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Veröffentlicht am 01.04.2023

Fesselnder Bericht von einer Reise nach Israel

Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters
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In Leipzig direkt neben einem Asylbewerberheim zu leben, das kann gefährlich sein. Das erlebten die Kapitelmans am eigenen Leib. Nicht nur einmal musste der Junge vor wütenden Verfolgern flüchten. Das ...

In Leipzig direkt neben einem Asylbewerberheim zu leben, das kann gefährlich sein. Das erlebten die Kapitelmans am eigenen Leib. Nicht nur einmal musste der Junge vor wütenden Verfolgern flüchten. Das ist lange her. Aber zuhause fühlt sich Leonid Kapitelman in Leipzig immer noch nicht. Heute, viele Jahrzehnte später wagt sich sein Sohn Dimitrij zu einem großen Schritt. Er fliegt mit ihm nach Israel, der Heimstatt der Juden.

Ein berührendes und zugleich humorvolles Buch. Neben dem Aufeinandertreffen zwischen Leipziger Nazis mit Glatze und Springerstiefeln und dem „Kontingentflüchtling“. Dieser stellt sich immer wieder die Frage, warum sein Vater nicht glücklich sein kann. So von ganzem Herzen und mit leuchtenden Augen. Immer wieder sackt er in sich zusammen und schweigt lange. Denkt er dabei an seine Heimat zurück? Wie seine Familie verfolgt und vernichtet wurde?

Die Reise ins „gelobte Land“ steht bis vor dem Abflug noch auf wackligen Füßen. Immer wieder findet der Vater Ausreden. Dass er dann doch in den Flieger steigt, nahezu ein Wunder. In Israel trifft er sogar einen Freund aus Jugendjahren, der früh auswanderte. Er mag die Palästinenser nicht und weiß gar nicht so richtig, warum das so ist. Dimitrij reist zu den Menschen „auf der anderen Seite“ und erkennt, dass sie gar nicht so schlecht sind, wie er dachte. Sicher, es ist eine Gratwanderung und ein Gefühl, dass man zwischen zwei Welten steht, ist nicht sorglos.

Kein Buch für zwischendurch. Die Tiefe der Erzählung verlangt einen wachen Geist. Es lohnt sich in aller Ruhe zu lesen und einzutauchen in die Welt der Juden und Palästinenser.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Faktenreich und ein Genuss beim Lesen

Florentia - Im Glanz der Medici
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Es sollte in rauschendes Fest werden. Lorenzo, der älteste Sohn der Eheleute Medici wird heiraten. Eine Römerin, die er noch nie sah. Guilamo, der jüngere Bruder von Lorenzo, holte sie nach Florenz. Obwohl ...

Es sollte in rauschendes Fest werden. Lorenzo, der älteste Sohn der Eheleute Medici wird heiraten. Eine Römerin, die er noch nie sah. Guilamo, der jüngere Bruder von Lorenzo, holte sie nach Florenz. Obwohl er bei seinem Vater gar nicht gut gelitten war, verstand er sich mit seinem Bruder sehr gut. Die Medicis waren eigentlich die unangefochtenen Herrscher in Florenz. Warum nur eigentlich? Weil sie unter anderem von dem Clan der Pazzis verachtet und zuweilen sogar angegriffen wurden.

Fioretta Gorini ist die Tochter des Leibarztes der Medici. Sie verbrachte ihre Kindheit mit den beiden Söhnen und hatte lange ein inniges Verhältnis zu ihnen. Leonardo da Vinci, damals noch ein unbekannter Ausnahmekünstler malte immer mal wieder Familienangehörige der Medici und Fioretta schaute ihm dabei über die Schulter. Ihr inniger Wunsch war es, ebenfalls das Malen zu lernen und sich damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Und wie passt nun der reiche Guilamo zu diesen jungen Menschen? Was verbindet die drei? Spannend und äußerst faktenreich berichtet die Autorin über das Leben im Florenz 1469. Gedanken, Sehnsüchte und Erwartungen unterscheiden sich kaum von jenen der heutigen Zeit.

