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Veröffentlicht am 19.07.2024

Drachenschiffe am Horizont – die Wikinger auf den Hebriden

Die Liebenden von Islay
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Drachenschiffe am Horizont – die Wikinger auf den Hebriden

Freya MacLean ist alleinerziehende Mutter einer zwölfjährigen Tochter und besitzt ein kleines Gästehaus auf der Hebrideninsel Islay. Als sie ...

Drachenschiffe am Horizont – die Wikinger auf den Hebriden

Freya MacLean ist alleinerziehende Mutter einer zwölfjährigen Tochter und besitzt ein kleines Gästehaus auf der Hebrideninsel Islay. Als sie bei einem Unfall schwer verletzt ins Krankenhaus muss, springt ihre Schwester Shona ein und kümmert sich um ihre Nichte Erin und das Gästehaus in dem kleinen verschlafenen Ort am Loch Indaal. Der Fund einer sehr alten silbernen Spange aus der Zeit der Nordmänner animiert Erin und Shona dazu, mehr über die Besitzerin dieser Gewandnadel herauszufinden. Mit der Unterstützung von Gavin Ramsay, dem Inhaber einer kleinen Destillerie, begeben die beiden sich auf Spurensuche und kommen dabei gefährlichen Menschen in die Quere.

„Irgendetwas geht hier vor und das macht mir zunehmend Angst“ (Shona MacLean)

In den vierunddreißig Kapiteln dieses Buches erzählt die Autorin die Geschichte der MacLeans in der Gegenwart, sie thematisiert aber auch eine Liebesgeschichte aus längst vergangenen Zeiten. Der siegreiche Kriegsherr Fjell Halvorson galt im Jahre 1085 als bester Schwertkämpfer und erfolgreicher Heerführer, er hatte ein Auge auf eine hochgewachsene Schönheit mit ebenmäßigen Zügen, blondem Haar und blauen Augen geworfen. Mit dem Segen des Vaters, jedoch gegen den Willen ihrer christlichen Mutter, heiratete Hulda Rokadóttir den attraktiven Wikinger mit dem wilden braunen Haar und den dunklen Augen. Während Fjell und seine Männer die meiste Zeit auf ihren Drachenschiffen unterwegs waren, wartete Hulda geduldig auf die Rückkehr ihres Ehemannes. Huldas Volk glaubte an die Macht der Nornen, welche die Schicksalsfäden verweben. Sie fügten sich dem Willen ihrer Götter und brachten Opfer dar, um sie gnädig zu stimmen. Fjells Leben gehörte wie das eines jeden Wikingers seinem Schwert, er glaubte an die alten Götter und daran, dass sein Schicksal von Geburt an vorherbestimmt ist. Die gegenseitigen Machtkämpfe und Raubzüge der Nordmänner waren stets mit großen Gefahren verbunden. Nicht alle kehrten wohlbehalten wieder zurück zu ihren Frauen und nur ein Krieger, der mit seinem Schwert in Händen im Kampf starb, fand nach ihrem Glauben Einlass in Walhall.

„Solange ich ein Schwert führen kann, wird dir niemals jemand ein Leid tun.“ (Fjell zu Hulda)

In Constanze Wilkens Roman stehen zum einen die Geschichte der sympathischen und liebenswerten Familien MacLean und Ramsay im Mittelpunkt, wobei Shona und Gavin als Protagonisten fungieren. In einem zweiten Erzählstrang entführt die Autorin ihre Leser dann in das elfte Jahrhundert und gibt anhand der Lebensgeschichten von Fjell Halvorson und Hulda Rokadóttir interessante Einblicke in den Alltag und die Kultur der Wikinger, die sich auf Islay, der Königin der Hebriden, niedergelassen hatten.

