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Veröffentlicht am 18.08.2024

Geduld als Lösung

Die Tochter
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Die Tochter ist ein Buch, das Generationenkonflikte in Südkorea sehr gut beleuchtet. Es wird nur aus der Sicht der Mutter erzählt und dieser wird viel Feingefühl entgegengebracht. Deutlich wird, dass sie ...

Die Tochter ist ein Buch, das Generationenkonflikte in Südkorea sehr gut beleuchtet. Es wird nur aus der Sicht der Mutter erzählt und dieser wird viel Feingefühl entgegengebracht. Deutlich wird, dass sie ein guter Mensch ist, aber das Beziehungsmodell ihrer Tochter an sich nicht versteht, weil es dem widerspricht, was ihr als junge Frau für ein gutes Leben beigebracht wurde. Dadurch fühlt man mit der Mutter mit, statt wütend auf sie zu sein.
Ihre Tochter und ihre Freundin haben hingegen mit vielen Anfeindungen zu kämpfen. Unter anderem verliert sie nur wegen ihrer Beziehung ihre Uni-Stelle, was zeigt, wie konservativ Südkorea teils noch ist. Die Kämpfe beider Frauen für mehr Akzeptanz werden facettenreich beschrieben.
Die Mutter durchläuft eine spannende Entwicklung. So ganz verschwinden ihre Sorgen nicht, aber sie beginnt immer mehr zu akzeptieren, dass es unterschiedliche Lebensstile gibt, die Glück bedeuten können. Deutlich wird vor allem die Liebe, die sie für ihre Tochter empfindet und über allem steht.
Ich habe die Freundin ihrer Tochter vom Charakter sehr interessant gefunden, weil sie eine Ruhe in sich trägt und viel Geduld mitbringt. Letztendlich wird sie unbewusst zu einem Bindeglied zwischen Mutter und Tochter. Zudem bringt sie viel Dynamik in die Geschichte.
Auch die Einblicke in den Pflegeberuf in Südkoreas Leistungsgesellschaft nehmen einen mit und schockieren.

Dieses Buch regt zum Nachdenken an, erzählt ruhig vom Alltag, ist aber dennoch laut und macht sehr deutlich, dass es oft kein Schwarz und Weiß gibt. Es zeigt, wie wenig Sinn es häufig macht, Menschen direkt abzustempeln, weder die Mutter noch Tochter, sondern oft Geduld der richtige Weg zu mehr Verständnis und einen Wertewandel ist.

Fazit: Ein eindringliches Buch, das Generationenkonflikte mit viel Feingefühl beleuchtet und Hoffnung macht.

Veröffentlicht am 06.07.2024

Unfassbar gut geschrieben

Brown Girls
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Brown Girls ist ein unglaublich starkes Debüt, das ich sehr empfehlen kann. Zuerst einmal muss ich ein Lob für den Schreibstil der Autorin aussprechen. Dieses Buch liest sich wie ein Song und ist leicht ...

Brown Girls ist ein unglaublich starkes Debüt, das ich sehr empfehlen kann. Zuerst einmal muss ich ein Lob für den Schreibstil der Autorin aussprechen. Dieses Buch liest sich wie ein Song und ist leicht poetisch geschrieben. Dadurch fliegt man nur durch die Seiten. Es ist anders als ich erwartet habe, denn es ist keine typische Coming-of-Age-Geschichte einer Hauptfigur mit Höhen, Tiefen und Drama. Nein, dieses Buch enthält die Erzählung vieler Frauen, denn so unterschiedlich die Familiengeschichten von Kindern mit Migrationshintergründen sind, so unterschiedlich sind auch deren Charaktere und Werdegänge - und doch gibt es viele Gemeinsamkeiten: Brown Girls müssen oft stärker kämpfen - für ihre Abschlüsse, Aufstiegsträume und Beziehungen. Sie sind Vorurteilen ausgesetzt und stehen zwischen den Erwartungen ihrer Familien und eigenen Wünschen und wenn man es irgendwann geschafft hat, weiß man nicht mehr, wohin man gehört.
Daphne Palasi Andreades analysiert das Leben solcher Mädchen von Kindheit an bis ins Erwachsenenalter. In Kapiteln zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen trifft sie Punkte ohne belehrend zu werden und lässt einen als Leserin nur nicken. Man fühlt sich hier so verstanden - auch als Mädchen, das in Deutschland statt New York aufwächst, denn die Hürden und Sorgen sind fast überall dieselben. Es sind Fragen, die viele umgeben: Wie unterscheiden sich Beziehungen zu weißen Männern von denen mit denselben / ähnlichen Wurzeln und welchen Weg wählt man? Wie steigt man ohne ein finanziell sicheres Elternhaus oder anderen Unterstützungsmöglichkeiten auf? Wie meistert man den Spagat zwischen Angepasst-Wirken und Seine-Wurzeln-Nicht-Verlieren? Wie verliert man sich nicht in der Wut vor Ungerechtigkeiten? All diesen Themen begegnet die Autorin mit viel Feingefühl.
Dieses Buch verfolgt keinen Spannungsbogen, aber fesselt trotzdem - allein durch die starken Worte. Das Buch ist mehr ein Gefühl. So sehr löst es in einem etwas aus und rüttelt auf.
Wenn eine Autorin es schafft, ohne einzelne Hauptfiguren, strengen Plot und Überraschungsmomente zu überzeugen, ist sie ein besonderes Talent. Ich bin gespannt auf ihre weiteren Werke und kann Brown Girls jedem ans Herz legen - nicht nur wegen den Themen, sondern auch dem besonderen Schreibstil und Lesefluss.

Fazit: Unfassbar gut geschrieben und aufrüttelnd. Eins der besten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen habe.

Veröffentlicht am 26.06.2024

Unerwartete Geheimnisse

Golden Bay − How it hurts
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Den ersten Band habe ich geliebt und danach sehnsüchtig auf den zweiten Band gewartet. Auch diesen habe ich gerne gelesen. Es war ein sehr schönes Gefühl, zurück nach Golden Bay zu kehren. Bianca Iosivoni ...

Den ersten Band habe ich geliebt und danach sehnsüchtig auf den zweiten Band gewartet. Auch diesen habe ich gerne gelesen. Es war ein sehr schönes Gefühl, zurück nach Golden Bay zu kehren. Bianca Iosivoni hat mit der Insel einfach einen Ort geschaffen, der sich nach Zuhause anfühlt und an dem man sich wohlfühlt.
Ich finde es super interessant, dass das Buch nur aus Holdens Sicht erzählt wird. Das hat geholfen, ihn besser zu verstehen und dazu beigetragen, dass die Geschichte mehr Tiefe bekommt. In Bezug auf seine Vergangenheit wurde ich überrascht und fand die Puzzleteile aus dieser sehr spannend. Ich hätte nicht erwartet, dass solche Geheimnisse aufgedeckt werden und entsprechend groß war der Überraschungsfaktor. Dennoch habe ich gemerkt, dass ich Embers Sicht vermisst habe, weil ich eigentlich am liebsten aus der weiblichen Perspektive lese, aber das ist Geschmackssache.
Die Liebesgeschichte geht emotional weiter und ich habe erneut mit Ember und Holden mitgefiebert. In diesem Band hat man jedoch noch mehr als im ersten Band gespürt, dass es zu einem Hin und Her wird und man denkt sich oft, dass sie einfach über alles reden sollen. Natürlich steckt aber auch einfach sehr viel Schmerz zwischen ihnen, was alles komplizierter macht und so oder so sind die Gefühle zu spüren und man fühlt als Leser:in mit.
Den dritten Band kann ich auch schon kaum erwarten und hoffe auf ein Happy End.

Fazit: Eine gelungene Fortsetzung, in der Golden Bay die gleiche Wohlfühlwirkung wie im ersten Band ausstrahlt und unerwartete Geheimnisse aufgedeckt werden.