Wie kann einem die Geschichte eines Landes eindrücklicher entgegengebracht werden, als durch einen gut recherchierten historischen Roman. "Florentia - Im Glanz der Medici" ist solch ein Buch. Eintauchen in vergangene Tage, das konnte ich beim Lesen. Gleichzeitig erfuhr ich, in welcher Weise die „Heilige Mutter Kirche“ in Form des Papstes Einfluss auf das Leben ihrer Anhänger nahm. Brautpaare, die nur ganz selten aus Liebe zueinander fanden und Homosexuelle, die in abartiger Form verfolgt und sogar getötet wurden, das war damals normal.

Nicht nur die gute Recherche machen das Buch zu etwas Besonderem. Auch die abwechslungsreiche Sprache und der gehobene Stil ließen mich voller Begeisterung lesen. Viel mehr als die Höchstzahl der Sterne würde ich gerne geben. Fraglos ein Highlight im Lesejahr 2023.

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Veröffentlicht am 27.03.2023

Solider Kriminalroman mit interessanten Akteuren

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Genuss
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Was macht ein Polizist, wenn er überraschend nach Hause kommt? Und seine Ehefrau im Bett mit seinem Kollegen und Freund vorfindet? Sagt er „Oh, fein. Dass du so viel Spaß hast, wenn ich arbeite“? Nein, ...

Was macht ein Polizist, wenn er überraschend nach Hause kommt? Und seine Ehefrau im Bett mit seinem Kollegen und Freund vorfindet? Sagt er „Oh, fein. Dass du so viel Spaß hast, wenn ich arbeite“? Nein, das machte auch Arie nicht. Er holte seine Pistole aus dem Halfter und hielt diese seinem Konkurrenten an den Kopf. Tja, aus die Maus. Er wurde verurteilt und verlor Posten und Beamtenstatus. Ach ja, die Frau samt Kindern ebenfalls. Kurz entschlossen zog er auf ein Hausboot und gründete eine Detektei. Mitarbeiter sind rasch gefunden, denn es gibt in Amsterdam etliche Menschen, die keine Arbeit haben.

Es dauerte viele Seiten, bis ich einigermaßen in einen Lesefluss kam. Die Story hat keinen roten Faden. Sie wechselt vom Hausboot, über den Hund bis hin zu dem Privatleben der Ermittler. Ein Mord soll aufgeklärt werden, aber es spielt nur eine Nebenrolle. Es gibt zwar einige Verdächtige, aber spannend ist die Aufklärung nicht wirklich.

Was mir sehr gut gefiel, das waren die Darstellungen der sehr unterschiedlichen Charaktere. Eine stelle ich auch hier heraus. Da ist eine junge Frau Maddy, die mit ihrer behinderten Schwester zusammenlebt. Trotz aller Schwierigkeiten hält Maddy zu ihr und vergisst dabei häufig ihre eigenen Träume und Wünsche. Die anderen Besonderheiten verrate ich hier nicht. Sie sollen das Buch ja lesen.

"Die Hausboot - Detektei - Tödlicher Genuss" ist der erste Band einer Reihe. Meine Überzeugung: Die nächsten Bücher werden (noch) besser. Und auch für diesen Kriminalroman gibt es eine Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Auch dieses Stück deutscher Geschichte darf nie vergessen werden

Ewig währt der Sturm
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Emma ist ganz aufgeregt. Sie kann nicht ruhig sitzen, wirbelt in der Wohnung herum und fasst es nicht. Die Mauer ist gefallen. Jetzt will sie nur noch feiern und fragt ihre Mutter Anna, ob sie nicht auch ...

Emma ist ganz aufgeregt. Sie kann nicht ruhig sitzen, wirbelt in der Wohnung herum und fasst es nicht. Die Mauer ist gefallen. Jetzt will sie nur noch feiern und fragt ihre Mutter Anna, ob sie nicht auch mitkommen möchte. Raus auf die Straße und den Tag der Tage angemessen begehen. Aber Anna steht der Sinn nicht nach feiern. Sie möchte das Geschehen viel lieber im TV anschauen. Dann, sie erstarrt ganz plötzlich. Wirkt abwesend, während ein Reporter beschreibt, was an der Grenze los ist. Kann es denn wahr sein? Ist es wirklich ihre große Liebe Werner? Der, von dem sie Jahrzehnte nichts hörte und dachte, er sei tot?

