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Veröffentlicht am 22.08.2019

Der Handel mit Waffen ist widerwärtig

Rubicon
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Rubicon ist das in meinen Augen gelungene Debüt von Kai Havaii. Hier geht es auch sofort rasant los. Im Epilog beschreibt der Autor, wie ein Mann namens Carl sich eine wilde Verfolgungsjagd in Rom bietet. ...

Rubicon ist das in meinen Augen gelungene Debüt von Kai Havaii. Hier geht es auch sofort rasant los. Im Epilog beschreibt der Autor, wie ein Mann namens Carl sich eine wilde Verfolgungsjagd in Rom bietet. Weiter geht es dann mit einem Rückblick, der meiner Meinung nach dann doch zu lang geraten ist.

8 Jahre vor der Verfolgung in Rom muss Carl als Scharfschütze nach Afghanistan. Auch sein Freund Ebby, der ebenfalls Scharfschütze ist, greift dort ins Geschehen ein. Die gefährliche Mission der ISAF wird immer wieder durch Aktionen von Selbstmordattentätern zu einem riskanten Wagnis. Etliche Kameraden sterben und auch sein Freund Ebby ist ein Opfer der Taliban. Er wird so schwer verletzt, dass er direkt aus der Gefahrenzone geflogen wird. Erst viele Monate später ist klar, dass er überlebt. Jedoch traf ihn die Kugel des Afghanen in der Wirbelsäule und er ist querschnittsgelähmt. Carl gilt als der beste Schütze im Zug und das steigt ihm manchmal in den Kopf. Er empfindet sogar einen Kick, wenn er sein Ziel präzise anvisiert und trifft.

Ebby und Carl sind seit über fünf Jahren ein eingespieltes Team und zum 3. Mal zusammen in Kunduz. Auch in Deutschland reißt der Kontakt nicht ab und Carl besucht den Freund oft im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. Als Carl endgültig nach Hause kommt, leidet er unter Alpträumen und kommt mit dem Leben nicht mehr klar. Er fängt an zu trinken und das Ende vom Lied ist, dass seine Frau sich von ihm trennt. Gemeinsam mit Tochter Lilly zieht sie aus.

Carl fällt in ein schwarzes Loch und da kommt ihn ein Treffen mit dem Freund aus Kindertagen wie ein rettender Strohhalm vor. Michele, so heißt der Freund. Sie hatten sich 14 Jahre aus den Augen verloren und verstehen sich sofort wieder, als seien sie nie getrennt gewesen. Michele ist Italiener und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er macht Carl ein Angebot, welchem er nicht widerstehen kann. Das stellt sein ganzes Leben auf den Kopf.

Das Debüt ist Herrn Havaii gelungen. Allerdings gefielen mir die langen Erläuterungen zum Krieg in Afghanistan und dem Leben von Scharfschützen nicht. Auch zwischendurch gibt es immer wieder Längen, die der Spannung meiner Meinung nach schaden. Keine Frage, der Autor hat gut recherchiert und kennt sich auch mit den Geschäften der Mafia bestens aus. Jedoch gehört das für mich nicht zu einem Krimi oder Thriller, sondern eher zur Biographie der Cosa Nostra. Aber wen das nicht stört und wer sich für das Soldatenleben in Afghanistan oder die Machenschaften der Mafia interessiert, wird sicherlich seine Freude an

Rubicon haben.

Veröffentlicht am 20.08.2019

Buchhändler ist ein abwechslungsreicher Job

Tagebuch eines Buchhändlers
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Er war gerade mal 18 Jahre alt, als er mit einem Freund durch die Straßen seines Heimatortes schlenderte. Der liegt in Schottland, im Geloway Forest und heißt Wigtown. Zu dem Zeitpunkt fiel ihm der Buchladen ...

Er war gerade mal 18 Jahre alt, als er mit einem Freund durch die Straßen seines Heimatortes schlenderte. Der liegt in Schottland, im Geloway Forest und heißt Wigtown. Zu dem Zeitpunkt fiel ihm der Buchladen zum ersten Mal auf und er war der festen Überzeugung, dass der Laden kein Jahr überstehen würde. 12 Jahre später fuhr er zu Weihnachten wieder einmal nach Hause und ging in den Laden. Er kam mit dem Inhaber ins Gespräch und kein Jahr später war er selbst der Besitzer der Buchhandlung.

So schnell kann es gehen. Was vor vielen Jahren noch undenkbar war, das ist jetzt der Lebensinhalt von Shaun Bythell. Er ist mit Leib und Seele Buchhändler und begann schon rasch nach dem Einzug ins „Bücherhaus“ mit dem Schreiben eines Tagebuchs. Hier notierte er besondere Ereignisse seines Berufslebens. Dazu gehörte etwa wie seltsam sich einige Kunden verhalten oder was er beim Ankauf alter Bücher erlebte. Auch sein Privatleben fand hin und wieder Beachtung. Die Eigenarten der Mitarbeiter, welche im Laufe der Jahre immer mal wieder wechselten, ebenfalls. Irgendwann einmal wollte Shaun das Tagebuch als Erstlingswerk veröffentlichen und voilà, es ist ihm gelungen.

Das Buch beginnt an einem Mittwoch, und zwar am 05. Februar. Auf Jahreszahlen verzichtete der Autor. Er schreibt von Nicki, der schwierigen aber äußerst zuverlässigen Aushilfe, die als Zeugin Jehovas streng gläubig ist. Seine Freundin heißt Anna. Sie ist US-Amerikanerin und recht erfolgreiche Autorin. Mittlerweile ist er mehr oder weniger stolzer Besitzer von 100.000 Büchern, die auf mehreren Etagen verteilt sind.

George Orwells Buch „Erinnerungen an eine Buchhandlung“ wird in dem Tagebuch eines Buchhändlers häufig erwähnt und am Beginn eines Monats gibt es ein Zitat daraus. Die Bücher kauft er aus Nachlässen oder Geschäftsaufgaben an und veräußert sie im Laden oder im Internet. Ja, auch bei Amazon bietet er seine Bücher an und der Grund dafür ist durchaus nachvollziehbar.

Bei Büchern aus Nachlässen ist er stets berührt. Erfährt er dabei doch viel aus dem Leben der Vorbesitzer und das ist nicht immer schön. Die Aufzeichnungen des Tagebuchs gehen über ein Jahr und der Beginn war 2014. Am Anfang sehen die Zahl der Bestellungen im Internet und der Bücher, die er fand. Nach dem Eintrag gibt es die Höhe der Einnahmen sowie die Anzahl der Kunden zu lesen. Einiges änderte sich nach 2014 aber die Buchhandlung gibt es immer noch.

Das Buch gefiel mir. Es ist humorvoll und abwechslungsreich geschrieben. Halt so, wie ich mir das Leben eines Buchhändlers auch vorstelle. Die Sprache ist einfach und die Handlung lässt sich jederzeit problemlos nachvollziehen. Das liegt mit Sicherheit auch an der guten Übersetzung von Mechthild Barth. Das Cover ist ein Augenschmaus. Also, ich gebe eine ganz klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Am Ende sind alle Menschen gleich

Der Zopf
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„Drei Frauen, drei Leben, drei Kontinente“, so beginnt der Klappentext des Buches Der Zopf von Laetitia Colombani. Da ist zunächst die Inderin Smita. Sie arbeitet als „Kloputzerin“. Das heißt, dass sie ...

„Drei Frauen, drei Leben, drei Kontinente“, so beginnt der Klappentext des Buches Der Zopf von Laetitia Colombani. Da ist zunächst die Inderin Smita. Sie arbeitet als „Kloputzerin“. Das heißt, dass sie zur niedrigsten Kaste Indiens, der Dalit, gehört und die Fäkalien der sozial über ihr stehenden Menschen entsorgen muss. Dieses Schicksal möchte sie ihrer Tochter Lalita ersparen und kämpft dafür, dass die lesen und schreiben lernt. Nur so hat Lalita eine Chance, dem alltäglichen Gestank und Schmutz zu entgehen. Obwohl Smita es schafft, die Tochter in der Schule anzumelden, sieht sie sich unüberwindbarer Grenzen gegenüber.

Die Firma Lanfredi steht auf Sizilien und gehört Giulias Vater. Sie ist seit Jahrzehnten in der Hand der Familie. Nach einem Unfall des Vaters stellt sich heraus, dass die Fabrik für feine Perücken vor dem Ruin steht. Und das nach 100 Jahren. So lange lebte die ganze Familie von der Firma. Guila ist eine unersättliche Leserin und hat kaum soziale Kontakte außerhalb der Fabrik. Nun muss sie ganz plötzlich einen Weg finden, damit sie das Geschäft retten kann. Die Haarteile und Perücken werden aus Echthaar gemacht. Das stammt entweder von Friseuren der Insel und dem Festland oder es wurde von den Menschen gesammelt. Gezahlt werden die Haare nach Gewicht und vor der Verarbeitung gesäubert und entfärbt. Es ist die letzte Fabrik dieser Art in Palermo und der Stolz ihrer Besitzer.

Sarah Cohen lebt in Montreal und sehr ehrgeizig. Sie lebt alleine mit ihrer Tochter und diese wird von ihr vernachlässigt. Und das nur, um ihre Karriere voranzutreiben. Sie hat eigens für das Kind einen Angestellten, der sich um sie kümmert. Sarah arbeitet in einer Anwaltskanzlei und sehr schnell wird sie dort auch Gesellschafterin. Sie ist am Ziel ihrer Wünsche. Doch dann erfährt sie, dass sie an Krebs erkrankte und erst dann merkt sie, was wirklich wichtig ist im Leben. Auch die vermeintlichen Freunde lernt sie nun erst richtig kennen.

Unterschiedlicher können die Lebensumstände der drei Frauen nicht sein. Trotzdem schafft es die Autorin, die Schicksale so miteinander zu verflechten, dass am Ende ein stimmiges Bild entsteht. Die Sprache ist ansprechend und ja, für meinen Geschmack gehoben. Das Buch lässt sich gut lesen, da die Autorin sehr bildhaft erzählt. Ein Buch, dass ich unbedingt empfehle.

Veröffentlicht am 18.08.2019

Welch ein beeindruckendes Vermächtnis

Das Schöne, Schäbige, Schwankende
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Plötzlich sagte der Mund: „Putin und Assad, Sie alle kennen die beiden und ihre mörderischen Verbrechen. Und doch haben sie Gesichter, wie wir alle. Augen, Nase, Mund und waren einmal unschuldige Kinder.“ ...

Plötzlich sagte der Mund: „Putin und Assad, Sie alle kennen die beiden und ihre mörderischen Verbrechen. Und doch haben sie Gesichter, wie wir alle. Augen, Nase, Mund und waren einmal unschuldige Kinder.“ (Zitat aus dem Buch

DasSchöneSchäbigeSchwankende.)

Am 22.07.2019 starb Brigitte Kronauer und nur wenige Wochen später, am 05.08. erschien ihr letztes Buch. Sie nannte es „Romangeschichten“ und die Reise beginnt mit einer Begegnung zweier Frauen. Die eine schreibt eine Ansichtskarte an ihren Mann und die andere schaut ihr über die Schulter. Es entwickel sich ein Gespräch, dessen Ausgang überraschend ist. Dann folgt ein kurzer Abriss aus dem Arbeitsalltag eines Betreuers. Er beschäftigt sich mit Senioren und hat so einige Anekdoten zu berichten.

Auch der Mord an einer jungen Frau ist Teil des Buches. Dieser Mord war ein Versehen. Warum? Die Täterin verwechselte sie und es war nur der Federschmuck auf dem Kopf, welcher zu der Verwechslung führte. Das Opfer wurde mit etlichen Messerstichen getötet. Etliche kurze Erzählungen folgen und alle unterscheiden sich. Jede für sich ist abgeschlossen und jede hat ein stimmiges Ende.

Nach den Kurzgeschichten tauchen dann einige der Protagonisten erneut auf. Und zwar in längeren Erzählungen, die für mich noch interessanter waren, als die Kurzgeschichten. Das Vermächtnis der Frau Kronauer in Form von

DasSchöneSchäbigeSchwankende ist eindrucksvoll gelungen. Dazu wurde das Cover perfekt ausgewählt. Es zeigt einen Vogel, der auf einer Schüssel mit Trauben sitzt. Dabei breitet er seine Flügel weit aus.

Ja, eine der ganz großen des literarischen Banketts starb und hinterließ mit ihrem letzten Roman ein würdevolles Erbe. Ihre Sprache hebt sich von etlichen Kollegen ab und ihre Geschichten zeugen von Lebenserfahrung und Klugheit. Gerne las ich das Buch, wenn es auch nicht immer einfach war, hier am Ball zu bleiben.

Veröffentlicht am 16.08.2019

Spannend und nicht vorhersehbar

Das verborgene Cottage
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DasVerborgeneCottage von Pauline Peters beginnt im Herbst des Jahres 1908 in England. Erst wenige Wochen verheiratet und schon heißt es, Abschied nehmen. Als Victoria und Jeremy ihre Hochzeit nachfeiern, ...

DasVerborgeneCottage von Pauline Peters beginnt im Herbst des Jahres 1908 in England. Erst wenige Wochen verheiratet und schon heißt es, Abschied nehmen. Als Victoria und Jeremy ihre Hochzeit nachfeiern, erleidet Jeremys Vater einen Schwächeanfall. Die gemeinsamen Flitterwochen fallen aus und Victoria fährt alleine nach Irland. Dort gerät sie in Lebensgefahr und wird von einem jungen Mann gerettet. Erschwerend kommt hinzu, dass Victoria schwanger ist und auch das Baby in großer Gefahr war. Der junge Mann heißt Josef und lebt in einer einsam gelegenen Kate.

Wenige Stunden später wird eine junge Frau ermordet und Josef muss als Verdächtiger ins Gefängnis. Das geht außerordentlich schnell und für Victoria sieht es so aus, als sei er ein Bauernopfer. Sie engagiert einen guten Strafverteidiger und will ihrem Retter helfen. Ob es ihr gelingt und ist er tatsächlich nicht der Mörder?

Das Buch ist spannend aufgebaut und erst ganz zum Schluss klärt sich alles auf. Das Ende hat mich überrascht und war für mich nicht vorhersehbar. Im Laufe des Lesens erfuhr ich, dass das Buch einer Reihe ist, aber das hat dem Lesefluss keinen Abbruch getan. Auch wenn ich die vorher erschienen Bände nicht kannte, kam ich leicht in die Geschichte hinein. Das Vertuschen von Verbrechen der „Mächtigen“ hat sich bis heute nicht geändert. Wie gut, dass es damals bereits Zeitungen mit guten Journalisten gab, die alles an die Öffentlichkeit brachten.

Nicht nur die Wendungen und Spannungsbögen gefielen mir in

DasVerborgeneCottage. Auch die Beschreibung des Lebens damals fand ich interessant. Das Mit- beziehungsweise Gegeneinander von Iren und Engländern ist lebhaft beschrieben. Am Ende des Buches weist die Autorin noch zusätzlich auf die belegbaren Fakten der Story hin. Für mich ein Buch sowohl für historisch Interessierte als auch Fans von spannenden Krimis.

Ich danke dem Verlag und #NetGalleyDE, dass ich das Buch lesen durfte.