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Veröffentlicht am 16.04.2018

Was habe ich eigentlich aus dem gemacht, was mir geschenkt worden ist?

Nur noch eine Tür
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Was habe ich eigentlich aus dem gemacht, was mir geschenkt worden ist?

„Ich weiß nicht, ob ich auf mein eigenes Sterben vorbereitet bin. Ich hoffe es. Was ich gelernt habe, ist, dass ich nichts verschiebe. ...

Was habe ich eigentlich aus dem gemacht, was mir geschenkt worden ist?

„Ich weiß nicht, ob ich auf mein eigenes Sterben vorbereitet bin. Ich hoffe es. Was ich gelernt habe, ist, dass ich nichts verschiebe. Ist man gesund und munter und jung genug, will man von diesem Thema nichts wissen, es ist zu weit weg. Ist man selbst Mittelpunkt des Themas, gibt es kein Später oder Irgendwann.“

Der Journalist und Autor Uwe Schulz, der zudem auch als Radiomacher und Medientrainer tätig ist, befasst sich in seinem Buch „Nur noch eine Tür“ mit einem Thema, das alle Menschen früher oder später betrifft. Er präsentiert seinen Lesern wahre Geschichten – Geschichten vom Sterben und vom Tod, vermeidet es hierbei jedoch, ermahnend oder belehrend zu wirken. Der Tod ist ein Thema, das die meisten meiden, mit dem sie sich erst dann auseinander setzen, wenn die Situation sie dazu zwingt. In insgesamt siebzehn Kapiteln lässt der Autor Interviewpartner zu Wort kommen, die er zu diesem Thema befragte, und zum Teil sehr tiefe Einblicke in ihr Gefühls- und Gedankenleben gaben, zum Teil sogar posthum durch Tagebucheinträge aus den letzten Tagen ihres Lebens. Durch die größtenteils emotionalen Berichte und Erzählungen erfährt man über eine breite Gefühlspalette, die Ratlosigkeit, Trauer, Unruhe, Verwirrung sowie die Angst vor dem Kontrollverlust im letzten Lebensabschnitt umfasst. Seine Interviews behandeln auch die ewige Frage nach dem, was nach dem Tod kommen mag, dem Sinn und dem Ziel des Lebens. Der Glaube spielt in vielen Fällen eine tragende Rolle und es gibt Todeskandidaten, die sich plötzlich der Religion zuwenden. Uwe Schulz thematisiert den christlichen Glauben an die Auferstehung, und die Befragten erzählen über ihre Ansichten und Erfahrungen. So verschieden die Charaktere der Menschen und ihre Ansichten, ihre Art zu Leben sind, so verschieden ist auch ihr Umgang mit dem Thema Sterben. Manche wehren sich bis zu ihrem Tod dagegen, diesem offen zu begegnen und sich damit auseinander zu setzen.

Die Interviewpartner des Autors sind sowohl Glaubende, als auch Agnostiker, er befragte junge Menschen, die ihr Leben erst begonnen hatten, wie sehr alte Menschen, die bereits auf ein reiches und erfülltes Leben zurück blicken durften. Uwe Schulz schloss auch jene Personen, die in der Betreuung und Pflege in Krankenhäusern und Hospizen tätig sind, in seine Interviews ein und durfte einiges aus deren reichem Erfahrungsschatz an seine Leser weiter geben. So erzählt beispielsweise ein beinahe siebzigjähriger ehrenamtlicher Sterbebegleiter von seiner Beobachtung, dass es Sterbende nicht mehr interessiert, ob sie beruflich oder finanziell etwas im Leben erreicht hatten. Diese Menschen lehrten ihn seiner Meinung nach Demut, Vertrauen und Milde. Er ist nach seiner jahrelangen Erfahrung felsenfest davon überzeugt, dass man sich der Konfrontation mit Krankheit und Sterben nicht entziehen sollte.