Veröffentlicht am 07.04.2024

Voller Emotionen und Spannung

Golden Bay − How it feels
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Ich weiß nicht, wie Bianca Iosivoni das macht, aber sie schafft es einfach immer, mich mit ihren New-Adult-Geschichten zu begeistern. Golden Bay spielt auf einer kleinen kanadischen Insel und ich kann ...

Ich weiß nicht, wie Bianca Iosivoni das macht, aber sie schafft es einfach immer, mich mit ihren New-Adult-Geschichten zu begeistern. Golden Bay spielt auf einer kleinen kanadischen Insel und ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich die Atmosphäre dort geliebt habe. Es ist sehr gemütlich und fühlt sich direkt wie Zuhause an. Ich mochte die Jeder-kennt-jeden-Vibes und süßen Schauplätze, die bildhaft beschrieben werden.
Besonders macht das Buch aber auch der hohe Spannungsgrad. Ember hat ihre einstige Jugendliebe Holden lange nicht mehr gesehen, seitdem er in einer Nacht einfach spurlos verschwunden ist. Sie ist wütend, aber will natürlich auch wissen, was damals passiert ist. Ihre Geschichte macht einfach süchtig, weil man erst nach und nach Puzzleteile zu Holdens Vergangenheit erfährt. Aber auch in Embers Vergangenheit ist bezüglich ihrer Familie viel passiert. Die einzelnen Päckchen, die auf ihren Schultern lasten, werden auch erst schrittweise offenbart. So wird das Buch wirklich genial erzählt, weil man nur an den Seiten hängt, um endlich mehr zu erfahren.
Aufgrund der teils schwierigen Themen ist das Buch sehr emotional. Ember wollte ich oft einfach nur eine Umarmung schenken. Umso schöner ist es zu sehen, was für starke Kindheitsfreundschaften bestehen geblieben sind. Die Szenen mit Ember und ihren Freund:innen haben mein Herz erwärmt und vor allem von Shae bin ich ein großer Fan, von der ich es kaum erwarten kann, mehr zu lesen.
Die Liebesgeschichte ist bittersüß. Sie steckt voller Schmerz und Wut, aber die Anziehung, die trotz allem zwischen Ember und Holden besteht, ist einfach zu stark. Die beiden verbindet ein festes Band, von dem sie nicht loskommen, egal wie sehr sich Ember dagegen wehrt. Das ist keine einfache Liebesgeschichte, sondern bedeutet viel Chaos, das einen nicht kalt lässt. Sehr gemocht habe ich auch die Kapitel aus der Vergangenheit, die dabei helfen, alles besser zu verstehen - sowohl in Bezug auf Embers und Holdens Liebesgeschichte als auch Embers Familie.

Fazit: Eine emotionale Liebesgeschichte voller Spannung. Man hängt wortwörtlich an den Seiten. Ich kann die Fortsetzung schon kaum erwarten.

Veröffentlicht am 22.03.2024

Wichtige Themen

Weiße Wolken
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Trotz der schwierigen Themen und erdrückenden Gedanken, liest sich Weiße Wolken leicht. Das liegt zum einen an Yandé Secks lockeren und flüssigen Schreibstil und zum anderen an den realistischen Erzählungen ...