Die große Leidenschaft der Autorin für die Hebriden äußert sich nicht nur in der bildhaften Beschreibung der malerischen Landschaft und eindrucksvoller Schauplätze, auch das zauberhafte Buchcover zeigt ein märchenhaft schönes Bild dieser Inselgruppe vor der Nordwestküste Schottlands. Eine hervorragende Recherche historischer Hintergründe trägt gemeinsam mit dem einnehmenden Schreibstil sowie interessanter Charaktere dazu bei, dass man diese Lektüre nur ungern aus der Hand legen möchte. Ich durfte einen Blick hinter die Fassade der gefürchteten Nordmänner werfen, die mit ihren Drachenschiffen zu Raubzügen und Plünderungen auszogen und dabei Angst und Schrecken verbreiteten. Anhand der Aktivitäten des Protagonisten Fjell und seiner Krieger wird die Fähigkeit zum klugen Taktieren dieser ausgezeichneten Seefahrer aufgezeigt, zugleich aber auch die menschliche Seite dieses streitbaren Volkes offenbart, dem das Reisen zwar im Blut lag, die aber dennoch immer wieder gerne zu ihren Ehefrauen und Kindern zurückkehrten.

Fazit: Ich habe es genossen, erneut ein wenig über die Geschichte einer Hebrideninsel zu erfahren und an der Seite von Fjell Halvorson und Hulda Rokadóttir in das Jahr 1085 nach Ìl zu reisen. Aber auch die bildhaften Beschreibungen im Handlungsstrang der Gegenwart mit Shona MacLean und Gavin Ramsey als Protagonisten weckten den Wunsch in mir, diesen wunderschönen Flecken Erde einmal mit eigenen Augen zu sehen. „Die Liebenden von Islay“ war eine unterhaltsame, aber auch sehr informative Lektüre, die mir das Leben der Wikinger näherbrachte. Ein Roman zum Träumen, mit atemberaubenden Landschaftsbeschreibungen, zwei Zeitebenen und überzeugenden Figuren – das perfekte Buch, um der Langeweile zu entfliehen und Abenteuer im Kopf zu erleben.

Veröffentlicht am 14.07.2024

Das wildeste, aberwitzigste und wunderbarste Abenteuer meines Lebens!

Die Freundin der Braut
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Das wildeste, aberwitzigste und wunderbarste Abenteuer meines Lebens!

„Ich war zur richtigen Zeit am falschen Ort, und am Ende war es das Beste, was mir passieren konnte.“ (Jean-Pierre Morel)

Mit ihrer ...

Das wildeste, aberwitzigste und wunderbarste Abenteuer meines Lebens!

„Ich war zur richtigen Zeit am falschen Ort, und am Ende war es das Beste, was mir passieren konnte.“ (Jean-Pierre Morel)

Mit ihrer aktuellen Neuerscheinung „Die Freundin der Braut“ präsentiert die Bestsellerautorin Daniela Thiele unter ihrem weltbekannten Pseudonym Nicolas Barreau eine humorvolle, turbulente und romantische Geschichte mit einem sympathischen Protagonisten und einem chaotischen Wirbelwind als liebenswert-schräges weibliches Pendant.

In den ersten Kapiteln geht die Autorin ausführlich auf Jean-Pierre Morel und seinen ehemals besten Freund Paul Gèrard ein, die seit der Schulzeit unzertrennlich waren. Sie erzählt von gemeinsamen Erlebnissen, beruflichen und privaten Träumen und erläutert, wie es durch die Rivalität um die Liebe einer Frau zum Zerwürfnis zwischen den beiden kam. Die Hochzeitseinladung von Paul zehn Jahre später bewirkt, dass Jean-Pierre sich endlich mit seinem Freund versöhnen möchte. Er bricht zu jenem Chalet in Aquitanien auf, wo die Hochzeit stattfinden soll, platzt aufgrund zahlreicher Turbulenzen und Missgeschicke aber verspätet mitten in die Hochzeitsfeier. Jean-Pierre hat jedoch keine Sekunde lang damit gerechnet, dass ihm durch diese Reise das wunderbarste Abenteuer seines Lebens bevorsteht.

