Profilbild von libri-amici

libri-amici

Lesejury Star
offline

libri-amici ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit libri-amici über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2018

Wolkengänger

Wolkengänger
0

Alan Philips schildert durch seinen Protagonisten „Wanja“, der nach seiner Adoption als John Lahutsky in Amerika lebt, in oftmals nüchternen Worten und mit schockierenden Details das Leben der russischen ...

Alan Philips schildert durch seinen Protagonisten „Wanja“, der nach seiner Adoption als John Lahutsky in Amerika lebt, in oftmals nüchternen Worten und mit schockierenden Details das Leben der russischen Waisenkinder, nachdem sie in staatliche Obhut übergeben wurden. Die Diagnose einer Behinderung, egal, ob sie nun körperlicher oder geistiger Art ist, war für viele Kinder des Babyhauses ein Todesurteil. Lebenslänglich eingesperrt, zum Teil bewegungsunfähig gemacht durch Fixieren an Stühlen, Einsperren in Gitterbetten, Isolation und Sedieren durch diverse Medikamente fristeten diese Kinder ein erbärmliches und menschenunwürdiges Dasein.

Aufgrund des Glossars gehe ich davon aus, dass diese Zustände bei weitem nicht behoben sind, sich vermutlich nicht einmal viel geändert haben. Die Biografie dieses tapferen Jungen mit dem unbändigen Lebenswillen macht nicht nur Mut für andere Betroffene, ich verstand es viel mehr als Mittel zum „Aufrütteln“, zum Aufzeigen grausamster Missstände und als Aufruf zu Helfen.

Der Autor bemüht sich um Sachlichkeit, durch die Nebenfiguren kommen jedoch auch Emotionen zur Sprache, die das Buch umso realisitischer machen. Die Gleichgültigkeit und oftmals Grausamkeit vieler Pfleger in den Einrichtungen stehen im krassen Gegensatz zur liebevollen Betreuung und zum Kampf gegen die starren Strukturen in Gestalt freiwilliger Helfer.

Im Anhang wird erwähnt, dass einige Nebenfiguren und deren Lebensumstände aus Gründen des Datenschutzes absichtlich nur oberflächlich gezeichnet waren. Trotzdem hatte ich stets das Gefühl, mehr über diese Personen wissen zu wollen, um vielleicht auch ein Verstehen für die Beweggründe Wanjas Mutter, der restlichen Familie, den anderen Pflegekindern und auch dem innerlich verhärteten Pflegepersonal aufbringen zu können.

Es handelt sich hierbei um eine gebundene Ausgabe mit eindrucksvollem Cover – ein magerer Junge, der scheinbar im „Nichts“ balanciert … schlicht, ohne großartige Effektheischerei – aber dafür umso eindrucksvoller. Die Angabe der Jahreszahlen bei den einzelnen Kapiteln ist sehr hilfreich für das Verständnis, lediglich von der dürftigen Anzahl der Bilder war ich enttäuscht. Im Anhang wird von einer großen Menge an Bildmaterial gesprochen – dies teilweise auch im Buch zu verwenden hätte den Eindruck des geschriebenen Wortes noch verstärken können. Wirklich schade!

Eine großartige Biografie, die dazu beiträgt, die Scheuklappen, mit denen wir oftmals durch den Alltag hetzen, während wir uns um unwichtige Nebensächlichkeiten kümmern, ein wenig zur Seite zu schieben. Ein Buch mit wahrhaft schockierendem Inhalt, oftmals zu Tränen rührend – aber so realistisch, dass es den Leser atemlos zurücklässt. Mein allergrößter Respekt gebührt diesem mutigen Waisenjungen Wanja, der in seiner hoffnungslosen Lage niemals aufgibt und es schafft, den Weg in ein menschenwürdiges, lebenswertes Leben zu gehen.

5 Sterne!


(Rezension zur Printausgabe)




Veröffentlicht am 17.04.2018

Mein Findelhund

Mein Findelhund
0

„Mein Findelhund“ von Petra Durst-Benning zu lesen war ein Lesegenuss, der meinen gesamten Tag verschönte. Die Eposioden um Eric, den eigentlichen Protagonisten, waren zum Teil köstlich-amüsant, zum Teil ...

