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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.11.2023

All dies hätte ein gutes Buch werden können

All dies könnte anders sein
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"All dies könnte anders sein" ist voll von großen Ideen und Themen und beginnt durchaus vielversprechend, doch mit zunehmender Seitenzahl schaffte der Roman es mich immer weniger zu fesseln. Der Autorin ...

"All dies könnte anders sein" ist voll von großen Ideen und Themen und beginnt durchaus vielversprechend, doch mit zunehmender Seitenzahl schaffte der Roman es mich immer weniger zu fesseln. Der Autorin gelingt es nämlich leider nicht wirklich, mit all ihren Charakteren und Themen etwas anzufangen, vieles verbleibt an der Oberfläche, sodass der Roman als Ganzes bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte.

Zunächst fing das Buch wirklich gut an und führte die komplexe, wenn auch nervige Protagonistin Sneha ein, die ihren Weg durch ihre Sexualität, ihre soziale Klasse, ihre ethnische Zugehörigkeit, ihre Identität als Immigrantin in ihren Zwanzigern zu finden versucht. Sneha hat es während der Rezession in Amerika zu Zeiten der Obama Jahre glücklich erwischt. Sie ist nach Milwaukee in den Mittleren Westen der USA gezogen, um einen Einstiegsjob in einem Unternehmen zu finden, der, so zermürbend er auch ist, es ihr ermöglicht, ihre Rechnung zu bezahlen und ihren Eltern in Indien Geld zu schicken. Auch in ihrem Liebesleben scheint es gut zu laufen, sie geht auf Dates und bald verliebt sich Sneha in die Tänzerin Marina. Doch dann fängt es an in ihrem Leben alles nicht mehr so gut zu laufen wie am Anfang.

Das alles wird anschaulich dargestellt, man erhält einen Eindruck vom Leben im Mittleren Westen und die Dialoge weisen durchaus Wortwitz und inhaltliche Tiefe auf. Lesen lässt sich, dank des lockeren und lebendigen Schreibstils der Roman, zudem auch leicht und schnell.
Doch umso mehr Charaktere und Themen eingeführt werden, desto schneller verliert die Handlung ihren anfänglichen Reiz.
Die Geschichte fängt an zu mäandern. Am Schluss verbleibt einfach so vieles unvollendet und wartet darauf zufriedenstellend zu Ende gebracht zu werden. Da ich aber schon ab etwa der Hälfte das Interesse zunehmend verloren haben, war mir es ehrlicherweise auf den letzten Seiten auch zunehmend egal, welche Richtung die Handlung nimmt.
Dazu kommt noch, dass die Charaktere in ihrer Beschreibung und in ihrer Interaktion miteinander ziemlich oberflächlich sind. Sneha und die meisten anderen Figuren sind schwer zu liebende Charaktere, sie sind nicht perfekt und haben ihre Macken.
Unvollkommene Charaktere haben durchaus ihren Reiz, aber auch, nur wenn sie die nötige Tiefe und Komplexität besitzen. Beides fehlt hier, so fällt es einem schwer, sich zu verstehen und auf Dauer nerven sie eher.

"All dies könnte anders sein" ist ein Buch, das, wenn es anders in seiner inhaltlichen Konzeption anders gewesen wäre, besser hätte sein können, so bleibt es trotz interessanter Prämisse wenig in Erinnerung.

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Wie spannende Spionagethriller schreiben geht

Wie Sterben geht
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„Wie Sterben geht“ von Andreas Pflüger ist ein spannender Spionagethriller, der einen beim Lesen direkt in die 80er-Jahre zu Zeiten des Kalten Krieges versetzt und glaubhaft Wahrheit und Fiktion miteinander ...

„Wie Sterben geht“ von Andreas Pflüger ist ein spannender Spionagethriller, der einen beim Lesen direkt in die 80er-Jahre zu Zeiten des Kalten Krieges versetzt und glaubhaft Wahrheit und Fiktion miteinander vermischt.