Trotz der schwierigen Themen und erdrückenden Gedanken, liest sich Weiße Wolken leicht. Das liegt zum einen an Yandé Secks lockeren und flüssigen Schreibstil und zum anderen an den realistischen Erzählungen des Alltags der drei Hauptpersonen. Dieo, Zazie und Simon wirken wie Menschen, die man aus seinem eigenen Alltag kennen könnte. Das macht sie nahbar und führt zu vielen Momenten, in denen man sich auch selbst wiederfinden kann.
In ihrem Debütroman spricht Yandé Seck einige wichtige Themen an. Vor allem Rassismus steht im Fokus und durch Zazie wird deutlich, wie tief dieser in der deutschen Gesellschaft verankert ist und wie sehr es einen verzweifeln kann, wenn man ihn von klein an erlebt und auf Unverständnis stößt. Zazie ist eine aufgeweckte junge Frau, die auch vor der eigenen Familie nicht davor zurückschreckt, auf Probleme aufmerksam zu machen. Ihre Gedankengänge und Dialoge, die sie anreißt, sind sehr wichtig und haben mich zum Nachdenken angeregt. Es wird einfach deutlich, dass auch scheinbar harmlose Dinge rassistisch und verletzend sein können.
Ihre Schwester Dieo verliert sich zwar weniger in gesellschaftskritischen Themen, aber hat als Mutter von drei Söhnen auch mit anderen Problemen zu kämpfen. So gut es geht meistert sie ihren Alltag und bildet sich beruflich weiter, aber hat trotzdem das Gefühl nicht gut genug zu sein. Ihre Gefühle werden sehr anschaulich und ihre Situation nachvollziehbar beschrieben. Es ist super spannend zu sehen, wie unterschiedlich sich zwei Schwestern entwickeln können und zu was für Konflikten das führen kann. Schön dafür ist, dass trotz allen Schwierigkeiten immer die Liebe für die eigene Familie zu spüren ist und über allem steht.
Interessant habe ich auch gefunden, dass es Kapitel aus Simons Sicht gibt. Diese werfen einen anderen Einblick auf die Themen und Familienkonflikte seiner Frau, zeigen aber auch, dass an mittelalten weißen Männern nicht alles spurlos vorbeigeht.
In dem Buch passiert ehrlich gesagt nicht viel, sondern wird größtenteils der Alltag der Charaktere beschrieben. Dennoch hat es eine Sogwirkung, sodass ich immer weiterlesen wollte. Ich denke, dass gerade dieses Alltägliche das Buch besonders macht und deutlich wird schon beim Klappentext, dass es hier nicht um fesselnde Spannungsbögen, sondern das Ansprechen wichtiger Themen geht. Klar wird zudem, dass die Schwestern trotz ihrer Diskriminierungserfahrungen auch Privilegien genießen, wie ihr Bildungshintergrund zum Beispiel zeigt. Verdeutlicht wird dadurch, wie vielschichtig die behandelten Themen sind.
Mir hat das Buch somit gut gefallen und ich finde, dass wie bereits erwähnt einige wichtige Themen angesprochen werden. Dennoch muss ich zugeben, dass ich mir manchmal mehr Tiefe gewünscht hätte. Die Themen sind zwar wichtig, aber die Dialoge zu diesen wirkten auf mich manchmal aufgesetzt und unnatürlich. Oft lenkt Zazie nämlich direkt in die kritische Richtung, dabei unterhält man sich im Alltag nicht nur über schwierige Themen oder wie in einem Uniseminar. Gerade bei Zazie hätte ich mir gewünscht, dass man noch mehr Facetten von ihr als ihren Frust kennenlernt. Dieo wirkt in Bezug darauf etwas vielschichtiger. Gegen Ende hat sich das, finde ich, zwar gebessert und man lernt Zazie aus einer neuen Perspektive kennen und erfährt mehr über ihren Umgang mit ihren Wurzeln, aber das wurde leider etwas schnell abgehandelt. Auch die Bezüge zu aktuellen Ereignissen und Popkultur fand ich etwas zu viel, weil das auf mich überladen gewirkt hat und Bücher weniger zeitlos macht - das ist aber Geschmackssache.
Weiße Wolken habe ich dennoch gerne gelesen und finde, dass es insgesamt trotz meiner kleinen Anmerkungen gut gelungen ist und unterschiedliche Familiendynamiken sowie ernste Themen sehr gut darstellt. Zum Nachdenken regt es auf jeden Fall an.

Fazit: Wichtige in einer spannenden Familiengeschichte verpackte Themen mit realitätsnahen Charakteren - ein gelungenes Debüt, das zum Nachdenken anregt.