Profilbild von libri-amici

libri-amici

Lesejury Star
offline

libri-amici ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit libri-amici über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2019

George Washington Carver – der Mann, der die kleine Erdnuss ganz groß machte

Ein Professor für die Erdnuss
0

George Washington Carver – der Mann, der die kleine Erdnuss ganz groß machte

„Mit dem Fragen fängt es an. Und mit dem Staunen.“

Der kleine George hatte eine Menge Fragen. Der stets kränkelnde Sohn einer ...

George Washington Carver – der Mann, der die kleine Erdnuss ganz groß machte

„Mit dem Fragen fängt es an. Und mit dem Staunen.“

Der kleine George hatte eine Menge Fragen. Der stets kränkelnde Sohn einer ehemaligen Sklavin hatte das große Glück, beim Ehepaar Moses und Susan Carver in Diamond Grove, in den Ozarkbergen im Süden von Missouri, ein Zuhause zu finden. Der ruhige und besonnene Moses war einfacher Farmer, ein gutmütiger Mann, der sein Wissen um die Landwirtschaft an George weitergab. Seine herzensgute Frau Susan päppelte den zarten Jungen auf und brachte ihm das Lesen bei. Doch George hatte unzählige Fragen, und bei den Carvers gab es viel zu wenige Antworten darauf. Sein starkes Interesse an der Schöpfung und sein unbändiger Drang, sich Wissen anzueignen, veranlassten den Halbwüchsigen schließlich dazu, das honiggelbe Blockhaus unter den Walnussbäumen, das bis zu diesem Zeitpunkt für ihn der schönste Ort der Welt gewesen war, zu verlassen.

Dagmar Petrick erzählt in diesem Buch die Geschichte eines kleinen Jungen, der sich wie kein anderer mit Pflanzen auskennt, ein Junge, der einst unglaublich große Dinge bewirken sollte. Hätte der talentierte und wissbegierige George niemals sein Zuhause verlassen um sich Wissen anzueignen, würden heute in Alabama vermutlich keine Erdnüsse wachsen. Es brauchte lediglich ein wenig Ermutigung und hilfsbereite Menschen, die sich aktiv gegen die Diskriminierung der Schwarzen auflehnten, um George auf seinem Weg zu unterstützen und zu begleiten.

Die Autorin erzählt in einem wunderschönen Schreibstil und in gewählter Sprache die Geschichte dieses faszinierenden Mannes, dessen Hunger nach Wissen letztendlich dafür verantwortlich zeichnete, dass die Landwirtschaft in Alabama nach dem katastrophalen Einfall des Baumwollkapselkäfers im Jahr 1910 durch die bislang gering geachtete Erdnuss gerettet wurde. Dagmar Petrick versteht es, ihren jugendlichen Lesern durch diesen bemerkenswerten Roman historische Fakten, vor allem aber Werte zu vermitteln. Der christliche Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch und Gott ist für den Protagonisten der große Schöpfer, den er bereits in jungen Jahren „Mister Creator“ nennt. George wurde sein Leben lang von seinem tiefen Glauben getragen, er bestimmte sein Denken und Handeln.

Die Situation nach der Abschaffung der Sklaverei in den Südstaaten ist zentrales Thema dieses Buches und der kleine schwarze Junge muss für Dinge in seinem Leben kämpfen, die man heute als selbstverständlich erachtet. In einfühlsamen und eindringlichen Worten vermittelt die Autorin ein anschauliches Bild dieses Kampfes und zeigt auf, wie letztendlich Menschlichkeit und Nächstenliebe in Carvers Lebensgeschichte den Sieg davontrugen. Sowohl George, als auch die Nebenfiguren dieses Buches wurden liebevoll gezeichnet. Sie zeugen von großer Authentizität und punkten mit tief beeindruckenden Aussagen:

„Die Leute haben Augen. Aber sie sehen nicht hin. Sie haben einen Mund, mit dem sie fragen können. Aber sie fragen nicht. Und dabei gibt es doch so viel zu entdecken.“

„Es gibt Menschen mit heller Haut. Es gibt Menschen mit dunkler Haut. Darum ist der eine nicht wertvoller, als der andere.“

„Das Wissen ist für alle Menschen da. Wissen behält man nicht für sich. Es ist etwas, das man weiterreicht. Wie ein Geschenk.“

„Alles, was ich mache, soll anderen nützen. Eines Tages werde ich diese Welt verlassen müssen. Und wenn dieser Tag kommt, will ich mich rechtfertigen können, warum ich in ihr gelebt habe. Ich möchte die Gewissheit haben, dass mein Leben meinen Mitmenschen wenigstens ein bisschen geholfen hat. Das ist alles.“


Fazit: Die Lektüre „Ein Professor für die Erdnuss“ machte großen Eindruck auf mich. Die Geschichte dieses kleinen Jungen mit dem unersättlichen Forschungsdrang, der in seinem Leben Außergewöhnliches bewirkt, hat mir nicht zuletzt aufgrund der hoch interessanten Thematik und dem wunderschönen Schreibstil ausgezeichnet gefallen. Es ist ein Buch, das ich auf jeden Fall als Lesehighlight bezeichnen möchte und uneingeschränkt weiterempfehle!



Veröffentlicht am 12.02.2019

„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

Die andere Hälfte des Herzens
0

„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“

Als ...

„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“

Als dem neunjährigen Logan Weber eine weitere Prügelattacke seines grausamen und jähzornigen Vaters droht, flüchtet er in Todesangst aus dem Haus, hetzt durch die Straßen und versteckt sich in einem Umzugswagen. Dieser Umstand rettet ihm vermutlich das Leben. Logans Vater Robert ist in alkoholisiertem Zustand ganz besonders reizbar, der psychisch labile Mann misshandelt seinen wehrlosen Sohn regelmäßig. Er verhindert jeglichen Kontakt des Jungen zu seiner Großmutter Nan, die ihn über alles liebt. Da Logan seit einem traumatischen Ereignis in seiner Kindheit nicht mehr sprechen kann, ist es ihm auch nicht möglich, sich während seines unfreiwilligen Transportes bemerkbar zu machen. Und so landet er am Ende einer langen Fahrt in einem anderen Bundesstaat. In seinem Versuch, sich alleine durchzuschlagen, bietet ihm ein stabil gebautes verlassenes Baumhaus auf einem bewaldeten Privatgrundstück Unterschlupf. Die Besitzerin des Geländes ist eine liebenswürdige alte Dame namens Joanne. Sowohl Joanne, als auch ihre neuen Nachbarn Paul und Laura, haben Mitleid mit dem kleinen Jungen. Sie ahnen jedoch nicht, in welcher Gefahr sie schweben. Denn der hasserfüllte und erbarmungslos brutale Vater ist vor Wut wie von Sinnen, nachdem sein Sohn es wagte, sich seiner körperlichen Züchtigung zu entziehen. Sowohl Logans Großmutter Nan, als auch sein Vater Robert versuchen, den Jungen aufzuspüren. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, und Logans einzige Chance besteht darin, dass Nan ihn zuerst findet.

Karen McQuestions traurige Geschichte eines Jungen, der unter der psychischen und körperlichen Misshandlung durch seinen Vater leidet und in dessen einsamen Leben es keine Liebe gibt, hat mich tief berührt. Erschüttert las ich von den Qualen, die er erleiden musste und bewunderte dabei seinen guten Charakter, den er sich trotz des fürchterlichen Umfelds, in dem er aufwachsen musste, bewahrte. Logans Liebe zu seiner Großmutter Nan durchzieht das gesamte Buch wie ein roter Faden – für Nancy Shaw bedeutet Logan die ganze Welt. Sie wird die Suche nach dem geliebten Enkelkind niemals aufgeben.