"Wenn das Glück dir den Schlüssel zum Paradies in die Hände spielt, musst du die Tür auch öffnen.“

Jean-Pierre Morel steht im Mittelpunkt des Geschehens. Der gutaussehende und belesene Besitzer eines Literaturcafés mit dem klangvollen Namen „Café des Poètes“ wird als sympathischer Single dargestellt. In zahlreichen Rückblenden erfährt man einiges über Paul Gérard, einige hübsche junge Damen sowie die Familien von Jean-Pierre und Gerard fungieren als interessante Nebenfiguren. Zu guter Letzt zieht die Freundin der Braut - eine bezaubernde Schönheit mit grünen Augen und leuchtendem Haar - den Protagonisten durch ihre unkonventionelle und unverblümte Art in ihren Bann.

Die Autorin erzählt von Liebe und Freundschaft, von Vertrauensbruch und der Entfremdung von ehemals besten Freunden. Die Umsetzung dieses Romans ist Daniela Thiele alias Nicolas Barreau vortrefflich gelungen. Ich mochte den einnehmenden Schreibstil, gepaart mit liebevoll charakterisierten Figuren, zahlreiche turbulenter Verwicklungen sorgen zudem für Spannung im Buch. In eindrucksvollen Bildern und mit großer Leidenschaft beschreibt die Autorin kleine Läden und Cafés, den Alltag und das Leben der Menschen in Paris, man spürt auf jeder einzelnen Buchseite ihre Begeisterung für diese Stadt. Durch einen temporeichen Plot wird das Leben des Protagonisten gehörig auf den Kopf gestellt und führt schließlich zu einem vorab im Klappentext angekündigten Happy End. Und auch wenn die Zufälle sich an mancher Stelle bereits ungewöhnlich häufen, kann man sich dem Zauber dieser märchenhaften Geschichte dennoch nicht entziehen.

FAZIT: Ich habe mich vollends auf diese romantische und unterhaltsame Liebeskomödie eingelassen, der einnehmende Schreibstil sowie etliche Zitate und Lebensweisheiten sorgten in Kombination mit den sympathischen Figuren dafür, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen mochte. „Die Freundin der Braut“ ist die ideale Sommerlektüre für Menschen, die gerne ein wenig träumen möchten und in Büchern Entspannung und Ablenkung von ihrem Alltag suchen. Ein Faible für Frankreich und insbesondere die Stadt der Liebe sind natürlich dabei keineswegs fehl am Platz

Veröffentlicht am 02.06.2024

Eine Reise zu sich selbst – und weit darüber hinaus!

Die Fischerhütte im Irgendwo
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Eine Reise zu sich selbst – und weit darüber hinaus!

„Liebst du die Rosen oder die Dornen? Zu jedem Leben gehören Hindernisse und Enttäuschungen. Und zu jeder Rose gehören Dornen. Und wenn die Dornen ...

Eine Reise zu sich selbst – und weit darüber hinaus!

„Liebst du die Rosen oder die Dornen? Zu jedem Leben gehören Hindernisse und Enttäuschungen. Und zu jeder Rose gehören Dornen. Und wenn die Dornen mir die Hand zerkratzen – ich gebe nicht auf. Ich gehe den Weg der Rose. Man verpasst das Schönste im Leben, wenn man immer nur den leichten Weg geht. Ich glaube, hinter den Dornen wartet das Abenteuer.“

Tom Sander hat irgendwann aufgehört, Abenteuer zu erleben, zu träumen und Freude zu empfinden. Seine Orientierungslosigkeit und Langeweile veranlassen ihn schließlich dazu, sich auf Selbstsuche zu begeben. Er bricht zu einer abgelegenen Fischerhütte auf, um seine Lebensfreude wiederzuentdecken und Antworten zu finden. Am Ziel der Reise angekommen wird Tom mit unerwarteten Situationen und außergewöhnlichen Menschen konfrontiert. Fragen werden aufgeworfen und nach und nach bekommt sein Leben wieder mehr Farbe.

