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Veröffentlicht am 29.09.2024

Menschliche Abgründe im kalten Schweden

Wintersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 2)
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Rasant, eiskalt und brutal - so lässt sich "Wintersonnenwende", der Nachfolgeband von "Sommersonnenwende" zusammenfassen.
Von Anfang an erzeugt das Autorenduo Spannung, die bis zum Ende hochgehalten wird, ...

Rasant, eiskalt und brutal - so lässt sich "Wintersonnenwende", der Nachfolgeband von "Sommersonnenwende" zusammenfassen.
Von Anfang an erzeugt das Autorenduo Spannung, die bis zum Ende hochgehalten wird, um dann in einem packenden Höhepunkt zu gipfeln.


Erzählt aus wechselnden Perspektiven, darunter auch die der jungen Frau, die vom ersten Tatort flieht, taucht man in eine geheimnisvolle Mördersuche ein.
In der Silvesternacht von 1994 wird ein ehemaliger Beamter der schwedischen Geheimpolizei erschossen. Zunächst übernimmt die schwedische Geheimpolizei die Ermittlungen, doch Tomas und Zingo ermitteln weiter. Auch Vera betreibt Nachforschungen in dem Fall. Gleichzeitig beginnt sie aber auch herauszufinden, was es mit Kristians Verschwinden auf sich hat und welche Rolle sein Bruder Tomas dabei spielt. Die Spur im Falle des getöteten Beamten führt beide ins Rotlichtmilieu, auf den tschechischen Straßenstrich und in die Welt der Geheimdienste. Nach einer weiteren brutal gefolterten Leiche versorgen Tomas und Vera sich gegenseitig mit Informationen, um den Mörder zu stoppen.


Dank kurzer Kapitelabschnitte und unterschiedlichen Perspektiven fliegt man regelrecht durch die düstere Geschichte. Neue Hinweise auf den Mörder und überraschende Entwicklungen tragen ihren Teil dazu bei.
Von Beginn an wird hierbei deutlich, dass "Wintersonnenwende" nichts für Zartbesaitete ist, sind doch die gewaltvolle Ausbeutung der Prostituierten, Drogenabhängigkeit und seelische Traumata Themen der Handlung. So plagen Vera Schuldgefühle, weil sie nicht für Sigge da ist und Tomas ist ein seelisches Wrack.
All dies wird in "Wintersonnenwende" stimmungsvoll und geradlinig erzählt. Der Handlungsverlauf ist gezeichnet durch menschliche Abgründe und Gewalt, hoffnungsvolle Momente sind rar gesät.

Zum Ende hin wollen die Autoren leider etwas zu viel auf einmal und sorgen so dafür, dass die Glaubwürdigkeit der gut konstruierten und erzählten Handlung etwas leitet.

Wer schon Gefallen am ersten Band gefunden hat, wird auch seine Freude mit "Wintersonnenwende" haben.
Der Cliffhanger am Ende macht zudem neugierig auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 22.09.2024

Ruhig erzähltes Porträt eines Deserteurs

Und später für immer
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"Und später für immer" von Volker Jarck ist ein atmosphärisch verdichteter Roman, der in den letzten Wochen des 2. Weltkrieges spielt.

Gegenstand der Handlung ist der junge deutsche Soldat Johann, der ...

"Und später für immer" von Volker Jarck ist ein atmosphärisch verdichteter Roman, der in den letzten Wochen des 2. Weltkrieges spielt.

Gegenstand der Handlung ist der junge deutsche Soldat Johann, der als er mit seiner Einheit nahe seiner Heimat stationiert wird, desertiert. Unterschlupf findet er auf dem Heuboden des Hofes seiner Tante und seines Onkels. Während er sich dort versteckt, taucht man in seine Gedanken- und Gefühlswelt ein, die stark von seiner Liebe zu seiner Frau Emmy beherrscht wird. Er hofft so bald wie möglich zu ihr zurückzukommen und seinen Nachwuchs zum ersten Mal mit eigenen Augen zu sehen. Die Briefe von Emmy sowie seine Briefe an ihr halten seine Hoffnung hoch, bis eines Tages ein junges Mädchen aus der Nachbarschaft ihn entdeckt und seine Angst vor Entdeckung und Verrat wiederaufleben lässt.

Erzählt anhand von Rückblenden an seine Zeit als Soldat und mittels der Briefe an und von Emmy wird ein umfassendes Bild von Johann gezeichnet.

Stellenweise liest sich der 200 Seiten dünne Roman wie ein Kammerspiel. Vergangene Ereignisse werden nur im Vorübergehen gestreift, wodurch außer Johann andere vorkommenden Charaktere blass bleiben.

Der Roman lebt vor allem von seiner eindrücklichen Sprache. Unaufgeregt und mit wenigen Worten weckt der Autor ein stimmungsgeladenes Bild von Johann und seiner Umgebung.

Die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Emmy hält den Spannungsbogen des Romans hoch, weshalb das abrupte Ende einen mit gemischten Gefühlen zurücklässt.

Etwas mehr Seiten hätten dem packend und stimmungsvoll dichten Roman sicher gutgetan.

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Ein ungleiches Ermittlerduo und eine komplexe Handlung sorgen für Spannung

Tode, die wir sterben
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"Tode, die wir sterben" ist ein vielschichtiger und stimmungsvoll geschriebener Krimi, der dank seiner komplexen Handlung und seinem interessanten Ermittlungsteam zu fesseln weiß.

Zu Beginn des flüssig ...

"Tode, die wir sterben" ist ein vielschichtiger und stimmungsvoll geschriebener Krimi, der dank seiner komplexen Handlung und seinem interessanten Ermittlungsteam zu fesseln weiß.

Zu Beginn des flüssig geschriebenen Krimis lernt man die beiden unterschiedlichen Ermittler, den Kommissar Jon Nordh und die Ermittlerin Svea Karhuu kennen und taucht zunächst in deren Privatleben ein. Nordh ist nach dem Unfalltod seiner Frau alleinerziehender Vater und hat schwer mit dem Verlust seiner Frau und seiner neuen Rolle zu kämpfen. Svea hingegen hat bei einem Undercover-Einsatz einen Polizeibeamten getötet und steht seitdem auf der Abschussliste.
Als ein 13-jähriger Junge in einem Brennpunktviertel in Malmö erschossen wird, deutet zunächst alles darauf hin, dass er ein weiteres Opfer der dortigen rivalisierenden kriminellen Banden ist. Die Polizei steht unter Druck. Nordh und Karhuu sollen zusammen in dem Fall ermitteln.
Beiden bleibt nicht viel Zeit miteinander warmzuwerden, denn schon bald gibt es das nächste Opfer und im Laufe ihrer Nachforschungen, kommt ihnen der Verdacht, dass hier nicht um Konflikte zwischen Banden geht.

Abwechselnd erzählt aus der Perspektive von Nordh und Karhuu, gelegentlich unterbrochen von Passagen aus Sicht eines Freundes des getöteten 13-Jährigen, gewinnt man schnell einen Eindruck von den beiden Protagonisten.
Besonders zu Beginn erweckt Nordh mit seiner rücksichtslosen Art hierbei keinen wirklichen sympathischen Eindruck und machte es mir auch etwas schwer in die Handlung hineinzukommen.
Zudem steht auch mehr die Personenentwicklung zu Beginn des Krimis mehr im Vordergrund als die Handlung an sich, wodurch es zunächst etwas an Spannung fehlt. Doch mit zunehmender Seitenlänge und steigender Anzahl an Toten nimmt die Handlung an Fahrt auf und entwickelt sich zu einem vielschichtigen und spannenden Krimi. Auch die kurz gehaltenen und der eingängige Schreibstil tragen ihren Teil dazu bei.
Mit Themen wie schwedische Bandenkriminalität, Rassismus und Russland enthält der Krimi auch eine politische und aktuelle Note.

Neben der gut konstruierten und realistisch erzählten Handlung, in der es zuweilen ziemlich rau vorgeht, kann auch die tiefgehende Personenzeichnung überzeugen.
So ist Nordh, wie bereits erwähnt, nicht gerade sympathisch und feinfühlig, aber glaubwürdig in seinem Schmerz dargestellt. Karhuus ist nach außen hart, hat aber auch einen weichen Kern.

Auch wenn der Start für das Ermittlerteam wie auch den Lesenden etwas holprig ist, entwickelt sich "Tode, die wir sterben" zu einem spannenden Krimi, der Lust auf weitere Bände des ungleichen Ermittlerduos Nord und Karhuu macht.

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Stimmungsvoll, aber zu stark verdichtet

Die Gräfin
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Kurzweilig, durchaus stimmungs- und geheimnisvoll präsentiert sich der historische Roman "Die Gräfin" von Irma Nelles, der auf wahren Personen und Ereignissen fußt.
Erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven ...

