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Veröffentlicht am 16.04.2018

WUNDER

Wunder
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„Ärzte kommen aus entfernten Städten, nur um mich zu sehen, sie stehen an meinem Bett und glauben nicht, was sie sehen. Sie sagen, ich muss eins dieser Wunder von Gottes Schöpfung sein, und soweit sie ...

„Ärzte kommen aus entfernten Städten, nur um mich zu sehen, sie stehen an meinem Bett und glauben nicht, was sie sehen. Sie sagen, ich muss eins dieser Wunder von Gottes Schöpfung sein, und soweit sie sehen, können sie keine Erklärung geben. Ich heiße übrigens August. Ich werde nicht beschreiben, wie ich aussehe. Was immer ihr euch vorstellt – es ist schlimmer. Ich wünschte, jeder Tag wäre Halloween. Wir könnten alle immerzu Masken tragen. Dann könnten wir uns in Ruhe kennenlernen, bevor wir zu sehen kriegen, wie wir unter den Masken aussehen.“

August Pullman lebt mit seinen Eltern und seiner Schwester Olivia in New York, in North River Heights, der äußersten Spitze Manhattans. Ein mutiertes Gen führte bei ihm zu einer bislang unbekannten Art des Treacher-Collins-Syndroms. Auggie, wie der kleine Junge von seiner Familie liebevoll genannt wird, wurde in den ersten zehn Jahren seines Lebens bereits 27 Mal am Gesicht operiert und hatte aus diesem Grund bislang auch nie eine richtige Schule besucht. Nun soll Auggie jedoch in die fünfte Klasse kommen und obgleich er große Angst davor hat, willigt er in das Vorhaben seiner Eltern ein und wird in die Beecher Prep-Schule aufgenommen. Auggie ist es zwar gewöhnt, angestarrt zu werden und es ist auch nichts Neues für ihn, dass er die anderen Schüler verunsichert, dennoch wünscht er sich nichts sehnlicher, als nicht aufzufallen, ein ganz normaler Junge zu sein, Freunde zu finden. Auggie ist großzügig, klug, witzig und hat viel Mut und Kraft, doch das „Ganz-schnell-woanders-Hinschauen“ der Menschen, die ihm begegnen, lässt ihnen kaum eine Chance, sich auf ihn einzulassen, ihn frei von Vorurteilen kennen zu lernen. Der kleine August, bislang im Schoß seiner liebevollen Familie geborgen, wagt die ersten Schritte in die Selbständigkeit. Für den Jungen sind dies Stunden und Tage voller Unsicherheit und Ängste, doch auch seiner Mutter fällt das Loslassen schwer. Die ehemalige Kinderbuchillustratorin hatte ihren Beruf an den Nagel gehängt, um sich nur noch um ihre Familie zu kümmern und fürchtet nun, dass ihr Sohn der Grausamkeit seiner Mitschüler wenig entgegen zu setzen hat. Auggies Schwester Olivia, „Via“ genannt, liebt ihren Bruder über alle Maßen. Dennoch leidet auch sie unter den oftmals brüskierenden Reaktionen der Mitmenschen auf das Äußere Auggies, nur allzu oft verteidigt sie ihren kleinen Bruder und nimmt ihn in Schutz. Auggies Start in der Schule steht unter keinem guten Stern, und die Unsicherheit vieler Mitschüler äußert sich in Hänseleien, Ausgrenzung und direkte Konfrontationen. Doch Auggie geht seinen Weg – einen Weg, der sehr viele Hürden aufweist, ihn aber stärker, weiser und zum Erstaunen aller beliebter macht, als je zuvor.

