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Veröffentlicht am 12.05.2021

Grandios

Der Gesang der Flusskrebse
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Kya Clark wächst als jüngstes von mehreren Kindern im Marschland auf. Der Vater ist ein Trinker, und schlägt sich mit Gelegenheitjobs durch. Nach und nach machen sich die Geschwister und auch die Mutter ...

Kya Clark wächst als jüngstes von mehreren Kindern im Marschland auf. Der Vater ist ein Trinker, und schlägt sich mit Gelegenheitjobs durch. Nach und nach machen sich die Geschwister und auch die Mutter aus dem Staub. Kya bleibt bei ihrem Vater, geht ihm aber so gut es geht aus dem Weg. So wächst sie im Einklang mit der Natur auf. Vögel, Pflanzen, Gezeiten: obwohl sie nicht schreiben und lesen kann, weiß sie die Zeichen der Natur zu deuten, die ihr weit mehr vertrauter sind als die Menschen im Dorf. Als einer der Dorfbewohner tot aufgefunden wird, fällt der Verdacht schnell auf das Marschmädchen, die für die Bewohnern als gefundenes Fressen gilt. Denn keiner weiß, was sie im Marschland treibt. So beginnt für Kya ein neues Leben, dem sie kaum gewachsen ist. Für viele scheint die Natur der Feind, für Kya ist diese ein Rückzugsort, den sie im Gegensatz zur den Menschen versteht.

„Der Gesang der Flusskrebse“ ist eins meines Jahreshighlights. Delia Owens hat ein Auge für die richtigen Details an richtiger Stelle. Feinfühlig beschreibt sie die Menschen, die am Rande und im Marschland leben, ohne die Natur aus den Augen zu lassen. Die Natur wird sehr bildhaft beschrieben, ohne zu viel zu werden. Verständnis und Vertrauen ist für mich hier ein zentrales Thema. Eine Familie, die ihr Kind in mehrfacher Weise im Stich lässt, und die Natur, die einem verloren Wesen Rückhalt und Sicherheit bietet. Ein Buch, das mich nicht loslässt, auch nach Wochen nicht. Ein Buch, das ich ausgeliehen habe, weil ich mir nicht sicher war, ob es ein Buch für mich ist, und ohne das ich nicht mehr leben möchte. Der Gesang der Flusskrebse hat mich nicht mehr losgelassen. So bildhaft, persönlich, ein Buch, das unter die Haut geht.

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Veröffentlicht am 12.05.2021

Ein Hoch auf die Menschlichkeit

Der Wal und das Ende der Welt
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An einer Küste in Cornwall wird ein junger Mann an Land gespült. Zunächst scheint sein Gedächtnis getrübt, doch nach und nach erinnert sich an sein Leben davor. Sein Auftrag bei einer Bank scheint schief ...

An einer Küste in Cornwall wird ein junger Mann an Land gespült. Zunächst scheint sein Gedächtnis getrübt, doch nach und nach erinnert sich an sein Leben davor. Sein Auftrag bei einer Bank scheint schief gegangen. Dank seinem selber entwickelten Tool Carrie provoziert er viele Verluste für seinen Arbeitgeber an der Börse, so dass Joe Haak flüchtet, um sich aus der Affäre ziehen will. Das Tool Carrie bezieht Faktoren wie Epidemien in den Finanzmarkt mit ein und kann dementsprechend selbständig Prognosen treffen: mit brisanten Auswirkungen und erfolgreicher als Joe Haak selbst gedacht hat.

Haaks Anwesenheit im Fischerdorf St. Pirans krempelt den Alltag der Bewohner gehörig um. Eine prognostizierte Grippewelle hält die britische Insel auf Trab, und zwingt viele zum raschen Handeln. Joe Haak schaltet schnell und kann den Verlauf der Epidemie – auch mit Hilfe eines Wals, der vor der Küste sein Unwesen treibt – positiv für St. Pirans beeinflussen.

Dieses Buch spiegelt unsere Gesellschaft wieder. Die Digitalisierung nimmt stellenweise schon fast beängstigende Intelligenz an, während viele Menschen sich wieder versuchen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Menschlichkeit. Die Frage, wem man im Zweifel und Fall einer Krise als nächstes hilft, kann man im Optimalfall vielleicht noch beantworten, doch wenn die harte Realität zuschlägt, sind alle guten Vorhaben schnell über Bord geworfen.

„Der Wal und das Ende der Welt“ ist ein Buch über Menschlichkeit: Egoismus ist in dieser Zeit nicht gefragt, dafür um so mehr Zusammenhalt. Der Kontrast zwischen der Großstadt London und dem kleinen Provinznest St. Pirans könnte nicht größer sein. John Ironmonger schlägt eine Brücke zwischen Moderne und Tradition, zwischen Fortschritt und Ruhe, und vor allem: zwischen Natur und Menschheit.

Wunderbar zu lesen!

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Veröffentlicht am 08.05.2021

Was, wenn die Pest zurück ist?

Patient Null - Wer wird überleben?
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Nach dem Abbruch einer Abtei soll auf dem Gelände ein neues Gebäude entstehen. Als eine Frau dort zusammenbricht und stirbt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn die Frau hat die Pest, die längst ...

Nach dem Abbruch einer Abtei soll auf dem Gelände ein neues Gebäude entstehen. Als eine Frau dort zusammenbricht und stirbt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn die Frau hat die Pest, die längst als fast ausgerottet gilt. Immer mehr Patienten tauchen auf, und werden innerhalb kürzester Zeit dahingerafft. Das Virus scheint an mehreren Brandherden gleichzeitig aufzutreten, und so beginnt die fast unlösbare Jagd nach der Quelle: Patient Null. Der Orden, der einst in der Abtei gelebt hat, birgt ein Geheimnis: ein Ordensbruder hat ein Tagebuch, das brisante Informationen birgt, und eventuell sogar die Lösung, die die Menschheit sehr viel Überwindung kosten wird.

Daniel Kalla hat mit „Patient Null“ einen sehr spannenden Thriller geschrieben. Die Kombination der Rückblicke gepaart mit dem aktuellen Pestverlauf waren sehr gut kombiniert, und wechselten sich sehr gut ab, ohne den Lesefluss zu stören. Man konnte sicherlich ab einem gewissen Lesefortschritt die Fäden selbst zusammen fügen und doch blieb es bis zum Ende spannend. Das Setting, die Intrigen, die Charaktere fügen sich auf den knapp 400 Seiten zu einem wirklich rasanten Buch zusammen, das sich einerseits leicht lesen, dennoch keine Langeweile aufkommen lässt.

Mir fällt es etwas schwer, das Buch in eine Kategorie einzuteilen. Die historischen Rückblicke stehen einer modernen Medizin und Forschung gegenüber, aber das Buch hat auch sehr spannende Züge. Die Forschungen und Erkenntnisse, die im Kloster einst gemacht wurden mit kargen Mitteln, sind so wertvoll, dass sie Jahrhunderte später noch brandaktuell und so wichtig sind, dass es nicht nur moderne Mediziner davon profitieren können.

Kleiner Wermutstropfen: eine solche Krankheitswelle trotz Hilfe aus verschiedensten Bereichen in einer Woche einzudämmen, halte ich für doch etwas überzogen.

Zugegeben, ich hadere mit dem Cover, welches mich – nachdem ich das Buch gelesen habe – noch weniger anspricht als am Anfang. Es trifft leider nicht für mich den Charakter des Buches und ist für mich nicht ansprechend, was der Klappentext wett machen konnte.

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Veröffentlicht am 27.04.2021

Herrlich amüsant

Das NEINhorn
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Es gibt sie, diese Bücher, die man ständig und überall sieht, und man zweifelt, ob es das richtige Buch für einen ist. So durfte beim letzten Bibliotheksbesuch das Buch „Das NEINhorn“ von Marc-Uwe Kling ...

Es gibt sie, diese Bücher, die man ständig und überall sieht, und man zweifelt, ob es das richtige Buch für einen ist. So durfte beim letzten Bibliotheksbesuch das Buch „Das NEINhorn“ von Marc-Uwe Kling mit. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Einhörner sind bunt, superflauschig, sie sind schnickeldischnuckelig süß. Und auch kleine Einhörner können schlechte Laune haben. So wird aus dem kleinen niedlichen Einhorn ein Neinhorn, weil es zu allen tollen Ideen Nein sagt. Weil ihm seine fröhliche Familie total auf den Keks geht, flüchtet das Neinhorn. Auf seiner Reise trifft das Neinhorn auf neue Freunde, z. B. auf den Was(ch)bären, der schlecht hört (oder einfach nur schlecht hören will). Die beiden trotten weiter in Richtung Nirgends, wo sie auf den Nahund treffen, dem scheinbar alles egal ist. Das Trio wird schließlich noch von einer bockingen KönigsDOCHter komplettiert, und so können alle zusammen ihrer schlechten Laune frönen.

