet worden, denn es ist eine formal innovative Geschichte, die aber leider auch Längen aufweist. Daher vergebe ich für Milchmann von Anna Burns vier von insgesamt fünf möglichen Sternen, und ich spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 29.02.2020

The Work

Ich will ja loslassen, doch woran halte ich mich dann fest?
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Der Titel ist Programm - im Sachbuch wird die Methode "The Work" (erfunden von Byron Katie) erörtert. Und tatsächlich ist es eine Herangehensweise, die Konzentration und auch ein wenig Kopfarbeit erfordert. ...

Der Titel ist Programm - im Sachbuch wird die Methode "The Work" (erfunden von Byron Katie) erörtert. Und tatsächlich ist es eine Herangehensweise, die Konzentration und auch ein wenig Kopfarbeit erfordert. Man soll seine Gedanken quasi neu programmieren, um Gedankenspiralen und negatives Grübeln zu durchbrechen. Mehrere Schritte sind dazu nötig. Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben ?

Mir persönlich scheint dieses Verfahren ein wenig umständlich zu sein, und ich denke es ist schwierig für Kopfmenschen, das Gedankenkarussell mittels noch mehr "Kopfgymnastik" zu durchbrechen.

Die Verlagsbeschreibung liest sich so:

"In ihrem Buch berichtet die bekannte Schauspielerin, wie sich ihr Leben mit THE WORK (von Byron Katie) verändert hat und wie auch wir es schaffen können unsere negativen Gedanken zu überwinden.

„Mein Chef ist unzufrieden mit mir. Ich werde krank werden. Mein Partner wird sich von mir trennen. Mein Kind wird einen Unfall haben. Meine Mutter lehnt mich ab.“

Die meisten Befürchtungen, die wir den ganzen Tag hegen, treten nie ein. Die meisten Sorgen, die wir uns machen, lösen sich wieder in Luft auf und doch können wir diese negativen Gedanken nie ganz von uns abschütteln. Wie wäre das Leben ohne diese Gedanken, befreit von allem Unheil, das zwar noch nicht da ist, das wir aber in Zukunft vermuten?

In lebendigen und berührenden Geschichten erzählt Ina Rudolph von ihren Erfahrungen mit "The Work" und wie sich ihre Freundschaften, die Beziehung zu ihrer Tochter und ihrem Lebenspartner sowie ihre berufliche Situation nach und nach positiv veränderten. "

Daraus kann man ableiten, dass die Autorin, die eine Ausbildung zum "The Work" - Coach gemacht hat & hauptberuflich Schauspielerin ist, sehr Persönliches in "Ich will ja loslassen..."

mitteilt, und viele Fallbeispiele mit Praxisbezug anführt.




Das Sachbuch ist nicht durch ein Psychologie - oder Medizinstudium der Autorin beeinflusst und blendet daher evtl. manche Gründe für Grübelei aus. Die Autorin behauptet allerdings auch nicht, allwissend zu sein, womit sie auf dem boomenden Markt der Ratgeberliteratur eine erfreuliche Ausnahme bildet.


Ich halte "The Work" für eine Herangehensweise, die auf Ratio basiert. Hier wird dem Leser kein schnelles Heilsversprechen offeriert, aber auch kein esoterischer Quatsch untergejubelt.

Ich finde die Methode wie gesagt ein wenig umständlich, kann aber kein allgemeingültiges Urteil abgeben.

Fazit: Lesen, selber ausprobieren.

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Klasse Jugendbuch

Herz Slam
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Cover:

Das Cover ist eher schlicht, aber richtig gut gemacht & es animiert auf jeden Fall zum Lesen. Der Titel "Herzslam" ist ein Graffiti tag in Herzform, und der Titel an sich lässt erahnen, dass auch ...

Cover:

Das Cover ist eher schlicht, aber richtig gut gemacht & es animiert auf jeden Fall zum Lesen. Der Titel "Herzslam" ist ein Graffiti tag in Herzform, und der Titel an sich lässt erahnen, dass auch poetry slams eine Rolle spielen. Ich persönlich würde den Roman allerdings erst ab vierzehn Jahren empfehlen.
In der Buchhandlung würde ich nach dem Buch greifen!


Beschreibung:


Hauptschüler sind dumm, prollig und schlecht angezogen - behauptet Leas beste Freundin Sophie. Lea findet Sophie manchmal ziemlich arrogant, dennoch hat auch sie so ihre Vorurteile. Als die beiden sich für einen Poetry-Slam-Workshop anmelden, wissen sie nicht, dass auch Jugendliche einer anderen Schule daran teilnehmen werden: einer Hauptschule. Eine Vollkatastrophe! Es hagelt Wortgefechte und Beleidigungen, doch nach und nach beginnen die Fronten zu bröckeln und Herzen heftig zu schlagen ...


Meine Meinung:


Ein richtig tolles Jugendbuch! Es liest sich spritzig und witzig; außerdem ist es am Puls der Zeit; Stil und Sprache sind an die Hauptzielgruppe angepaßt.

Sorgen und Nöte von Heranwachsenden, aber auch ihre Hoffnungen und Träume werden thematisiert. Die Figuren sind liebevoll und nicht zu flach gezeichnet.

Typische Teeniethemen wie Liebe, Freundschaft und Feindschaft werden literarisch verarbeitet, darüber hinaus ist "Herz - Slam" aber auch pädagogisch wertvoll, da der Autor leichtfüßig und ganz ohne erhobenen Zeigefinger Gesellschaftskritik übt. Müssen soziale Unterschiede schon im Kindesalter zementiert werden?

Und wieso urteilt man über etwas, das man eigentlich gar nicht richtig kennt? Aus Arroganz? Oder steckt gar die Erziehung oder schlichtweg die Angst vor dem Unbekannten, die nicht selten in Vorurteilen mündet, dahinter ? Gut gefiel mir auch die Einbindung des poetry slam - Phänomens, denn schon vor Julia Engelmanns "Eines Tages, Baby" wurde in den USA und dann in Deutschland geslammt, was das Zeug hält. Der Autor trägt mit diesem Buch dazu bei, die Szene in Deutschland noch ein bisschen bekannter zu machen, was ich klasse finde. Für Herzslam vergebe ich 4 - 4,5 von 5 möglichen Sternen. Ich habe während der Lektüre richtig mitgefiebert und manchmal geschmunzelt & mich richtig gut unterhalten gefühlt, wobei es, wie gesagt, ein Jugend - Roman mit einer wichtigen message bzw. Botschaft ist. Doch lest selbst!

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Toller Roman

Felsenmond
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Jemen hautnah: Die großen Auf- und Umbrüche in der arabischen Welt erregen weltweit Aufmerksamkeit, doch der eigentliche Kampf findet im Verborgenen statt – in der Familie. Während Latifa gegen ihren ...


Jemen hautnah: Die großen Auf- und Umbrüche in der arabischen Welt erregen weltweit Aufmerksamkeit, doch der eigentliche Kampf findet im Verborgenen statt – in der Familie. Während Latifa gegen ihren Willen verheiratet wird, geht die 15-jährige Hanna freiwillig die Ehe mit einem reichen Saudi ein. Aischa wehrt sich gegen die herrische Schwiegermutter, und Sausan muss ihr Studium abbrechen, als ihre Bekanntschaft mit einem Kommilitonen auffliegt. Malika dagegen schreibt kritische Zeitungsartikel, was sie bald in Schwierigkeiten bringt ... Die Geschichte fünf junger Frauen mit unterschiedlichen Schicksalen, doch vereint durch einen gemeinsamen Traum: Sie alle kämpfen um Selbstfindung und individuelle Freiheit ...