Tief berührt hat mich das Schicksal einer bewundernswerten mutigen jungen Frau, die durch eine fortschreitende Muskelerkrankung ans Krankenhausbett gefesselt ist, Licht und Geräusche meiden muss, und deren gesamte Welt sich nur noch auf wenige Quadratmeter beschränkte. Trotz ihres unabwendbaren Schicksals lässt sie sich nicht entmutigen, sondern kämpft für ihre Träume. Sie studierte unter schwersten Bedingungen, wurde Bestseller-Autorin und ist der Überzeugung, dass man im Inneren zu Sterben beginnt, sobald man aufhört, sich selber Ziele zu setzen.

Besonders erwähnenswert finde ich auch eine leitende Palliativärztin und eine Sozialarbeiterin, die gemeinsam als Team in einem Hospiz in Kentucky arbeiten. Beide erzählen aus ihren Erfahrungen, und die Sozialarbeiterin betont ganz besonders die Wichtigkeit, geliebten Menschen zu sagen, was sie einem bedeuten bzw. dass man sich bemühen sollte, eine etwaige Kluft möglichst zu überbrücken, bevor es dazu zu spät sein könnte. Sie glaubt, dass es im Kern um die Persönlichkeit geht, um den ganz persönlichen Glauben und die innere Kraft. Und dass unsere Art zu leben auch unsere Art zu Sterben beeinflussen würde. Die Ärztin hingegen weist auf die Macht der Berührung hin und erzählt, dass es ihren Patienten sehr viel bedeuten und eine Berührung weit mehr ausdrücken würde, als die besten Worte es vermögen. „Wer es versteht, zu lieben, versteht auch zu sterben“ ist ihre feste Überzeugung.

Dieses Buch bietet eine solche Fülle an Erfahrungsschätzen, dass es eine echte Bereicherung bedeutet, sich darin zu vertiefen, von den einzelnen Schicksalen, die beispielhaft für Tausende andere stehen, zu lesen. Einer Statistik zufolge sterben global mehr als 56 Millionen Menschen pro Jahr – ein Schicksal, das jedes Lebewesen auf dieser Erde zu 100% betrifft. Und genau aus diesem Grund ist es vielleicht ratsam, sich irgendwann im Laufe seines eigenen Lebens einmal damit zu beschäftigen… um Ängste zu verringern, Streit und Unfrieden rechtzeitig zu beenden, oder Vorkehrungen treffen zu können. Vielleicht aber auch, um Wünsche nicht endlos hintan zu stellen und Dinge, die man gerne tun würde, immer wieder aufzuschieben. Um sich im Hier und Jetzt Zeit für die Menschen zu nehmen, die man liebt, und zu erkennen, was die echten Werte des Lebens sind, um die es in den letzten Stunden unseres Lebens geht: nämlich um Glaube, Liebe und Beziehungen.

Ganz besonders berührt haben mich folgende Aussagen in diesem Buch:

„Manchmal wünsche ich mir, jemand würde mich an die Hand nehmen und mich führen, so wie mein Vater das getan hat.“

„Trauern ist eine sehr einsame Angelegenheit“ (Clive Staples Lewis)

„Was habe ich eigentlich aus dem gemacht, was mir geschenkt worden ist?“


Fazit: „Nur noch eine Tür“ ist ein Buch, das sehr viele Aspekte des Sterbens aufzeigt, mit einem reichen Erfahrungsschatz Betroffener aufweisen kann, und dem Leser auf interessante Art und Weise dargeboten wird. Besonders berührend fand ich den letzten Teil, in dem der Autor anstelle eines Nachwortes über seine eigenen, persönlichen Erfahrungen mit dem Tod seiner Mutter schreibt. Eine ausführliche und empfehlenswerte Lektüre, die das Thema Sterben aus sehr vielen Perspektiven beleuchtet.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Das Phänomen der Hochsensibilität in der Partnerschaft

Hochsensible in der Partnerschaft
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Das Phänomen der Hochsensibilität in der Partnerschaft

Die psychologische Beraterin und Buchautorin Brigitte Schorr hat mir mit „Hochsensible in der Partnerschaft“ einen kostbaren Wegbegleiter mit auf ...