Wer hier aber ein total schlecht gelauntes Buch erwartet, liegt komplett falsch. Mark-Uwe Kling spielt gekonnt mit der deutschen Sprache: aus einem Biber wird ein immer frierender Bibber, es gibt einen Regenwurm, der zu einem Gegenwurm mutiert, einen Egaal oder sogar eine Heule. Mein absoluter Favorit: Der Schnarcheopteryx. Zudem sind die Illustrationen wirklich sehr gelungen.

Wer selber schlechte Laune hat oder ein trotziges Kind, wird sich hier in diesem Buch wieder finden. Und: meine schlechte Laune war definitiv weg. Herrlich!

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Veröffentlicht am 27.04.2021

Nichts für schwache Nerven

Sprich mit mir
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An einer Universität werden für ein Studienprojekt studentische Hilfskräfte gesucht für ein Forschungsprojekt an Affen. Die Studentin Amie bekommt den Job, und kümmert sich fortan um den Schimpansen Sam. ...

An einer Universität werden für ein Studienprojekt studentische Hilfskräfte gesucht für ein Forschungsprojekt an Affen. Die Studentin Amie bekommt den Job, und kümmert sich fortan um den Schimpansen Sam. Dieser soll mittels Gebärdensprache mit seinem Umfeld kommunizieren. Dass hier die Bindung immer stärker wird, bleibt nicht aus. Als die Projektleitung beschließt, das Projekt nicht mehr weiter zu fördern, entführt Amie den Schimpansen, und flüchtet mit ihm.

In „Sprich mit mir“ spricht T. C. Boyle Themen an, aus denen der Mensch immer noch nichts gelernt hat. Nicht nur, dass Tiere – egal welcher Art – als Haustiere gehalten werden, vermenschlicht und komplett krank gezüchtet, nein, der Mensch forscht an Tieren, um seinen eigenen Vorteil auszubauen. In Laboren werden Tiere gehalten, an ihnen geforscht, und oft genug achtlos misshandelt. Während ich das Buch gelesen habe, fühlte ich, als wäre mir der Spiegel vor die Augen gehalten worden. Artenschutz, Forschung, Klimakrise, Lebensmittelindustrie: Die Liste der „Probleme“ ist lang, und noch lange nicht gelöst. Skandale in der Lebensmittelindustrie reihen sich an Nachrichten, bei denen wieder unzählige Tiere am Straßenrand oder im Tierheim abgegeben werden, ganz davon zu schweigen, dass manche Tiere – wie Affen – einfach nichts in einem kleinen Wohnraum nichts zu suchen haben. Tiere werden krank gezüchtet, und in der Forschung sind Tiere als Objekte immer noch nicht wegzudenken.

T. C. Boyle hält dem Leser den Spiegel vor: die Geschichte von Sam und Allie ist eine, bei der man an vielen Stellen nachdenklich wird. Wie weit sollte Tierliebe gehen? Gehört es zum Tierschutz dazu, ein Tier nur dann zu halten, auch wenn man es artgerecht halten kann? Was können wir als Leser dafür tun, um Lebensmittelskandale zu vermeiden? Oder z. B. den Teil der Forschung an Tieren für Kosmetika zu verringern? Auch eine Frage, die ich mir immer wieder in diesem Zusammenhang stelle: viele Menschen möchten sich dem Risiko nicht aussetzen, neue Medikamente, die noch nicht auf dem Markt sind, an sich auszuprobieren. Stattdessen werden dafür Tiere verwendet. Eine Frage, dir mir sehr nachgeht.

Mit „Sprich mit mir“ hat T. C. Boyle ein Werk erschaffen, das aktueller nicht sein könnte. „Sprich mit mir“ hat für mich nicht nur die Bedeutung, dass die Kommunikation zwischen Tier und Mensch funktionieren kann, sondern es ist für mich Grund genug, über solche wichtigen Themen zu reden. Tierschutz darf weder im kleinen noch im großen Kontext unter den Tisch fallen.

Sehr lesenswert, wenn auch nichts für schwache Nerven.

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