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Veröffentlicht am 06.06.2019

Sind Träume nicht dazu da, in Erfüllung zu gehen?

Im Land des Korallenbaums
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Sind Träume nicht dazu da, in Erfüllung zu gehen?

„Argentinien – Silberland – was würde ihnen dieses Land wirklich bringen?“

Anna Weinbrenner und Viktoria Santos aus Deutschland sind im Jahre 1863 unterwegs ...

Sind Träume nicht dazu da, in Erfüllung zu gehen?

„Argentinien – Silberland – was würde ihnen dieses Land wirklich bringen?“

Anna Weinbrenner und Viktoria Santos aus Deutschland sind im Jahre 1863 unterwegs nach Argentinien, wo sie von ihren Ehemännern erwartet werden. Als Anna während der langen Schiffsreise die Bekanntschaft des Kaufmannssohnes Julius Meyer macht, lernt sie durch diesen attraktiven und wohlerzogenen jungen Mann auch seine Bekannte Viktoria kennen. Die Tochter aus gutem Hause reist zu ihrem Ehemann Humberto, dem Erben einer großen Estancia in Salta. Obgleich die beiden jungen Frauen aus völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten stammen, freunden sie sich miteinander an und vertiefen auch die Bekanntschaft mit Julius. In Argentinien trennen sich die Wege der drei Reisenden. Während Anna mit ihrem Mann Kaleb Weinbrenner und ihrer Familie um das tägliche Überleben kämpfen muss, erwartet die fröhliche und freiheitsliebende Viktoria ein gelangweiltes Dasein in einem goldenen Käfig. Darüber hinaus hegt ihre Schwiegermutter tiefsten Hass gegen die Ehefrau ihres vielgeliebten Sohnes, die Gehässigkeit und die Intrigen von Dona Ofelia machen Viktoria das Leben schwer. Nach einem tragischen Schicksalsschlag sucht Anna ihre Schiffsbekanntschaft auf und bittet sie um Hilfe. Doch schon bald geraten beide Frauen in Schwierigkeiten und müssen um ihre Existenz in Argentinien kämpfen.

Im vorliegenden Roman erzählt Sofia Caspari die Geschichte einer Auswanderung, wobei sie durch ihre Protagonistin Anna Weinbrenner den harten Überlebenskampf mittelloser Landarbeiter, durch Viktoria hingegen das Dasein einer ungeliebten und unglücklichen Ehefrau beschreibt. Die Autorin bietet einen regen Perspektivenwechsel und lenkt den Fokus abwechselnd auf Anna und Viktoria, stellt dem Leser deren Lebensumstände und einige relevante Nebenfiguren vor. Während Anna mit ihrem Mann Kaleb für das Auskommen von Annas Eltern und ihrer kleinen Schwester sorgen muss, haben die beiden älteren nach einem Streit die Familie verlassen und gehen ihre eigenen Wege. Viktoria leidet hingegen unter ihrer eiskalten und grausamen Schwiegermutter Ofelia, die keine andere Frau in der Nähe ihres Sohnes duldet und die Entfremdung der Eheleute mit aller Macht vorantreibt. Als wichtige Nebenfiguren der Handlung tauchen der junge Halbindianer Pedro Cabezas sowie Annas Brüder Eduard und Gustav auf. Die Inhaber des Fuhrunternehmens Breyvogel & Sohn sowie die beiden skrupellosen Gauner Piet und Michel zählen zu den Antagonisten dieses Buches. Ihre finsteren Aktivitäten ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung und sorgen für eine nicht unbeträchtliche Spannung.

Fazit: Ich empfand die Geschichte dieser beiden unterschiedlichen Frauen interessant und verfolgte ihre Überfahrt aus Deutschland, ihre Ankunft in Argentinien und ihre Bemühungen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. Doch trotz der beeindruckenden Landschaftsbeschreibungen und der interessanten Informationen zu diesem „Neuen Land“ konnten mich weder der Schreibstil, noch die Figuren und deren Handlungen wirklich überzeugen. Darüber hinaus hat die enorme Anzahl derber und vulgärer Ausdrücke in diesem Buch mein Lesevergnügen empfindlich gestört. „Im Land des Korallenbaums“ hat meinem Lesegeschmack leider nicht entsprochen und ich kann daher keine Empfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 06.06.2019

Tod hinter Glas

Schneewittchensarg
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Tod hinter Glas

Die Veranstaltung „250 Jahre Gustavssons – eine Kulturgeschichte in Glas“ dokumentiert die Erfolgsgeschichte eines Weltkonzerns und bildet den Hintergrund einer Ausstellung. Bei einem ...