Das Phänomen der Hochsensibilität in der Partnerschaft

Die psychologische Beraterin und Buchautorin Brigitte Schorr hat mir mit „Hochsensible in der Partnerschaft“ einen kostbaren Wegbegleiter mit auf meinen Lebensweg gegeben. Obgleich ich mir bereits Lektüre dieses Thema betreffend zu Gemüte geführt habe, konnte ich hier ganz besonders ausgeprägt meine Gedanken, mein Empfinden, ja sogar mein Verhalten in den insgesamt vier Kapitel wiedererkennen. Was dieses Buch von anderen unterscheidet, ist der starke Fokus, der auf die Beziehungsebene gerichtet wird. Brigitte Schorr geht zwar sehr detailliert auf die Merkmale und Begleitumstände von Menschen mit HSP in allen Lebensbereichen ein, konzentriert sich aber in erster Linie auf die Auswirkungen einer hochsensitiven und hochsensiblen Veranlagung in einer Partnerschaft. Nachdem sie die Veranlagung hochsensibler Menschen erläutert hat, zeigt sie dem interessierten Leser (und meist auch Betroffenen) Wege auf, wie man seine Hochsensibilität in der Partnerschaft zu einer Bereicherung für beide Partner machen kann. Ihr erstes Kapitel mit Erklärungsansätzen der Autorin über die Bedeutung der Hochsensibilität lieferte mir auch völlig neue Aspekte, von denen ich nie zuvor gehört hatte, nämlich die verschiedenen Ausprägungen im Bereich der Wahrnehmung. Die Begriffe „sensorisch hochsensibel“, „empathisch hochsensibel“ und „kognitiv hochsensibel“ waren Neuland für mich – umso mehr schätzte ich die detaillierten Informationen in diesem Buch dazu. Auch zum Begriff „High Sensation Seeker“ musste ich mich zunächst in das betreffende Kapitel vertiefen, um eine Vorstellung von diesem Phänomen zu bekommen. Das Buch ist nicht nur ein wahrer Schatz von Informationen zu diesem Thema, sondern bietet eine ganze Menge praktischer Hinweise zum Umgang mit Hochsensibilität. Die beiden Fragebögen im Anhang des Buches „Bin ich hochsensibel?“ sowie „Sind Sie ein High Sensation Seeker?“ fand ich inhaltlich wie auch optisch sehr gut dargestellt.

Ich möchte „Hochsensible in der Partnerschaft“ wirklich jedem ans Herz legen, der entweder selber hochsensibel bzw. hochsensitiv ist, oder aber normalsensiblen Menschen mit einem hochsensiblen Partner. Diese Lektüre kann ein Augenöffner und eine große Bereicherung für jemanden sein, der sich mit diesem Thema bislang nicht beschäftigt hat. Für meine Person stellt „Hochsensible in der Partnerschaft“ einen Ratgeber dar, der mich begleiten, vielleicht ab und zu auch anleiten, darf. Ich werde dieses Buch wohl noch sehr oft zur Hand nehmen und mich darin vertiefen, meine unzähligen Randnotizen vielleicht ergänzen oder im Laufe der Zeit korrigieren.

Uneingeschränkte Leseempfehlung und fünf Bewertungssterne für die bislang beste Lektüre zum Thema HSP, die ich bislang in Händen hielt!

Veröffentlicht am 16.04.2018

Wilde Wasser

Wilde Wasser
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„Sei gesegnet, meine liebe Bailey. Sei geliebt. Sei offen für alles, was Gott für dich bereithält. Und hab keine Angst, seine Geschenke zu genießen. Agnes“

Als die zielstrebige und bodenständige Universitätsdozentin ...

