Unerwartete Wendungen
Alegra - Das Mündel der MediciAlegra, Titelfigur des historischen Romans „Alegra, das Mündel der Medici, muss als Kind miterleben, wie ihr Vater von den fanciulli, der italienischen „Kinderpolizei“, abgeführt und hingerichtet wird. ...
Alegra, Titelfigur des historischen Romans „Alegra, das Mündel der Medici, muss als Kind miterleben, wie ihr Vater von den fanciulli, der italienischen „Kinderpolizei“, abgeführt und hingerichtet wird. Sie wächst lange im Verborgenen auf, im Hause des Malers Donatello, dessen Förderer Cosimo de Medici ist. Doch als junge Frau drängt es sie, die Welt um sie herum kennenzulernen. Aber nicht alles, was ihr widerfährt, gefällt ihr, auch wenn die Begegnung mit Fabrizio bei ihr bisher nicht gekannte Gefühle weckt. Dabei ist auch er einer der fanciulli.
Eigentlich sind die Voraussetzungen für einen opulenten historischen Roman gegeben: Liebe, Kunst, das stimmungsvolle Florenz, die Zeit der Ränke und Machtspiele unter den Medici und das spannende Phänomen der fanciulli: eine Bande Halbwüchsiger, denen es gestattet war, Menschen für ihre Sünden in dem Sinne zu bestrafen, dass sie z. B. in den Häusern Luxusgut und anrüchige Gegenstände wie die Porträts von Nackten zerstören durften oder diejenigen verprügeln konnten, die ihnen keine Almosen gaben oder zu guter Letzt Menschen, die sich wiederholt versündigten, zur Hinrichtung geleiteten.
Leider verliert sich der Roman zusehends mehr in melodramatischen Gefühlsausbrüchen, sodass bisweilen der historische Kontext ganz ins Hintertreffen gerät. Das Verhalten der Figuren ist dabei recht häufig gänzlich unmotiviert und wechselt innerhalb von Zeilen zwischen Zorn und Liebesbekundungen, Verachtungen und Verständnis usw. Im letzten Drittel wird die Verwicklung der Figurenkonstellationen immer abstruser: Totgeglaubte tauchen wieder auf, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden, Liebesbeziehungen wechseln von hetero zu bi und auch darin mehrfach zwischen den Figuren, was total unglaubwürdig wirkt. Gerade noch vor Eifersucht rasend auf den Nebenbuhler um eine Frau, stellt sich heraus, dass der junge Mann gar nicht auf Frauen steht, sondern auf Männer. Und auch dies passiert nicht einmal, sondern öfter.
Ich war mit ganz anderen Leseerwartungen an das Buch herangetreten, sodass das Buch nicht meinem Geschmack entsprochen hat.