Der Protagonist Tom nimmt den Leser mit auf dieses Abenteuer, einer intensiven Reise zu sich selbst. Die Gegebenheiten vor Ort sorgen für wertvolle Denkanstöße, die Begegnungen mit interessanten Menschen tragen dazu bei, dass Tom letztendlich wieder ins Leben eintaucht, anstatt es wie bisher einfach an sich vorbeiziehen zu lassen.

„Ich glaube, dass es im Leben nicht um das große Ganze geht, sondern um das kleine, um dein alltägliches Leben. Wenn du den Himmel spüren willst, dann such ihn nicht über den Wolken, sondern hier unten auf der Erde.“

Der Protagonist dieses Buches begegnet dem örtlichen Kaufmann, der eine erfolgreiche Karriere für seinen kleinen Dorfladen aufgegeben und damit seinen Traum verwirklicht hat. Er trifft auf eine positive, stets gut gelaunte Frau, die ihm neben guten Ratschlägen und klugen Weisheiten auch kulinarische Leckerbissen schenkt. Eine Künstlerin berührt mit ihrem wunderschönen Flötenspiel und ihren Geschichten sein Herz. Und ein kleiner Junge namens Finn begleitet Tom gemeinsam mit seinem Großvater Olaf ein Stück seines Weges. Die Nebenfiguren bleiben zwar allesamt blass und vieles bleibt unausgesprochen, sie tragen aber nichtsdestotrotz dazu bei, dass Tom über sein Leben nachdenkt. Durch gemeinsam erlebte Abenteuer und intensive Gespräche betrachtet er viele Dinge in einem anderen Licht, er spürt und schätzt das Leben wieder intensiver. Die existenziellen Fragen, die in diesem Buch aufgeworfen werden, sind hervorragend dazu geeignet, auch vom Leser reflektiert zu werden:

„Was ist dein Abenteuer? Wohin führt dich deine Sehnsucht? Wovon bist du begeistert? Wo bin ich hier nur gelandet? Wie wirst du dich entscheiden? Warum bin ich so oft unzufrieden? Warum ärgere ich mich über so vieles? Warum gibt es so wenig, worüber ich mich freue? Warum muss es immer mehr sein? Warum ist in meinem Leben ein Tag wie der andere?“

Fazit: „Die Fischerhütte im Irgendwo“ ist eine berührende Erzählung, die weder mit einem fesselnden Spannungsroman, noch einer romantischen Liebesgeschichte aufwartet. Hier steht vielmehr ein Mann im Mittelpunkt, der seine Träume verloren hat, der abgestumpft und orientierungslos durch den Alltag geht. Durch den Aufenthalt in der alten Fischerhütte gelangt er an eine Weggabelung. Er versucht anhand neuer Erfahrungen und mystischer Begegnungen, bei denen unter anderem ein leuchtend grüner, geheimnisvoller Briefkasten eine Rolle spielt, sein Leben zum Positiven zu verändern. Ich möchte dieses Buch jenen Menschen ans Herz legen, die eine berührende und tiefgründige Lektüre schätzen, sich mit ihrem Innersten auseinandersetzen, gemeinsam mit dem Protagonisten Antworten finden und dabei auch ihr eigenes Leben reflektieren möchten.

„Ich mag Menschen, hast du das noch nicht gemerkt? Ich gehe meinen eigenen Weg, ohne fortzugehen. Ich liebe die Menschen hier, auch wenn sie mich nicht immer verstehen. Ich bin eine von ihnen und ganz anders.“

Veröffentlicht am 11.11.2023

Die Thalmeyer-Schwestern

Die Porzellanmanufaktur – Zerbrechlicher Frieden
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Die Thalmeyer-Schwestern

„Das Leben ist nicht nur Porzellan, weißt du?!“ (Sophie Thalmeyer)

Nachdem Joachim, der älteste der Thalmeyer-Geschwister, in Russland als verschollen gilt, erschüttert auch ...

Die Thalmeyer-Schwestern

„Das Leben ist nicht nur Porzellan, weißt du?!“ (Sophie Thalmeyer)

Nachdem Joachim, der älteste der Thalmeyer-Geschwister, in Russland als verschollen gilt, erschüttert auch noch der plötzliche Tod des sechzigjährigen Firmeninhabers Ludwig Thalmeyer die Familie. Während die älteste Tochter Marie die Leitung der Porzellanmanufaktur übernimmt, sorgt ihre ungestüme jüngere Schwester Sophie dafür, dass Marie neben ihrer verantwortungsvollen neuen Aufgabe auch noch ein Privatleben hat. Die beiden Schwestern setzen sich mit vereinten Kräften dafür ein, das traditionsreiche Familienunternehmen nicht zu verlieren. Sie müssen einerseits private und berufliche Niederlagen hinnehmen, begegnen auf ihrem Lebensweg aber auch der Liebe sowie Menschen, die es gut mit ihnen meinen.

Stefan Maiwald siedelt die Geschichte über die Thalmeyersche Porzellanmanufaktur in Selb im Jahre 1947 an. Der Schrecken des Zweiten Weltkriegs überschattet immer noch das Leben der Menschen, die den schmerzlichen Verlust geliebter Angehöriger betrauern und sich dem Wiederaufbau ihrer Heimat widmen. Mit Marie Thalmeyer schuf der Autor eine intelligente und besonnene Protagonistin, die nach dem Tod ihres Vaters mit wohlmeinenden Nebenfiguren an ihrer Seite die Geschicke der Manufaktur lenkt. Das Buch erzählt von geschäftlichen wie auch privaten Ereignissen im Leben der Thalmeyers, bringt Intrigen konkurrierender Geschäftsleute ins Spiel und beleuchtet die Beziehungen der handelnden Figuren zueinander. Die insgesamt 62 Kapitel dieses Buches sind übersichtlich angeordnet, der Autor richtet seine Aufmerksamkeit abwechselnd auf verschiedene Personen und Schauplätze. Die Spannung wird durch die Neugier auf die Handlung aufrechterhalten, authentische Figuren und ein interessanter Plot sorgen für unterhaltsame Lesestunden.

Marie steht als älteste Tochter und neue Firmenchefin im Zentrum des Geschehens. Durch ihr aristokratisches Äußeres und ihr zurückhaltendes Wesen umgibt sie eine geheimnisvolle Aura, die Ortsbevölkerung bezeichnet sie respektvoll als „Porzellankind“. Während Marie sich intensiv mit den Firmengeschicken befasst, ist ihr die um vier Jahre jüngere Schwester Sophie trotz ihrer ungezähmten und frechen Art wertvolle Unterstützerin und Ratgeberin. Der in Russland verschollene Sohn der Familie Thalmeyer wird als begabter Musiker und begeisterter Pianist beschrieben, Marie und Sophie vermissen ihren Bruder schmerzlich. Mit dem stellvertretenden US-Militärgouverneur John McNarney, dem Apotheker Harry Kruskopp und dem dreisten Charmeur Ottmar Schreiner betreten drei für die Handlung relevante Akteure den Schauplatz. Als Antagonisten machen der Papierfabrikant Karl Metsch und seine Ehefrau Alexandra den beiden Schwestern das Leben schwer. Das Dienstmädchen Lina sowie die Näherin Frau Helgard haben zwar nur kleine Nebenrollen inne, ihr Verhalten hat jedoch Auswirkungen auf das Geschehen in Selb. Walter Willemsen sowie Volkmar Raudinger blieben mir jedoch bis zuletzt ein Rätsel. Zunächst ausführlich beschrieben und mit guter Charakterzeichnung ausgestattet werden die Geschicke der beiden im Buch irgendwann nicht mehr weiterverfolgt. Ich vermute daher, dass wohl erst in einem der Nachfolgebände näher auf diese Figuren eingegangen wird.