„Sei gesegnet, meine liebe Bailey. Sei geliebt. Sei offen für alles, was Gott für dich bereithält. Und hab keine Angst, seine Geschenke zu genießen. Agnes“

Als die zielstrebige und bodenständige Universitätsdozentin Bailey Craig vom Flugzeugabsturz erfährt, bei dem ihre geliebte Tante Agnes Grey ums Leben kam, scheint ihre kleine Welt still zu stehen. Die Schrecken der Vergangenheit holen sie mit einem Mal wieder ein und sie kehrt nur äußerst widerstrebend in ihre Heimat Yancey zurück, einem kleinen idyllischen Inseldorf in Alaska. Yancey bedeutet für Bailey die Konfrontation mit ihren folgeschweren Jugendsünden und sie schwört sich, nach dem Begräbnis und der Regelung des Nachlasses endgültig mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und nie wieder einen Fuß in ihren Heimatort zu setzen.

Cole McKenna, Baileys ehemals bester Freund und ihre erste Liebe, lebt immer noch in Yancey, wo er gemeinsam mit seinen Geschwistern Kayden, Piper und Gage eine eigene Firma namens „Last Frontier Adventures“ betreibt. Die gesamte Familie teilt seine große Leidenschaft für das Tauchen, und so bieten die McKennas neben dem Verkauf von Tauchzubehör auch Exkursionen für Kreuzfahrtpassagiere an und veranstalten Firmenseminare.

Es scheint in dem kleinen Ort beinahe unvermeidlich, dass Bailey und Cole sich bereits kurz nach ihrer Ankunft nach so vielen Jahren zum ersten Mal wiedertreffen, und Baileys Plan, das russisch-amerikanische Handelskontor ihrer Tante Agnes so rasch wie möglich zu verkaufen und aus Yancey zu verschwinden, gerät ins Wanken. Es tauchen Indizien auf, die auf Sabotage hinweisen, und der Unfall ihrer Tante scheint plötzlich zu einem Mordfall zu werden. Als Dozentin mit einem Doktortitel in Russischer Geschichte scheint Bailey die Einzige zu sein, die bestimmte Hinweise deuten kann, und ihre Abreise verzögert sich immer weiter…

Dani Pettrey ist mit dem ersten Teil der Reihe um die Familie McKenna eine gelungene Mischung aus Spannungs-, Familien- und Liebesroman gelungen. In einnehmendem Schreibstil stellt sie ihren Lesern zunächst Baileys Tante „Lady Grey“ vor, die eine ausgeprägte Leidenschaft für die russische Geschichte besitzt und mit ihrem Kater Butterscotch in ihrem geliebten Handelskontor lebt. In den darauffolgenden Kapiteln widmet sich die Autorin abwechselnd ihrer Protagonistin Bailey Craig und der Familie McKenna, wobei sie auf die verschiedenen Charaktere der Mitglieder dieser liebenswürdigen Familie eingeht. Nach dem frühen Tod der Eltern sorgte Cole als großer Bruder für den Zusammenhalt seiner vier Geschwister, und abgesehen von Reef McKenna engagieren sich alle im Familienunternehmen in Yancey. Die Autorin lässt zudem auch einige sympathische Nebenfiguren in ihrem Buch agieren, wobei im ersten Band Coles bester Freund Landon Grainger nach und nach eine immer wichtigere Rolle spielt.

Die Krimihandlung wird sehr geschickt ins Geschehen integriert und sorgt für ein Spannungsniveau, das bis zur letzten Seite anhält. Vertrauen, Freundschaft und Liebe sind ebenso wichtige Themen in diesem Buch wie der Glaube an Gott – speziell der Aspekt der „Vergebung“.

Ich durfte „Wilde Wasser“ als abenteuerlichen Ausflug nach Alaska erleben, ein wenig über die wunderschöne Landschaft, über das Tauchen und historische Fakten über die russische Geschichte der Zarenfamilie Romanow erfahren. Was mich jedoch am meisten für diesen Roman einnahm, waren die herzlichen geschwisterlichen Bande zwischen den McKennas, die liebevoll beschrieben und äußerst sympathisch dargestellt wurden. Ich freue mich bereits, die in diesem Buch unbeantwortet gebliebenen Fragen im nächsten Teil weiter verfolgen zu dürfen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Wer über das Sterben nachdenkt, lebt intensiver

Das Zeitliche segnen
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Wer über das Sterben nachdenkt, lebt intensiver.

