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Veröffentlicht am 09.04.2021

Ein Buch der leisen Töne

Das Gewicht aller Dinge
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Sie wacht auf einer Parkbank auf und jeder, der sie sieht denkt, dass er ihr bereits begegnete. Sie weckt Erinnerungen, die ihr gerne mitgeteilt werden und ja, zuhören, das kann sie sehr gut. Rolf, der ...

Sie wacht auf einer Parkbank auf und jeder, der sie sieht denkt, dass er ihr bereits begegnete. Sie weckt Erinnerungen, die ihr gerne mitgeteilt werden und ja, zuhören, das kann sie sehr gut. Rolf, der einen schlimmen Verlust verkraften muss und Charlotte, die noch nie einem Menschen ihre Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg schilderte. Das sind nur zwei Personen, die der jungen Frau ihre Geschichte erzählen.

„Das Gewicht aller Dinge“ ist ein Buch der leisen Töne. In den 199 Seiten ist so viel Weisheit konzentriert, wie sie in Werken mit über 500 nicht vorhanden sind. Die Hauptperson Angelica betritt barfuß das Geschehen und alle, die ihren Weg kreuzen, sind beeindruckt. Was macht diese eigentlich unscheinbare Frau aus? Wo kommt sie her, wo will sie hin?

Nein, bei Britta Röder gibt es keine langatmigen Berichte über Unwichtiges. Sie hat es nicht nötig, ihr Buch künstlich aufzublähen. Bei ihr „sitzt“ jeder Satz, weil er durchdacht und pointiert gesetzt wurde. „Das Gewicht aller Dinge“ betrachte ich als philosophisches Werk. Also, das Leben der hier vorgestellten Akteure ergründet und beschreibt, warum sie genau so und nicht anders handeln. Etliche Zitate zeugen davon, dass die Autorin sich häufig mit den großen Philosophen und ihren Werken auseinandersetzte.

Dieser Roman war mein erstes Buch von Frau Röder und ist gewiss nicht mein letztes. Ihre Sprache ist gehoben und so fein, dass es ein Genuss war, ihr zu folgen. Ein wahres Highlight in meinem Lesejahr 2021.

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Rucksäcke familiärer Erinnerungen

Stauffenberg. Folgen
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Sophie von Bechtholsheim ist die Enkelin des Grafen Claus Schenk von Stauffenberg. In ihrem Buch „Mein Großvater war kein Attentäter“ beschrieb sie die Beweggründe zum Wunsch nach der Ermordung Hitlers. ...

Sophie von Bechtholsheim ist die Enkelin des Grafen Claus Schenk von Stauffenberg. In ihrem Buch „Mein Großvater war kein Attentäter“ beschrieb sie die Beweggründe zum Wunsch nach der Ermordung Hitlers. Nein, ihr Großvater war keineswegs ein Attentäter. Er und seine Unterstützer wollten Deutschland retten. Leider misslang der Versuch. „Stauffenberg Folgen“ ist das Resultat der vielen Zuschriften, welche die Autorin nach dem Erscheinen ihres Buches erreichten. Nicht alle Stimmen konnte sie zu Wort kommen lassen. Das musste auch nicht sein. Sie gab allen eine Stimme, die in irgendeiner Weise mit den Vorgängen rund um den 20. Juli 1944 in Verbindung standen.

Alle hier berichteten Andenken haben eins gemeinsam: Sie zeigen den „Rucksack familiärer Erinnerungen“. Dabei ist es lediglich eine unscheinbare Auswahl der vielen Zuschriften, die Sophie erreichten. Dass nicht alle Geschichten in einem Buch erwähnt werden ist logisch. Die Seiten würden den üblichen Rahmen sprengen. In „Stauffenberg Folgen“ gibt es einen „repräsentativen Querschnitt“ aller zu Unrecht verfolgten und ermordeten Menschen. Sie waren Opfer einer Diktatur, die leider erst zu spät als solche erkannt wurde.

Es gibt nur hin und wieder einmal ein Buch, welches mich bis ins Innerste erschüttert. „Stauffenberg Folgen“ ist eins davon. Nicht nur die Tatsache, dass ich als Mutter eines schwerstbehinderten Kindes mit allen litt, die ihren Sonnenschein im Zusammenhang mit der Aktion T4 verloren spielt eine Rolle. Auch die Schilderung der Nichte, welche das Leben ihres Onkels aufarbeiten und ihm nach seinem Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte sind erschütternd. Nein, dass auch Obdachlose zur Gruppe des „unwerten Lebens“ zählten, das wusste ich nicht.

Ja, und dann gibt es immer mehr Stimmen, die sich heute einen „kleinen Hitler“ herbeiwünschen. Wie bitte? Geht´s noch? Ich hoffe sehr, dass diese Typen niemals wieder die Oberhand gewinnen.

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Vermisst in St. Peter-Ording

Nordwesttod
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Anna Wagner ist Kommissarin in München und froh, dass sie die bayerische Landeshauptstadt endlich verlassen darf. Sie freut sich auf den Ortswechsel und auf den neuen Fall. Und dann ist da auch der Ort, ...

Anna Wagner ist Kommissarin in München und froh, dass sie die bayerische Landeshauptstadt endlich verlassen darf. Sie freut sich auf den Ortswechsel und auf den neuen Fall. Und dann ist da auch der Ort, wo sie vor vielen Jahren mit ihren Eltern war: St. Peter-Ording. Ihre aktuelle Aufgabe besteht darin, eine junge Umweltaktivistin zu finden. Der Fall ist heikel, da es sich bei Nina Brechtmann um die Tochter der einflussreichsten Hoteliersfamilie des Ortes handelt. Hendrik Norberg, dem neuen Dienststellenleiter der Schutzpolizei St. Peter-Ordings, passt es zunächst überhaupt nicht, dass plötzlich eine Frau in seiner Abteilung arbeitet. Er hat nämlich private Probleme, die sich auch auf die Arbeit auswirken. Er befürchtet Zwistigkeiten unter den Kollegen und die kann er absolut nicht gebrauchen.

Welch ein tolles Buch, das „Nordwesttod“. Lebendig geschrieben, viele Dialoge und immer wieder Ausflüge rund um den Ort. Der Spannungsbogen ist gleichbleibend stramm gespannt. Es gibt keine Anhäufung von Leichen oder dauerndem Blutvergießen mit zerstückelten Toten. Alle Situationen lassen sich gut nachvollziehen und sind niemals utopisch. Ich hoffe sehr, dass Svea Jensens Bücher oft gelesen werden und sie uns Lesern viele spannende Stunden beschert.

Im Nachwort dankt die Autorin dem Verlag dafür, dass er ihren Roman veröffentlichte. Dem Dank schließe ich mich an. Das Buch ist erfrischend anders als viele aktuellen Krimis und ich erfuhr eine Menge über den Ort an der Nordsee. Und dass es weitere Bände geben wird, das ist schon klar und darauf freue ich mich sehr. Der nächste erscheint übrigens am 25.05.2021.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Die Sünden der Väter

Die Akte Hürtgenwald
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Im Mai 1956 kommt es mal wieder zu einer Explosion, die die Einwohner rund um den Ort Stolberg erschreckt. Ja, sie wissen, dass im Hürtgenwald immer mal wieder Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg zur Explosion ...

Im Mai 1956 kommt es mal wieder zu einer Explosion, die die Einwohner rund um den Ort Stolberg erschreckt. Ja, sie wissen, dass im Hürtgenwald immer mal wieder Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg zur Explosion kommen. Dass dabei Menschen getötet werden, daran werden sie sich nie gewöhnen.

53 Jahre später streitet sich der Kölner Kommissar Straubinger mit einem Kölner Taxifahrer. Das eigentlich harmlose Geplänkel führt zur Suspendierung des Beamten. Den Grund werden „normale“ Bürger rasch erkennen. Der Taxifahrer ist verwandt mit einem „hohen Tier“. Pech für Straubinger, da er nicht nur suspendiert sonder gleichzeitig strafversetzt wird. Er soll künftig Akten in einem Kaff nahe der Stadt Aachen ordnen.

Die Schlacht im Hürtgenwald ist legendär und gilt als schwerster Kampf zwischen der Wehrmacht und den Soldaten der USA. In dem Kriminalroman „Die Akte Hürtgenwald“ geht es genau um dieses Areal. Dabei geht es nicht ausschließlich um den Todesfall aus dem Jahr 1956. Auch im Jahr 2009 wird ein Mann getötet und es deutet alles darauf hin, dass dieser Mord mit den Geschehnissen damals zusammenhängt.

„Die Akte Hürtgenwald“ ist unkompliziert geschrieben und lässt sich gut lesen. Auch wenn für mich schon recht bald klar war, wer die Täter waren, so las ich dennoch gerne weiter. Spannend ist hier nämlich, wie die Ermittler den Mördern auf die Schliche kommen. Das ist gar nicht so einfach und interessant zu lesen. Mir gefiel ebenfalls, dass der Autor die Ereignisse rund um den Hürtgenwald beschreibt und auch die „Altlasten“ der Region nicht vergisst.

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Veröffentlicht am 22.03.2021

Ein opulentes Werk über die Stadt der Städte

Die Assassinin
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Jerusalem war und ist noch immer ein Objekt der Begierde. „Die Assassinin“ ist ein Buch, welches von Geschehnissen rund um diese Stadt im 12. Jahrhundert berichtet. Lucia, die Hauptperson des Romans, wurde ...

Jerusalem war und ist noch immer ein Objekt der Begierde. „Die Assassinin“ ist ein Buch, welches von Geschehnissen rund um diese Stadt im 12. Jahrhundert berichtet. Lucia, die Hauptperson des Romans, wurde als „Bastard“ geboren. Sie war Christin und erlebte die Kämpfe gegen Saladin, die Kreuzritter und etliche andere Gruppierungen mit. Sie wird Opfer von Intrigen und muss nicht nur einmal um ihr Leben fürchten.

„Die Assassinin“ ist viel mehr als „nur“ ein historischer Roman. Hier wurden viele Fakten verarbeitet und das zeugt von einer umfangreichen Recherche. Was zunächst ein wenig langatmig erscheint, ist allerdings zwingend notwendig. Wer das Buch und die Taten der Akteure verstehen will, der muss auch die lange Einleitung lesen. Dabei geht es um die Mutter Lucias und deren Weg von Venedig nach Jerusalem. Welche Gründe führten zu ihren Lastern und dem Wesen, welches für ihr Kind zunächst nicht nachvollziehbar war.

Mir gefiel der Roman sehr gut. Zumal ich immer mal wieder in einem Sachbuch über Jerusalem nachlas und erkannte, dass die hier beschriebenen Ereignisse der Wahrheit entsprachen. Nein, die Dialoge sind nicht verbrieft aber sie könnten so stattgefunden haben und sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Ein sehr gutes und bestens recherchiertes Werk.

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