Die Geschichte dieses stark missgebildeten Kindes hat mich überwältigt. Raquel J. Palacio ist es vortrefflich gelungen, dem Leser dieses außergewöhnliche Kind in einem Balanceakt zwischen Sachlichkeit und tiefen Emotionen nahe zu bringen. Der Roman wurde in 8 Kapitel eingeteilt, in denen jeweils ein anderer Protagonist die Geschehnisse aus seiner Sicht schildert. Diese Vorgehensweise bringt klar und deutlich die Gefühle, die Motivationen und die Gedanken der handelnden Personen zum Ausdruck und man darf Auggie aus vielen verschiedenen Perspektiven kennen lernen. Die größte Aufmerksamkeit wird – natürlich – August Pullman zuteil. Die Autorin widmet sich jedoch auch sehr intensiv Auggies Schwester Olivia, die aufgrund seiner Erkrankung von jeher im Schatten ihres Bruders lebt und rasch selbständig und erwachsen werden muss. Ihre Mutter ist ihrer Ansicht nach viel zu oft „Augusts Mum“, anstatt „Vias Mum“ zu sein, sie fühlt sich vernachlässigt und entwickelt sofort darauf Schuldgefühle ob ihrer Gedanken. Via möchte von ihrer Umwelt nicht darauf reduziert werden, die Schwester eines entstellten Jungen zu sein und schämt sich oftmals für Auggie – doch auch dies bereitet ihr großes Unbehagen und stürzt sie in Gewissenskonflikte. Der flüssige Schreibstil und die spannende Art zu Erzählen brachten mich dazu, das Buch an einem Tag auszulesen, an eine Unterbrechung war nicht zu denken. Auggies Geschichte ist berührend, aber nicht rührselig. Sie erweckt Mitleid mit diesem tapferen Jungen, wurde aber nicht mitleidheischend geschrieben. Sie erzählt vom schlechten Kern der Menschen, weist aber auch auf das Gute in ihnen. Und sie erzählt davon, dass echte Größe nicht darin liegt, stark zu sein, sondern, die eigene Stärke auf die richtige Weise zu benutzen …

Dem kurzen, aber zu 100% zutreffenden Zitat des Guardian auf dem Cover kann ich nur zustimmen: es handelt sich bei „Wunder“ um ein Buch, das zum Weinen bringt. Es vermittelt Kummer, tiefe Verletzungen und ein breites Spektrum an Gefühlen. Man lacht, weint und leidet mit Auggie … aber am Ende des Buches weint man vor Freude. Die wenig ansprechende Gestaltung des Buchcovers hätte mich niemals zu dessen Lektüre bewogen. Daher freue ich mich umso mehr, mich aufgrund wunderschöner Rezensionen zum Kauf entschlossen zu haben. „Wunder“ ist ein unglaublich gefühlvolles Buch, das ich jedem Menschen ans Herz legen möchte.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Vertauschte Leben

Vertauschte Leben
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„Ich denke, also bin ich. Ich plane, also bin ich. Ich produziere, also bin ich. Und ich bin geliebt, also bin ich. Wertvoll ist, wer geliebt wird. So einfach war das. Unglaublich.“

Dieses Buch erschlich ...

„Ich denke, also bin ich. Ich plane, also bin ich. Ich produziere, also bin ich. Und ich bin geliebt, also bin ich. Wertvoll ist, wer geliebt wird. So einfach war das. Unglaublich.“

Dieses Buch erschlich sich mein Interesse durch den Klappentext, der von einem schrecklichen Irrtum in einem Krankenhaus erzählt, von einem Chaos in einer Nacht, in der zwei Jungen geboren wurden. Eine Verwirrung, die dazu führte, dass die Babys vertauscht wurden. Und ein Leben führten, für das sie ursprünglich nicht bestimmt waren … oder doch?

Wer sich von diesem Roman eine dramatische und zu Tränen rührende Geschichte erhofft, wird vermutlich enttäuscht werden. Dieses Buch entbehrt allzu große Spannung, ist leise, unaufdringlich und wird von einigen Rezensenten sogar als „streckenweise langatmig“ tituliert. Für meinen Geschmack zu unrecht. Ich habe die ruhige, bedächtige Art der Autorin, die Geschichten von Tim und David langsam aufzurollen, genossen. Ich mochte ihre anschaulichen Beschreibungen und die wundervolle Ausarbeitung der einzelnen Charaktere dieser beiden Familien, und fand es hoch interessant, deren Lebenseinstellungen und Wertvorstellungen sowie ihren Umgang miteinander kennen zu lernen. Ich genoss die Diskussionen und Gespräche, in denen es meist über tiefgründige Themen ging, und ich fand die Art und Weise, wie Birgit Gassmann das Gefühlschaos beschrieb, das die Entdeckung dieses folgenschweren Irrtums vor beinahe 18 Jahren mit sich zog, zutiefst beeindruckend. Dieses Buch geht tief unter die Haut. Es ist nicht mitleidheischend oder rührselig, aber sehr emotional. Es möchte nicht bekehren, veranlasst aber zu nachdenklichen Reflexionen über sich selber. Was macht meinen Wert aus? Wann ist der Mensch etwas wert und wie misst man diesen Wert? In Gesprächen zwischen Tim und seiner leiblichen Schwester Katrin werden plötzlich viele Dinge klarer, verständlicher. Die Themenfülle in „Vertauschte Leben“ ist beeindruckend und wer sich darauf einlässt, darf eine breite Palette an Gefühlen an der Seite der Protagonisten durchleben und erhält vielleicht auch Antworten auf grundsätzliche Fragen über die Religion und Gott. Ich habe jede einzelne Seite dieses Romans genossen und zähle „Vertauschte Leben“ zu einem meiner größten Lesehighlights des heurigen Jahres.


(Rezension zum Printexemplar)

Veröffentlicht am 16.04.2018

Kann es wirklich Liebe sein?

Kann es wirklich Liebe sein?
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Karen Witemeyer, bekannt für ihre historischen Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen Botschaft, hat es geschafft, mich zu verzaubern. Sie erzählt im vorliegenden Buch die Geschichte ...

Karen Witemeyer, bekannt für ihre historischen Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen Botschaft, hat es geschafft, mich zu verzaubern. Sie erzählt im vorliegenden Buch die Geschichte der zehnjährigen Meredith Hayes, die auf dem Grundstück der Familie Archer verletzt und vom ältesten Sohn Travis gerettet wird. Fortan schwärmt sie von dieser kurzen Begegnung und dem Jungen, den sie nie mehr vergessen konnte. Als sie viele Jahre später als junge Vollwaise, die bei ihrem Onkel lebt, von einer gefährlichen Intrige gegen die Archer-Brüder erfährt, macht sie sich kurz entschlossen auf, um sie zu warnen und auf diese Weise Travis seine Hilfsbereitschaft vor vielen Jahren zu vergelten. Doch die Ereignisse auf der Farm überstürzen sich und es müssen folgenschwere Entscheidungen getroffen werden…

Der Grund für meine Begeisterung betreffend dieses Buch sind nicht nur der wunderschöne Schreibstil oder die Herz erwärmende Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten. Vielmehr hat mich auch der Umgang zwischen den Brüdern und die uneigennützige Hilfe zwischen den Nachbarn berührt. Letztendlich überzeugte mich aber der tiefe Glaube, der hinter dem Denken und Handeln der Figuren dieses Romans steht. Mich in diese Welt für einen Nachmittag lang hinein versetzen zu können, war ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Für meine Person wird es auf jeden Fall weitere Bücher dieser Autorin, und auch weitere Bücher dieses Verlags geben.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß
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„Eine Lady nach Maß“ ist jenes Buch von Karen Witemeyer, das mich am meisten berührt hat. Die Autorin ist bekannt für ihre historischen Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen ...

„Eine Lady nach Maß“ ist jenes Buch von Karen Witemeyer, das mich am meisten berührt hat. Die Autorin ist bekannt für ihre historischen Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen Botschaft. Mit Hannah Richards erschuf sie eine mutige, warmherzige Protagonistin, die ihr Leben Gottes Hände anvertraut. Die junge Frau wagt es nach einer großzügigen Erbschaft nach dem Tod ihrer Kundin, Miss Victoria Asmont, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Aus der jungen, talentierten Schneiderin wird die Besitzerin eines eigenen Modegeschäfts, die selbstbewusst und offen auf die Einwohner der Kleinstadt Coventry zugeht. Bereits bei ihrer Ankunft trifft sie auf den mürrischen Stallbesitzer Jericho Tucker, von allen nur „J.T.“ genannt. Seine unangebrachte Ablehnung ihr gegenüber und seine starren Ansichten halten ihn dennoch nicht davon ab, seine Nachbarin zu unterstützen. Durch Jericho lernt Hannah auch sehr rasch dessen Schwester Cordelia kennen, mit der sie sich sofort anfreundet. Als Cordelia Hannah um ihre Hilfe bittet, beginnt diese behutsam, kleine Veränderungen an der Freundin vorzunehmen. Eine Aktion, die Jericho ganz und gar nicht gefällt und die er sofort zu unterbinden versucht…

Karen Witemeyer hat ihre liebevoll gezeichneten Protagonisten mit so viel Gefühl und Charme ausgestattet, dass es eine Freude ist, dieses Buch zu lesen. Nicht nur Hannah, Jericho und Cordelia gegenüber öffnet man als Leser sofort sein Herz, auch die Nebenfiguren bezaubern. Der Glaube an Gott spielt eine tragende Rolle in diesem Roman, ein einnehmender Schreibstil und eine gute Portion Humor runden die Geschichte ab und machen die Lektüre auf diese Weise zu einem reinen Vergnügen. Von den drei bereits in deutscher Sprache erschienenen Werke dieser Autorin hat mir „Eine Lady nach Maß“ am besten gefallen. Fünf Bewertungssterne für ihren wunderschönen Debutroman!

Veröffentlicht am 16.04.2018

Bibliothek der Träume

Bibliothek der Träume
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Die junge Pastorentochter Alice Ripley führt ein behütetes Leben in Blue Island, Illinois. Trotz ihrer Ausbildung zur Lehrerin arbeitet sie als Bibliothekarin, wo sie täglich von Büchern umgeben ist. Die ...

Die junge Pastorentochter Alice Ripley führt ein behütetes Leben in Blue Island, Illinois. Trotz ihrer Ausbildung zur Lehrerin arbeitet sie als Bibliothekarin, wo sie täglich von Büchern umgeben ist. Die Welt der Bücher ist ihre große Leidenschaft, der sie beinahe ihre gesamte Freizeit widmet. Wann immer es ihr möglich ist, steckt sie die Nase in ein Buch, erlebt auf diese Weise aufregende Abenteuer mit interessanten Figuren. Doch eines Tages stürzt ihre heile Welt ein, und Alice verliert nicht nur ihren Job, sondern muss auch noch die Trennung von ihrem Freund verkraften. Als ihre Tante Lydia zu einer Reise aufbricht, bittet sie ihren Onkel Cecil, sie im Auto mitzunehmen. Alice plant, ihre für wohltätige Zwecke gesammelten Bücher persönlich in der Bibliothek des winzigen Bergarbeiterdorfs Acorn abzuliefern und dort freiwillige Aushilfe zu leisten, bis Tante Lydia wieder zurückkommt. Doch die erwartete Freude und Dankbarkeit des örtlichen Bibliothekars bleibt aus, und Alice darf nur bleiben, weil es bis zu Onkel Cecils Rückkehr keine Möglichkeit gibt, nach Hause zu fahren. Was Alice nun in Acorn erwartet, ist eine für sie völlig fremde Welt, ein hartes, entbehrungsreiches Dasein, das bar jeglichen Luxus wie fließendes Wasser oder Elektrizität ist. Für Alice beginnt nun ein Abenteuer, das erstmals nicht in ihrer Bücherwelt, sondern in der Realität stattfindet. Und erstaunlicherweise verwandelt sich das zaghafte junge Mädchen innerhalb weniger Wochen in eine mutige junge Frau, die anpackt, wo Hilfe benötigt wird und sich den Gegebenheiten vor Ort stellt. Sie erkennt langsam, wie viel intensiver das Leben ist, wenn man aktiv daran teilhat, und wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen sein können…

Kann es wirklich Zufall sein, dass genau dieses Buch meinen Weg kreuzt? Als völlig bibliophile Leseratte, die bereits als Kind jede freie Minute nutzte, um ihren Kopf in ein Buch zu versenken – und dann auch vollständig darin zu versinken und ihre Umwelt zu vergessen - konnte ich mich in die Protagonistin dieses Romans sofort hinein versetzen. Es war dies meine erste Lektüre von Lynn Austin, deren Schreibstil ich als flüssig und sehr eindrucksvoll beschreiben kann. Die detaillierte Beschreibung der Einwohner des winzigen Bergarbeiterdorfs Acorn und der alltäglichen schweren Arbeiten, die sie bewältigen müssen, hat mir über alle Maßen gefallen. Das Auftauchen der Protagonistin Alice aus ihrer Welt der Bücher und das tiefe Eintauchen in die Realität mahnt den Leser, wie wichtig es ist, am Leben aktiv teilzuhaben, und nicht nur über Erlebnisse und Erfahrungen anderer zu lesen. Auch inhaltlich kann ich dieses Buch jedem ans Herz legen, der eine abenteuerliche Geschichte mit viel Charme, einer Prise Humor und einer kleinen Liebesgeschichte lesen möchte. Die ehemalige Sklavin Lillie steuert zu dieser wunderbaren Mischung noch eine Menge kluger Lebensweisheiten bei und demonstriert bei jeder Gelegenheit die heilsame Kraft des Gebetes und ihren tiefen Glauben an Gott, der tief in ihr verankert ist, und auf dessen Hilfe sie stets fest vertraut. Doch auch Alice, die als Pastorentochter einen starken Glauben hat, erkennt durch Lillie, dass es nicht genügt, die sonntägliche Messe zu besuchen, sondern den Glauben auch zu LEBEN. Ein wunderschöner Roman, der mein Lesejahr wirklich sehr bereichert hat!