„Das ist wohl Klugheit: den Gedanken, dass wir sterben müssen, nicht zu verdrängen und dafür umso bewusster zu leben. Dankbar sein für jeden Tag. Unsere ...

Wer über das Sterben nachdenkt, lebt intensiver.

„Das ist wohl Klugheit: den Gedanken, dass wir sterben müssen, nicht zu verdrängen und dafür umso bewusster zu leben. Dankbar sein für jeden Tag. Unsere Beziehungen behutsam gestalten, weil wir um die Endlichkeit wissen. Zu fragen, wie ich anderen begegne, weil ich im Blick habe, wie sie mich in Erinnerung behalten werden. Natürlich kann das niemand ständig und jeden Tag. Aber es ist eine Lebenshaltung, denke ich, die auch immens dabei helfen kann, Wichtiges und Unwichtiges voneinander zu unterscheiden. Margot Käßmann“

Im Grunde hat Margot Käßmann gleich zu Beginn ihres Buches sehr viel über ihre Einstellung zum Thema Sterben verraten. Durch „Das Zeitliche segnen“ möchte sie die Menschen zum Nachdenken und miteinander reden anregen, bewusst machen, dass eine Begegnung vielleicht die letzte sein könnte, das plötzliche schwere Krankheit oder Unfall einen geliebten Menschen von einem Tag auf den anderen aus unserer Mitte reißen könnte. Viele wünschen sich zwar einen raschen, plötzlichen Tod ohne lange Krankheit oder Leid, eine Konsequenz eines solchen ist aber auch die Unmöglichkeit, sich bewusst zu Verabschieden. Es bleibt Ungesagtes zurück, Ungeregeltes. Menschen, die nach einer schweren Diagnose erkennen, dass ihre Zeit nur noch begrenzt ist, können sich noch mit existenziellen Fragen beschäftigen, wie beispielsweise bestimmte Menschen und Orte noch einmal zu besuchen, Konflikte beizulegen, und Dinge zu klären und zu regeln. Margot Käßmann beschreibt in diesem Buch eine Menge davon. Bei einem plötzlichen Todesfall bleibt jedoch keine Zeit, eine Entscheidung zu äußern, in welchem Umfeld man sterben möchte, oder etwa für das Aufsetzen einer Patientenverfügung oder eines Testaments.

Die Autorin erzählt vom Schmerz, das Leben und die geliebten Menschen loslassen zu müssen und der Angst und Trauer der Angehörigen, die zurück bleiben. Sie plädiert aber in behutsamen, einfühlsamen Worten dafür, eine Balance zwischen diesen starken Emotionen und dem offenen Umgang mit dem Sterben zu finden. Die Sprachlosigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen, wenn es um den Tod geht, ist uns allen wohl bekannt. In einigen ihrer Buchkapiteln weist sie auf die professionelle Hilfe hin, die Sterbende und deren Angehörige hier jedoch unterstützen und begleiten können. Das Thema Altersheim und Hospiz waren für mich bislang ein Schreckensszenario, wenn es um den Tod ging. Nach Lektüre dieses Buches betrachte ich diese Einrichtungen ein wenig mit anderen Augen. Margot Käßmann beleuchtet die Vorteile eines Abschieds zuhause, in den eigenen vier Wänden, aber auch jene in liebevoller fachmännischer Begleitung in Hospizen durch gut geschultes Personal. Ihre Ausführungen empfand ich jedoch nicht als idealistisch, sie erwähnt durchaus auch die Probleme berufstätiger Angehöriger oder die Überforderung mit einer 24h-Pflege, spricht über den Zeitdruck des Pflegepersonals in den verschiedenen Einrichtungen und unterstreicht in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit ehrenamtlicher Helfer oder Hilfe von Nachbarn und Freunden. Die breite Themenvielfalt in diesem Buch beinhaltet unter anderem auch die die Bestattungskultur oder Einzelheiten der Beerdigung, wie zum Beispiel die Trauerfeier, die Lieder, Texte und Gebete, und all die verschiedenen Rituale die uns Halt geben können.

