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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.01.2019

Wahrlich ein Held unserer Zeit

Meine Stimme für das Leben
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Herr Denis Mukwege wurde 2018 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Er bekam ihn für sein Engagement in seiner Heimat, dem Kongo. Dort wurde auf sein Bestreben hin ein Krankenhaus errichtet, welches ...

Herr Denis Mukwege wurde 2018 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Er bekam ihn für sein Engagement in seiner Heimat, dem Kongo. Dort wurde auf sein Bestreben hin ein Krankenhaus errichtet, welches mittlerweile zu einer eindrucksvollen Größe gewachsen ist. Die Anfänge waren voller Hindernisse und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Die Autobiographie von Denis Mukwege trägt den Namen Meine Stimme für das Leben. Herr Mukwege schreibt über seine Kindheit, wie es zu seinem Berufswunsch kam und von seinem besonderen Verhältnis zum Vater. Zudem schildert er die Lebensumstände in seiner Heimat und wie sehr insbesondere die Frauen darunter leiden müssen. Er wird keineswegs immer mit offenen Armen empfangen und von allen akzeptiert. Ständig lebt er in Angst, dass ein Attentat seinem Leben ein Ende setzen könnte. Das hat seinen Grund, da er schon einige Male großes Glück hatte und dem Tod nur knapp entrinnen konnte.

Für mich war es ein sehr bewegendes Buch, welches ich bei etlichen Berichten mit Tränen in den Augen las. Es ist für uns hier in Deutschland unvorstellbar, dass eine werdende Mutter viele Kilometer laufen muss, um in eine Klinik zu gelangen. Und das mit einem Toten Säugling zwischen den Beinen, der nur noch an der Nabelschnur hängt. Herr Mukwege sorgt dafür, dass Schwangere und Wöchnerinnen gut versorgt sind und auch die Babys nicht vernachlässigt werden.

Ein weitere Punkt, der im Buch Meine Stimme für das Leben erläutert wird, ist die Gewalt gegenüber den Frauen. Sie werden nicht „nur“ vergewaltigt. Danach fügen die Täter ihnen so schwere Verletzungen zu, dass sie ohne Operation kaum Überlebenschancen haben. Diese Frauen werden von ihren Familien verstoßen und dürfen nicht mehr in den Kreis der Lieben zurückkehren. Die Moral der Kirchen spielt hier auch eine Rolle. Herr Mukwege hat nicht Theologie studiert, predigt aber und das zurecht. Auch ich bin der Meinung, dass der Glaube an Gott aus dem Herzen und nicht aus dem Verstand kommt. Dieser Mann hat mich so sehr beeindruckt, dass ich mich noch intensiver mit dem von ihm gegründeten Krankenhaus beschäftige. Er hat unser aller Hochachtung verdient. Meine hat er auf jeden Fall.

Veröffentlicht am 26.01.2019

Endlich weiß ich, was Sirupbücher sind

Die Frauen vom Savignyplatz
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Die Autorin Joan Weng promovierte über die Dichtung der Weimarer Republik. Es ist also nicht verwunderlich, dass ihre beiden bisher erschienen Romane über diese Zeit berichte. Ebenfalls sollte fest stehen, ...

Die Autorin Joan Weng promovierte über die Dichtung der Weimarer Republik. Es ist also nicht verwunderlich, dass ihre beiden bisher erschienen Romane über diese Zeit berichte. Ebenfalls sollte fest stehen, dass die historischen Fakten stimmen.

Die Frauen vom Savignyplatz lässt in die Vergangenheit zur Zeit zwischen den beiden Weltkriegen eintauchen. In Berlin lebt die Hauptperson Vicky und um sie geht es hauptsächlich in dem Buch. Sie möchte dem Alltagstrott entfliehen und nicht länger „das Heimchen am Herd“ sein. Zur Zeit Kaiser Wilhelms galt es als Gesetz, dass Frauen nicht arbeiten durften sondern Tag und Nacht für ihre Männer und die Kinder da zu sein hatten. Das mag Vicky gar nicht und bricht aus, indem sie ihren Traum verwirklicht. Sie eröffnet eine Buchhandlung. Die Anfeindungen kommen aus allen Ecken und auch die Familie ist nicht sehr erfreut.

Beim Lesen von Die Frauen vom Savignyplatz musste ich so manches Mal schmunzeln. Das lag unter anderem am Lokalkolorit, der mir sehr gut gefiel. Viele Frauen kämpften damals ums Wahlrecht und auch darum, dass sie ohne Erlaubnis ihrer Ehemänner oder Väter arbeiten durften. Nein, es war nicht selbstverständlich, dass sie studierten oder sich selbstständig machen durften. Was heute für uns selbstverständlich ist, erforderte damals Kampf und Durchsetzungsvermögen.

Wenn Sie wissen möchten, was „Sirupbücher“ sind, dann sollten Sie Die Frauen vom Savignyplatz auf jeden Fall lesen.

Veröffentlicht am 24.01.2019

Albatrosse leben monogam

Die Sehnsucht der Albatrosse
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Ein Albatros bleibt seinem Partner ein Leben lang treu. Der Vogel sieht ihn nur alle zwei Jahre, den Rest der Zeit leben sie ungebunden auf hoher See. Das ist die Grundlage der Saga über die Albatrosse. ...

Ein Albatros bleibt seinem Partner ein Leben lang treu. Der Vogel sieht ihn nur alle zwei Jahre, den Rest der Zeit leben sie ungebunden auf hoher See. Das ist die Grundlage der Saga über die Albatrosse. Die Sehnsucht der Albatrosse ist der erste Band der Serie.

Der Roman beginnt mit der Witwe Sarah, die eine berühmte Opernsängerin ist. Da sie schon seit einiger Zeit keine vernünftigen Töne mehr hervorbringt, nimmt sie sich eine Auszeit. Sie möchte nach Hawaii reisen und sich dort von ihrem Alltagsstress erholen. Ihre dominanten Mutter passt es dabei überhaupt nicht, dass sie ihre 18jährige Tochter alleine zurücklässt. Das Schiff, welches sie nach Hawaii bringen soll, kentert und sie wird von einer Crew gerettet, die als Robbenfänger unterwegs sind. Sarah muss etliche schwierige Situationen meistern, bis sie von den harten Seeleuten anerkannt wird. Es stellt sich rasch heraus, dass sie zum Kapitän eine enge Beziehung hat.

Mein Fazit zu Die Sehnsucht der Albatrosse ist, dass mir das Buch gefiel. Leser, die sich für die Seefahrt interessieren und hier insbesondere das Segeln schätzen und kennen, ist es aber wohl noch interessanter. Für mich war es stellenweise ein wenig zu langatmig. Die Handlungen spielen zum größten Teil auf einem Schoner. Sarah muss sich durchsetzen und das gelingt ihr mit der Zeit mehr schlecht als recht. Die Liebe spielt eine wesentlich Rolle in der Geschichte. Die Autorin zeigt aber auch, wie wichtig Freundschaft und Rückgrat im Leben sind. Reichtum ist kein Garant für Geradlinigkeit und Armut macht niemanden zu einem schlechten Menschen. Der historische Hintergrund des Romans wird von Karin Seemayer detailliert im Epilog beschrieben.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Keine Frage, Jesus war ein Jude

Pilger, Priester und Propheten
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Herr Robert Knapp ist Professor für alte Geschichte in Kalifornien. Er widmete sich in besonderer Weise der römischen Geschichte auf der Iberischen Halbinsel. Aber auch zu den Anfängen der monotheistischen ...

Herr Robert Knapp ist Professor für alte Geschichte in Kalifornien. Er widmete sich in besonderer Weise der römischen Geschichte auf der Iberischen Halbinsel. Aber auch zu den Anfängen der monotheistischen Religion und hier insbesondere dem Judentum kann er eine Menge berichten.

