Rezension „Ich bin Linus“ von Linus Giese
Ich bin LinusBuch: rowohlt-Verlag, 224 Seiten
Hörbuch: Lübbe Audio, ungekürzte Lesung 371 Minuten
Inhalt:
Alles begann 2017, in einer Starbucks-Filiale.
Dort nannte Linus dem Barista bei seiner Bestellung einfach ...
Buch: rowohlt-Verlag, 224 Seiten
Hörbuch: Lübbe Audio, ungekürzte Lesung 371 Minuten
Inhalt:
Alles begann 2017, in einer Starbucks-Filiale.
Dort nannte Linus dem Barista bei seiner Bestellung einfach und selbstverständlich seinen Namen, den Namen, welchen er sich selbst ausgesucht hat. Eben für ihn, als Jungen.
Mit diesem ersten Outing begann sich sein Leben in ein Davor und ein Danach zu teilen.
Mit 31 Jahren sprach Linus endlich aus, was er schon viel früher gewusst hatte: Er ist ein Mann und trans.
Doch damit kamen auch viele Hürden und Fragen in sein Leben, über die er in diesem Buch berichtet.
Welche Arztbesuche stehen an? Wie soll die Transition persönlich bei ihm aussehen? Wie reagieren die anderen Menschen auf ihn? Wie kann er andern Menschen, die trans sind, helfen?
Meinung:
Mir persönlich hat sowohl der Bericht über Linus Leben vor und nach seinem Outing sehr gut gefallen. Auch weil ich bis jetzt immer nur Geschichten von Frauen und Männern gelesen habe, welche schon im Kindes- oder Jugendalter ihr Outing hatten.
So interessierte mich der andere Blickwinkel hier nochmal besonders, denn Linus berichtet aus der Zeit, wo Kindern und Jugendliche ohne Begriffe wie trans, queer oder nicht-binär aufwuchsen und sich so nicht daran orientieren konnten.
Besonders hervorzuheben ist noch der beeindruckend offene und persönliche Stil mit dem Linus schreibt und spricht. Man spürt als Leser/Hörer die innersten Gefühle des Autors, durchlebt so Freude über Freunde und Solidarität ABER auch Leid mit.
Denn Linus schildert auch dunkle Zeiten in der Transition. Über Selbstzweifel und Hass der Andern.
Vor allem die Form des selbstgesprochenen Hörbuchs verstärkt die Nähe dazu nochmals.
Am meisten umgehauen hat mich wohl der Hass und die Verfolgung, mit denen Linus im Netz und realen Leben umgehen musste und leider noch muss.
Man spürt als Leser/Hörer das Unbehagen und die Schwere, die die Situationen für den Autor ausgelöst haben.
Neben den persönlichen Aspekten klärt Linus aber auch über Begriffe und Situationen auf. Beispiele dafür wären: Die zweite Pubertät, körperliche Veränderungen, Deadnaming, trans als Adjektiv und die Gewalt und Macht der Sprache.
Trotzdem macht der Autor mehrfach klar, dass es sich hier um SEINE Geschichte handelt, und man NIE generalisieren sollte. Denn jede Transition ist anders und individuell, wie jeder Mensch mit seinem Gefühlen und Eigenschaften eben individuell ist.
Ich nehme auch persönlich etwas mit aus dem Buch: Denn wenn alles gut, geht werde ich irgendwann einmal Ärztin sein. UND ich möchte nie, dass sich Patienten so schlecht fühlen müssen, wie Linus bei seinen Gynäkologiebesuchen.
Zum Glück gelangt man durch solche Büchern an Wissen und erhält so Menschlichkeit.
Für mich ist die wichtige Message des Buches: Verstecke die nicht, Zweifel nicht an dir oder lasse dir vorschreiben, was an dir akzeptabel ist. Du bist liebenswert so wie du bist. Schnapp dir die Menschen, die dir gut tun und lebe dein Leben.
Für mich 4 von 5 Sternen, das Hörbuch ist eine echte Empfehlung für mich.