Tod hinter Glas

Die Veranstaltung „250 Jahre Gustavssons – eine Kulturgeschichte in Glas“ dokumentiert die Erfolgsgeschichte eines Weltkonzerns und bildet den Hintergrund einer Ausstellung. Bei einem der Exponate handelt es sich um die Leihgabe eines amerikanischen Sammlers, eine Installation, die sich „Schneewittchen nennt“. Zum Entsetzen der geladenen Ehrengäste und des Firmenpatriarchs Gunnar Gustavsson befinden sich in diesem illuminierten gläsernen Sarkophag die menschlichen Überreste seiner Ehefrau Berit, die vor siebenundvierzig Jahren am Tag ihrer Hochzeit spurlos verschwand. Die Kriminalpolizei unter der Leitung von Ingrid Nyström rollt den knapp fünfzig Jahre alten Vermisstenfall neu auf und muss feststellen, dass er weit komplexer ist, als es zunächst den Anschein hat. Denn sowohl bei der jungen, selbstbewussten Berit, als auch bei den Familienmitgliedern der Gustavssons, gab es sorgsam gehütete Geheimnisse. Ingrid Nyström als ranghöchste Ermittlerin für Gewaltverbrechen der gesamten Region macht sich an die Arbeit und trotz eines schwelenden Konflikts zwischen ihnen beiden betraut sie auch ihre fähigste Mitarbeiterin Stina Forss mit diesem Fall. Ihnen zur Seite stehen wie gewohnt Lasse Knutsson, Anette Hultin, Hugo Delgado sowie die Pathologin Ann-Vivika Kimsel.

Die Geschichte wird in zwei Erzählsträngen dargebracht. Den Einstieg bildet eine Szene aus dem Jahr 1971, wo in einer warmen Sommernacht eine Braut spurlos verschwindet. Die Ereignisse in der Gegenwart thematisieren die Arbeit des Ermittlungsteams und die Interaktionen zwischen den Kriminalbeamten und den Mitgliedern der Familien Gustavsson, Lundberg und Thurstan. Der hervorragend konstruierte Kriminalfall wartet mit einem hohen Spannungsfaktor und vielversprechenden Fährten auf. Durch deren kursive Tagebucheinträge lernt man die verschollene Braut Berit Gustavsson näher kennen, und trotz einiger hoch brisanter und adrenalingeladener Szenen warten Voosen und Danielsson auch mit einer gewissen Situationskomik auf: „Aus großer Kraft wächst große Verantwortung“ proklamierte Forss mit aufgesetztem Pathos. – „Konfuzius?“ fragte der Mann von Gullvi Lundberg interessiert. – „Spiderman“, antwortete Forss trocken.

Wie in den Vorgängerbänden kam auch in diesem Fall das Privatleben der Kriminalbeamten nicht zu kurz. Während Ingrid Nyströms liebevoller Ehemann Anders mit Tochter Anne und dem kleinen Enkelsohn Albert für ein Jahr nach Tansania geht, wird die Deutschschwedin Stina Forss von den Dämonen ihrer Vergangenheit eingeholt. Der ehemals lebensfrohe Brummbär Lasse Knutsson wandelt sich plötzlich zu einem wortkargen und melancholischen Menschen, und auch Hugo Delgado und Anette Hultin werden mit privaten Problemen konfrontiert. Sämtliche handelnden Personen wurden hervorragend charakterisiert, ihre Darstellung war in hohem Maße überzeugend, ihre Gefühls- und Gedankenwelt wurde eindrucksvoll vermittelt. Was mich ein wenig störte war die an einigen Stellen doch recht derbe Sprache der eigenwilligen Stina Forss, der eine gestörte Persönlichkeit und ein eigenbrötlerisches und verschrobenes Wesen zugesprochen wird.

