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Veröffentlicht am 05.06.2020

Liebe im Alter verboten?

Unsere Seelen bei Nacht
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„Unsere Seelen bei Nacht“ ist der letzte Roman des im Jahre 2014 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, erschienen bei Diogenes und er spielt – wie alle seine sechs Romane – in der fiktiven ...

„Unsere Seelen bei Nacht“ ist der letzte Roman des im Jahre 2014 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, erschienen bei Diogenes und er spielt – wie alle seine sechs Romane – in der fiktiven Stadt Holt in Colorado.
„Ganz schön mutig!“ Das waren nach nicht viel mehr als zwei gelesenen Seiten meine bewundernden Gedanken. Ich rede von Addie Moore, der 70-jährigen Witwe, die eines Tages den Entschluss gefasst hat, ihren langjährigen Nachbarn Louis Waters, zu fragen, ob er sich vorstellen könnte, ab und zu die Nacht bei ihr zu verbringen. Der überraschte Louis ist schnell einverstanden und steht am Abend mit Zahnbürste und Schlafanzug in einer Papiertüte vor Addies Tür, genau gesagt, vor der Hintertür – wegen der Nachbarn. Addie ist das Gerede der Nachbarn egal, sie ist da etwas selbstbewusster. Doch es sind nicht nur die Leute, die sich das Maul zerreißen…
Dabei ist es einfach nur schön, wie einfühlsam Kent Haruf erzählt, dass Addie und Louis bald regelmäßig die Nächte miteinander verbringen. Dabei geht es ihnen nicht um Sex, sondern einzig darum, nicht allein zu sein. Im Laufe der Zeit erzählen sie sich fast alles aus ihrem Leben und lassen den Leser teilhaben an ihren Gefühlen.
Der Schreibstil ist so aufwühlend und emotionsgeladen, dass ich vollkommen ergriffen bin. Fassungslos haben mich die Reaktionen gemacht, die sogar aus den eigenen Familien kamen, herzbewegend war alles, was Louis, Addie und ihr Enkel Jamie miteinander erlebt haben.
Welche Liebe Haruf in seine Worte legt, zeigt eines von vielen wunderschönen Zitaten: „In Addies Schlafzimmer streckte er die Hand aus dem Fenster und fing den Regen auf, der vom Giebel tropfte. Dann legte er sich neben Addie und berührte mit der feuchten Hand ihre Wange.“
Ein wunderschönes Buch, das ich von Herzen gern weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 02.06.2020

Gesucht und gefunden

Der Preis der Rache
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„Der Preis der Rache“ ist erschienen im KNAUR Verlag und bildet den Auftakt einer Cold-Case-Serie von Mathias Berg.

Im Jahr 2003 trifft die junge forensische Psychologin Lupe Svensson beim LKA Düsseldorf ...

„Der Preis der Rache“ ist erschienen im KNAUR Verlag und bildet den Auftakt einer Cold-Case-Serie von Mathias Berg.

Im Jahr 2003 trifft die junge forensische Psychologin Lupe Svensson beim LKA Düsseldorf auf den etwa 60-jährigen Ermittler Otto Hagedorn, der auf den ersten Blick ein komischer Kauz zu sein scheint, er wirkt kratzbürstig und unnahbar.

Dadurch bekomme ich den Eindruck, dass er Lupe, die als Praktikantin arbeitet, nur mit nebensächlichen Arbeiten betrauen will. Doch Lupe wird sofort von ihm mit einbezogen in die Ermittlungen in einem brisanten Mordfall. Bei Abrissarbeiten einer alten Tankstelle wird eine Leiche entdeckt, der ein Fuß fehlt. Ist die Tote das vierte Opfer einer Mordserie, die bereits vor 28 Jahren verübt und nie aufgeklärt wurde? Schon 1975 war Otto der zuständige Ermittler und ihm liegt natürlich daran, den Fall endlich geklärt zu den Akten legen zu können.

