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Veröffentlicht am 01.10.2019

Ein neuer Fall für Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn

Sterbekammer
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Ein neuer Fall für Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn

„Ich habe die Gesichter meiner Lieben vergessen. Und wie ihre Stimmen klangen. Es fühlt sich an, als hätte ich da draußen nie existiert. Als hätte ...

Ein neuer Fall für Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn

„Ich habe die Gesichter meiner Lieben vergessen. Und wie ihre Stimmen klangen. Es fühlt sich an, als hätte ich da draußen nie existiert. Als hätte ich immer hier gelebt, in diesem Bunker, in dem ich nicht leben und nicht sterben kann.“

Nachdem der streitsüchtige und aggressive Sonderling Josef Hader tot aufgefunden wurde, entdecken die Ermittler unter der Küche der alten Deichmühle eine versteckte schalldichte Kammer. Und obgleich das Team der Kripo Itzehoe aufgrund eines Mordes in einer Tankstelle alle Hände voll zu tun hat, richtet sich das Augenmerk der Polizeibeamten immer mehr auf einen ungeklärten alten Entführungsfall. Die eigensinnige und zielstrebige Polizistin Frida Paulsen und ihr Kollege Bjarne Haverkorn werden mit der Untersuchung der Deichmühle betraut und müssen sich erneut mit dem spurlosen Verschwinden von Anneke Jung vor zehn Jahren befassen.

Auch im vorliegenden dritten Band der Elbmarsch-Krimireihe von Romy Fölck stehen die beiden Ermittler Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn im Mittelpunkt. Die taffe Frida wohnt seit kurzem auf dem Hof ihrer Eltern, ihr ehemaliger Vorgesetzter wurde durch einen selbstbewussten und perfektionistisch veranlagten Karrieristen ersetzt. Fridas berufliches und privates Leben werden in diesem Band gehörig durcheinandergebracht. Bjarne Haverkorn hingegen erholt sich von einer schweren Rauchvergiftung. Der erfahrene Kriminalist steht kurz vor dem Eintritt in seinen wohlverdienten Ruhestand, seine Ehe ist zerrüttet und besteht nur noch auf dem Papier. Bjarne ist emotional tief in Annekes Fall involviert, in seinem häuslichen Umfeld kommt es obendrein zu gravierenden Veränderungen. Mit Frida und Bjarne präsentiert Romy Fölck ein eingespieltes Ermittlerteam, das mir auf Anhieb sympathisch war. Die Charakterzeichnung dieser beiden Protagonisten empfand ich als äußerst gelungen und ich fand mich auch als Quereinsteiger in diese Buchreihe rasch zurecht. Prägnante vergangene Ereignisse werden kurz erwähnt, die Figuren hervorragend dargestellt. Die Autorin wartet auch mit interessanten Nebenfiguren auf. Sowohl das Team der Mordkommission, als auch Familienmitglieder und Freunde der Protagonisten stellen interessante und zum Teil durchaus vielschichtige Akteure dar. Darüber hinaus werden einige Personen unter die Lupe genommen, die irgendwann einmal Kontakt zu dem alten Einzelgänger in der Deichmühle und dessen Familie hatten. Zu guter Letzt sorgen auf dem elterlichen Hof der Frida Paulsen ein alter ungarischer Hirtenhund namens Arthur, ein Hengst mit dem klingenden Namen Cobain sowie der Esel Hetfield für Amüsement.

Fazit: „Sterbekammer“ war meine erste Lektüre aus der Feder von Romy Fölck und hat mir durch einen sehr gut konstruierten Kriminalfall, überzeugende Charaktere und dem einnehmenden Schreibstil großes Lesevergnügen bereitet. Der Spannungsbogen wird durch die in eigenen Kapiteln festgehaltenen Gedanken des Entführungsopfers hoch gehalten und man hofft bis zur letzten Seite, dass die Ermittler bei ihrer Suche nicht auf sterbliche Überreste, sondern auf eine Überlebende stoßen. Große Spannung, toller Schreibstil und ein überraschendes Ende sorgen für hervorragende Unterhaltung - gerne vergebe ich für diesen Krimi fünf Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.09.2019

Das Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit

Die englische Fürstin
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Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, Fürstin von Pless, Gräfin von Hochberg und Freifrau zu Fürstenstein – das Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit

„Ich habe versucht, dich zu lieben.“ (Daisy ...