Auch wenn es die Zeit des Kalten Krieges ist, geht es schon zu Beginn heiß her.
Die Glienicker Brücke wird in die Luft gesprengt, wodurch ein geplanter Agentenaustausch scheitert. Infolgedessen wird die Analystin des BND, Nina Winter, zur Spionin ausgebildet, und zwar quasi im Schnelldurchlauf. Nun heißt es Schreibtisch ade für Nina und hallo Spionagetätigkeit in Moskau. Man folgt ihr wie sie innerhalb von zwei Monaten das Handwerk einer guten Spionin lernt. Schnell hat sie sich jedoch auch mit Motte, einen gefährlichen und skrupellosen russischen Agenten, einen Feind gemacht. In all dem ganzen Spiel aus Täuschung, Betrug, Macht und Vertrauen, darf die Liebe natürlich auch nicht fehlen.

Alles Zutaten für einen fesselnden Spionagethriller und das ist „Wie Sterben geht“ auch. Szene voller Action wechseln sich mit ruhigeren Passagen ab, um dann wieder Vollgas zu geben. Der Spannungsbogen wird so konstant hochgehalten.
Dank des bildhaften und atmosphärischen Schreibstils Pflügers, bekommt man einen guten Eindruck von den Handlungsschauplätzen sowie den Charakteren. Nina Darstellung als toughe Topspionin schießt manchmal vielleicht etwas über das Ziel hinaus, klischeehaft wird es jedoch nie. Die Grautöne in einer Welt voller Misstrauen und Täuschung sind spürbar.
Manchmal lässt der Schreibstil in seiner direkten und klaren Art, an ein Drehbuch erinnern, was man mögen muss.

Fans von packenden Agententhrillern werden hier definitiv auf ihre Kosten kommen.
„Wie Sterben geht“ bietet nicht nur spannende Action, sondern auch inhaltlich eine glaubhafte und gut konstruierte Geschichte vor dem Hintergrund des Kalten Krieges.

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Veröffentlicht am 26.09.2023

Kriminalroman ohne richtige Ermittlung

Die Akte Madrid
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Wer schon den ersten Teil der Lomberg-Reihe gelesen hat und Gefallen daran gefunden hat, weiß, dass einem eine spannende Mischung aus Krimi, Kunst- und Zeitgeschichte erwarten kann. Der zweite Band "Die ...

Wer schon den ersten Teil der Lomberg-Reihe gelesen hat und Gefallen daran gefunden hat, weiß, dass einem eine spannende Mischung aus Krimi, Kunst- und Zeitgeschichte erwarten kann. Der zweite Band "Die Akte Madrid" konnte mich jedoch im Vergleich zum ersten Teil nicht komplett überzeugen.

Wie schon im ersten Band spielt die Handlung an verschiedenen Schauplätzen, mit Rückblicken in die Vergangenheit. Dank der wechselnden Erzählperspektiven und relativ kurzen Kapitelabschnitten, wird von Anfang das Interesse an der kurzweilig und mehr oder weniger spannenden Kriminalgeschichte hochgehalten.
Gleich zu Beginn wird man Zeuge, wie eine Frau und ein drogenabhängiger Mann in den 80er-Jahren in Madrid getötet werden, um dann ein Kapitel später zu erfahren, dass im Jetzt ein Gemälde aus der Zeit des Surrealismus gestohlen wurde, dessen Besitzer der deutsche Verteidigungsminister ist. Lennard Lomberg bekommt den Auftrag, das Gemälde zu finden. Schnell wird klar, dass hinter dem Diebstahl des Gemäldes und wie es in die Hände des Verteidigungsministers gekommen ist, sich politische und kriminelle Verstrickungen verbergen, die bis weit in die NS-Zeit und die Franco-Diktatur in Spanien zurückgehen und noch in die Gegenwart wirken.