Die Autorin nimmt in einem der insgesamt zehn Kapitel dieses Buches auch zum umstrittenen Thema Sterbehilfe Stellung, und hält auch einige Empfehlungen für den Umgang mit Kindern bereit, denen man den bevorstehenden Tod eines lieben Angehörigen behutsam und einfühlsam beibringen muss.

Sehr viele ihrer Ausführungen werden mit Gebeten, Gedichten oder Passagen aus der Bibel unterlegt, die allesamt kursiv hervorgehoben sind. Vielfach werden auch Zitate von Martin Luther in den Text eingebracht, und Margot Käßmann äußert sich auch zum Auferstehungsglauben sowie zu ihrer Sicht des jüngsten Gerichts und der Existenz des Fegefeuers und der Hölle.

Ein beträchtlicher Teil dieses Buches ist auch ihren persönlichen Erfahrungen gewidmet, wo die Autorin ihre Leser an ihren Emotionen und Erfahrungen hinsichtlich des Todes ihrer Mutter oder aber ihrer eigenen Krankengeschichte teilhaben lässt.

Fazit: Die Erkenntnis, verletzbar und sterblich zu sein oder gar an die Endlichkeit unseres Lebens zu denken, all das verdrängen wir nur zu gerne. Dieses Buch hat mir persönlich ein wenig geholfen, die Tabuisierung des Todes aufzulockern. Es hat mich nachdenklich zurück gelassen und meine Einstellung zu Trauerritualen ebenfalls ein wenig in ein anderes Licht gerückt. Ich empfinde „Das Zeitliche segnen“ als hilfreichen kleinen Leitfaden, wenn man sich bislang kaum oder gar nicht mit diesem Thema beschäftigt hat.

Als schönste Passage in diesem Buch erschienen mir folgende Worte der Autorin:

„Nicht, dass ich den Verlust eines lieben Menschen kleinreden will. Er tut weh und hinterlässt Spuren. Aber doch auch eine Spur der Liebe. In einer kleinen Erinnerung, die plötzlich aufblitzt, wenn wir etwas sehen, das wir geteilt haben. Beim Anblick eines Fotos, das eine Situation vor unserem inneren Auge lebendig werden lässt. Bei einer Träne, die sich nicht zurückdrängen lässt, weil uns ein Gedanke an die Tote erreicht. Manchmal wurde ich gefragt, ob wir mit den Toten in Verbindung treten können. Nein, das glaube ich nicht. Die Toten dürfen ruhen und wir sollen leben und dazwischen gibt es eine fundamentale Grenze. Aber wo wir die Liebe erinnern, spüren, ihr nachempfinden, da geht ein Band über diese Grenze hinweg. Das ist tröstlich, das ist Glaubenserfahrung.“

Veröffentlicht am 16.04.2018

Krieg und Gefahr, Geheimnisse und Spione

Das Hugenottenkreuz
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Krieg und Gefahr, Geheimnisse und Spione

„Einige Fußspuren verschwinden nie. Du musst Spuren hinterlassen, denen zu folgen sich lohnt.“

Elizabeth Musser entführt ihre Leser in das kleine südfranzösische ...

Krieg und Gefahr, Geheimnisse und Spione

„Einige Fußspuren verschwinden nie. Du musst Spuren hinterlassen, denen zu folgen sich lohnt.“

Elizabeth Musser entführt ihre Leser in das kleine südfranzösische Städtchen Castelnau, wo sie gleich zu Beginn ihre Protagonistin Gabrielle Madison präsentiert. Die 21jährige hübsche Missionarstochter mit der auffallenden roten Haarmähne und den strahlenden blauen Augen kommt im Herbst 1961 von der afrikanischen Westküste, um sich in Frankreich ihrem Studium zu widmen.