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, Fürstin von Pless, Gräfin von Hochberg und Freifrau zu Fürstenstein – das Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit

„Ich habe versucht, dich zu lieben.“ (Daisy – Mary Theresa Olivia Cornwallis-West)

„Das ist nett von dir, meine Liebe, aber nicht nötig.“ (Fürst Hans Heinrich von Pless, Graf von Hochberg)


Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, „Daisy“ genannt, ist das erstgeborene Kind einer Aristokratenfamilie, ein temperamentvoller und ungezähmter Wildfang. Die prekäre finanzielle Lage veranlasst ihre Eltern dazu, ehrgeizige Heiratspläne für ihre Tochter zu schmieden. Als Debütantin bezaubert Daisy bei ihrer Einführung in die Gesellschaft mit ihrer Schönheit und ihrem Charme, sie wird umschwärmt und erobert die Männerwelt Londons im Sturm. Die Werbung eines schwerreichen Fürsten aus deutschem Uradel bedeutet für Daisys Eltern die Erfüllung all ihrer Träume. Obgleich das Mädchen den langweiligen, kühlen und äußerst reservierten Dreißigjährigen nicht mag, bleibt ihr keine Wahl. Nach der Eheschließung mit Fürst Hans Heinrich von Pless muss die Achtzehnjährige ihre Familie und ihr Heimatland verlassen und sich in ihr neues Leben im prunkvollen Fürstenstein einfügen, das von Vorschriften, Verboten und Zwängen beherrscht ist.

Sabine Weigand erzählt in diesem beeindruckenden Portrait die Geschichte einer wenig bekannten, faszinierenden Persönlichkeit und nimmt ihre Leser mit auf eine interessante Reise, die im Jahre 1883 beginnt. Die Erzählperspektive der Autorin wechselt mit Erinnerungen Daisys als Ich-Erzählerin, diverse Zeitungsartikel über die Fürstin, aber auch die Wiedergabe zahlreicher Briefe aus Korrespondenzen mit der Fürstin bereichern dieses Buch ungemein. Sabine Weigand Autorin konzentriert sich in erster Linie auf die Lebensgeschichte ihrer Protagonistin, dank ihrer hervorragenden Recherchearbeit fungieren die politischen Ereignisse jener Zeit als aufwühlende Rahmenhandlung. Man erfährt von Daisys Schwierigkeiten, sich in Deutschland zurechtzufinden, ihrem Ringen um die Zuneigung ihres kalten und unnahbaren Ehemannes sowie die Geburt ihrer gemeinsamen Kinder. Das Luxusleben der englischen Fürstin in ihrem prunkvollen Zuhause wird ebenso thematisiert wie der verschwenderische Umgang ihres Ehemannes mit seinem Reichtum oder das Aufbegehren der jungen Ehefrau, wenn es um soziale Gerechtigkeit und Wohltätigkeit geht. Entgegen der Kälte und Gleichgültigkeit ihres Ehemannes den Armen gegenüber riskiert Daisy sehr viel, setzt sich laufend über Hans Friedrichs ausdrückliche Verbote hinweg, um Not und Elend zu lindern. Die junge Fürstin wird von der Bevölkerung hochgeschätzt und als „Engel von Waldenburg“ verehrt. Durch ihr mutiges Engagement und dank ihrer diplomatischen Art ist ihr sogar Kaiser Wilhelm sehr zugetan. Doch als Europa zielstrebig auf einen Krieg zusteuert, scheitert auch Daisy mit ihren Bemühungen, auf die Regenten und hochrangige Entscheidungsträger positiv einzuwirken.

Die Figuren dieser Handlung wurden sehr detailliert ausgearbeitet, den Gedanken und Gefühlen der Protagonisten großzügig Raum gegeben. Daisy und Hans Friedrich sind zwei starke Protagonisten, gefangen in einer lieblosen Ehe und völlig konträr im Denken und Handeln. Ihnen wurden zahlreiche Nebenfiguren – fiktive, wie auch historisch belegte Persönlichkeiten – zur Seite gestellt. Meine größte Sympathie galt dem bescheidenen und treuen Joschi Siebenbürger, der von Daisy unter die Fittiche genommen wurde und schon bald als persönlicher Begleiter und Beschützer der Fürstin fungierte. Auch die liebevolle alte Bedienstete namens Emma Kollischan zählte zu meinen absoluten Favoriten – die lebenskluge Frau mit dem großen Herzen erwies sich für Daisy als ganz besonderer Segen.

Der Schreibstil der Autorin hat mir ausnehmend gut gefallen. Die persönliche Geschichte der Daisy von Pless wurde durch die Emotionen, Gedanken und Träume der jungen Frau bereichert. Die politische Situation in Europa und der Ausbruch des Krieges stellten wertvolle geschichtliche Hintergrundinformationen dar. Das verschwenderische und prunkvolle Leben des Adels und die herrschenden Standesdünkel bildeten einen starken Kontrast zum Überlebenskampf der bettelarmen, hungernden Bevölkerung. Sabine Weigand legte besonderes Augenmerk auf die Arbeiter in den Kohlebergwerken des Fürsten. Die Geschichte des bettelarmen Bergarbeitersohnes Josef Siebenbürger wurde kapitelweise als „Joschis Geschichte“ eingebunden. Soziale Missstände, bittere Armut, aber auch das Aufgebehren der Bevölkerung waren gewichtige Themen dieses Buches.

Durch die zahlreiche Korrespondenz der Fürstin darf der Leser die Ereignisse intensiv miterleben. Angesichts der Vielzahl an Namen empfand ich das im Buch befindliche Personenregister als wichtiges Element. Der für mich interessanteste Abschnitt war der Anhang, in dem die Autorin nicht nur die wichtigsten Eckdaten des Lebens der Daisy von Pless dokumentierte, sondern auch darauf hinwies, bei welchen Ereignissen es sich um Fiktion, und bei welchen um historisch belegte Tatsachen handelte.

FAZIT: Sabine Weigand hat mir ihrer Neuerscheinung „Die englische Fürstin“ eine eindrucksvolle Romanbiographie geschaffen, die mir ausgezeichnet gefallen hat. Historische Fakten und Fiktion wurden effektvoll zu einem imposanten Roman verwoben. Daisy von Pless – Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, die spätere Fürstin von Pless, Gräfin von Hochberg und Freifrau zu Fürstenstein – war mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt. Ich habe der Autorin höchst interessante Einblicke in das Leben und Wirken dieser mutigen und starken Frau zu verdanken.

Begeisterte fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.09.2019

Ich bin Ärztin. Ich bin nach Berlin gekommen, um kranken Menschen zu helfen.

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Ich bin Ärztin. Ich bin nach Berlin gekommen, um kranken Menschen zu helfen.

Der Lebenstraum von Dr. Rahel Hirsch steht kurz vor seiner Erfüllung. Die junge Ärztin aus Frankfurt darf als medizinische ...

Ich bin Ärztin. Ich bin nach Berlin gekommen, um kranken Menschen zu helfen.

Der Lebenstraum von Dr. Rahel Hirsch steht kurz vor seiner Erfüllung. Die junge Ärztin aus Frankfurt darf als medizinische Pionierin im Jahre 1903 ihre Volontärstelle an der Berliner Charité antreten. Rahel findet in dieser von Männern dominierten Welt in ihrem Vorgesetzten Professor Dr. Friedrich Kraus große Unterstützung. Darüber hinaus entpuppt sich auch der junge Arzt Dr. Theodor Brugsch als wohlmeinender und hilfsbereiter Kollege, der Rahel als ebenbürtig behandelt und bald sogar ihre Zusammenarbeit sucht. Das Misstrauen und die Ablehnung der anderen Ärzte verletzen Rahel, doch mit eiserner Disziplin und großem Ehrgeiz gelingt es ihr nach und nach, sich Respekt zu verschaffen. Die hart arbeitende Frau konzentriert sich einerseits auf die Arbeit mit ihren Patienten, widmet sich andererseits aber auch mit unermüdlichem Einsatz für die Forschung. Als sie während eines unerfreulichen Zwischenfalls auf den Straßen Berlins die Bekanntschaft einer temperamentvollen und hübschen jungen Frau namens Barbara Schubert macht, bedeutet dies für die beiden so unterschiedlichen Frauen den Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges brechen schwere Zeiten für Rahel und Barbara an…

Im zweiten Band zur Geschichte der Charité, das vom königlichen Pesthaus zur modernen Klinik avancierte, präsentiert Ulrike Schweikert zwei mutige und starke Frauen als Protagonistinnen. Während die Ärztin Dr. Rahel Hirsch einem privilegierten jüdischen Elternhaus entstammt, das ihr ein Medizinstudium in Zürich und Straßburg ermöglichte, muss Barbara Schubert als Wäscherin in der Charité arbeiten und als Mitbewohnerin in der winzigen Wohnung ihrer verwitweten Tante ein Auslangen finden. Im Zeitraum von 1903 bis 1938 darf man anhand der beiden Protagonistinnen sowohl das Leben der privilegierten Gesellschaft, als auch die Lebensumstände der hart arbeitenden Bevölkerung Berlins, mitverfolgen. Während Rahel die Geisel Syphilis und deren Bekämpfung sowie die Entwicklungen in der Medizin beschäftigen, interessiert sich die wissbegierige Barbara für Politik und die Rechte der Frauen, sie wird ein engagiertes Mitglied der Frauenrechtsbewegung. Durch die Person des Michael Frankl lernt man leidenschaftliche Flugzeugkonstrukteure und Pioniere der Lüfte kennen. In ihrer kargen Freizeit dürfen Rahel und Barbara das Entstehen der ersten bewegten Bilder und der ersten Lichtspielhäuser mitverfolgen, als historischer Hintergrund wird eine Welt gezeigt, die geradewegs auf einen Krieg zusteuert. Die Kriegsereignisse werden dem Leser durch die Erfahrungen von Barbaras Cousin Franz, aber auch durch verschiedene Briefe von der Front vermittelt.

Der einnehmende Schreibstil der Autorin wird durch hervorragend charakterisierte handelnde Figuren ergänzt, die Einbindung des Berliner Dialekts in Gesprächen mit Barbara Schubert und ihren Verwandten trägt darüber hinaus zur Authentizität bei. Neben fiktiven Figuren brachte die Autorin auch zahlreiche historische Persönlichkeiten in die Handlung ein. So darf man sich auf Einblicke in das Leben des Arztes und Wissenschaftlers Professor Paul Ehrlich freuen, der als Forscher maßgeblich zur Entwicklung eines Diphterie Serums beitrug und die moderne Chemotherapie begründete. Auch das Leben des Internisten Dr. Theodor Brugsch und die Erkenntnisse des Mediziners und Mikrobiologen Robert Koch sowie des Immunologen Doktor August von Wassermann sind Themen dieses Buches. Zu guter Letzt wird durch die Interessen und Aktivitäten der Protagonistin Barbara Schubert diversen Frauenaktivisten eine kleine Rolle zuteil.

Fazit: Ulrike Schweikert präsentiert mit dem vorliegenden Buch einen sehr unterhaltsamen und durch die hervorragend recherchierten historischen Hintergründe zugleich auch hoch interessanten zweiten Band einer Reihe, die man durchaus auch unabhängig voneinander lesen kann. Der Autorin ist es erneut gelungen, mich vollends zu begeistern. Sowohl der einnehmende Schreibstil, als auch die in die Handlung eingebrachten historischen Fakten und die authentischen Figuren dieses Buches bescherten mir ein herausragendes Leseerlebnis.

Ich sehe dem dritten Band dieser Reihe bereits mit großer Vorfreude entgegen!

Veröffentlicht am 16.09.2019

Wacholderschnaps und heiße Schokolade

Wacholderglück
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Wacholderschnaps und heiße Schokolade

Die Weltenbummlerin Daisy Wickens kommt anlässlich des Todes ihres Großonkels Reginald „Reg“ nur ungern in das kleine Städtchen Ottercombe Bay in Devon zurück. Zu ...

Wacholderschnaps und heiße Schokolade

Die Weltenbummlerin Daisy Wickens kommt anlässlich des Todes ihres Großonkels Reginald „Reg“ nur ungern in das kleine Städtchen Ottercombe Bay in Devon zurück. Zu viele schlimme Erinnerungen sind mit diesem Ort verbunden, an dem Daisys Mutter in sehr jungen Jahren unter ungeklärten Umständen starb. Die Testamentseröffnung versetzt der jungen Frau jedoch einen Schock: um das großzügige Erbe ihres Verwandten antreten zu können, muss Daisy sich dazu verpflichten, ein Jahr lang in Ottercombe Bay zu wohnen. Für die rastlose Seele, die bislang ein Nomadenleben ohne Besitztümer und ohne Bindungen führte, ist es schlichtweg unvorstellbar, sich auf diese Bedingung einzulassen. Eine Verletzung ihrer Tante und die Überredungskünste einer Freundin aus Kindheitstagen bringen Daisy jedoch zum Umdenken. Schließlich investiert sie ihre gesamte Energie in die Renovierung ihres Erbes. Daisy möchte das ehemalige Bahnhofsgebäude in eine Bar umwandeln, diese nach Ablauf des festgelegten Jahres gewinnbringend verkaufen, und sich mit ihrem Motorrad wieder auf Wanderschaft begeben. Doch sie hat weder mit den Hindernissen, die ihr in den Weg gelegt werden, noch mit der Tatsache gerechnet, dass Ottercombe Bay und ihre Bewohner sich langsam, aber sicher, einen Weg in ihr Herz bahnen.

Im Gegensatz zu Bella Osbornes Erstlingswerk „Neues Glück in Willow Cottage“, welches ich als großes Lesehighlight empfand, war ich von der vorliegenden Neuerscheinung enttäuscht. Der einnehmende Schreibstil der Autorin wurde mir durch viele Kleinigkeiten verleidet. Derbe Ausdrücke und die für meinen Geschmack viel zu zahlreiche Verwendung des Fluches „Kack-eri-ki“, aber auch die permanenten Konfrontationen mit dem verwöhnten und rüpelhaften Mops Bugsy Malone, den Daisy als kleines vierbeiniges Monstrum betrachtet, waren für meinen Geschmack ausufernd. Ich hätte mir gerne auch das stete „Furzen“ oder „Pupsen“ bei jedem Auftritt dieses Tieres erspart, das irgendwann nur noch abstoßend auf mich wirkte. Leider konnte ich mich auch nicht für die beiden Protagonisten erwärmen, die mir bis zur letzten Seite unsympathisch blieben.

Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin versuchte, zu viel in diese Geschichte einzubringen. Onkel Reginalds Versuch, seine Großnichte durch seinen letzten Willen dazu zu bringen, Wurzeln zu schlagen, ist Kernthema des Buches. Daisy nennt seine Aktion zwar „Erpressung aus dem Jenseits“, geht aber zähneknirschend auf die testamentarisch festgelegten Bedingungen ein. Das Wiedersehen mit Daisys alten Freunden Jason Fenton, Max Davey und Tamsyn Turvey sorgt ebenfalls für einige Turbulenzen im Buch. Die Charaktere empfand ich an mancher Stelle als überzogen und widersprüchlich, ich konnte deren Denken und Handeln oft nicht nachvollziehen. Daisy wird als selbstständige und taffe Frau präsentiert, die jahrelang auf ihrem Motorrad und einem Bündel Habseligkeiten durch die Welt zog. Auf mich wirkten ihre Handlungen im vorliegenden Buch jedoch unreif, wankelmütig und unentschlossen. Auch das immerwährende Auf und Ab zwischen Daisy und ihrem alten Jugendfreund war ermüdend und irgendwann nur noch langweilig. Die Autorin entschloss sich zudem, ihre Protagonistin mit der Aufarbeitung der Vergangenheit zu beschäftigen. Und so macht Daisy sich auf die Suche nach der wahren Todesursache ihrer Mutter Sandy. Der ehemalige Unruhestifter des Ortes, dessen krimineller Vater, der örtliche Polizeibeamte und ein zwielichtiger Franzose sorgen darüber hinaus für einige Aufregungen und amouröse Verwicklungen. Daisys Tante Coral hatte anfangs gute Aussichten, meine favorisierte Nebenfigur zu werden. Leider entwickelten sich die ältere Dame und ihre Beziehung zu Daisy nicht weiter. Tante Coral blieb blass und abgesehen von einer überraschenden Entwicklung am Ende des Buches eher am Rande des Geschehens. Die nebenan wohnende Tamsyn Turvey wird als entzückende, ein wenig verrückte und einzigartige Jugendfreundin Daisys vorgestellt. Ich empfand sie jedoch als naiv und zudem als etwas dümmlich und unterbelichtet dargestellt. Auch hier bedauerte ich das Potenzial, das verschenkt wurde.