Trotz dieses kleinen Kritikpunkts empfand ich das vorliegende Buch als einen weiteren Bestseller aus der Feder des beliebten schwedischen Autorenduos. Roman Voosen und Signe Danielsson schaffen es immer wieder, mit ihren Krimis hochgradige Spannung und ein außergewöhnliches Abenteuer im Kopf zu erzeugen und mich dabei mit völlig unerwarteten Wendungen zu überraschen. „Schneewittchen-Sarg“ hat mich sehr gut unterhalten, mir ausgezeichnet gefallen und wartet vor allen Dingen mit einem atemberaubenden Finale auf, das es wirklich in sich hat. Auch für diesen ausgeklügelten und komplexen Fall kann ich einfach nur die Höchstwertung und eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Ich freue mich bereits jetzt auf das nächste Werk meiner favorisierten nordischen Krimiautoren!

Veröffentlicht am 30.05.2019

Wer waren die Toten von Altbruck?

Unbarmherzig (Ein Gina-Angelucci-Krimi 2)
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Wer waren die Toten von Altbruck?

Auf einem Kiesablageplatz in Altbruck werden Skelettteile zweier Personen gefunden, die vor siebzig bis achtzig Jahren ermordet wurden. Kriminalhauptkommissarin Gina ...

Wer waren die Toten von Altbruck?

Auf einem Kiesablageplatz in Altbruck werden Skelettteile zweier Personen gefunden, die vor siebzig bis achtzig Jahren ermordet wurden. Kriminalhauptkommissarin Gina Angelucci von der Münchner Mordkommission arbeitet mit ihren beiden Kollegen Thomas Wilzoch und Holger Morell in der Abteilung für ungeklärte Altfälle, sie soll diesen alten Mordfall neu aufrollen. Die Ermittlungen gestalten sich angesichts der langen Zeitspanne, die seit den Morden verstrichen ist, als schwierig. Doch Ginas Leidenschaft für ungelöste Fälle und ihr Hang zu unkonventionellen Alleingängen veranlassen sie dazu, sich über sämtliche Hindernisse hinwegzusetzen. Gina möchte mit allen Mitteln die Identität der Opfer, ihre Geschichte, das Mordmotiv, und die Person des Täters ausforschen. Oberstaatsanwalt Jochen Poschmann fühlt sich durch Politik und Presse unter Druck gesetzt und verlangt von der Kommissarin und ihren Kollegen innerhalb kürzester Zeit Ergebnisse. Doch der Mord geschah in den Wirren des Krieges, Familienangehörige und Zeitzeugen sind vermisst, verschollen oder bereits verstorben, die Spur ist längst kalt. „Die Zeit arbeitete gegen die Wahrheit und für das Vergessen“ – mit dieser Aussage möchte Gina Angelucci sich jedoch nicht abfinden, und letztendlich wird ihre Hartnäckigkeit von Erfolg gekrönt.

Mit der vorliegenden Neuerscheinung „Unbarmherzig“ hielt ich das erste Buch von Inge Löhnig in meinen Händen. Obgleich es sich hierbei um den zweiten Fall der Reihe um die Kriminalkommissarin Gina Angelucci handelt, fand ich mich mühelos in der Geschichte zurecht. Die Autorin besitzt einen sehr flüssigen und einnehmenden Schreibstil, sie versteht es geschickt, den Leser ans Buch zu fesseln. Der brutale Mord und die interessante Ermittlungsarbeit der Kriminalbeamten bringen Spannung ins Buch, die Neugier auf die Identität des Täters wird geweckt. Rückblenden in die Vergangenheit erzählen von einer Munitionsfabrik der Nazis, in der zweitausend Kriegsgefangene, Sträflinge und Zwangsarbeiter tätig waren. Detaillierte Orts- und Zeitangaben ermöglichen eine gute Orientierung im steten Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Fokus ist auf die Protagonistin Gina Angelucci, ihre Kollegen, und ihre Familie gerichtet. Im Erzählstrang, der sich mit der Vergangenheit befasst, spielt eine junge Zwangsarbeiterin aus Riga namens Kairi Naujokate die Hauptrolle. Ihre Verschleppung, die beschwerliche Reise zur Heeresmunitionsanstalt und ihr hartes, entbehrungsreiches Leben in Altbruck werden dem Leser überzeugend nahegebracht. Inge Löhnig stellt ihren Protagonisten zahlreiche Nebenfiguren zur Seite und streut darüber hinaus einige Verdachtsmomente. Auch dem Privatleben von Gina Angelucci wird große Aufmerksamkeit zuteil, der Kommissarin und ihrer Familie droht Gefahr aus völlig unerwarteter Richtung. Ich empfand sowohl die Charakterzeichnung der handelnden Personen, als auch die Darstellung ihrer Konflikte als äußerst gelungen.