Das Buch Pilger, Priester und Propheten berichtet von den Werten der Menschen, deren Leben von mehreren Göttern beeinflusst wurde. Erstaunlich ist dabei, dass es etliche Schnittpunkte zur jüdischen Religion gab. Ein ganz wichtiger Aspekt war dabei, dass beide, also monotheistische und polytheistische Religionen viele Gemeinsamkeiten hatten. Beim Lesen des Buches wird ebenfalls klar, dass Jahwe und seine Anhänger die erste monotheistische Religion war. Auch Jesus war ein Jude und diese Tatsache sollte niemals vergessen werden.

Ja, das Buch ist ein Sachbuch und lässt sich nicht mal eben so und nebenbei lesen. Für mich war es eine Offenbarung. Ja, mir wurde vor Augen geführt, wie Religion funktioniert. Und dabei meine ich die verschiedenen Institutionen. Herr Knapp belegt jede Aussage mit Zitaten aus dem Alten Testament. Er nimmt keine Wertung vor und weder Christentum noch der jüdische Glaube wird von ihm bevorzugt. Das gefiel mir sehr gut und alleine aus dem Grund las ich das Buch bis zum Schluss. Was mir nicht wirklich gefiel, das waren die vielen Fremdwörter. Nein, ich habe weder das große noch das kleine Latinum und musste häufig googeln. Das muss meiner Ansicht nach nicht sein. Dennoch, Pilger, Priester und Propheten sollte jeder lesen, der Interesse an der Entstehung des Christentums hat.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Literatur für gehobene Ansprüche

Die Farben des Feuers
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Der französische Schriftsteller Pierre Lemaitre wurde im Jahr 2013 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Das ist in Frankreich die am höchsten dotierte und bewertete Auszeichnung für Schriftsteller. Damals ...

Der französische Schriftsteller Pierre Lemaitre wurde im Jahr 2013 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Das ist in Frankreich die am höchsten dotierte und bewertete Auszeichnung für Schriftsteller. Damals war es sein Roman Au revoir là-haut, welcher die Jury überzeugte. Auch sein Buch Die Farben des Feuers zeigt von der exzellenten Sprache und dem hintergründigen Humor des Schriftstellers.

Die Farben des Feuers beginnt mit der Beerdigung eines Bankiers, Herrn Marcel Péricourt. Beim Aufstellen des Trauerzuges vor dem Haus des Toten kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall. Der Grund dafür wird sich erst viele Jahre später offenbaren. Der reiche Bankier hinterlässt ein großes Vermögen, welches sowohl seiner Tochter als auch dem Enkel vermacht wird.

Aber bereits wenige Tage nach der Beisetzung beginnen Eifersüchteleien und Ränke. Das geht so weit, dass Madeline in wenigen Wochen das Geld verliert, das Haus verkaufen muss und mit ihrem behinderten Sohn Paul in Armut leben wird. Schnell reift in ihr ein Plan heran und sie rächt sich an denen, die ihr und ihrem Nachwuchs so viel Kummer bereitet haben.

Dass mir Die Farben des Feuers so gut gefiel liegt daran, dass ich selten eine so abwechslungsreiche Beschreibung von Personen und Situationen las. Herr Lemaitre gab mir stets das Gefühl, dass ich neben den Hauptpersonen stehe und ihnen bei ihrem Tun zuschaue. Die Beschreibung der Situation in Deutschland, kurz nach der „Machtergreifung“ Hitlers und das gegenseitige Misstrauen kommt sehr gut zum Ausdruck. Aber auch die Gefahr für Menschen, wenn sie sich den Anordnungen der Handlanger des „Führers“ widersetzten. Ein Buch über Missbrauch und Vertrauensbruch, über Spionage und Freundschaft sowie dem Aufstand der Anständigen. Keine leichte Kost dafür aber recht anspruchsvoll.