Aus meiner Sicht kann Bella Osborne mit ihrer Neuerscheinung „Wacholderglück“ nicht an den grandiosen Vorgänger anknüpfen. Sie enttäuschte mich vielmehr durch eine auf mich etwas unausgegoren wirkende, wenig unterhaltsame Geschichte mit blassen und unglaubwürdigen Charakteren. Ich war mehrfach versucht, das Buch abzubrechen und kann es im Gegensatz zum ersten Roman dieser Autorin nicht weiterempfehlen. Schade.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Was geschah in jener Septembernacht 1908 mit Celia Sudworth?

Hill House - Sturm über Mandeville Park
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Was geschah in jener Septembernacht 1908 mit Celia Sudworth?

Im Prolog dieses Buches wird Rose Mandeville im September des Jahres 1908 Augenzeugin einer höchst seltsamen Szene. Mitten in der Nacht wird ...

Was geschah in jener Septembernacht 1908 mit Celia Sudworth?

Im Prolog dieses Buches wird Rose Mandeville im September des Jahres 1908 Augenzeugin einer höchst seltsamen Szene. Mitten in der Nacht wird ihre Bekannte, die junge Lady Celia Sudworth, gegen ihren Willen aus dem Haus geschafft. Diese Beobachtung prägt sich tief in Rose ein. Ihre Suche nach der seither wie vom Erdboden verschwundenen jungen Frau zieht sich wie ein roter Faden bis zur letzten Seite dieses Buches und hat eine überaus starke Motivation: „Celia steht für all jene Frauen, die keine Stimme haben, weil sie keine Rechte haben, weil andere über ihr Schicksal bestimmen.“

Der zweite Band der Trilogie aus der Feder von Annis Bell konzentriert sich auf Lady Rose Mandeville, eine jener drei Freundinnen, die in einem ungewöhnlichen Haus auf den Hügeln, umgeben von Hecken, einem Rosengarten und Zypressen und einem See im Wald ihre Kindheit verbrachten. „Damals glaubten wir, es würde niemals enden, wir dachten, dass das Leben unendlich ist und jeder neue Tag nur noch schöner und verheißungsvoller würde…“ Der Kriegsausbruch beendete das Wunschdenken und die Träume von Alice Buxton, Rose Mandeville und Vera Lyttleton. Während der Kontinent in Blut und Tränen versinkt, kämpfen die drei jungen Frauen auf ihre Weise um ihr Glück. Alice, die Protagonistin des ersten Buches, lebt mit ihrem Vater Geoffrey in Hill House und unterrichtet in ihrer Montessori-Schule. Die überzeugte Pazifistin ist eine liebenswerte und fröhliche Frau, mitfühlend und hilfsbereit. Sie führt ein unkonventionelles Leben und ist glücklich mit ihrer großen Liebe Lorenzo Ranieri. Doch Lorenzo befindet sich derzeit als neutraler Beobachter und unbefangener Berichterstatter mitten im Kriegsgebiet.

Die selbstbewusste Rose besitzt eine ausgeprägte Persönlichkeit und einen starken Charakter. Sie wehrt sich vehement gegen die nachdrückliche Erwartungshaltung ihrer aristokratischen Eltern und bricht aus ihrem vorbestimmten Leben aus. Das Engagement im Kampf der Frauen um das Wahlrecht und die Gleichberechtigung bestimmt ihr Denken und Handeln. Roses Ruf als streitbare Suffragette und ihr Kontakt mit führenden Persönlichkeiten der Frauenrechtsbewegung bringen sie wiederholt in Schwierigkeiten. Doch die blonde Schönheit setzt alle Hebel in Bewegung, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ihre Bemühungen, den Menschen die Schattenseiten des Krieges bewusst zu machen und ihr Plädoyer für soziale Reformen, faire Arbeitsbedingungen und gleiche Rechte hinsichtlich Kinder und Besitz machen sie zu einer Frau, die man kritisch im Auge hat. Roses verbotene Gefühle für den unglücklich verheirateten Anwalt Michael Wodehouse werden von dem charismatischen Juristen erwidert, doch Rose widerstrebt es zutiefst, eine Ehe zu brechen und eine heimliche Affäre zu beginnen. Der Wunsch nach einer Scheidung ruft Michaels rasend eifersüchtige und rachedürstende Ehefrau Blanche auf den Plan.

Während Alice und Rose sich in relativer Sicherheit befinden, setzt Vera ihre Fähigkeiten als ausgebildete Krankenschwester mitten im Kriegsgebiet ein. Vera ist in diesem Folgeband ein wenig weicher geworden, ihre schwierige, verschlossene und eigensinnige Art wich einer gewissen Umgänglichkeit und Toleranz anderen Menschen gegenüber.