FAZIT: „Unbarmherzig“ war mein erstes, aber mit Sicherheit nicht das letzte Buch dieser Autorin. Der vorliegende Krimi hat mir sehr gut gefallen. Inge Löhnig bereitete mir mit ihrem Schreibstil, der spannenden Handlung und überzeugenden Charakteren großes Lesevergnügen und ich freue mich bereits auf weitere Bände dieser Reihe.

Veröffentlicht am 30.05.2019

Nichts war mehr wie früher, und alles war die Schuld dieser Frau!

Die Ehe der Barbara Körner
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Nichts war mehr wie früher, und alles war die Schuld dieser Frau!

Barbara, die älteste Tochter des reichen Papiermüllers aus Wissfeld an der Brieg ist zutiefst empört. Nachdem Hans Georg Körners Ehefrau ...

Nichts war mehr wie früher, und alles war die Schuld dieser Frau!

Barbara, die älteste Tochter des reichen Papiermüllers aus Wissfeld an der Brieg ist zutiefst empört. Nachdem Hans Georg Körners Ehefrau Lindel Weinachten 1697 starb, entschloss sich der frisch gebackene Witwer bereits kurze Zeit später, eine neue Ehe einzugehen. Hermine Bertel ist eine Schönheit mit tiefgrünen Augen und einer blonden Lockenpracht, ihre Anmut, ihre graziösen Bewegungen und ihr Liebreiz entflammten Barbaras Vater auf den allerersten Blick. Diese Heirat mit einer jungen Frau, die kaum älter war als sie selbst, entzweite Vater und Tochter. Es kommt vermehrt zu Konfrontationen, und als Barbara eine arrangierte Ehe mit dem Sohn eines Kölner Verlagsinhabers boykottiert, eskaliert die Situation. Hans Georg greift zu einer drastischen Maßnahme, die für alle Beteiligten tragische Folgen hat.

Christina Auerswald hat mich mit dieser Geschichte um die junge Papiermüllerstochter Barbara vom ersten Moment an voll und ganz in ihren Bann gezogen. In einem unvergleichlich schönen Schreibstil und einer gewählten Sprache, die zu lesen einen wahren Genuss darstellt, zeichnet sie ein Bild der Familie Körner und ihres Umfelds. Man lernt Hans Georg, seine Ehefrau Lindel und ihre fünf Kinder kennen, doch die hochschwangere Lindel und ihr sechstes Kind sterben bei der Geburt. In einfühlsamen Worten erzählt die Autorin von der unsäglichen Trauer der ältesten Tochter Barbara sowie ihrem Stolz und Trotz, die letztendlich deren weiteres Schicksal beeinflussen. Christina Auerswalds erstklassige Charakterzeichnung ihrer handelnden Figuren hat mich tief beeindruckt. Sie verleiht sowohl Protagonisten, als auch Nebenfiguren eine unglaubliche Tiefe, ihre Darstellung fiel facettenreich und in hohem Maße authentisch aus. Man kann nicht umhin, sich in diesem Buch zu verlieren, die Figuren der Handlung auf ihrem Weg zu begleiten, mit ihnen zu hoffen und zu bangen. Eine tiefe Fülle von Emotionen begleitete mich als Leser dieses Buches, und ich bedauerte es zutiefst, mich nach der letzten Seite wieder von ihnen verabschieden zu müssen. Die Autorin liefert keine Schwarz-Weiß-Zeichnung, sie erzeugt vielmehr Verständnis für das Denken und Handeln der verschiedenen Personen. So fühlt man mit der Protagonistin Barbara, nachdem ihre Mutter starb und sie innerhalb kürzester Zeit mit ihrer neuen Stiefmutter konfrontiert wurde. Doch nach und nach treten die guten Charaktereigenschaften dieser jungen, bildschönen Frau aus vornehmer Familie zutage, und ich konnte mich einer emotionalen Einbeziehung nicht mehr widersetzen. Obgleich Hans Georg Körner durch seinen Mangel an Takt und Feingefühl großen Schaden anrichtet, vermittelt die Autorin auch dessen guten Eigenschaften und ein Verständnis für die im Grunde wohlmeinenden Motive seines Handelns. Als männlicher Protagonist fungiert Valentin Martin Körner, im Buch stets „Velten“ genannt. Als Lumpensammler zählt er zu den Ärmsten der Armen in Wissfeld. Ein dunkler Fleck in der Vergangenheit belastet den fleißigen und wortkargen jungen Mann, doch er trägt sein hartes Schicksal ohne zu Klagen. Nachdem Hans Georg Körner ihm ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet, scheint aus Veltens größter Traum von einem Leben in der Neuen Welt ein erreichbares Ziel zu werden. Durch Ruprecht Wildkatz, den talentierten Verlegersohn mit dem unattraktiven Äußeren, Veltens unglücklichen Vater Martin Körner und den freundlichen Pfarrer Gunter Hammer wird die Handlung in Form interessanter Nebenfiguren bereichert. Mein unangefochtener Favorit war und ist jedoch Albrecht Langen. Als uneheliches Kind einer jungen Frau, die knapp vor der Geburt schwerste Misshandlungen erleiden musste, kam Albrecht stark verunstaltet zur Welt. Der wortkarge und verwachsene Mann mit dem verschobenen Gesicht, der sich nur mittels Grunzlaute zu verständigen vermag, wird geschmäht, verspottet und gemieden. Einzig Barbara sieht in ihm einen in seinem missgestalteten Körper gefangenen mitfühlenden und warmherzigen Menschen. Albrecht ist Barbaras liebevoller und einziger Freund, den sie wie einen großen Bruder liebt und der ihr durch seine stummen freundschaftlichen Umarmungen Trost schenkt. Albrechts Intelligenz äußerst sich in seiner hervorragenden Arbeit in der Papiermühle und seiner Kunstfertigkeit im Lesen und Schreiben, die besonders Pfarrer Hammes bei den Eintragungen in seinen Büchern zugutekommt. Als böser Antagonist dieses Buches fungiert Hans Georgs streitsüchtiger Bruder Heinrich, der nach einer über zwanzig Jahre währenden Fehde wieder in die Familie aufgenommen wird.