Alle Zutaten für einen spannenden Kriminalroman sind gegeben, doch so richtig sprang der Funke diesmal bei mir nicht über. Es ist zwar kurzweilig geschrieben, aber insgesamt ist der Erzählton mir zu beschreibend. Beim Lesen hatte ich eher das Gefühl, dass mir der Kriminalfall "erzählt" wird anstatt dass ermittelt wird. Der Fall scheint sich fast von allein zu lösen, ohne dass die eigentliche Ermittlung, die an sich das spannende Element in einem Kriminalroman ist, eine besondere Rolle gespielt hätte. Im Vordergrund steht eher die Erzählung einer interessanten (fiktiven) Geschichte politischer Verstrickungen zwischen Deutschland und Spanien, besonders zur Zeit der Franco-Diktatur. Auch der Kunstaspekt kam mir ein bisschen zu kurz. Es wurde zwar ein Gemälde des Surrealismus geklaut und es gab Rückblicke in dessen Geschichte, aber so richtig greifbar wurde seine Bedeutung im Gesamtkontext nicht. Ebenso blieb mir Lomberg als Hauptperson etwas zu blass.
"Die Akte Madrid" krankt daran, dass sie versucht zu viele unterschiedliche Handlungsstränge unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig ein logischer und spannender Kriminalfall zu sein. Zu viel Köche verderben bekanntlich den Brei.

Trotz der Schwächen in der Handlung, schafft es der Kriminalroman zu unterhalten und macht durch den Cliffhanger am Ende neugierig auf den dritten Band der Reihe.

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Veröffentlicht am 26.09.2023

Märchenhafte Arktiserzählung

Hinter der Hecke die Welt
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„Hinter der Hecke die Welt“ ist ein leicht märchenhafter Roman, der fein erzählt ist und da er vieles offenlässt, zum Nachdenken anregt.

Im Mittelpunkt des stimmungsvoll erzählten Romans steht ein antarktisches ...

„Hinter der Hecke die Welt“ ist ein leicht märchenhafter Roman, der fein erzählt ist und da er vieles offenlässt, zum Nachdenken anregt.

Im Mittelpunkt des stimmungsvoll erzählten Romans steht ein antarktisches Dorf und die Hecke, die um das Dorf wächst im Gegensatz zu den Kindern des Dorfes. Daneben gibt es noch Kapitel über die Forscherin Dora, die sich auf einem Forschungsschiff in der Antarktis befindet. Anhand kurzer Kapitel taucht man in das Leben der Dorfbewohner ein, wie sie versuchen aus der wachsenden Hecke Kapital zu schlagen. Die Hecke soll sich zum Touristenmagnet entwickeln, um so das Dorf vor dem Schrumpfen und dem wirtschaftlichen Niedergang zu bewahren.

Die kurzweilige Geschichte wird sehr bildhaft und mittels mancher Metaphern erzählt. Auch wenn der Schreibstil zuweilen etwas verknappt daherkommt, schafft die Autorin es ein lebendiges Bild der Charaktere und der Landschaft zu entwickeln.
Die Vermischung von märchenhaft anmutenden mit wissenschaftlichen Elementen macht anfangs neugierig, verliert aber leider zum Ende hin etwas von ihrem Reiz. Zu viele offene Fragen blieben ungeklärt, sodass der Roman für mich etwas an Schärfe und Tiefe missen ließ. Ebenso die Handlung und seine Charaktere büßen zum Ende hin an Kontur ein. Auch werden die beiden Geschichten, die des Dorfes und die um Dora, nicht richtig miteinander verknüpft. Für sich allein sind sie interessant, aber als Ganzes bilden sie keine Einheit.
Nach einem starken Beginn, plätschert die Geschichte dann an der Oberfläche so hin, versickert dann teilweise anstatt, dass sie einem auf einer Welle der Begeisterung mitreißt.

Ohne Zweifel ist „Hinter der Hecke die Welt“ eine interessante Geschichte über Natur, Klima und liefert einen interessanten Blick auf die Arktis, der durchaus zu verzaubern weiß und zum Nachdenken anregt. Ebenfalls kann der Roman sprachlich überzeugen, aber inhaltlich wirkt er unfertig, sodass er es nicht wirklich schafft einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

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Veröffentlicht am 26.09.2023

Von Thunfischen und Menschen - Atmosphärisch dicht erzählt

Mattanza
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In "Mattanza" begleitet man eine italienische Fischerinsel mitsamt Bewohnern, wie sie beide dem Wandel der Zeit ausgesetzt sind und den aufkommenden Veränderungen versuchen mehr oder weniger erfolgreich ...

In "Mattanza" begleitet man eine italienische Fischerinsel mitsamt Bewohnern, wie sie beide dem Wandel der Zeit ausgesetzt sind und den aufkommenden Veränderungen versuchen mehr oder weniger erfolgreich zu trotzen.
Auf Katria wird seit jeher der traditionelle Thunfischfang, der Tonnarra, betrieben, und zwar traditionell angeführt vom männlichen Erbe des Rais. Doch der bleibt diesmal aus, anstatt dem langersehnten männlichen Nachfolger wird Nora geboren. Nora wird gegen den Traditionen zur Erbin des Rais und somit im traditionellen Thunfischfang ausgebildet. Mit den Jahren wächst sie als Erbin des Rais in ihre Rolle und Aufgaben hinein und schafft es, die Zweifler zu überzeugen. Das Leben auf Katria könnte seinen ruhigen und gewohnten Bahnen verlaufen, wären da nicht die Veränderungen, die auch vor Katria nicht haltmachen. So landen bald nicht nur Thunfische an der Küste der italienischen Insel an, sondern anfangs Touristen und dann später Flüchtlinge.

Ein ständiger Kampf mit und gegen die Traditionen durchzieht den Roman.
Die Autorin schafft es hierbei fesselnd und stimmungsvoll ein umfassendes Porträt der Inselbewohner, von der Protagonistin Nora und vor allem vom Meer und vom Thunfischfang zu zeichnen. Unter ihrer Feder erwacht die Insel zum Leben und man wird beim Lesen Teil dieser. Gleiches gilt auch für die Fischergemeinschaft.
Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass ein Roman über den Fischfang mich so in seinen Bann ziehen könnte, "Mattanza" hat dies aber dank seines ausdrucksstarken Schreibstils, der gut Stimmungen und Gefühle einfangen kann, geschafft.
Dank verschiedener Erzählperspektiven und der Aufteilung der Kapitel nach Jahreszahlen, beginnend im Jahr 1960 bis 2012, wird man direkt Zeuge des Wandels, der auf Katria einzieht und kann die verschiedenen Sichtweisen der Charaktere verstehen. Gerne hätte ich mir deswegen noch mehr Einblick in das traditionelle Leben auf Katria und wie es sich über die Jahre hinweg verändert, gewünscht. Teilweise war es mir nämlich zu episodenhaft erzählt, sodass leider etwas an Tiefe verloren gegangen ist. Insgesamt wurde zwar ein tolles umgreifendes Gesamtpanorama der Insel, seiner Bewohner und des Fischfangs erzeugt, aber verblieb manchmal nur an der Oberfläche. Im Gegensatz zum Meer, hat die Geschichte dadurch nicht ihre ganze erzählerische Kraft entfalten können, was schade ist, denn der bildhafte Schreibstil und die vielschichtige Handlung weiß zu begeistern. Ein paar mehr Seiten hätten dem Roman sicherlich gutgetan.

Trotz kleiner Schwächen, wusste "Mattanza" mich zu fesseln und ich bin die Welt der Fischergemeinschaft von Katria eingetaucht.

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