Kurzweilig, durchaus stimmungs- und geheimnisvoll präsentiert sich der historische Roman "Die Gräfin" von Irma Nelles, der auf wahren Personen und Ereignissen fußt.
Erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven und über den Zeitraum von sechs Tagen taucht man auf der Hallig Südfall in Nordfriesland in das von den Gezeiten geprägte Leben der "Hallig"-Gräfin, ihren Bediensteten und eines abgestürzten britischen Piloten zur Zeit des 2. Weltkrieges ein. Auf knapp 180 Seiten schafft die Autorin es hierbei, ein umfassendes Bild der 80-jährigen Gräfin zu erzeugen. Man erfährt, warum sie zurückgezogen auf der Hallig lebt und welche Rolle sie im Hallig-Leben spielt, das durch den Absturz des britischen Piloten John gestört wird.

Insgesamt lässt mich der Roman "Die Gräfin" leider etwas unbefriedigt und mit gemischten Gefühlen zurück.
Gut gefallen hat mir zunächst der atmosphärische Schreibstil, der zwar anfangs etwas zu beschreibend ist, aber dem es trotzdem gelingt, ein glaubhaftes Bild der Charaktere und der Lebensbedingungen auf der Hallig zu zeichnen. Dazu tragen auch Dialoge im dortigen Dialekt bei. Auch die Geschichte an sich ist interessant.
Bedingt durch das Springen zwischen verschiedenen Charakterperspektiven bekommt man eher eine Außensicht auf die verschiedenen Charaktere als eine Innenansicht. Auch werden viele Sachen nur angedeutet oder im Vorbeigehen erwähnt, sodass manche Handlungsstränge nicht wirklich ihr Potenzial entfalten können, wie z.B. die Gefahr durch Spitzel für die Gestapo, die Vergangenheit der Gräfin oder die von John. Besonders zum Ende hin passiert ziemlich viel und vieles fügte sich zu nahtlos zusammen, sodass die inhaltliche Tiefe immer mehr verloren geht.

Man streift so nur für sechs Tage das Leben der Gräfin, des Piloten und der weiteren Bewohner der Hallig, was Schade ist.
Alles in allem habe ich mir einfach mehr erwartet.

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Die Geschichte einer Mörderin - Spannung pur!

Yoko
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Was "Yoko" von Bernhard Aichner definitiv nicht kennt, ist Erbarmen, und zwar in zweierlei Hinsicht.
Zum einen zeigt die gleichnamige Protagonistin Yoko kein Erbarmen auf ihren Rachefeldzug und zum anderen ...

Was "Yoko" von Bernhard Aichner definitiv nicht kennt, ist Erbarmen, und zwar in zweierlei Hinsicht.
Zum einen zeigt die gleichnamige Protagonistin Yoko kein Erbarmen auf ihren Rachefeldzug und zum anderen lässt der Thriller den Lesenden keine Zeit zum Durchatmen.

Vom ersten Satz an zieht der Autor einen tief in die Handlung und die Gedanken und das Leben von Yoko. Schlag auf Schlag folgt Ereignis auf Ereignis, sodass man regelrecht nur so durch die Seiten fliegt. Dazu trägt auch der kurze und präzise Schreibstil des Autors bei. Ohne sich mit Nebensächlichkeiten, unnötigen Beschreibungen aufzuhalten, schreitet er in seiner Erzählung voran. Kurze Kapitel und neue Entwicklungen tragen ihr Teil dazu, dass die Spannung konstant auf hohem Niveau gehalten wird.
Auch der teils nur schwer zu ertragende bzw. verdauliche Inhalt hält einen nicht vom Weiterlesen ab.

Denn was Yoko passiert und die Folgen haben es in sich.
Yokos Leben könnte so perfekt sein, sie verdient Geld mit ihrer Manufaktur, in der sie Glückskekse herstellt und auch in Sachen Liebe läuft es gut. Bis sie bei einer Auslieferung ihrer Glückskekse einen Hund vor seinen Peinigern retten will. Was danach folgt, lässt ihre Welt aus den Fugen geraten. Sie wird zur Mörderin, die keine Gnade kennt und es dabei auch mit der chinesischen Mafia aufnimmt.

Zartbesaitet sollte man nicht gerade sein, denn Gewalt und Grausamkeiten kommen nicht zu kurz. Wenn die Manufaktur wieder zur Metzgerei wird, wird es auch makaber.

Neben der glaubhaft konstruierten Handlung ist besonders die Charakterisierung von Yoko gelungen. Es ist spannend zu lesen, wie sie sich zur Mörderin entwickelt und fiebert mit ihr mit, wenn sie auf der Spur ihres nächsten Opfers ist oder wenn sie vor der Polizei flieht. Aichner schafft es nämlich, Yokos Beweggründe so glaubwürdig darzustellen, sodass man ein Herz für eine Mörderin entwickelt.

"Yoko" war mein erstes Buch von Bernhard Aichner und wird sicherlich nicht mein Letztes bleiben!

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