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Veröffentlicht am 02.08.2022

Eine Chocolaterie, die verbindet

Drei Tage im August
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In Anne Sterns Roman „Drei Tage im August“ folgt man unaufgeregt Elfie, Trude, Franz Marcus und anderen Personen drei Tage lang durch Berlin, in dem die Olympischen Spiele von 1936 stattfinden. Was alle ...

In Anne Sterns Roman „Drei Tage im August“ folgt man unaufgeregt Elfie, Trude, Franz Marcus und anderen Personen drei Tage lang durch Berlin, in dem die Olympischen Spiele von 1936 stattfinden. Was alle näher betrachteten Charaktere gemeinsam haben, ist, dass sie irgendeine Verbindung zur Chocolaterie Sawade habe. In ebenjener Chocolaterie arbeitet Elfie und sie liebt die Zeit, die sie dort verbringt, da sie so für kurze Zeit ihren schwermütigen Gedanken entfliehen kann. Als sie Madame Conte kennenlernt und mit ihr auch ein Geheimnis hinter einer Praline der Chocolaterie Sawade, werden Sehnsüchte in ihr geweckt. Sie fragt sich, ob sie ihnen folgen sollte. Für die kurze Zeit der Wettkämpfe tritt das Nazi-Regime in den Hintergrund trotzdem ist sich Franz Markus der Gefahr bewusst, die er als jüdischer Buchhändler ausgesetzt ist und stellt dementsprechend Planungen für seine Zukunft an. Verkompliziert wird seine Gefühlslage durch die aufkommenden Liebesgefühle zu Trude, eine Mitarbeiterin von Elfie.

Auf über 300 Seiten schafft es die Autorin in einen ruhigen, aber nicht minder spannenden Erzählton die Leser*innen am Leben von Elfie und den anderen handelnden Personen teilzuhaben. Man wird Zeuge ihrer Gedanken und Gefühle und wie sie versuchen, auf ihre Art und Weise in den immer dunkler werdenden Zeiten zu überleben. Der Roman lebt dabei vor allem von seiner bildlichen und atmosphärischen Sprache und seinen authentischen Charakteren, die man schnell ins Herz schließt.
Insgesamt ein toll geschriebener Roman, der beim Lesen Lust auf Schokolade macht.

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Veröffentlicht am 29.07.2022

Der Schrecken des Holodomor berührend erzählt

Denk ich an Kiew
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„Denk ich an Kiew“ ist eine emotional berührende Geschichte. Die Art und Weise, wie die Autorin die Erinnerungen ihrer Familie, Fakten und Fiktion miteinander vermischt hat, ist gut gelungen und sorgt ...

„Denk ich an Kiew“ ist eine emotional berührende Geschichte. Die Art und Weise, wie die Autorin die Erinnerungen ihrer Familie, Fakten und Fiktion miteinander vermischt hat, ist gut gelungen und sorgt für eine bewegende Lektüre. Der Roman wird durch zwei sich abwechselnden Zeitebenen erzählt, Katjas in der Vergangenheit und Cassies in der Gegenwart.

Seit Cassies Mann vor 14 Monaten bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, kämpfen ihre fünfjährige Tochter Birdie und sie darum, ihre Trauer loszulassen. Als Cassies Großmutter Bobby anfängt, unter Gedächtnisproblemen zu leiden, entscheidet Cassies Mutter, dass es das Beste für Cassie und Birdie wäre, zu Bobby mit ins Haus zu ziehen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Hier entdeckt Cassie ein auf Ukrainisch geschriebenes Tagebuch, das einige Geheimnisse der Vergangenheit zu enthalten scheint.
Die sechzehnjährige Katja hat im Leben viel vor. Sie ist Teil einer glücklichen Familie und wohnt nicht weit von ihrer Jugendliebe Pavlo entfernt. Doch als Stalins Aktivisten in ihr Dorf kommen und fordern, dass sich alle der Initiative der kollektiven Landwirtschaft anschließen, sieht die Zukunft düster aus und soll noch schlimmer kommen.

Es gibt viele Parallelen zwischen der vergangenen und der gegenwärtigen Zeitachse, wie z. B. dem Umgang mit Trauer und der Suche nach Liebe nach einem Verlust. Die Geschichten funktionieren gut synchron. Jedoch fiel die Handlung rund um Cassie im Vergleich zu der mit Katja schwächer aus, sie war zwar interessant, aber es fehlte für mich etwas an Tiefe und Emotionalität. Im Gegensatz dazu war Katjas Geschichte besonders wegen der brutalen Darstellung der Realitäten des ukrainischen Lebens unter Stalins Kollektivierungsschema teils sehr düster und bedrückend zu lesen, sie ist aber auch voll von Stärke, Mut und Hoffnung.

Alles in allem ist „Denk ich an Kiew“ von Erin Litteken ein toll geschriebener und bewegender historischer Roman mit einer zu Herz gehenden Geschichte, die auf der menschengemachten Hungersnot (Holodomor) in der Ukraine basiert, die von der Sowjetunion verursacht wurde und fast 4 Millionen unschuldige Todesopfer forderte. Besonders die fiktive Geschichte der Großmutter, die als junge Erwachsene durch den Holodomor ging, war besonders bewegend und tragisch. Es ist eine Geschichte über Stärke und Tapferkeit, und die Darstellung ihres Traumas fühlte sich sehr real an.

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Veröffentlicht am 26.07.2022

100 Jahre Leben

Violeta
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„Violeta“ von Isabel Allende ist im Wesentlichen die Geschichte von Violeta, die 1920 zu Zeiten der Spanischen Grippe in eine ziemlich reiche Familie in Chile geboren wird, und was in ihrem 100-jährigen ...

„Violeta“ von Isabel Allende ist im Wesentlichen die Geschichte von Violeta, die 1920 zu Zeiten der Spanischen Grippe in eine ziemlich reiche Familie in Chile geboren wird, und was in ihrem 100-jährigen Leben bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 alles passierte. Die Geschichte wird aus der Sicht von Violeta selbst durch Briefe an ihren Enkel Camilo erzählt. In diesen Brief berichtet sich offen und ehrlich von ihrem Aufwachsen erst in Reichtum und dann in Armut, von ihren Liebesbeziehungen, ihren Kindern und ihren Tätigkeiten und Engagements. Durch Violetas Augen nimmt man auch teil an vielen verschiedenen geopolitischen Ereignissen und wie diese Violeta und die Menschen um sie herum beeinflusst haben – von der Weltwirtschaftskrise in den 1920er-Jahren über eine Reihe von Staatsstreichen in ihrem und den Nachbarländern bis hin zu Kämpfen für mehr Frauenrechte. Die Handlung steuert dabei nicht auf einen bestimmten Höhepunkt zu, es wird einfach eine Lebensgeschichte mit all ihren Höhen und Tiefen erzählt. Wobei die erste Hälfte des Buches mir besser gefallen hat als der zweite Teil. Im zweiten Teil verschob sich der Fokus von Violeta mehr auf die politischen Ereignisse und Camilo, wodurch der Roman etwas an Tiefe und Spannung für mich verlor.

Alles in allem ist „Violeta“ einfach eine wunderschön erzählte Geschichte, die einen in den Bann zieht. Allendes Prosa ist elegant und eine Freude zu lesen.
Empfehlenswert für Fans von Isabel Allende sowie Liebhaber atmosphärischer und charakterfokussierter historischer Romane.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Tödliche Bergbesteigung - fesselnd erzählt

Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod
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Die Journalistin Cecily Wong wurde ausgewählt, um einen Sonderartikel über den angesehenen Bergsteiger Charles McVeigh zu schreiben. Der Haken an der Sache ist, dass er ihr das Interview nur gewährt, wenn ...

