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Veröffentlicht am 04.11.2024

Idee zu komplex

Immortal Longings
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Die grandiosesten Geschichten werden aus innovativen Ideen und einem phänomenalen Worldbuilding geschaffen. Genau das erhoffte ich mir nach dem Klappentext zu Chloe Gongs 'Immortal Longings'.

Schnell ...

Die grandiosesten Geschichten werden aus innovativen Ideen und einem phänomenalen Worldbuilding geschaffen. Genau das erhoffte ich mir nach dem Klappentext zu Chloe Gongs 'Immortal Longings'.

Schnell merkte ich, dass es kein Buch für zwischendurch ist. Ich musste mich darauf einlassen, mir Zeit und Konzentration für diese komplexe Idee nehmen. Die Bewohner der Stadt San-Er können in die Körper anderer Leute springen. Eigentlich ist dies illegal, doch zu den jährlichen Tötungsspielen dürfen die Teilnehmer sich das Springen zunutze machen.

Zunächst klang die Idee wie etwas, was ich nie zuvor gehört hatte. Doch mit dem Fortschreiten des Buches eröffnet sich mir nur zahlreiche Fragezeichen und Logiklücken. Jede Szene musste ich hinterfragen, wichtige und spannende Infos kamen einfach nicht. Das Moralsystem ging Hand in Hand mit dem Springen und auch hier schien sich weder die Protagonistin, noch das Volk so ganz einig zu sein. Unsere Protagonistin lebt dafür, den König zu stürzen. Sie würde über Leichen gehen, aber gibt sich gleichzeitig als die empathische Prinzessin, die das Volk versteht und es retten möchte, während sie unter einer eiskalten Maske ein Blutbad nach dem nächsten forciert.

Hinzu kommt eine Liebesgeschichte. Meiner Meinung nach wieder völlig unnötig für die Idee selbst, aber die Autorin spinnt die Geschichte so, dass die Liebe essentiell wird. Leider ist diese fernab von glaubwürdig. Die Protagonistin Calla zeigte noch nie in ihrem Leben Gefühle, aber auf einmal tut sie dies von heute auf morgen. Zwischen Blut und Kampf. Mit schwersten Verletzungen werden Sexszenen inszeniert, die mich nicht abholen konnten. Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut und bin neugierig drauf, ob meine Fragen sich in einem Folgeband aufklären würden.

Der Schreibstil ist großartig. Mitreißend, spannend, gut strukturiert. Doch die Idee der Autorin scheint mir etwas zu komplex und trifft wahrscheinlich auch nicht das Mindset der westlichen Welt.

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Veröffentlicht am 13.10.2024

Balsam für das Herz

Das Archiv der Herzschläge
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Wie schlug mein Herz, als ich dieses Buch begonnen und wie, als ich es beendet habe? Vielleicht ruhig und friedlich, wie der Inhalt es ihm vermittelt hat.

Nach dem Tod seiner Mutter zieht Shūichi übergangsweise ...

Wie schlug mein Herz, als ich dieses Buch begonnen und wie, als ich es beendet habe? Vielleicht ruhig und friedlich, wie der Inhalt es ihm vermittelt hat.

Nach dem Tod seiner Mutter zieht Shūichi übergangsweise wieder in das Haus seiner Kindheit. Sein Herz hat schon früh anders geschlagen, als das der Meisten. Ein Herzfehler drängt ihn zur ständigen Überprüfung seines Herzschlages. Immer im Rhythmus. Egal in welcher Sprache. Doch Schicksalsschläge meinen es nicht gut mit Shūichis Herzen und so verliert es seinen Takt, als ihm alles genommen und das Broken Heart-Syndrom gegeben wird. Zurückgezogen begegnet ihm der kleine Kenta und so beginnt eine Reise zum Shinzō-on no Ākaibu. Zum Archiv der Herzschläge.

Es brauchte nur wenige Worte um zu erkennen, dass mich dieses Buch in eine wohlig warme Decke hüllen würde. Der Leser verfolgt Shūichis Gegenwart, aber auch seine Vergangenheit und immer wieder lernte ich etwas neues über das Herz und wie es schlägt. Mir erschloss sich ein Bewusstsein, über die Unmöglichkeit des Herzens. Darüber, wie es in jeder Situation anders arbeitet, sich anpasst. Messina beschreibt auf eine sanfte Art das Leben und legt ihre Worte wie Balsam über mein Herz. Dieses Buch öffnet eine Sichtweise aufs Leben, die mit Schmerz und nicht trotz Schmerz auskommt und vielleicht eröffnet es einem, dass das Leben nur mit Trauer auskommt und man das Wesen seiner selbst verpassen wird, wenn man diesen Teil in sich selbst unterdrückt.