Die tragische Kindheit, von der Karen McQuestion hier erzählt, ist mit Sicherheit kein Einzelfall. Sie versteht es jedoch, Logans Schicksal auf unglaublich behutsame und emotional tief berührende Art und Weise zu vermitteln. Den Figuren dieser Handlung wurde große Authentizität verliehen, die permanente Bedrohung durch die Person des Robert Weber verlieh der Geschichte einen hohen Spannungsfaktor. Man erlebt hautnah die Furcht des kleinen Protagonisten und fiebert der unausweichlichen Konfrontation mit bangem Herzen entgegen. Besonders beeindruckt hat mich die Fähigkeit der Autorin, sich in ihre Figuren hineinzuversetzen. Sie beschreibt zudem auch die inneren Konflikte einiger Nebenfiguren, die Logan zwar helfen möchten, es aus bestimmten Gründen jedoch verabsäumten. Die aufwühlende Thematik sorgte zusammen mit der sehnsüchtigen Hoffnung auf einen Sieg über das Böse dafür, dass ich dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen konnte.

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“ Es stellt eine unglaubliche Leistung dar, angesichts Logans Schicksal den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. Zu dieser Einstellung hat aus meiner Sicht der positive Einfluss der herzlichen und liebevollen Großmutter in der frühen Kindheit eine ganze Menge beigetragen.

Fazit: „Die andere Hälfte des Herzens“ zählt für mich zu jenen seltenen Büchern, die ich ohne Zögern als einzigartig und unvergesslich bezeichnen kann. Diese Lektüre hat meinem Lesegeschmack in jeder Hinsicht entsprochen, mich unfassbar berührt und mir ein außergewöhnliches Leseerlebnis beschert. Ich habe während der gesamten dreihundert Seiten an Logans Seite mitgefiebert, seine Qualen wie auch seine Sehnsucht nach einem anderen Leben beinahe körperlich mitempfunden und seine innere Charakterstärke zutiefst bewundert. Ein absolutes Highlight, hervorragend umgesetzt durch eine Autorin, deren Namen ich mir unbedingt merken muss.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

Die Kreuzträgerin: Heldendämmerung
0

Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

„Ich heiße Anna Tanner. Ich erhebe meine Stimme für die Freiheit und für die Demokratie. Ich lasse mir nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. ...

Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

„Ich heiße Anna Tanner. Ich erhebe meine Stimme für die Freiheit und für die Demokratie. Ich lasse mir nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich glaube immer noch an das Leben, und ich glaube an die Liebe.“

Die gesuchte Rebellin und Volksheldin Anna Tanner hat einen Weg gefunden, unerkannt in den hermetisch abgeriegelten Teilstaat Mitteleuropa zurückzukehren, um Fluchtwillige aus dem Land zu schleusen. In Mitteleuropa gibt es keinen Respekt vor Menschenleben und keinen Platz für Schwäche, Angst bestimmt das Leben und Denken der Bevölkerung. Der menschenverachtende Despot Demokrit Magellan herrscht mit eiserner Hand, doch es werden immer mehr Stimmen laut, die ein Ende dieses Regimes fordern. Die gefährlichsten Aktivisten sind die sogenannten „Schwarzen Rächer“, eine aus gewaltbereiten finsteren Gestalten bestehende Gruppe, die sich als Volksbefreier präsentiert, dabei aber Schrecken verbreitet. Als die Situation im Land sich zuspitzt, bedarf es nur noch einer kleinen Ermutigung, um die einzelnen Untergrundorganisationen zu einen. Anna, die Tochter des legendären Rebellenkönigs Reinhold Tanner, scheint aufgrund ihrer Beliebtheit beim Volk die perfekte Kandidatin für diese Aufgabe zu sein. Doch selbst die kleinste Kritik gegen das Regime bedeutet in Mitteleuropa das Todesurteil. Ein halsbrecherisches Abenteuer beginnt, das sämtliche Beteiligten in Lebensgefahr bringt.

Lydia Schwarz hat mit ihrem dritten Roman „Heldendämmerung“ einen fantastischen Abschluss ihrer „Kreuzträgerin-Trilogie“ geschaffen. In diesem aufregenden finalen Band trifft man auf wohlbekannte Gesichter aus den Vorgängerbüchern, unter anderem auch Mitglieder der Christengruppe aus Annas Heimatstadt wie beispielsweise Norbert, Eunice und Giséle. Das Geschwisterpaar David und Stephanie Beyeler, Levin Morton Stanley sowie Annas Halbschwester Antonia begleiten die zweiundzwanzigjährige Protagonistin das gesamte Buch hindurch. Adonis Magellan versteht es wie so oft, sich geschickt zu tarnen und völlig unverhofft aufzutauchen. Als ihre erste große Liebe bringt der attraktive Mann mit den honigfarbenen Augen Annas Gefühlsleben erneut in Aufruhr. Es hat zudem den Anschein, dass der von Hass und Rachegelüsten zerfressene Ziehsohn des Diktators Demokrit Magellan nicht mit offenen Karten spielt. Ob er tatsächlich auf der Seite des Volkes steht, wie er nur allzu gerne betont? Lydia Schwarz zeichnet ein bedrohliches Bild einer vollständig reglementierten Gesellschaft, die ein fremdbestimmtes Leben führt, wo ausnahmslos perfekte Menschen geduldet sind, die lückenlos überwacht werden.

Die Autorin verlieh ihren handelnden Figuren allergrößte Authentizität und hat sie allesamt hervorragend charakterisiert. Lydia Schwarz präsentiert in diesem aufregenden Finale einige neue, hoch interessante Nebenfiguren. Der düster wirkende Chemondrio Damokles Pergamon, oder aber die regimetreue und gefährliche Humanita Perfecta namens Karneola Pankreas mit ihrer Assistentin Ignatia Orbis waren Beispiele dafür. Neben der tapferen, aber auch mitfühlenden und warmherzigen Anna galt meine größte Sympathie Kephas. Der Mann, dessen erste Begegnung mit Anna das Leben der jungen Apollinerin von Grund auf veränderte, wird als tief gläubiger Krieger des Lichts dargestellt. Ich habe ihn aufgrund seiner warmherzigen und liebevollen Art auf der Stelle ins Herz geschlossen. „Kephas hatte, wo immer er war, jedes einzelne Menschenleben berührt, durch seine sanfte Art, ein mitfühlendes Wort oder eine einfache Tat der Liebe. Sein Leben auf dieser Erde hat tiefgreifende Spuren hinterlassen.“

„Die Kreuzträgerin – Heldendämmerung“ ist ein faszinierendes, hoch spannendes, und rasantes Buch mit eindrucksvollen Protagonisten und ansprechendem Schreibstil, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Es wartet mit vielen Spannungselementen und einem hohen Unterhaltungswert auf und beinhaltet eine sehr ernste Thematik. Mein einziger Kritikpunkt ist die für meinen Geschmack viel zu kleine Schriftgröße mit zu engen Zeilenabständen, ein Umstand, der mein Lesevergnügen ein klein wenig beeinträchtigte.

Ich vergebe dennoch nur allzu gerne fünf Bewertungssterne und eine ganz klare Leseempfehlung für dieses Buch, bin jedoch der Meinung, dass eine Lektüre der beiden Vorgängerromane für das bessere Verständnis der Handlung sowie der Vergangenheit der Charaktere unabdingbar ist.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

Das Kind aus dem versteckten Dorf
0

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

„Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. ...

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

„Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. Pass auf, oder es kostet dich das Leben.“

Indem Gerrit de Vries im Kriegsjahr 1943 einer jüdischen Familie auf seinem Bauernhof in Vierhouten Unterschlupf gewährt, riskiert der alleinerziehende Vater nicht nur sein eigenes Leben. Als er denunziert und von Soldaten mitgenommen wird, die auch nach seiner neunjährigen Tochter Mentje suchen, findet diese in einem „Pass-Auf-Lager“ mitten im Wald Unterschlupf. Als einzige Nichtjüdin und traumatisiert von der Verschleppung ihres Vaters fühlt das Mädchen sich einsam. Ungewissheit, Angst und Kummer sind ihre täglichen Begleiter, doch letztendlich siegt ihr Überlebenswille. „Den Mut verlieren, heißt alles verlieren“ ist ab sofort ihre Devise. Und obgleich Mentje bereits vor diesen Ereignissen eine eigenwillige und starke Persönlichkeit war, wächst sie infolge der Ereignisse noch weit über sich hinaus.

Tinus van Jaarsveld lebt bei seinen Großeltern im Bosveld und erfuhr bereits in frühen Jahren einen schweren Verlust: das Land und die Farm seiner Familie wurden versteigert. Tinus schwörte bereits als kleiner Junge, nicht eher zu ruhen, bis er sein geliebtes „Buffelspoort“ eines Tages zurückkaufen kann. Jahre später meldet er sich freiwillig und absolviert eine Fallschirmjägerausbildung in England. In der Schlacht um Arnheim kreuzen sich schließlich die Wege von Tinus und Mentje.

„Ein Fädchen von nur sieben Tagen gemeinsamer Erinnerungen verbindet Tinus und Mentje über die Kontinente und Jahreszeiten hinweg. Sie haben gemeinsam Dinge durchgestanden, von denen andere Menschen in diesem Land keine Ahnung haben.“

Irma Joubert verknüpft in ihrer aktuellen Neuerscheinung gekonnt fiktive Ereignisse mit wahren Begebenheiten. Die exzellente Recherche der historischen Fakten bildet eine perfekte Grundlage für diesen Roman. Der Autorin ist darüber hinaus ein wunderschöner Schreibstil zu eigen. Ihre gewählte Ausdrucksweise, die bildhaften Beschreibungen und fantastisch ausgearbeitete Charaktere, denen sie viel Raum und große Authentizität verleiht, haben mir ausgesprochen gut gefallen. Grundsätzlich bevorzuge ich in Büchern die gängige Zeitform des Präteritums/Vergangenheitsform. Irma Joubert ist jedoch eine der seltenen Autoren, bei der ich mich aufgrund des ausgezeichneten Inhalts mit ihrer favorisierten Erzählform Präsens arrangieren kann.

Mentje de Vries stellt eine äußerst vielschichtige und starke Protagonistin dar. Die einige Jahre umfassende Handlung mit den Ereignissen in Vierhouten, im „Pass-Auf-Lager“ und schließlich in Arnheim trugen dazu bei, dass Mentje sehr schnell erwachsen werden musste. Ich brachte auch dem großen, stillen Buren Tinus van Jaarsveld große Sympathie entgegen. Meine favorisierten Figuren waren jedoch die beiden Widerstandskämpfer Opa Bakker und Tante Cor sowie das Ehepaar Simon und Miempie. Dem impulsiven, unbeholfenen und im Grunde sehr ängstlichen Cousin Mentjes stand ich anfangs skeptisch gegenüber. Er war jedoch jene Figur, die aus meiner Sicht die größte Wandlung durchmachte und mich positiv überraschte.

Der christliche Glaube nimmt bei Irma Joubert einen hohen Stellenwert ein, so auch in diesem Buch. Während Mentjes tief gläubiger Vater Gerrit de Vries seiner Tochter christlichen Werte vorlebte, hadert das Mädchen einige Zeit mit Glaubenszweifeln. Der Glaube wird dezent in die Handlung eingeflochten und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Fazit: „Das Kind aus dem versteckten Dorf“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte besonders den exzellenten Schreibstil, die wunderschön ausgearbeiteten Charaktere und die hervorragende Recherchearbeit hervorheben, die dem Leser den Kampf niederländischer Freiheitskämpfer gegen die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs deutlich vor Augen führten. Fünf Bewertungspunkte und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 07.02.2019

Manchmal ist es ein Zeichen wahrer Liebe, wenn man loslässt

Das Mädchen, das den Blumen zuhörte
0

Manchmal ist es ein Zeichen wahrer Liebe, wenn man loslässt

Antoinette und Lily Martin sind zwei ziemlich unterschiedliche Schwestern, doch sie lieben sich von ganzem Herzen. Der Tod ihrer Eltern hinterließ ...

Manchmal ist es ein Zeichen wahrer Liebe, wenn man loslässt

Antoinette und Lily Martin sind zwei ziemlich unterschiedliche Schwestern, doch sie lieben sich von ganzem Herzen. Der Tod ihrer Eltern hinterließ bei den beiden eine große Lücke, und die alleinerziehende Rose war auf die Hilfe ihrer Schwester Lily angewiesen. Aufgrund eines Zerwürfnisses sprachen die beiden jedoch nicht mehr miteinander. Rose blieb auf der Eden Farm in Redbud, Kentucky, während Lily in ein altes Backsteinhaus in Covington am Südufer des Ohio zog. Sie sehnt sich verzweifelt nach der Heimat, der geliebten Blumenfarm, doch weder Rose, noch sie selber schaffen es, den ersten Schritt aufeinander zuzugehen. Erst ein Hilferuf der schwer erkrankten Rose durchbricht die Mauer, die Lily um sich herum aufgebaut hatte, und sie macht sich auf den Weg nach Hause.

Stephanie Knipper erzählt die berührende Geschichte eines jungen Mädchens, das ganz genau wusste, was es bedeutete, anders zu sein. Lily Martin sehnte sich ihr gesamtes Leben lang danach, so zu sein wie ihre strahlende, beliebte und quirlige Schwester Rose. Beide Frauen haben mit ihren Einschränkungen zu kämpfen. Die Autorin wartet mit sehr authentischen und liebevoll ausgearbeiteten Charakteren auf, die ich auf der Stelle ins Herz geschlossen hatte. Rose Martin musste viele ihrer Hoffnungen und Pläne begraben, durfte aber durch die Geburt einer Tochter allergrößtes Glück erleben. Die Andersartigkeit der kleinen Antoinette stellt jedoch eine riesengroße Herausforderung für sie dar. Ihre Ängste, die Kraft, die sie aufbringen muss, um mit der Situation fertig zu werden, und ihre Sehnsucht nach Versöhnung mit der entfremdeten Schwester wurden unglaublich berührend dargestellt. Lilys kleine Eigenheiten erinnern oftmals an jene ihrer Nichte Antoinette. Das ungewöhnliche Mädchen, das nie zu sprechen lernte, jedoch über eine hohe Intelligenz verfügt und heilende Fähigkeiten besitzt, hat mich fasziniert. Antoinette zeigt zwar Symptome autistischen Verhaltens, ist aber dennoch nicht als klassische Autistin einzustufen. Um das Mädchen herum passieren Dinge, die sich niemand erklären kann. Ganz besonders beeindruckt hat mich die Fähigkeit der Autorin, die innere Welt dieses ganz besonderen Kindes darzustellen, ihre permanente Reizüberflutung zum Ausdruck zu bringen und sich trotz ihrer Unfähigkeit zu sprechen mit jenen Menschen, die ihr nahestehen, zu verständigen. Um anderen Lesern den Lesegenuss nicht zu schmälern, werde ich auf die Handlung und die Figuren nicht näher eingehen. Ich möchte jedoch anmerken, dass Stephanie Knipper durch die beiden Nebenfiguren William Grayson und Seth Hastings zwei ganz besondere Charaktere in die Handlung einbrachte, die nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass ich dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen konnte.

„Das Mädchen, das den Blumen zuhörte“ ist eine in äußerst einnehmendem Schreibstil und in wunderschöner Sprache erzählte Geschichte mit tiefen Emotionen, die mir ausgezeichnet gefallen hat. Ich habe jede einzelne Seite dieser Lektüre genossen und kann sie uneingeschränkt weiterempfehlen.