„Mein Findelhund“ von Petra Durst-Benning zu lesen war ein Lesegenuss, der meinen gesamten Tag verschönte. Die Eposioden um Eric, den eigentlichen Protagonisten, waren zum Teil köstlich-amüsant, zum Teil unterhaltsam-lehrreich und beim „Vermächtnis eines Hundes“ zu Tränen rührend. Ich habe nicht nur mein gesamtes Leben mit Hunden verbracht, sondern zudem scheinbar noch die gleiche Einstellung zu diesen wundervollen Lebewesen wie die Autorin.

Schon bei den ersten Seiten begann ich, Passagen, die mir „auf den Leib geschrieben waren“, zu markieren. Nun, nach der letzten Seite, stelle ich fest, dass das gesamte Buch mit Randnotizen versehen ist.

Die vielen Parallelen aufzuzählen wäre Rahmen sprengend. Ich kann aber ruhigen Gewissens behaupten, dass es kaum ein Thema gibt, das Petra Durst-Benning ausgelassen hat.

Sie widmet sich sowohl der Überlegungen vor dem Einzug eines Welpen in das neue Heim als auch dem Kauf von Zubehör, Futter und der Erziehung. Weiters beschäftigt sie sich mit alternativen Ernährungsformen, dem Tierarztbesuch, der richtigen Sozialisation, Hundespielen und Hundesportarten und sie beschreibt in liebevollen Details, wie Eric sich hierbei anstellt.

„Mein Findelhund“ ist eine Lektüre, die ich jedem Hundeliebhaber ans Herz legen möchte. Petra Durst-Bennings Schreibstil vermittelt eine große Liebe zu Hunden und ich werde ihr großartiges Buch wohl vermehrt guten Freunden und Bekannten, die ebenfalls mit treuen Vierbeinern im Haus leben, weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Die verborgene Sprache der Blumen

Die verborgene Sprache der Blumen
0

Vanessa Diffenbaugh legt uns mit ihrem Roman „Die verborgene Sprache der Blumen“ exakt das nahe, was bereits der Titel besagt: die Sprache der Blumen. Kaum jemand weiß um die verborgenen Bedeutungen der ...

Vanessa Diffenbaugh legt uns mit ihrem Roman „Die verborgene Sprache der Blumen“ exakt das nahe, was bereits der Titel besagt: die Sprache der Blumen. Kaum jemand weiß um die verborgenen Bedeutungen der einzelnen Arten und die meisten kaufen sie aufgrund ihrer Optik oder weil sie positive Erinnerungen damit verbinden.

Vanessa Diffenbaugh führt ihre Leser anhand der Protagonistin Victoria, in die wunderbare und geheimnisvolle Welt der Blumen ein, jedoch ohne auch nur im Geringsten langweilig zu wirken oder zu viel zu fachsimpeln. Die Geschichte, die sie auf meisterhafte Art und Weise mit der Sprache der Blumen zu verflechten verstand, ist anrührend, bezaubernd und tief beeindruckend. Sie erzählt in zwei Handlungssträngen – zum einen beginnt sie mit der Zeit, als das minderjährige Waisenkind Victoria zahlreiche Vermittlungsversuche in Pflegefamilien durchmachen und immer wieder Enttäuschungen erleben muss, zum anderen mit dem Eintritt der volljährig gewordenen Victoria ins Berufs- und Erwachsenenleben. Nach und nach erfährt man mehr über ihre Lebens- und oftmals auch Leidensgeschichte und die beiden Erzählstränge finden immer näher zu einander.

Die Geschichte um Victoria ist voller Gefühle, Tragik, Leid, aber auch voller Hoffnung und Mut. Als ein Mann ins Leben der Protagonistin tritt, der als einer der wenigen Menschen ebenfalls die Sprache der Blumen versteht, kommt mit ihm auch das Glück der ersten Liebe in Victorias Leben. Was ich der Autorin sehr hoch anrechne ist die Tatsache, dass sie keinen bloßen Frauen- oder Liebesroman aus der Geschichte fabrizierte, sondern dass ihr Bemühen um das Skizzieren der gesamten Gefühlsskala dieser jungen Frau, sämtliche Höhen und Tiefen ihres bereits so ereignisreichen und teilweise schicksalsgeprüften Lebens mit einem Roman gekrönt wurde, der sich als wahre Perle erweist.

Die Protagonisten sind sehr glaubwürdig und beeindruckend gezeichnet, dabei auch Emotionen weckend, und man hat doch tatsächlich Mühe, wieder in die Realität zurück zu finden. Man kann sogar manche im ersten Moment krass erscheinende Handlungsweisen nachvollziehen und verstehen und auch wenn der Leser bestimmte Dinge nicht gut heißen kann, vermag er seine Protagonisten ob ihren Schwächen auch nicht zu verdammen. Die Autorin widmet sich liebevoll ihren Hauptakteuren Victoria, Grant und Elizabeth, auf die Nebenfiguren wird dabei aber ebenso gründlich genug eingegangen, um deren Beitrag zum Geschehen glaubwürdig zu machen.

Diffenbaugh fesselt den Leser dieses Buches nicht mit rasanter Spannung, sondern mit tiefen Gefühlen und Neugier auf die weitere Entwicklung an den Plot. Es wechseln Passagen, die emotionsgeladen sind, mit jenen, wo die Geschichte eher ruhig, jedoch um nichts weniger gefühlsbetont, verzaubert. Das gesamte Buch wird dabei niemals langatmig, es zieht den Leser mit jeder Seite tiefer in seinen Sog. Ich musste zu meinem Erstaunen feststellen, dass ich erst spät merkte, dass dieser Roman in der Ich-Form geschrieben war. Normalerweise lege ich solche Bücher sofort wieder aus der Hand, hier aber wertet dieser Schreibstil die Geschichte meines Erachtens sogar noch auf.

Fazit: „Die verborgene Sprache der Blumen“ ist ein sehr beeindruckendes Buch. Es hat mich nicht nur inhaltlich berührt und begeistert, es gelang der Autorin sogar, mich für eine Welt zu erwärmen, die mir bisher verschlossen war: Die Welt der Blumen.

Ein wunderschönes Leseerlebnis, das ich tief beeindruckt weiter empfehlen möchte.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Es war einmal...

Wo dein Herz zu Hause ist
0

Es war einmal eine große Liebe zwischen einem Jungen und einem Mädchen. Der plötzliche Tod seines Vaters, die Brutalität ihres Stiefvaters, eine unerwartete Schwangerschaft und der einsame Tod …

Anna ...

Es war einmal eine große Liebe zwischen einem Jungen und einem Mädchen. Der plötzliche Tod seines Vaters, die Brutalität ihres Stiefvaters, eine unerwartete Schwangerschaft und der einsame Tod …

Anna McPartlin spielt mit den Emotionen des Lesers und erzählt eine traurige Geschichte. Jedoch versteht sie es, auch Liebe, Hoffnung und das Zurückfinden ins Leben in den Plot zu verflechten und zieht den Leser langsam ins Geschehen hinein. Die Autorin beschreibt eine Familientragödie und ihre Folgen – eine verwirrte Protagonistin, die nicht weiß, wo ihre Wurzeln sind – Themen, die zu Herzen gehen und dem Leser eindrucksvoll nahe gebracht werden. Eine gute Story, gefühlvoll umgesetzt und mit einer Prise Spannung aufgewertet!

Anna McPartlin erzählt die Geschichte der Protagonistin Harri aus der Sicht der Autorin – zugleich aber auch in Rückblenden durch die Erzählform des Tagebuches eines anderen Mädchens. Die Geschichten der beiden Mädchen wechseln sich ab – ein Kapitel spielt in der Gegenwart, als Hauptperson Harri, das nächste Kapitel stellt eine Eintragung im Tagebuch von Liv dar, das in den 1980ern spielt. Erst nach und nach fügen sich die beiden Lebensberichte zusammen und ergeben einen Sinn. Und erst nach und nach taucht der Leser ins Geschehen ein, begreift Zusammenhänge, verknüpft lose Enden. Und mit jedem Kapitel gelingt es McPartlin, Verständnis zu wecken, den Leser auch emotional mit einzubeziehen.

Der große Moment der Enthüllung, das Aussprechen eines lange gehüteten Familiengeheimnisses, ist der eigentliche Höhepunkt im Geschehen. Mit dieser Enthüllung werden Dinge ins Laufen gebracht, die vor Jahren begonnen nun endlich ein Ende finden. Verständnis und Versöhnung, Verzeihen und Neubeginn – ohne zu viel über den Inhalt zu verraten freue ich mich anmerken zu dürfen, dass McPartlin ein Happy End gelungen ist, das ich weder kitschig noch sentimental, sondern vielmehr als herzerwärmend nennen würde.

McPartlin schreibt lebhaft, benutzt den Dialog zwischen Menschen, um Inhalte aus deren Gedanken- und Gefühlswelt zu vermitteln und verwendet sehr oft kursive Schrift, wenn sie die unausgesprochenen Gedanken der handelnden Personen ausdrückt.

Die Figuren dieses Romans sind überzeugend, detailliert und lebensnahe dargestellt – sie wirken lebendig und beziehen den Leser emotional ein. Besonders Augenmerk legt McPartlin auf die Protagonistin Harri, sie vergisst aber dabei nicht auf die Nebenpersonen. Harri ist ein Familienmensch und hängt sehr an ihren Freunden – die Autorin schafft es mühelos, sie alle ins Geschehen mit einzubeziehen, ohne auch nur eine Person dabei zu vernachlässigen. Man bringt Verständnis für die Handlungen und Fehler der Figuren auf und es gibt in diesem Roman nicht einfach ein „Schwarz-Weiß-Denken“ – die Protagonisten sind Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen.

Fazit: Das Buch „Wo dein Herz zu Hause ist“ ist keine schwere Kost, sondern eine Lektüre für einen netten Nachmittag auf der Couch. Darüber hinaus strotzt es jedoch von Emotionen und beschert durch das Happy End ein wohlig-warmes Gefühl nach dem Lesen.

Durchaus zu empfehlen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Eine zufällige Begegnung

Eine zufällige Begegnung
0

Das Aufeinandertreffen von Elsie und Stan in einem Bus kann man im wahrsten Sinne des Wortes als „eine zufällige Begegnung“ bezeichnen.

Elsie, die aufgrund ihrer erschreckenden Hässlichkeit ein Dasein ...

Das Aufeinandertreffen von Elsie und Stan in einem Bus kann man im wahrsten Sinne des Wortes als „eine zufällige Begegnung“ bezeichnen.

Elsie, die aufgrund ihrer erschreckenden Hässlichkeit ein Dasein am Rande der Gesellschaft führt, erkennt in Außenseiter Stan, einem Mörder und ehemaligen Häftling, eine verwandte Seele. Was Charles Chadwick aus dieser Begegnung konstruiert, ist ein Roman, der realistisch und dennoch sehr einfühlsam das Leben dieser beiden vom Schicksal geschlagenen Menschen erzählt. Das Buch entwickelt eine Tiefe, die den Leser bis ins Innerste zu erschüttern vermag. Der Autor verzichtet zwar auf eine detaillierte Beschreibung des optischen Erscheinungsbildes seiner Protagonistin Elsie, geht aber verstärkt auf ihr Innenleben ein. Er bringt dem Leser die reiche Gefühlswelt dieser starken Persönlichkeit nahe, erzählt von Elsies Hoffnungen und Träumen, ihrem Sinn für Ästhetik und ihrer Leidenschaft für schöne Gartenanlagen. Er beschreibt die vorsichtige Annäherung, den Versuch einer Aussprache mit dem Vater, der in jungen Jahren die Familie verließ, und geht auch auf die Reaktionen der Mitmenschen auf Elsies Äußeres ein.

Charles Chadwick verführt mit seinen Dialogen, offenbart letztendlich auch die inneren Konflikte der nahen Angehörigen, die zwischen Abwehr und Mitgefühl schwanken.

Dieser Roman ist ein außergewöhnliches Porträt zweier Menschen, dessen Lektüre noch lange nachwirkt. Eine Geschichte, die berührt. Ich möchte dem interessierten Leser folgende Passage nicht vorenthalten, die mich besonders betroffen machte. Eine Aussage, die den innersten Schmerz Elsies ausdrückt und eine Fassungslosigkeit ob der Gedankenlosigkeit der Menschen um sie herum erzeugt:

„Es war so ziemlich das Schlimmste, wenn Leute zum Beispiel freundlich zu ihr sein wollten und Interesse zeigten, eigentlich aber nur herausfinden wollten, wie schrecklich ihr Leben wirklich war. Keine der Fragen hatte je irgendeine Bedeutung. Und dann wurde sie plötzlich ignoriert. Niemand fragte sie, wie es war, sehr hässlich zu sein und dann plötzlich so viele Fragen gestellt zu bekommen.“