Mir hat sowohl die sprachliche, als auch die inhaltliche Umsetzung dieses Romans gefallen. Der Autor besitzt einen einnehmenden Schreibstil, die Einbindung historischer Fakten und Ereignisse empfand ich als bereichernd. Speziell die Geschichte der großen Schuhfabrik Dassler, deren Spaltung auf einen Bruderzwist begründet ist, war mir bislang unbekannt. Stefan Maiwald ist es gelungen, dem Leser die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg sowie die Sorgen und Nöte, das Leben der Menschen in dieser Zeit, nahezubringen. Der Autor hat mir die Geschicke der Thalmeyers ans Herz gelegt und weckte darüber hinaus durch den Cliffhanger auf den letzten Seiten meine Neugier auf die beiden Nachfolgebände.

Abschließend möchte ich auf das beeindruckende Buchcover hinweisen, welches durch das aussagekräftige Foto eines zerbombten Stadtbildes im Hintergrund, eine geheimnisvolle, dem Betrachter abgewandte Frau in blauem Umhang sowie zwei wunderschöne Porzellantassen punktet. In einer Buchhandlung hätte ich allein aufgrund dieser Optik den Roman unverzüglich zur Hand genommen und mich in den Klappentext vertieft.

FAZIT: „Zerbrechlicher Friede“ hat mir großes Lesevergnügen bereitet und ich kann diesen ersten Band der Trilogie um die Porzellan-Manufaktur der Familie Thalmeyer wärmstens weiterempfehlen. Vier Bewertungssterne für diese unterhaltsame und interessante Lektüre!

Veröffentlicht am 24.06.2023

Der Teddybär im Matrosenanzug

Im Kopf des Bösen - Der Sandmann
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Der Teddybär im Matrosenanzug

„Ich weiß, dass die Kollegen mich für verrückt hielten, wenn sie wüssten, dass ich im Stillen mit den Opfern und dem Täter spreche. Doch nur so kann ich es fühlen und herausfinden, ...

Der Teddybär im Matrosenanzug

„Ich weiß, dass die Kollegen mich für verrückt hielten, wenn sie wüssten, dass ich im Stillen mit den Opfern und dem Täter spreche. Doch nur so kann ich es fühlen und herausfinden, warum ihnen das angetan wurde.“ (Sophie Kaiser)

„Jeder Ermittler kennt das Gefühl, noch ganz am Anfang eines Falles zu stehen. Es ist wie ein Puzzle mit einer Million Teilen.“ (Leonhard Michels)


Eine Serie von Kindermorden mit stets gleicher Vorgehensweise: blonde Jungen im Alter zwischen sechs und neun Jahren, die scheinbar niemand vermisst, werden erfroren aufgefunden. Jeder von ihnen hielt einen Teddybären im Matrosenanzug im Arm und war lediglich mit einem Schlafanzug bekleidet.

Die Reinhards sind eine perfekte Familie. Ihr harmonisches Zusammenleben ist von einem liebevollen Umgang geprägt, es gibt weder Probleme, noch finanzielle Schwierigkeiten. Vater, Mutter, drei Kinder und die Großeltern werden an Heiligabend tot aufgefunden – ein sechsfacher Mord mit anschließendem Selbstmord?

Die Serienmorde und das Auslöschen der Familie Reinhard haben nach Ansicht der Kriminalbeamten nichts miteinander zu tun. Ein besonders ambitioniertes Mitglied der Soko „Sandmann“ ist jedoch anderer Ansicht. Sophie Kaiser ist nicht nur eine hervorragende Profilerin bei der Kripo Hannover, dank ihres eidetischen Gedächtnisses und ihrer analytischen Denkweise entdeckt sie im Zuge ihrer höchst eigenwilligen Ermittlung auch eine Verbindung. Gemeinsam mit Kriminaloberkommissar Leonhard Michels aus Lübeck verbeißt Sophie sich in jede noch so kleine Spur und wird ihrem Ruf als „RoboCop“ und gute Kriminalistin wieder einmal gerecht…