Meine Meinung:

Die Autorin Jasmin Adam studierte Islamwissenschaften und Anglistik. Mehrere Jahre verbrachte sie im Ausland - in Kanada und auf der Arabischen Halbinsel, und daher merkt man es dem Roman an, dass die sympathische Schriftstellerin weiß, wovon sie spricht: Es ist zwar eine fiktive Erzählung, aber man hat als Leser direkt das Gefühl, dabei zu sein, da alles so wahrhaftig und lebendig geschildert wird! Mit großer Empathie und Sensibilität entwirft Adam ihre Geschichte. Nie verfällt sie dabei in
Schwarzweißmalerei, die Klischeeklippe "Orientkitsch" umschifft sie tadellos. Die Figuren und das Geschehen können niemanden kalt lassen; während der Lektüre war ich stellenweise gerührt, aber auch tief betroffen. Da das Buch durchweg spannend ist, habe ich beim Lesen richtig mitgefiebert und ich war fast traurig, dass ich "Felsenmond" so schnell ausgelesen hatte. Ich durfte Einblick in ein mir unbekanntes Land erhalten, ich habe mein Wissen erweitern können und unzählige Denkanstöße erhalten. Auch sprachlich und stilistisch konnte mich "Felsenmond" überzeugen, daher möchte ich den Roman unbedingt zur Lektüre empfehlen (ab 14 Jahren), obwohl ich mich auch über ein Glossar und eine weiterführende Literatur -Empfehlung gefreut hätte, aber damit wäre das Buch womöglich überfrachtet gewesen.


Fazit:
Dieser lehrreiche und lesenswerte Roman sollte in keinem Bücherregal fehlen!

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Finale!

Hurenglück - Die Lilien von London
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Der hier vorliegende Roman bildet den Abschluß einer Trilogie, er ist aber auch als stand alone lesbar.
Die Reihe begann im viktorianischen Zeitalter, und sie endet mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. ...

Der hier vorliegende Roman bildet den Abschluß einer Trilogie, er ist aber auch als stand alone lesbar.
Die Reihe begann im viktorianischen Zeitalter, und sie endet mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Figuren sind liebenswert und gut ausgearbeitet, es gibt auch tolle settings.
Es soll eine junge Frau in die Londoner Gesellschaft eingeführt werden, doch es ist eine Zeit des Umbruchs.
Frauen fordern lautstark das Wahlrecht ein. Die Protagonisten Emily und Liam hatten sich die Zukunft ihrer Kinder Victor, Margery und Ines eigentlich anders vorgestellt - bald überschlagen sich die Ereignisse …
Die Autorin Tabea Koenig präsentiert mit „Hurenglück – Die Lilien von London“ einen spannenden historischen Roman. Gender, Sexualität und Feminismus sind Themen, die in der heutigen Zeit wichtig sind, diese Themen baut auch die Autorin in den Roman ein. Sufragetten, Homosexualität, der Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen und die Konsequenzen des Aufbegehrens werden bildhaft beschrieben. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt; manche Formulierungen fand ich aber etwas seltsam. „Tot wie ein Türnagel“ schien mir eine Übersetzung aus dem Englischen zu sein. Obwohl der historische Stoff gut recherchiert wurde, sollte man bei der Lektüre nicht die Akribie eines Geschichtswissenschaftlers erwarten. Es gelingt der Autorin jedoch ,ein relativ hohes Spannungsniveau zu halten (nur gegen Ende hätte sie das Ganze straffen können) und einem Stoff, der in der Literatur schon oft bearbeitet worden ist, neues Leben einzuhauchen, nicht nur durch blosses name dropping („Oscar Wilde“). Ich habe mich auch über ein Wiedersehen mit liebgewonnenen Figuren gefreut, aber nicht verstanden, wieso in einem Roman, der formal aus drei Teilen besteht, gegen Ende noch neue Figuren eingeführt werden. Der Finalteil ist leider auch nah am Kitsch.
Wer einen Romanzyklus lesen will, in welchem das Schicksal mehrerer Generationen abgedeckt wird, sollte zu „Hurenglück“ greifen und sich nicht vom allzu markigen Titel abschrecken lassen, denn der Roman ist weder schmuddelig noch frauenfeindlich.
Fazit:
Einigermaßen gelungener Abschluß einer interessanten Reihe, Band zwei fand ich besser.


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