Die Journalistin Cecily Wong wurde ausgewählt, um einen Sonderartikel über den angesehenen Bergsteiger Charles McVeigh zu schreiben. Der Haken an der Sache ist, dass er ihr das Interview nur gewährt, wenn sie im Rahmen seiner Bergbesteigung des achthöchsten Gipfel der Welt, den Mount Manaslu, erklimmt. Dies ist die Gelegenheit ihres Lebens für Cecily. Obwohl sie die am wenigsten erfahrene Bergsteigerin in der Gruppe ist, ist sie entschlossen, sich und ihren Teamkollegen zu beweisen, dass sie den Gipfel erreichen wird. Zunächst geht alles gut. Als sie jedoch weiter den Berg hinaufsteigen, beginnen Menschen zu verschwinden und die Leichen beginnen sich zu stapeln. Gefangen auf einem Berg mit einem Mörder gibt es kein Versteck. Es ist der ultimative Kampf ums Überleben. Wird Cecily es überleben, bevor der Mörder oder die Elemente sie holen?

„Der Aufstieg“ von Amy McCulloch hat mir ziemlich gut gefallen. Als jemand, der nur wenig Ahnung vom Bergsteigen hat, fand ich, dass es der Autorin gut gelungen ist, die verschiedenen Bergsteigetechniken und Vorbereitungen für den Aufstieg zu erklären, ohne es langweilig zu machen. Auch schaffte sie es gut, die Atmosphäre am Berg einzufangen. Überzeugen konnte mich auch die eigentliche Handlung an sich. Wer jedoch einen spannenden Thriller über 400 Seiten erwartet, wird leicht enttäuscht sein, denn es handelt sich hier eher um einen Slow-Burn-Thriller, der erst zum Ende hin richtig an Fahrt aufnimmt, um dann in einem tollen Ende zu gipfeln.

Insgesamt schafft es „Der Aufstieg“ von Amy McCulloch vor allem durch seinen atmosphärischen Schreibstil und dem interessanten Setting zu fesseln und ist besonders für Leute, die Thriller und Berge mögen zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 22.07.2022

Überzeugender historischer Krimi um einen einohrigen Ermttler

Samson und Nadjeschda
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Kurz nach Sturz des Zaren ist die Lage in Kiew unsicher. Es kommt zu Straßenkämpfen und genau solch einen geraten Samson und sein Vater. Samson verliert dabei ein Ohr und sein Vater wird ermordet. Bald ...

Kurz nach Sturz des Zaren ist die Lage in Kiew unsicher. Es kommt zu Straßenkämpfen und genau solch einen geraten Samson und sein Vater. Samson verliert dabei ein Ohr und sein Vater wird ermordet. Bald findet er eine Anstellung bei der Polizei und ermittelt gleich in seinen ersten Fall, in dem es um Knochen aus echtem Silber und maßgeschneiderte Anzüge geht. Unter Anwendung ungewöhnlicher Methoden (sein abgetrenntes und aufbewahrtes Ohr spielt hierbei eine Rolle), löst er das Rätsel. Auch privat läuft es für Samson in der düsteren Zeit nicht schlecht, macht er doch Bekanntschaft mit Nadjeschda, einer jungen Frau, die weiß, was sie will.

Nach spannendem Beginn plätschert der Roman dann etwas vor sich hin und widmet sich dem täglichem (Über)leben Samsons in einem gefährlichen Kiew. Dabei beschreibt Kurkow mit ruhigem Ton nüchtern die aufgeheizte Stimmung, die jederzeit in Gewalt umschlagen kann. Die Stimmung ist eher düster. Die Krimihandlung ist hierbei eher eingebettet in die Beschreibung der Lage sowie des neue Lebens Samsons nach der Russischen Revolution und man stolpert wie Samson in den Kriminalfall hinein. Trotz alledem kann die Kriminalgeschichte durch seine Außergewöhnlichkeit und seine leicht fantastischen Elemente überzeugen. Wer auf der Suche nach einem spannenden Krimi ist, wird hier weniger fündig. Kurkows „Samson und Nadjeschda“ ist ein historischer Kriminalroman der etwas anderen Art, der von Samson lebt sowie von dem authentischen und stimmungsvollen Bild, das von der damaligen Zeit und der Bevölkerung gezeichnet wird. Ein vielversprechender Auftakt einer neuen Reihe um Samson und Nadjeschda.

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