In ihrer aktuellen Neuerscheinung präsentiert das Autorenduo Axel Petermann und Petra Mattfeldt einen interessanten, spannenden und unterhaltsamen Kriminalfall. Die Ermittlungsarbeiten der Kripo Hannover sowie der Kripo Lübeck stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Mit Sophie Kaiser und Leonhard Michels haben die Autoren höchst eigenwillige und vielschichtige Protagonisten geschaffen, die mit ihrer speziellen Beobachtungsgabe und einem ungewöhnlichen Ermittlungsansatz punkten. Die Charakterzeichnung der beiden Hauptfiguren war hervorragend und in hohem Maße authentisch. Auf die Nebenfiguren wurde jedoch weniger Wert gelegt, sie blieben für meinen Geschmack zu blass. Sophie Kaiser war mir durch die detaillierte Beschreibung ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten auf Anhieb sympathisch, ebenso ihr Ermittlungspartner Leonhard Michels. Die Tatsache, dass die Autoren auch Einblicke in das Privatleben dieser beiden Figuren gewährten, erzeugte eine gewisse Nähe, welche mir bei deren Kollegen oder Familien hingegen fehlte.

Die fieberhafte Suche nach einem Zusammenhang zwischen den beiden Fällen sorgte für Spannung im Buch. Durch die Protagonistin Sophie erhält der Leser tiefe Einblicke in die Welt der Fallanalyse, indem er an ihren Gedanken und Schlussfolgerungen zur Tatrekonstruktion im Haus der Familie Reinhard teilhaben darf. Mir haben Sophies direkte Art, ihre Ehrlichkeit, die kühle, analytische Denkweise sowie ihre Persönlichkeit ausnehmend gut gefallen. Ihren Umgang mit Ironie oder Lügen anderer Menschen wie auch mit Redewendungen fand ich erfrischend.

Axel Petermann und Petra Mattfeldt erzählen diese auf ein wahres Verbrechen beruhende Geschichte in einem flüssigen und flapsigen Schreibstil. Ereignisse rund um den geheimnisvollen Sandmann, dessen Identität lange im Dunkeln bleibt, sind kursiv gedruckt dargestellt. Hier erfährt man nach und nach immer mehr Einzelheiten zu den Hintergründen der Entführungsfälle, was den Spannungsbogen kontinuierlich erhöht.

Zu guter Letzt möchte ich auf das aufwändig gestaltete Buchcover hinweisen, das nicht nur in optischer Hinsicht einen Blickfang darstellt. Auch die Tatsache, dass auf den beiden Innenseiten dieser Hochglanzbroschur die Autoren sowie die beiden Protagonisten kurz vorgestellt werden, habe ich sehr begrüßt. Diese Vorgehensweise wäre in jedem Buch wünschenswert, da man als interessierter Leser bereits vorab relevante Informationen in knapper Form erhält.

FAZIT: „Im Kopf des Bösen – Der Sandmann“ war ein interessanter Kriminalroman, der mir einen faszinierenden Einblick in die Welt der Fallanalyse gewährte, mich sehr gut unterhalten und die Neugier auf die Identität und die Motive des geheimnisvollen Sandmannes geschürt hat. Da es sich hierbei um den Auftakt der „Im Kopf des Bösen-Reihe“ um die Ermittlerin Sophie Kaiser handelt, darf ich mich bereits jetzt auf den Nachfolgeband mit der sympathischen Ermittlerin freuen. Im Epilog wird zudem eine zukünftige berufliche Zusammenarbeit mit Leonhard Michels angedeutet – ein Szenario, dem ich ebenfalls erwartungsvoll entgegenblicke. Abschließend möchte ich anmerken, dass speziell für diese Reihe sogar eine eigene Website sowie ein eigener Instagram-Kanal eingerichtet wurde (@imkopfdesboesen).