Mutter Jeanette Griolet, oder „Mère Griolet“, wie die liebenswürdige alte Nonne genannt wird, ist Leiterin des franko amerikanischen Austauschprogramms in Castelnau und betreut bereits seit vielen Jahren das Waisenhaus der Kirche St. Joseph.

Der Botschaftersohn und brillante Dozent namens David Hoffman unterrichtet nach seinem Studienabschluss an einer amerikanischen Eliteuniversität an der Universität in Castelnau Kunst, Geschichte und Literatur aus Frankreich und England. Der charmante, groß gewachsene Mann mit den durchdringenden schwarzen Augen scheint etwas zu verheimlichen, er beunruhigt Mutter Griolet ein wenig mit seinem geheimnisvollen Gehabe.

Die junge Mutter Anne-Marie Duchemin verhilft ihrer kleinen Tochter Ophélie im allerletzten Augenblick durch ein Fenster zur Flucht, kurz bevor sie selbst überfallen und nach Algerien verschleppt wird.

Die Handlungsstränge dieses Romans scheinen gleich zu Beginn überwältigend, die Schauplätze und Namen etwas unüberschaubar. Die Autorin besitzt jedoch die exzellente Fähigkeit, ihre Leser innerhalb kürzester Zeit durch ihren einnehmenden Schreibstil, durch gut ausgefeilte Protagonisten und ebenso exzellent dargestellte Nebenfiguren, und vor allen Dingen durch einen sehr hohen Spannungsfaktor an das Buch zu fesseln. Einmal aufgeschlagen ist es nur schwer möglich, „Das Hugenottenkreuz“ aus der Hand zu legen.

Die Autorin verrät im Verlauf der insgesamt 34 Kapitel dieses Buches die Zusammenhänge der Geschichten ihrer handelnden Figuren, die sie sehr lebendig und interessant dargestellt hat und deren Gedanken- und Gefühlswelt sie auf berührende Art und Weise Ausdruck verleiht. Eine zentrale Rolle spielen der Algerienkrieg und damit verbunden die grausamen Foltermethoden und Morde der Front de Libération Nationale, der sozialistischen Partei in Algerien, deren Ziel die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich war. Einer der beiden Schauplätze dieses Buches ist Castelnau, wo Gabrielle Madison auf Mère Griolet und David Hoffman trifft. Der zweite Schauplatz der Handlung befindet sich in Kasbah, einem alten Stadtviertel in Algier, das zugleich als Hauptquartier der Front de Libération Nationale gilt. Die Autorin versteht es, die Örtlichkeiten lebendig zu beschreiben, und vermittelt ihren Lesern auf diese Weise beinahe das Gefühl, sich mitten in der Handlung zu befinden, selber atemlos die engen Gassen des Kasbah entlang zu laufen, oder etwa zweitausend Kilometer entfernt die beschauliche Region in Südfrankreich zu erkunden.

Elizabeth Musser bringt in diesem Buch aber auch ein weiteres wichtiges Thema ein, nämlich die Geschichte der ersten französischen Protestanten, die verfolgt und vertrieben wurden und zu Tausenden als Märtyrer für ihren Glauben starben. Das Hugenottenkreuz spielt eine bedeutende Rolle und wird im Verlauf der Handlung zu einem wichtigen Schlüsselsymbol.

„Das Hugenottenkreuz“ hat mich unverzüglich in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Sowohl die sehr gut recherchierten historischen Hintergründe, die eingebaute sich anbahnende Liebesgeschichte, als auch die spannende Haupthandlung mit ihren überzeugenden Figuren, und nicht zuletzt der ausgeprägte tiefe Glaube der Autorin, der sich in diesem Buch widerspiegelt, haben mich vollständig für das Buch eingenommen. Ein Bestseller, der diesen Namen zu Recht trägt - ein beeindruckendes Leseerlebnis, dessen Fortsetzung ich bereits jetzt mit großer Vorfreude entgegen sehe, eine Lektüre, die ich uneingeschränkt weiter empfehle.