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Veröffentlicht am 09.12.2019

Die im Dunkeln sieht man nicht

Der Straßen-Doc
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Gerhard Trabert ist Der Straßen-Doc. In seinem Buch beschreibt er was es heißt, mit den Ärmsten der Armen unterwegs zu sein. Seit 25 Jahren fährt er mit einem umgebauten Bus zu Plätzen, die von den meisten ...

Gerhard Trabert ist Der Straßen-Doc. In seinem Buch beschreibt er was es heißt, mit den Ärmsten der Armen unterwegs zu sein. Seit 25 Jahren fährt er mit einem umgebauten Bus zu Plätzen, die von den meisten Menschen gemieden werden. Das Fahrzeug ist eine mobile Praxis mit allem, was er zur Behandlung seiner Patienten benötigt. Diese Form der Patientenversorgung lernte Gerhard Trabert in Indien kennen. Dort wurden auf diese Weise die Aussätzigen (Menschen, die an Lepra erkrankten) besucht.

Trabert wuchs in einem Waisenhaus auf und schon damals lernte er was es heißt, am Rand der Gesellschaft zu stehen. Nein, er war keine Waise, sein Vater war dort als Erzieher tätig. Die Zeit prägte ihn, er sieht noch immer den Unterschied zwischen Privilegierten und vom Leben benachteiligten. Seine Schulkameraden, die aus dem Waisenhaus kamen, wurden von Lehrern und Kindern nur die „Heimkinder“ genannt. Man sah auf sie herab und für Trabert ist auch heute noch klar, dass die Redensart „Jeder ist seines Glückes Schmied“ in keiner Weise stimmt. Viel eher trifft der Satz zu: „Die im Dunkeln sieht man nicht.“

Das Buch nahm mich mit und ich gebe ihm den Titel: Für die Würde des Menschen. Ein Ausdruck, den Herr Trabert hier zitierte ist Gleichwürdigkeit. Ich frage mich, ob ich die Menschen, die in Fußgängerzonen oder in Parkhäusern sitzen und nach ein paar Cent fragen, als gleichwürdig mit mir betrachte? Wie gehe ich damit um, wenn ich Obdachlose sehe, die im Bahnhofsvorraum schlafen und in der langen Schlange vor der Suppenküche stehen? Nein, es gibt für viele Wohnungslose keine Alternative und ja, sie leben am Rand und werden oft als minderwertig angesehen.

Dass der erste mobile Praxisbus in Mainz von Phil Collins finanziert wurde, wusste ich nicht. Es gibt einige Fakten in dem Buch zu lesen, die unbekannt sein dürften. Eine Sache muss ich hier noch erwähnen, Herr Gerhard Treber lebte 6 Wochen in einer Obdachlosensiedlung und dort lernte er die Probleme der Betroffenen hautnah kennen. Er machte diesen Feldversuch, um mehr Verständnis für die Menschen zu bekommen. Ich ziehe den Hut vor diesem Mann. Er schreibt einige Beispiele, wie er seinen Patienten helfen konnte. Aber auch, was diese sich von ihren sogenannten Mitmenschen gefallen lassen müssen.

Ein Buch, perfekt für den Gabentisch aber auch für jeden, der gleichgültig durchs Leben geht. Also nicht weiß, wie reich er gesegnet ist und das nicht schätzt. Jeder kann in der nächsten Stunde so hart vom Schicksal gebeutelt sein, dass auch er zu den Ärmsten der Armen zählt.

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Wie weit darf Zivilcourage gehen?

Tödlicher Halt
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Zwei Studenten aus Bonn möchten einen Auftrag erledigen. Sie jobben hin und wieder als Kuriere und das heißt, dass sie Waffen von ihrem Auftraggeber zu dessen Kunden bringen. In dem Buch führt sie der ...

Zwei Studenten aus Bonn möchten einen Auftrag erledigen. Sie jobben hin und wieder als Kuriere und das heißt, dass sie Waffen von ihrem Auftraggeber zu dessen Kunden bringen. In dem Buch führt sie der Weg von Bonn nach Wolfenbüttel. Während der Fahrt bekommen sie Hunger und halten in einem kleinen Ort. Sie finden schnell ein türkisches Lokal und bestellen dort ihr Mittagessen. Leider begegnen sie dabei auch einer Gruppe von auf Krawall gebürsteten Skinheads. Die vergreifen sich am türkischen Wirt und töten ihn. Die beiden Studenten erinnern sich an die Waffen, holen sie und rächen den Ermordeten. Dabei töten sie alle sieben Nazis und fliehen danach in Richtung Wolfenbüttel. Eine abenteuerliche Flucht vor den Kameraden der Skins, der Polizei und ihrem Auftraggeber beginnt.

Tödlicher Halt ist ein Buch, welches zum Nachdenken anregt. Wie weit darf/muss Zivilcourage gehen und wie sieht es aus, wenn man sich selbst gefährdet? Ist es vielleicht sogar besser, wenn man wegschaut? Es ist actionreich aber in keiner Weise utopisch geschrieben. Leider ist es ja noch immer Realität, dass Rechte nach dem Leben von Flüchtlingen und Migranten trachten. Bis zum Schluss war ich gefesselt von der Story und dem angenehmen Schreibstil des Autors. Die verschiedenen Erzählstränge ergeben am Ende ein stimmiges Gesamtbild. Gut fand ich auch, dass sachlich geschrieben und ohne erhobenem Zeigefinger berichtet wird. Ich gebe gute vier Sterne und empfehle das Buch ausdrücklich.

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Veröffentlicht am 05.12.2019

Zurück zu den Wurzeln

Der kleine Strickladen in den Highlands
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Es gibt nur wenige Bücher, deren Cover mir sofort auffällt. Ganz anders bei Der kleine Strickladen in den Highlands. Es ist so hübsch gestaltet, dass es mich als passionierte Handarbeitstante sofort beeindruckte. ...

Es gibt nur wenige Bücher, deren Cover mir sofort auffällt. Ganz anders bei Der kleine Strickladen in den Highlands. Es ist so hübsch gestaltet, dass es mich als passionierte Handarbeitstante sofort beeindruckte. Hier geht es aber nicht ausschließlich um Maschenproben und neuen Strickmustern.

Maighread wurde erst vor wenigen Tagen von ihrem Freund verlassen und sucht bei ihrer Mutter Trost und Abwechslung. Gemeinsam räumen sie den Speicher auf und dabei findet Maighread ein altes Fotoalbum. Auf Nachfragen über die dort gezeigten Personen, reagiert ihre Mutter fadenscheinig und muss ihrer Tochter dann doch beichten, dass sie sie jahrelang belogen hat. Jetzt weiß Maighread auch, wo die Mutter ihre Kindheit verbrachte und die Großeltern leben. Kurzentschlossen packt sie einen Koffer und fährt mit ihrem Hund in die Highlands. Dort begegnet sie nicht nur Menschen, die zur Familie gehören. Sie lernt liebevolle Leute kennen, die bald ihre Freunde werden. Ihre Leidenschaft, das Stricken, wird hier von allen akzeptiert und ihre Muster bewundert.

Ein nettes Buch mit einigen Interessanten Ausführungen. Die Highlands bergen viel mehr Sehenswürdigkeiten als Heidekraut oder versteckte Seen. Die Autorin kennt sich so gut aus, dass sie darüber einiges zu berichten hat. Der Leser erfährt ebenfalls viel über die Schafsucht und die Verarbeitung von Wolle. Eine Liebesgeschichte gibt es ebenfalls und die ist zunächst von etlichen Missverständnissen geprägt. Der Roman bietet sich zum Lesen an kalten Winterabenden an und trägt gewiss dazu bei, dass Herzen erwärmt werden.

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Veröffentlicht am 04.12.2019

Kein Buch für zart Besaitete

Der Mensch ist böse
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Der Mensch ist böse von Herrn Jarow ist ein Buch, welches Sie nicht alleine und im Dunkeln lesen sollten. So steht es auf den ersten Seiten und Sie tun gut daran, wenn Sie den Rat befolgen. Es ist nicht ...

Der Mensch ist böse von Herrn Jarow ist ein Buch, welches Sie nicht alleine und im Dunkeln lesen sollten. So steht es auf den ersten Seiten und Sie tun gut daran, wenn Sie den Rat befolgen. Es ist nicht so, dass es hier besonders spannend oder mit viel Blutvergießen zugeht. Nein, es sind die tatsächlich geschehenen Fälle, die auch bei mir Gänsehaut hervorriefen.

Zu Beginn klärt ein Profiler über die Gefahr auf, wie jeder Mensch zum Mörder werden kann. Es sind die Situationen, welche dazu führen. Liegt es in den Genen und ist damit auch klar, dass ein Mörder selbst Kinder haben wird, die ebenfalls solche Taten durchführen? Was hat der Freundes- und Bekanntenkreis damit zu tun und wie arbeiten Profiler eigentlich? Diese Fragen werden beleuchtet und die 13 Fallbeispiele zeigen dem Leser, wie unterschiedlich die Beweggründe der Täter sind.

Was mich sehr nachdenklich stimmte war die Rolle der Medien. Der Autor zeigt anhand des Falles Maddy klar und deutlich, wie sehr die den Ermittlern Steine in den Weg legten. Und ja, auch die Betroffenen taten nicht gut daran, sich mit den Journalisten auszutauschen. Es stellte sich danach für mich die Frage, wie sehr lechze ich selbst nach spektakulären Ereignissen? Welche Zeitungen lese ich und wie gehe ich mit dem Schicksal mir fremder Personen um?

Es sind nicht die einsamen Parks oder dunkle Gassen, die meistens Schauplätze von Mord und Totschlag sind. Es sind viel häufiger die Heime von netten Nachbarn und/oder Bekannten sowie auch die Familienangehörigen, bei denen die Taten stattfinden. Das Buch ist ein Sachbuch und sollte auch als solches gelesen werden. Also gut dosiert, einen Fall nach dem anderen und immer eine Zeit zum Sacken lassen. Dann lässt es sich gut verarbeiten.

Veröffentlicht am 02.12.2019

Hass bringt nichts Gutes

Das schwarze Kreuz von Benissa
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Liz und Ricardo leben in der spanischen Kleinstadt Bessina. Sie sind beide Rentner und genießen den ruhigen Alltag. Während Liz lebhaft und stets in Bewegung ist, wirkt ihr Mann besonnen und er lässt sich ...

Liz und Ricardo leben in der spanischen Kleinstadt Bessina. Sie sind beide Rentner und genießen den ruhigen Alltag. Während Liz lebhaft und stets in Bewegung ist, wirkt ihr Mann besonnen und er lässt sich so leicht nichts aus der Ruhe bringen. Die beste Freundin von Liz heißt Fanny und arbeitet bei der „Guardia Civil“.

Als Liz zur Siesta ein Glas Wein genoss, hörte sie laute Schreie aus der örtlichen Bibliothek. Penelopé de las Villas, die Bibliothekarin, schreit, als würde sie am Spieß vor sich hin rösten. Rasch eilt Liz aus der Wohnung und über die Straße. Wenn Penelopé so laut schreit, dann muss sie in der Bibliothek etwas Schreckliches entdeckt haben. Und so ist es tatsächlich, ein Mann liegt in einer großen Blutlache. Er ist mausetot und auffallend ist die Lage, in der seine Leiche drapiert wurde. Liz ist besonders erschrocken, da sie den Toten gut kennt. Oberstudienrat Manfred Eberl war nämlich ein glühender Verehrer von ihr. Die Suche nach dem Mörder gestaltet sich schwierig und es dauert lange, bis die ersten Verdächtigen sichtbar werden.

An dem Buch gefielen mir mehrere Dinge. Da ist zunächst der Schreibstil. Die Autorin Cia Born schildert die kleine Stadt und die Eigenheiten der Bewohner mit viel Humor und zeigt, dass sie sich dort gut auskennt. Sie selbst lebt nämlich in Spanien. Spanische Delikatessen gehören zum Buch genau so, wie spannende Recherchen. Immer wieder leitete mich die Autorin in die falsche Richtung und bis zum Schluss hatte ich keine Ahnung, wer der Mörder war. Und am Ende kam es für mich zu einer ganz dicken Überraschung. Fünf Sterne und die ausdrückliche Empfehlung, das Buch zu lesen.