In dieser Fortsetzung trifft man auf viele bekannte Gesichter aus dem ersten Band, auch Spencer Mandeville wird eine gewichtige Rolle zuteil. Der liebenswerte und großherzige Bruder von Rose fliegt als Pilot für die Royal Flying Corps Kampfeinsätze und gilt nach einem feindlichen Artilleriefeuer bei Neuve-Chapelle als vermisst. Roses Mutter Margaret, die kalte und unmenschliche Duchess Mandeville, war mir bereits im ersten Band zutiefst unsympathisch, was sich auch im vorliegenden Buch nicht änderte. Ihr Ehemann, Duke Douglas Mandeville, findet sich als Mitglied der britischen Hocharistokratie mit der neuen Situation nicht zurecht. Sein außer Kontrolle geratener Hang zum Spiel und seine zahlreichen Affären brachten die Familie bereits an den Rand des Ruins. Ob er fähig ist, im zweiten Band seine Fehler wiedergutzumachen?

Die Autorin brachte zudem weitere interessante und vielschichtige Akteure in die Handlung ein. Neben Alices exzentrischen, aber liebenswerten Künstlerfreund Raymond „Ray“ Saull betritt mit der Malerin Mabel Goodwyn eine ungezwungene Befürworterin des Frauenwahlrechts die Bühne. Sie unterstützt Roses Bestreben nach Unabhängigkeit und gewährt ihr Unterkunft. Major Steve Norbury ist mir auf der Stelle ans Herz gewachsen. Der junge Offizier aus dem kleinen Fischerdorf Coverack in Cornwall verliert trotz einer schlimmen Verwundung niemals seine lebensbejahende Haltung und wird nicht nur für Spencer, sondern auch für Rose zu einer wichtigen Figur. Auch der sympathische Butler der Buxtons namens Newton erhielt einen kleinen Gastauftritt – er ist für Rose ein Fels in der Brandung und bezaubert durch seine umsichtige und mitfühlende Art. Zu guter Letzt erhielten in diesem Buch auch namhafte Figuren der Frauenbewegung eine Rolle, der interessierte Leser darf sich auf kleine Einblicke in die Aktivitäten von Sylvia und Christabel Pankhurst, Jodie Green, Millicent Fawcett, Lady Phyllis Linnsdale und Doktor Florence Dalgrave freuen.

Sowohl der einnehmende Schreibstil, als auch die bildhaften Beschreibungen der Autorin und die hervorragende Charakterzeichnung der handelnden Figuren haben mir erneut ein herausragendes Lesevergnügen bereitet. Die Kriegshandlungen und die britische Suffragetten Bewegung bilden bedeutende Rahmenhandlungen, sie bringen Spannung und Emotionen ins Buch. Das Festhalten an der alten Gesellschaftsordnung und an ihren Standesdünkel wird durch den Duke und die Duchess of Mandeville veranschaulicht. Doch auch sie können der Aufbruchsstimmung und dem Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung nicht mehr viel entgegenhalten. „Wenn man den weiblichen Verstand schärft, indem man ihn bildet, ist Schluss mit dem blinden Gehorsam.“ (Mary Wollstonecraft, 1759 - 1797)

FAZIT: Wie bereits dessen Vorgänger hat mich auch der zweite Band dieser eindrucksvollen Trilogie sofort in seinen Bann gezogen. „Sturm über Mandeville“ besticht durch eine perfekte Mischung aus Abenteuer, Liebe und Romantik und bietet darüber hinaus Einblicke in die Ereignisse im Ersten Weltkrieg. Das Buch thematisiert die Kämpfe mutiger und entschlossener Frauen um jene Rechte, die ihnen von Natur aus zustehen, aber in einer von Männern beherrschten Gesellschaft vorenthalten wurden. Ich würde interessierten Lesern jedoch zum besseren Verständnis die Einhaltung der Reihenfolge dieser Trilogie empfehlen:

1. Hill House. Die drei Freundinnen.
2. Hill House. Sturm über Mandeville Park.

Begeisterte fünf Sterne für dieses überaus unterhaltsame und spannende Leseerlebnis, das ich sehr genossen habe. Ich sehe dem Erscheinungsdatum des finalen Bandes bereits mit großer Vorfreude und hoher Erwartungshaltung entgegen.