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Veröffentlicht am 04.09.2019

2. Weltkrieg in der Eifel

Winterbienen
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Winterbienen ist eins der 20 Bücher, welche auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019 stehen. Das Buch ist in Tagebuchform geschrieben und handelt vom letzten Kriegswinter in der Eifel. Es ist die ...

Winterbienen ist eins der 20 Bücher, welche auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019 stehen. Das Buch ist in Tagebuchform geschrieben und handelt vom letzten Kriegswinter in der Eifel. Es ist die Zeit von Januar 1944 bis Mai 1945. Egidius Arimond war Imker und lebte im Urfttal, in der Nähe von Kall. Der Ort liegt nicht weit von der Grenze zu Belgien entfernt. Das Tagebuch wird nicht täglich geführt, sondern immer mal wieder und das in guter Regelmäßigkeit. Zwischendurch kommen noch Auszüge dazu, die von Ambrosius, einem Mitglied des Benediktinerordens handeln.

Egidius ist Epileptiker und das war zur damaligen Zeit ein Todesurteil. Hätte die Nazis ihn entdeckt, wäre er ermordet worden. So versuchte er, die Anfälle mit Medikamenten zu unterdrücken. Das gelang ihm auch anfangs, bis der Apotheker ihm die Hilfe versagte. Er wurde zwar Zwangssterilisiert, aber die großen Anfälle bekam er zum Glück nicht im Beisein eines Nazis. Trotz seiner schweren Erkrankung war Egidius kein Kostverächter und hatte mit einigen Frauen des Dorfes ein Verhältnis.

Der Leser erfährt viel über Bienen und deren vielfältige Aufgaben in einem Stock. Gleichzeitig erklärt der Autor, wie mit der Hilfe dieser kleinen Tiere, Flüchtlinge zur belgischen Grenze geschafft werden konnten. Ein gefährliches Unterfangen, welches Egidius Arimond bis heute einen Platz im Gedächtnis der Geretteten brachte. Leider war ihm der Dank dieser Menschen nicht mehr vergönnt, da er kurz nach der Kapitulation mit seinem Pferdewagen über eine Mine fuhr.

Winterbienen lässt sich gut lesen, die Sprache ist einfach und so gehalten, als hätte Egidius tatsächlich selbst geschrieben. Die Lage der Flüchtlinge und auch jene der Einwohner von Kall sind eindrücklich beschrieben. Im Buch befinden sich Zeichnungen der Bomber, die damals über die Eifel hinwegflogen. Am Ende schreibt der Autor wie er zum Schreiben des Buches kam und es gibt ebenfalls ein Glossar, in dem Erklärungen zu Fremdwörtern stehen. Mir gefiel das Buch besonders gut, da ich die Gegend kenne und mir die Schauplätze sehr gut vorstellen konnte.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Welch eine starke Frau

Die Malerin des Nordlichts
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Leider wurden nur vereinzelte Bilder von Signe Munch vor den Nazis gerettet. So ging uns allen ein Kleinod in der Malerei verloren. Die Nazis vernichteten ihre Bilder, als sie die Wohnung beschlagnahmten ...

Leider wurden nur vereinzelte Bilder von Signe Munch vor den Nazis gerettet. So ging uns allen ein Kleinod in der Malerei verloren. Die Nazis vernichteten ihre Bilder, als sie die Wohnung beschlagnahmten und Signe in ein Lager kam. Signe ist die Nichte des Künstlers Edward Munch und er gab wohl auch den Ausschlag für den Titel des Buches. Nordlicht, so nannte er die Stimmung ganz im Norden, wo eins seiner Häuser stand. Genau lag es am Oslofjord und der Name des Ortes ist Åsgårdstrand. Das Haus ist heute ein gut besuchtes Museum.

Das Cover des Buches Die Malerin des Nordlichts zeigt das Haus des Edvard Munk und den großen Oslofjord. Sehr gut gewählt und ein perfekter Hinweis auf die Stimmung des Buches. Der Leser erfährt in dem Buch auch einen Teil der Geschichte Oslos, welches damals noch Christiania hieß. Aber auch Kopenhagen beschreibt die Autorin, denn hier besuchte Signe eine Akademie. Leider wurde sie von den anderen Studierenden oft „nur“ als Nichte des berühmten Malers gesehen. Das ärgerte sie, aber es stachelte auch ihren Ehrgeiz an. Immerhin vertrat sie ihren ganz eigenen Stil, der nichts mit dem ihres Onkels gemein hatte.

Es ist ein ruhiges aber dennoch sehr emotionales Buch. Signe war eine starke Persönlichkeit, die in schwierigen Situationen stets besonnen handelte. Die Autorin beschreibt die Furcht vor dem Erstarken der Nationalsozialisten in Deutschland. Dass die Angst begründet ist zeigt sich spätestens dann, als die Nazis Norwegen fest in ihrer Hand hielten. Es gab Menschen im Widerstand, die leider immer wieder enttarnt und verhaftet wurden. Das Leben Signes war durchzogen von Verlust und Trauer. Dennoch verstand sie es, sich an kleinen Dingen zu erfreuen und das Heute zu genießen.

Mir gefiel Die Malerin des Nordlichts gut. Es ist unglaublich, wie viele Stunden Frau Johannson wohl recherchiert haben muss. Das Leben Signes ist so interessant und es gibt nur wenige Aussagen, die schriftlich festgelegt wurden. Die Autorin verstand es meiner Meinung nach perfekt, diese sensible Persönlichkeit sehr treffend zum „Leben zu erwecken“. Einzig die Umsetzung als Hörbuch gefiel mir nicht so gut. Aber das ist wohl auch Geschmackssache.

Veröffentlicht am 24.08.2019

Freimaurer und Anhänger verpackt in einen Krimi

Brudermahl
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Brudermahl ist ein Krimi und wurde von Guido Grandt geschrieben.
Im Süden Baden-Württembergs, und zwar genau im kleinen Städtchen Balingen, lebt und arbeitet Kriminalhauptkommissar Mark Brandner. An einem ...

Brudermahl ist ein Krimi und wurde von Guido Grandt geschrieben.
Im Süden Baden-Württembergs, und zwar genau im kleinen Städtchen Balingen, lebt und arbeitet Kriminalhauptkommissar Mark Brandner. An einem freien Tag geht er mit seiner langjährigen Freundin ins Möbelhaus und sieht dort seine Ex Larissa. Glaubt er noch, dass er keine Gefühle mehr für sie hegt, so wird er durch das Wiedersehen eines Besseren belehrt.

Noch in der Nacht weckt ihn ein Anruf seines Kollegen. Ein Toter wurde am Ufer der Eyach gefunden und es handelt sich um den Bankdirektor Walter Wieland. Schnell stellt sich heraus, dass er ermordet wurde. Auffallend für Brandner ist, dass der Mantel des Opfers mit Backsteinen beschwert wurde. Das ist ein Zeichen der Freimaurer und da der Kommissar Mitglied der örtlichen Loge ist, erkennt er das sofort. Doch, was hat diese damit zu tun? Kommt der Tote oder sein Mörder aus dem Umkreis der Freimaurer?

Es bleibt auch nicht der einzige Mord, den Brandner aufzuklären hat. Sein Chef ist ungeduldig und die beiden Frauen in seinem Leben halten ihn ebenfalls in Atem. Geht etwa ein Serienmörder in Balingen um? Anfangs wird nicht nur die Gegenwart beschrieben, sondern auch die Tage vor dem Mord an Wieland.

Brudermahl war nett zu lesen und ich erfuhr eine Menge über die Rituale und den Sinn der Freimaurerverbindungen. Es gibt einige Verdächtige und bis zum Schluss ist nicht klar, wer der Mörder ist. Was mich ein wenig störte war, dass die Beziehungen Brandners zu den beiden Freundinnen so viel Raum bekamen.

Vielen Dank dem Verlag und #NetGalleyDE, dass ich das Buch lesen durfte.

Veröffentlicht am 22.08.2019

Der Handel mit Waffen ist widerwärtig

Rubicon
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Rubicon ist das in meinen Augen gelungene Debüt von Kai Havaii. Hier geht es auch sofort rasant los. Im Epilog beschreibt der Autor, wie ein Mann namens Carl sich eine wilde Verfolgungsjagd in Rom bietet. ...

Rubicon ist das in meinen Augen gelungene Debüt von Kai Havaii. Hier geht es auch sofort rasant los. Im Epilog beschreibt der Autor, wie ein Mann namens Carl sich eine wilde Verfolgungsjagd in Rom bietet. Weiter geht es dann mit einem Rückblick, der meiner Meinung nach dann doch zu lang geraten ist.

8 Jahre vor der Verfolgung in Rom muss Carl als Scharfschütze nach Afghanistan. Auch sein Freund Ebby, der ebenfalls Scharfschütze ist, greift dort ins Geschehen ein. Die gefährliche Mission der ISAF wird immer wieder durch Aktionen von Selbstmordattentätern zu einem riskanten Wagnis. Etliche Kameraden sterben und auch sein Freund Ebby ist ein Opfer der Taliban. Er wird so schwer verletzt, dass er direkt aus der Gefahrenzone geflogen wird. Erst viele Monate später ist klar, dass er überlebt. Jedoch traf ihn die Kugel des Afghanen in der Wirbelsäule und er ist querschnittsgelähmt. Carl gilt als der beste Schütze im Zug und das steigt ihm manchmal in den Kopf. Er empfindet sogar einen Kick, wenn er sein Ziel präzise anvisiert und trifft.

Ebby und Carl sind seit über fünf Jahren ein eingespieltes Team und zum 3. Mal zusammen in Kunduz. Auch in Deutschland reißt der Kontakt nicht ab und Carl besucht den Freund oft im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. Als Carl endgültig nach Hause kommt, leidet er unter Alpträumen und kommt mit dem Leben nicht mehr klar. Er fängt an zu trinken und das Ende vom Lied ist, dass seine Frau sich von ihm trennt. Gemeinsam mit Tochter Lilly zieht sie aus.

Carl fällt in ein schwarzes Loch und da kommt ihn ein Treffen mit dem Freund aus Kindertagen wie ein rettender Strohhalm vor. Michele, so heißt der Freund. Sie hatten sich 14 Jahre aus den Augen verloren und verstehen sich sofort wieder, als seien sie nie getrennt gewesen. Michele ist Italiener und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er macht Carl ein Angebot, welchem er nicht widerstehen kann. Das stellt sein ganzes Leben auf den Kopf.

Das Debüt ist Herrn Havaii gelungen. Allerdings gefielen mir die langen Erläuterungen zum Krieg in Afghanistan und dem Leben von Scharfschützen nicht. Auch zwischendurch gibt es immer wieder Längen, die der Spannung meiner Meinung nach schaden. Keine Frage, der Autor hat gut recherchiert und kennt sich auch mit den Geschäften der Mafia bestens aus. Jedoch gehört das für mich nicht zu einem Krimi oder Thriller, sondern eher zur Biographie der Cosa Nostra. Aber wen das nicht stört und wer sich für das Soldatenleben in Afghanistan oder die Machenschaften der Mafia interessiert, wird sicherlich seine Freude an

Rubicon haben.

Veröffentlicht am 20.08.2019

Buchhändler ist ein abwechslungsreicher Job

Tagebuch eines Buchhändlers
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Er war gerade mal 18 Jahre alt, als er mit einem Freund durch die Straßen seines Heimatortes schlenderte. Der liegt in Schottland, im Geloway Forest und heißt Wigtown. Zu dem Zeitpunkt fiel ihm der Buchladen ...

Er war gerade mal 18 Jahre alt, als er mit einem Freund durch die Straßen seines Heimatortes schlenderte. Der liegt in Schottland, im Geloway Forest und heißt Wigtown. Zu dem Zeitpunkt fiel ihm der Buchladen zum ersten Mal auf und er war der festen Überzeugung, dass der Laden kein Jahr überstehen würde. 12 Jahre später fuhr er zu Weihnachten wieder einmal nach Hause und ging in den Laden. Er kam mit dem Inhaber ins Gespräch und kein Jahr später war er selbst der Besitzer der Buchhandlung.

So schnell kann es gehen. Was vor vielen Jahren noch undenkbar war, das ist jetzt der Lebensinhalt von Shaun Bythell. Er ist mit Leib und Seele Buchhändler und begann schon rasch nach dem Einzug ins „Bücherhaus“ mit dem Schreiben eines Tagebuchs. Hier notierte er besondere Ereignisse seines Berufslebens. Dazu gehörte etwa wie seltsam sich einige Kunden verhalten oder was er beim Ankauf alter Bücher erlebte. Auch sein Privatleben fand hin und wieder Beachtung. Die Eigenarten der Mitarbeiter, welche im Laufe der Jahre immer mal wieder wechselten, ebenfalls. Irgendwann einmal wollte Shaun das Tagebuch als Erstlingswerk veröffentlichen und voilà, es ist ihm gelungen.

Das Buch beginnt an einem Mittwoch, und zwar am 05. Februar. Auf Jahreszahlen verzichtete der Autor. Er schreibt von Nicki, der schwierigen aber äußerst zuverlässigen Aushilfe, die als Zeugin Jehovas streng gläubig ist. Seine Freundin heißt Anna. Sie ist US-Amerikanerin und recht erfolgreiche Autorin. Mittlerweile ist er mehr oder weniger stolzer Besitzer von 100.000 Büchern, die auf mehreren Etagen verteilt sind.

George Orwells Buch „Erinnerungen an eine Buchhandlung“ wird in dem Tagebuch eines Buchhändlers häufig erwähnt und am Beginn eines Monats gibt es ein Zitat daraus. Die Bücher kauft er aus Nachlässen oder Geschäftsaufgaben an und veräußert sie im Laden oder im Internet. Ja, auch bei Amazon bietet er seine Bücher an und der Grund dafür ist durchaus nachvollziehbar.

Bei Büchern aus Nachlässen ist er stets berührt. Erfährt er dabei doch viel aus dem Leben der Vorbesitzer und das ist nicht immer schön. Die Aufzeichnungen des Tagebuchs gehen über ein Jahr und der Beginn war 2014. Am Anfang sehen die Zahl der Bestellungen im Internet und der Bücher, die er fand. Nach dem Eintrag gibt es die Höhe der Einnahmen sowie die Anzahl der Kunden zu lesen. Einiges änderte sich nach 2014 aber die Buchhandlung gibt es immer noch.

Das Buch gefiel mir. Es ist humorvoll und abwechslungsreich geschrieben. Halt so, wie ich mir das Leben eines Buchhändlers auch vorstelle. Die Sprache ist einfach und die Handlung lässt sich jederzeit problemlos nachvollziehen. Das liegt mit Sicherheit auch an der guten Übersetzung von Mechthild Barth. Das Cover ist ein Augenschmaus. Also, ich gebe eine ganz klare Leseempfehlung.