Ein fesselndes Stück deutsche Geschichte. Anna und Werner leben in Ostpreußen, in der Nähe von Insterburg und sind seit Kindertagen ein Paar. Als der Krieg ausbricht, erfahren sie zunächst nur aus der Ferne davon. Das ändert sich aber schnell und Werner muss in den Krieg. Und dann kommt das Unfassbare. Anna und ihre Familie müssen ihre Heimat verlassen und so schnell es geht in Richtung Deutsches Reich fliehen. Nach dem Krieg dann die Teilung Deutschland und die Hoffnung auf ein Wiedersehen der beiden Liebenden schwindet dahin.

Kaum vorstellbare Qualen durchlitten die Vertriebenen. Sie kämpften nicht nur gegen Hunger, Kälte und Misstrauen. Nein, sie waren keineswegs willkommen. Es gab zu viele, die Zuflucht suchten. Die Autorin schreibt so realistisch, dass ich das Grauen förmlich spürte. Kinder verhungerten, Säuglinge erfroren und Frauen wurden geschändet. Und das alles geschah, weil ein Mann gute Reden schwingen und eine Nation zur Nachfolge bringen konnte. Welche ein außergewöhnliches Buch.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

"Die Wahrheit ist ein Pfau"

Die spürst du nicht
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Die Eltern der 14jährigen Sophie-Luise sind sehr beschäftigt. Sie als Politikerin und er ebenfalls in führender Position. Also erfüllen sie ihrer Tochter (fast) jeden Wunsch. Und mal ehrlich. Wie gut kommt ...

Die Eltern der 14jährigen Sophie-Luise sind sehr beschäftigt. Sie als Politikerin und er ebenfalls in führender Position. Also erfüllen sie ihrer Tochter (fast) jeden Wunsch. Und mal ehrlich. Wie gut kommt es an, wenn eine „Grüne“ sich als „Gutmensch“ offenbart, und einem Flüchtlingskind aus Somalia einen Urlaub in der Toskana schenkt? Das Mädchen ist schüchtern und alle Beteiligten sind davon überzeugt: „Die spürst du nicht“. Welches Drama sich dann allerdings im Feriendomizil ereignet, das sprengt alles Vorstellbare.

Ayana, so heißt das Mädchen aus Somalia, besucht die gleiche Klasse, wie Sophie-Luise. Ihre Eltern sprechen kaum Deutsch. Nur ihr Bruder und sie selbst können sich einigermaßen verständigen. Dass sie mit in die Toskana reisen soll, das gefällt den Eltern überhaupt nicht. Der Bruder überredet sie dann doch noch und vielleicht freut sich Ayana ja auch auf die Zeit. Neben den Eltern Sophie-Luises fährt noch ein befreundetes Ehepaar mit in den Urlaub. Chillen am Swimmingpool, Sekt trinken und über Nebensächlichkeiten plaudern, das gefällt den vier Erwachsenen. Wichtig für sie: vor den Freunden so gut wie möglich dazustehen und mit ihrem Reichtum zu prahlen. Wie sich diese Freundschaft allerdings entwickelt, als zu dem Unglück kam, das ist vorauszusehen.

Ein Buch, welches den Finger in etliche Wunden legt. Wie fühlen wir uns, wenn wir mit Menschen aus fernen Landen kommunizieren? Denken wir, dass wir besser seien? Oder sind wir sogar dankbar, dass wir nicht vor Krieg und Misshandlung fliehen müssen? Erkennen wir die Furcht unserer Mitmenschen an, oder setzen wir uns darüber hinweg? Kann man Recht mit Geld und/oder dem Zutun von Freunden kaufen?

Besonders gut gefielen mir die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Geschichte erzählt wird. Diese fiktiven Kommentare auf Facebook sind perfekt getroffen. Dann diese Furcht vor gesellschaftlichem und finanziellem Absturz, wenn gewisse Dinge an die Öffentlichkeit kommen. An die Eltern Ayanas wird dabei nicht gedacht. Die Sprache wechselt je nach Charakter und ist bildgewaltig. Und die Charaktere optimal herausgearbeitet. Klare Empfehlung und einen Sternenregen gibt es von mir.

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