Mathias Berg ist es gelungen, mich von Anfang an zu packen. Mit dem Prolog sind Gänsehaut und stockender Atem zur Stelle. Überhaupt ist Langeweile in diesem Buch ein Fremdwort.

Mir haben die detaillierten Beschreibungen der Protagonisten sehr gut gefallen. Dadurch habe ich mich in Lupes neuem Kollegenkreis gleich heimisch gefühlt. Mir gefällt die Person Lupe sehr gut – obwohl sie sich so manches Mal etwas ungewöhnlich zeigt, doch dafür gibt es Gründe. Ich finde es toll, dass sie sich auch nicht scheut, sich in Dienstbesprechungen einzubringen und ihre Meinung zu sagen.

Schon bald habe ich das Gefühl, dass Lupe und Otto ein tolles Team werden und sich gesucht und gefunden haben. Das gefällt mir vor allem deswegen, weil ich es liebe, wenn Jung und Alt gut zusammenarbeiten.

Ein locker-leichter Schreibstil lässt mich nur so durch die Seiten fliegen. Dazu trägt nicht nur die fesselnde Spannung bei, sondern auch das Gefühl, der Lösung ganz nah zu sein, um dann doch feststellen zu müssen, auf die falsche Fährte geführt worden zu sein.

Beschreiben kann ich ihn nicht, aber ich liebe den besonderen Humor des Autors, der an vielen Stellen mitschwingt und mich mehr als einmal zum Lachen bringt.

Dieses Buch ist für mich der erste Kriminalroman, der neben Humor und Spannung teilweise so berührend ist, dass er mich wirklich auch zum Heulen gebracht hat.

Mögt Ihr das, was ich zu dem Buch geschrieben habe?

Dann holt Euch das Buch und fangt an zu lesen! Meine Empfehlung habt Ihr!

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Veröffentlicht am 01.06.2020

Grandiose Wortspielereien und politisches Geschehen

Wassermann
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„Wassermann“ ist die Geschichte eines Mannes, der es in Deutschland nicht aushält. Zwanzig Jahre war er als Entwicklungshelfer in Afrika, aber auch in Brasilien mit dem Bau von Trinkwasseraufbereitungsanlagen ...

„Wassermann“ ist die Geschichte eines Mannes, der es in Deutschland nicht aushält. Zwanzig Jahre war er als Entwicklungshelfer in Afrika, aber auch in Brasilien mit dem Bau von Trinkwasseraufbereitungsanlagen beschäftigt. Dann zwingt ihn ein routinemäßiger Eignungstest zurück nach Deutschland, bei dem er die Psychologin Isabella kennenlernt, die ihm die Aufgabe stellt, hundert Wörter und „eine freie Assoziation“ dazu.
Zunächst scheint Wassermann gar nichts einzufallen, doch bald ist das erste Wort gefunden und das, was er damit verbindet, aufgeschrieben. Danach gibt es kein Halten mehr und Wörter und Gedanken sprudeln nur so hervor. Dieser Test nimmt den ersten Teil der Geschichte ein – und reißt mich einfach mit. Das ist es, was ich an den Büchern des Autors Franz Josef Brüseke so mag: seine „Wortspielereien“, wie ich sie nenne. Doch was mich so begeistert, bedeutet für Wassermann das Ende seiner bisherigen Arbeit.
Er bekommt dafür einen neuen Auftrag, der ihn zunächst nach Brasilien führt. Habe ich im ersten Teil einen Blick in seine „Seelenwelt“ werfen können, so lerne ich jetzt den Menschen „Wassermann“ kennen. Er kommt mir recht unbedarft vor und hat eigentlich gar keine Ahnung von dem, was er als „Beobachter“ des (politischen) Geschehens hier in Brasilien, aber auch in Kolumbien und Venezuela macht. Doch seine Auftraggeber scheinen zufrieden zu sein mit den Ergebnissen seiner Arbeit.
Ich mag Brüsekes Schreibstil, der oft recht trocken rüberkommt, aber auch mit einer guten Prise Humor gewürzt ist. Vielleicht ist er etwas gewöhnungsbedürftig, doch nachdem ich bereits mehrere seiner Bücher gelesen habe, gefällt mir die Art immer besser – vielleicht, weil sie einfach ganz anders ist – ungewöhnlich, aber gut.
Zitate:
„Die Zeit, die er sich nahm, war meine, die ich verlor…“
„Ich bin froh, dass ich mich nie langfristig gebunden hatte. Was man nicht hat, das kann man auch nicht verlieren.“
Das Buch empfehle ich sehr gern weiter, zum einen wegen der Worterklärungen und zum anderen, weil ich weitere Einblicke in die politischen Verhältnisse der betreffenden südamerikanischen Länder bekomme, die mich neugierig machen, mich näher damit zu beschäftigen.

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Veröffentlicht am 29.05.2020

Schaurig-schön

Der blutige Roman
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Vor knapp einhundert Jahren hat der Tscheche Josef Váchal das Buch „Der blutige Roman“ verfasst und veröffentlicht. Der Grafiker und Buchdrucker hat selbst den Text gesetzt – damals natürlich noch von ...

Vor knapp einhundert Jahren hat der Tscheche Josef Váchal das Buch „Der blutige Roman“ verfasst und veröffentlicht. Der Grafiker und Buchdrucker hat selbst den Text gesetzt – damals natürlich noch von Hand – und in einer Auflage von 17 Exemplaren gedruckt. Illustriert wurde das Buch mit zahlreichen Holzschnitten, ebenfalls aus der Hand Váchals.
„Ein gefälschtes Testament, ein Schatz auf Honolulu, ein Werwolf in den Fängen der spanischen Inquisition, und in Prag toben Anarchisten und Gespenster. Das sind nur ein paar der vielen Handlungsstränge dieses auf unzähligen Ebenen spannenden Romans…“, so verspricht es die Buchbeschreibung. Und sie hat nicht zu viel versprochen. Auch macht sie dem als „Schundroman“ angekündigten Buch alle Ehre.
Neben der Hochsprache wird überwiegend in der Volkssprache erzählt. Das war für mich recht gewöhnungsbedürftig und ich habe feststellen müssen, dass dies kein Buch für „nebenbei“ ist. Mit der nötigen Ruhe hatte ich mich in kurzer Zeit daran gewöhnt und bald Gefallen daran gefunden – gerade in Bezug auf die Sprache.
„Was geschieht hier gerade?“ Wird noch wenige Sätze zuvor von Ermordeten geredet, folgt dieser Satz: „Durch die Geäste des Waldes beobachtete die Leichen voll Neugier die Morgensonne.“ - Ein Satz voller Poesie – nur die Leichen sprechen dagegen. Gelacht habe ich über den raffinierten Grafen, der später als Geldfälscher entlarvt wurde, gestaunt über den „gepanschten“ Wein, der so viel Äthanol enthielt, „daß nach seinem Entfachen das Schiff wie ein Strohwisch brannte.“ Und die Jesuiten waren ja wohl mit allen Wassern gewaschen!
Nicht zuletzt durch die Holzschnitte fühlte ich mich in eine andere Zeit versetzt. Besonders gefallen hat mir das Bild von der Flucht mit den Ballonen – bis ich gelesen hatte, woraus sie hergestellt wurden.
Kann man einen „Schundroman“ als Kunst bezeichnen? Ich sage ganz laut „JA“!

Vor allem aber gilt meine Bewunderung Ondrej Cikán, der den Roman ins Deutsche übersetzt, kommentiert und mit einem Nachwort versehen hat – eine großartige Leistung! Ich kann mir vorstellen, dass das eine große Menge an Zeit und Arbeit erfordert hat, und ich spüre die besondere Liebe, die bei einer solchen Aufgabe nicht fehlen darf.
Erschienen ist „Der blutige Roman“ im Verlag Ketos. