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Veröffentlicht am 23.09.2019

Eine präszise Milieustudie Berlins im letzten Jahrhundert

Menschen neben dem Leben
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Menschen neben dem Leben ist ein Roman, der bereits vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht wurde. Im Jahr 1937 kam es in einer schwedischen Übersetzung auf den Markt. Der Autor Ulrich Alexander ...

Menschen neben dem Leben ist ein Roman, der bereits vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht wurde. Im Jahr 1937 kam es in einer schwedischen Übersetzung auf den Markt. Der Autor Ulrich Alexander Boschwitz starb mit 27 Jahren als das Schiff auf dem er von Australien nach Deutschland reisen wollte, von einem deutschen Torpedo getroffen und versenkt wurde. Boschwitz war Jude und seit dem 12.07.2019 gibt es einen Stolperstein vor dem Haus seiner Familie in Berlin-Schmargendorf.

Im Klappentext steht ein Satz, den ich hier zitiere: „Wie durch ein Brennglas seziert der zu diesem Zeitpunkt gerade mal zweiundzwanzigjährige Autor das Berliner Lumpenproletariat der Zwischenkriegsjahre.“ So sah ich das auch beim Lesen und die Charaktere sind tatsächlich äußerst lebendig beschrieben. Die Sprache ist einfach und so, dass sie wirklich in den Gassen Berlins aufgenommen wurde.

Menschen neben dem Leben beginnt mit Walter Schreiber, einem Gemüsehändler aus Berlin. Das Geschäft befindet sich im Keller und ein Mann kommt herein. Es ist Emil Fundholz, der auf der Suche nach einem Schlafplatz ist. Nach einigem Hin und Her einigen sich die beiden und für 1,50 Mark pro Woche darf Emil in dem feuchten, schimmeligen und muffigen Keller übernachten. Aber erst ab 22 Uhr und nur bis 8 Uhr am Morgen. Dass er nicht alleine kommt erzählt Schreiber erst, als die beiden handelseinig wurden. Er wird von Tönnchen begleitet. Einem Obdachlosen, der behindert ist und seit etlichen Monaten wie eine Klette an Fundholz hängt. Dass er den Spitznamen Tönnchen trägt, ist seinem Leibesumfang geschuldet.

Neben Tönnchen zählt Grissmann auch noch zu den Freunden Walters. Nicht alle Bettler Berlins waren Kriegsversehrte. Viele von ihnen waren auch arbeitslos, da zu der Zeit die Rationalisierung begann. Die Idee kam aus Amerika und auch Maschinen wurden von dort geliefert. Die ersetzten die menschliche Arbeitskraft und die Arbeitslosen wurden immer mehr. Unterstützung gab es kaum und jeder musste sehen, wo er bleibt. Die Politiker versprachen viel, hielten aber nur sehr wenig.

Der Roman fesselte mich von der ersten Seite an. Immer wieder sah ich die Bilder von Heinrich Zille vor Augen. So wie er sein Berlin der damaligen Zeit auf der Leinwand darstellte, so schaffte dies Herr Boschwitz mit seinem Schreiben. Neben den drei Freunden gibt es weitere Akteure, die sich immer mal wieder begegnen. Das Finale findet dann in einer Stammkneipe statt. Hier treffen sich die Menschen neben dem Leben und möchten nur für eine Weile ihren harten Alltag vergessen. Ein wunderbares Stück Literatur, welches von Peter Graf zum Glück entdeckt und herausgegeben wurde. Es erschien im Klett-Cotta-Verlag.

Noch ein Zitat aus dem Buch, welches mir sehr gut gefiel: Wer Gott vertraut und Bretter klaut, der hat im Herbst ne billige Laube. Das Cover zeigt Männer, die Karten spielen und andere, die ihnen dabei zuschauen. Auch hier lässt das Berlin der 20er Jahre grüßen.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Summer of Love

Der Sommer meiner Mutter
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Es gibt Bücher, die mich von der ersten Seite an fesseln und die ich sehr schnell durchgelesen habe. Dazu gehört auch DerSommerMeinerMutter Dbp19. Es ist eines der 20 Bücher, die auf der Longlist zum Deutschen ...

Es gibt Bücher, die mich von der ersten Seite an fesseln und die ich sehr schnell durchgelesen habe. Dazu gehört auch

DerSommerMeinerMutter

Dbp19. Es ist eines der 20 Bücher, die auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019 stehen. Für mich bisher das beste Werk, welches aber leider nicht den Sprung auf die Shortlist schaffte.

Im

DerSommerMeinerMutter

Dbp19 beschreibt der Ich-Erzähler Tobias den Sommer 1969. Er ist 11 Jahre alt und dementsprechend wählte der Autor Ulrich Woelk die Sprache des Buches. Schon der erste Satz bringt Gänsehaut. Im Sommer 1969, ein paar Wochen nach der ersten bemannten Mondlandung, nahm sich meine Mutter das Leben. Warum sie das tat und welche Entwicklung dazu führte, das erfährt der interessierte Leser erst am Schluss des Buches. Nein, er Autor verrät mit diesem Satz nichts und das Buch büßt keineswegs die Spannung ein.

1969, das war nicht nur das Jahr der Mondlandung. Es war auch die Zeit des Vietnamkrieges und der vielen Proteste und Demonstrationen, die die Menschen in Deutschland auf die Straße trieben. „Make peace not war“ wurde auf vielen Transparenten emporgehoben. Damals waren im Gegensatz zu heute kaum Polizisten anzutreffen, wenn man zu einer Demo ging. Heute sieht das ganz anders aus. Es gab die „Ente“ mit Revolverschaltung, ein Auto, dass ich auch noch fuhr. Die antiautoritäre Erziehung schwappte über den großen Teich zu uns und das Verhältnis zu Amerika war besser als heute.

Der Autor beschreibt in dem Buch die Sehnsüchte und Interessen von Tobias. Seine ersten erotischen Erlebnisse mit Rosa, der Tochter der Nachbarn und sein Faszination beim Betrachten des Mondes durch sein Fernrohr. Der erste Farbfernseher wurde gefeiert, Jeans trugen nur vereinzelt ein paar Jugendliche und Frauen durften ohne Erlaubnis der Männer nicht arbeiten. Taten sie es doch, dann gab es wie hier, beim Vater von Tobias, Entrüstung und Kopfschütteln. Die Musik der Doors hörten Tobias und seine Freundin sich häufig an und auch das gehört zum Sommer 1969.

DerSommerMeinerMutter

Dbp19 fesselte mich und lässt mich immer noch nicht los. Wie schnell urteilt der Mensch und merkt oft erst später (häufig zu spät), was er mit seinen Worten anrichtete. Fünf Sterne und eine Empfehlung, dieses Buch zu genießen.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Von Maulwürfen und Zugereisten

Der Große Garten
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Eigentlich wollte ich das Buch DerGroßeGarten Dbp19 schon nach 50 Seiten beenden. Dann sagte ich mir, dass doch etwas dran sein muss, wenn das Werk es bis auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2019 ...

Eigentlich wollte ich das Buch

DerGroßeGarten

Dbp19 schon nach 50 Seiten beenden. Dann sagte ich mir, dass doch etwas dran sein muss, wenn das Werk es bis auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2019 schaffte. Ja, und ich las weiter, bereue es nicht.

DerGroßeGarten ist so ganz anders, was zunächst an der bewusst einfachen Sprache der Ich-Erzählerin auffällt. Sie berichtet so, wie es unser 10jähriger Enkel auch macht. Aber der Inhalt ist da schon gehobener. Die Autorin kennt sich mit den Pflanzen und der Natur bestens aus. In vielen Kapiteln beschreibt sie die Arbeiten in der Natur und das im Verlauf eines Jahres. Sie wechselt zwischen diesen Betrachtungen und jenen der Menschen in ihrem Umfeld ab. Zuweilen ist die Ausdrucksweise in meinen Augen vulgär und das mag ich nicht so.

Lola Randl zieht also von der Stadt in die Uckermark und muss viel über Dorfgemeinschaften, „Zugezogene“ und Gartenbau lernen. Wie gut, dass ihre Mutter ihr dabei mit Rat (nicht mit Tat), zur Seite steht. Das mit den Zugezogenen kenne ich aus eigener Erfahrung und das traf Frau Randl genau. Die Bekämpfung des Maulwurfs fand ich ebenfalls gelungen und ihre Erfahrungen mit Schafen und Bienen ebenfalls. Aber so richtig fesseln konnte mich

DerGroßeGarten #Dbp19 nicht. Mir fehlte der rote Faden und die Sprache war mir dann zu schlicht. Ich bereue aber keineswegs, dass ich weiter las. Es war eine ganz andere Erfahrung als jene, die ich mit meiner sonst üblichen Literatur machte. Die Gestaltung des Covers passt zur Sprache des Buches.

Veröffentlicht am 16.09.2019

Harry Holes schwerster Fall

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Ich kenne keinen Autor, der mich auch beim 12. Band einer Serie so fesselt, wie Jo Nesbo. Harry Hole leidet und bleibt doch ein guter Ermittler. Seine Ehefrau Rakel und er lernten sich vor 15 Jahren kennen. ...

Ich kenne keinen Autor, der mich auch beim 12. Band einer Serie so fesselt, wie Jo Nesbo. Harry Hole leidet und bleibt doch ein guter Ermittler. Seine Ehefrau Rakel und er lernten sich vor 15 Jahren kennen. Immer mal wieder trennten sie sich, bis Harry dann doch mir ihr vor den Traualtar ging. Doch, sie warf ihn aus der gemeinsamen Wohnung, weil Rakel nicht mehr mit seinem Alkoholkonsum und seiner fanatischen Suche nach dem „Verlobten“, dem Serienvergewaltiger Svein Finne, leben konnte. Das ist nun 2 Monate, 15 Tage und 20 Stunden her. Und was macht Harry? Er trinkt um zu vergessen. Wacht zuweilen in fremden Betten auf und kann sich an nichts erinnern. Seine Alkoholexzesse kosteten ihn auch noch den Job an der Uni.

Harry ist wieder auf der alten Dienststelle aber nicht mehr der Held von früher. Obwohl er gleich zu Beginn des Buches ein falsches Geständnis entlarvt und den wahren Täter überführt. Ja, und dann wird ihm eröffnet, dass eine Frau durch einen Messerstich in ihrem Haus ermordet wurde. Er fährt sofort hin und muss sich die Leiche seiner großen Liebe anschauen. Kein Wunder, dass er noch tiefer in den Abgrund gerät. Ist es wirklich der Vergewaltiger Svein Finne, der sie tötete? Welches perfide Spiel hat er drauf und wie schafft er es, alle hinters Licht zu führen? Harry wäre am liebsten nur noch betrunken, damit er nichts fühlen muss. Aber er weiß auch, dass nur er in der Lage ist, den Mörder Rakels zu finden. Svein Finne war Harrys erster Fall und er brachte ihn hinter Gitter. Der schwor ihm damals, dass er sich an ihm und seiner Familie rächen würde. Es ist also kein Wunder, dass Harry unentwegt nach ihm sucht.

Die meisten Bücher einer Reihe sind spätestens nach Band sechs für mich langweilig und vorhersehbar. Nicht bei Messer und dem Ermittler Harry Hole. Ja, er ist Alkoholiker und stürzt eigentlich in jedem Band mal mehr, mal weniger ab. Aber die Wendungen und die vielen Verdächtigen, das ist bei jedem Buch immer wieder neu und sehr fein durchdacht. Und immer, wenn ich denk, ja, der oder die waren es, dann kommen neue Aspekte dazu und meine Annahme löst sich in Luft auf.

Jo Nesbo ist mal wieder ein spannender Nervenkitzel gelungen, den ich selbst in der Nacht nicht aus der Hand legen konnte. Aus dem Grund fünf Sterne und meine ausdrückliche Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Erster Band einer Trilogie über Englands berühmtes Hotel

Das Savoy - Aufbruch einer Familie
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Maxim Wahl, so nennt sich der Autor des Romans Das Savoy - Aufbruch einer Familie. Er hat wohl schon einige Bestseller geschrieben und dieses Buch ist der erste Band einer Trilogie. Es ist eine Mischung ...

Maxim Wahl, so nennt sich der Autor des Romans Das Savoy - Aufbruch einer Familie. Er hat wohl schon einige Bestseller geschrieben und dieses Buch ist der erste Band einer Trilogie. Es ist eine Mischung aus Kriminalroman, Lovestory und ein wenig Historie.

Der Roman beginnt im Jahr 1932. Violet, eine junge Frau, die bei der BBC arbeitet, hat soeben eine Standpauke ihres Chefs erduldet. Sie kam zwei Minuten zu spät und das mag der Herr absolut nicht. Eigentlich möchte sie an ihren Arbeitsplatz aber sofort wird sie zum Telefon gerufen. Ein Mitarbeiter des Hotels Savoy ruft an. Sofort ist sie besorgt um ihren Großvater, den Chef des Hotels Savoy und ihre Sorge ist berechtigt. Er hatte einen Zusammenbruch.

Großvater Laurence Wilder ist der Sohn deutscher Einwanderer und übernahm vor 40 Jahren die Geschicke des noblen Hauses. Erst durch sein Engagement wurde es zur ersten Adresse in London. Nun hatte der 72jährige einen Zusammenbruch und Violet, seine Enkelin, ist erschüttert. Sie lebt seit Kleinkindtagen bei ihm und er ist alles, was sie an familiären Bindungen hat. Nun liegt er da und begreift nicht, was mit ihm geschah. Er denkt sogar, dass er einem Giftanschlag zum Opfer fiel.

#DasSavoyAufbruchEinerFamilie wurde in leichter und angenehmer Sprache geschrieben. Ein wenig Spannung, etwas Zwischenmenschliches und die 30er Jahre des Letzten Jahrhunderts machen einen bunten Strauß netter Unterhaltung. Für mich war interessant, welchen Einfluss Hitler damals selbst beim Adel in England hatte. Seine Fühler waren sogar bis über den Ärmelkanal ausgestreckt. Im nächsten Jahr kommt der zweite Band und daher gibt es zum Schluss dieses Buches auch einen großen Cliffhanger. Was wird aus Violet, überlebt ihr Großvater und für welchen Mann wird sie sich entscheiden? Die Spannung bleibt und wer leichte Kost mag, wird das Buch auch mögen.