Fazit: „Die Ehe der Barbara Körner“ stellte für mich ein außergewöhnlich schönes Leseerlebnis dar. Dieser Roman hat meinem Lesegeschmack in jeglicher Hinsicht entsprochen und alle meine Erwartungen weit übertroffen. Ich empfand sowohl die wunderschöne Sprache, als auch die interessante Handlung und das spannungsgeladene Finale, mit dem ich im Grunde nicht gerechnet hatte, als reinen Lesegenuss. Durch die hervorragende Charakterzeichnung der handelnden Figuren vervollständigte sich mein grandioser Leseeindruck und ich darf ruhigen Gewissens behaupten, dass „Die Ehe der Barbara Körner“ ein herausragendes Lese-Highlight für mich darstellt. Ich kann es kaum erwarten mich in den Nachfolgeband zu vertiefen und die Geschicke der Barbara Körner weiter zu verfolgen.

Fünf Bewertungssterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung für dieses fantastische Buch!

Veröffentlicht am 28.05.2019

Verluste, welche die Richtung unseres Lebens verändern.

Der Himmel ist nicht weit
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Verluste, welche die Richtung unseres Lebens verändern.

„Manchmal passieren Dinge, die nicht passieren sollten. Und manchmal gibt es einfach nichts, was wir tun können, um sie zu verhindern.“

Roseanna ...

Verluste, welche die Richtung unseres Lebens verändern.

„Manchmal passieren Dinge, die nicht passieren sollten. Und manchmal gibt es einfach nichts, was wir tun können, um sie zu verhindern.“