Das Archiv der Herzschläge gibt es wirklich. Wer möchte, kann dort hinreisen und seinen Herzschlag in ein System mit vielen anderen einpflegen lassen. Vielleicht wäre es eine Reise zu einem selbst, vielleicht auch nur der Wunsch nach Unendlichkeit. Messinas Werk jedenfalls verdient deutlich Aufmerksamkeit und Verständnis. Eine ganz klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Selbstreflexion durch Erdkunde

Zwei in einem Leben
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"Zwei in einem Leben" ist ein Roman über Entschleunigung und Selbstfindung. Die Zeilen lesen sich beruhigend, harmonisch und haben dennoch einen gewissen Biss. Mit kleinen Anekdoten und Witzen bringt uns ...

"Zwei in einem Leben" ist ein Roman über Entschleunigung und Selbstfindung. Die Zeilen lesen sich beruhigend, harmonisch und haben dennoch einen gewissen Biss. Mit kleinen Anekdoten und Witzen bringt uns Nicholls das Leben näher. Die Hürden, die von den Wenigsten als echtes Problem angesehen werden und gleichzeitig so viel in uns auslösen: Einsamkeit, fehlende Freundschaften, getrennte Partnerschaften. Unsere Protagonisten gehen auf Wanderschaft. Nicht nur durch ihr Leben, sondern von Küste zu Küste. Dabei hatte Marnie das im Gegensatz zu Michael gar nicht geplant. Erfrischend echt empfand ich dabei, wie schwer ist das Wandern zunächst viel. Regelmäßig wurde geflucht, denn für diejenigen, die nicht regelmäßig tagelang über Berge wandern, ist das die Realität. Marnie und Michael lernen sich Stück für Stück näher kennen. Es ist kein augenöffnender Spaziergang, auf dem sich beide ihr Herz ausschütten. Wohl eher eine Annäherung in kleinen Schritten und das Fassen von Mut und Vertrauen. Die beiden Wandern sich Schritt für Schritt ins reale Leben zurück. Entkoppeln und besinnen sich auf die Wünsche ihrer Herzen. Es ist keine Kehrtwende um 180 Grad, es sind jede Menge kleiner Schritte. Es ist die pure Realität, die hier in den schönsten Tönen abgebildet wird. Das Buch kann ich jedem empfehlen, der es langsam mag, denn Schnelligkeit oder Drama gibt es nur wenig. Es ist ein Buch, welches auch mal von seinen Längen lebt. Und vor allem lässt es jede Menge Raum für Interpretationen. Nicht nur die Protagonisten lernen sich besser kennen, auch der Leser beginnt das Leben zu reflektieren, die Situationen, in denen man vermeintlich gefangen ist und die Optionen, die sich einem öffnen, wenn man aus der Komfortzone ausbricht.
Ein berührender und ergreifender Roman, der mich sicherlich noch öfters zu Büchern von Nicholls greifen lässt.

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Veröffentlicht am 24.09.2024

Kampf der Naturgewalten

Der Spiegel des Drachen - Weltenwandel
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Mit "Der Spiegel des Drachen" halte ich das erste Buch von April Wynter in den Händen und schon jetzt ist klar: Es wird nicht das letzte sein.
Obwohl es ein Einzelband ist, schafft Wynter einen ausgefeilten ...


Mit "Der Spiegel des Drachen" halte ich das erste Buch von April Wynter in den Händen und schon jetzt ist klar: Es wird nicht das letzte sein.
Obwohl es ein Einzelband ist, schafft Wynter einen ausgefeilten Weltenbau, indem sie durch mehrere Erzählperspektiven unterschiedliche Orte und Lebensweisen beleuchtet. Es gibt den Leibwächter, die Assasine, den Tierflüsterer und die Konkubine und sie alle haben eine gemeinsame Mission: Den Drachen zu finden, der das Weltenportal hütet. Oder ist die Mission doch eine ganz andere?
Das Wetter spielt verrückt. In unserer Welt würden wir sagen: Der Klimawandel ist real. Erdbeben und Überschwemmungen zwingen das Land in die Knie und sorgen für einen unumgänglichen Untergang. Aktuelle Themen unserer Erde werden oft von der Autorin benannt. Es geht um Natursterben, Klimawandel, aber auch Tierleid. Durch die Kürze des Buches bleiben die Themen vage angerissen. Die Protagonisten wollen dies verhindern, dabei ziehen sie gar nicht so klar an einem Strang, misstrauen sich und haben sich regelmäßig in der Wolle. So wie ich es von Fremden erwarte. Kein harmonischer Einklang von Anfang an. Dafür forciert Wynter eine Liebesgeschichte, die sich für mich nicht ganz erschloss. Bis Ende dachte ich, dass diese gänzlich weg bleibt - und freute mich darüber bereits - als dann doch ein willkürliches Aufflammen der Gefühle entstand. Dennoch empfand ich jeden Charakter als einzigartig. Die Beweggründe aller erschloss sich und ihre Prioritäten gingen über das Buch hinweg nicht verloren.
Das Finale spitzt sich relativ früh zu. Drama und Spannung ließen mich durch die Kapitel gleiten, ließen mich mit fiebern. Die Geschichte rund um das Weltenportal und die verschiedenen Welten gefiel mir ausgesprochen gut. Jedoch hatte ich das Gefühl, dass das Ende einige Logikfehler mit sich brachte - vielleicht habe auch ich es einfach nicht verstanden.

Zuletzt liebe ich es, wenn ich am Anfang einer Geschichte noch nicht weiß, wer lebend aus dem Abenteuer wieder rauskommt. Die besten Fantasy-Autor*innen sind die, die es übers Herz bringen, ihre Lieblinge um die Ecke zu bringen. Definitiv eine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 28.08.2024

Ein Rausch durch die Zeit

Das Wesen des Lebens
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Es kommt einer Kunst gleich, Sachbücher so auf Papier zu bringen, dass sie weder trocken, noch langweilig für den Leser werden. Iida Turpeinen hat dies glanzvoll mit "Das Leben des Wesens" geschafft.
Mit ...

Es kommt einer Kunst gleich, Sachbücher so auf Papier zu bringen, dass sie weder trocken, noch langweilig für den Leser werden. Iida Turpeinen hat dies glanzvoll mit "Das Leben des Wesens" geschafft.
Mit einer Symbiose aus überlieferter Erzählung und Vorstellungskraft, haucht Turpeinen ausgestorbenen Lebewesen wieder Atem ein. Sie erschafft Faszination für die Welt, die einst war und nie wieder so sein wird.

In "Das Wesen des Lebens" wird das Aussterben verschiedenster Lebewesen thematisiert. Im Vordergrund steht hierbei die Stellersche Seehkuh, die ihren Namen ihrem Entdecker zu verdanken hat. Einst als größte Seekuh der Meere, schwamm sie gemächlich und ruhig durch die Tiefen des Wassers, doch jeder Teil an ihr war wertvoll. Damals war den Menschen gar nicht bewusst, dass sie für das Ausrotten einer Art verantwortlich sein könnten. Für mich war die Entwicklung spannend zu lesen. Mit jeder Seite stieg das Bewusstsein der Forscher über die Taten der Menschen. Detailliert wird geschildert, wie verschiedenste Menschen, Umstände und Handlungen entlang eines roten Strangs zu einem spezifischen Ereignis führen können und wie wenig daran geändert werden müsste, um den Lauf der Dinge komplett zu verändern. Der Roman wirkt sehr gut recherchiert und man bekommt einen erfrischend knackigen Rückblick in die Entwicklung der Tiere allgemein. Vom Meer zum Land und wieder zurück. Ich wusste nicht, dass dieses Thema so spannend sein kann, doch von diesem Buch kam ich kaum los. Deswegen kann ich es für jedermann empfehlen, denn vielleicht überrascht es euch genau wie mich.
Am Ende findet sich die kleine Anmerkung: Während der Roman geschrieben wurde, sind 374 Arten ausgestorben. Wenn uns das nicht zu denken gibt, was braucht es mehr?

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