Roseanna Chaldecott ist eine erfolgreiche Anwältin in den Fünfzigern und Gründungsmitglied einer Kanzlei in Manhattan. Ihr gesamtes Leben bestand aus Arbeit, ihre Ehe ist gescheitert, ihr Sohn Lance wurde von einer Nanny großgezogen. Auch Roseannas beste Freundin Alice war Anwältin und kannte ausschließlich ihren Job. Alice verschob stets all ihre Urlaube und Pläne ins Rentenalter, ihr plötzlicher Tod infolge eines Schlaganfalls mit nur dreiundfünfzig Jahren war ein Schock für Roseanne. Zum ersten Mal hinterfragt sie ihr eigenes Leben und setzt sofort neue Prioritäten. Von einer Minute auf die andere bricht sie aus ihrem komfortablen Leben aus und kauft ein Grundstück mit einem kleinen, schäbigen Farmhaus im dreihundert-Seelen-Ort Chudley in den Adirondack Mountains. Für Roseanna jedoch stellt dieses baufällige und abbruchreife Gebäude ein kleines Stück Himmel dar. Sie weigert sich ab sofort, den Erwartungen ihres Umfelds zu entsprechen und sucht nach Ruhe und inneren Frieden. Vorbeikommenden Fremden erzählt sie vom tragischen Schicksal ihrer Freundin – mit dem Resultat, dass diese Menschen ihr Grundstück ebenfalls nicht mehr verlassen wollen. Und unvermutet ist die Frau, die allem entfliehen wollte, von Heimatlosen umgeben – sechs Menschen, ein ausgesetzter Hund und ein uraltes hässliches Pferd namens „Ernst“. Als ein zufällig vorbeikommender Reporter einen Zeitungsartikel über die seltsame Anwältin veröffentlicht und ihre Familie und die Arbeitskollegen auf ihren Aufenthaltsort aufmerksam werden, ist es mit Roseannas Frieden endgültig vorbei. Ihr ehemaliger Kanzleipartner legt es darauf an, sie vollständig zu ruinieren und verklagt sie, der erwachsene Sohn Lance taucht im Farmhaus auf und konfrontiert sie mit der Vergangenheit. Doch gerade diese verzwickte Situation schenkt Mutter und Sohn die einmalige Gelegenheit, Versäumnisse nachzuholen und zum ersten Mal wirklich Zeit miteinander zu verbringen. Das kleine alte Farmhaus in den Adirondack Mountains wird für die ehemalige Anwältin zu einem kleinen Stück Himmel.

„Roseannas persönlicher Himmel entpuppt sich als Ort mit kreischenden Kindern und rennenden Hunden und einem Pferd, das den Gummi von den Scheibenwischern ihres Autos frisst. Doch plötzlich ist sie nicht mehr auf sich allein gestellt.

„Dieses alte Haus hat alles, was man braucht, um ein anständiges Leben zu führen. Es gibt hier einen Ofen zum Heizen. Einen Kühlschrank, um die Lebensmittel zu kühlen, und einen Herd, um zu kochen. Es gibt eine Badewanne und eine Dusche, wo man sich waschen kann, wenn man mit der Arbeit fertig ist, und ein Bett, in das man sich am Ende des Tages legen kann. Und das ist alles, was man wirklich zum Leben braucht. Und ich denke, das eigentliche Problem von uns allen ist, dass wir meinen, wir bräuchten so viel mehr.“


Seit dem ersten Buch von Catherine Ryan Hyde schätze ich den wunderschönen, mit großer Lebensweisheit und tiefen Emotionen bereicherten Schreibstil dieser Autorin. Auch die vorliegende Neuerscheinung „Der Himmel ist nicht weit“ stellt eine tiefsinnige, mit hervorragend charakterisierten Figuren ausgestattete Geschichte dar. Catherine Ryan Hyde thematisiert in diesem eindrucksvollen Roman ein rigoroses und kompromissloses Ausbrechen aus allen Zwängen, die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens und damit verbunden die Erkenntnis, wie kurz und kostbar unser Dasein ist. Darüber hinaus lässt sie ihre Leser an der behutsamen Aufarbeitung einer Mutter-Sohn-Beziehung teilhaben.

Die zahlreichen Rückblenden in die Vergangenheit und die zeitlichen Sprünge werden durch große, fettgedruckte Überschriften dokumentiert und dem Leser dadurch eine gute zeitliche Orientierung im Buch ermöglicht. Den beiden Protagonisten Roseanna und Lance stehen sympathische Nebenfiguren zur Seite – die alleinerziehende junge Mutter Patty mit ihrer hyperaktiven kleinen Tochter Willa, ein ehemaliger Soldat namens Nelson David, der schwerhörige alte Witwer Martin Matthew und das Lehrerehepaar Melanie und Dave. Durch die beiden tierischen Protagonisten Buzzy und Ernst, einen ausgesetzten strubbeligen Hund und ein altes Pferd, wird darüber hinaus eine Prise Humor in die Geschichte eingebracht.

Ich empfand „Der Himmel ist nicht weit“ als emotionales und tiefgründiges Leseerlebnis, das mich nicht nur hervorragend unterhalten, sondern auch sehr nachdenklich gestimmt hat. Begeisterte fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung!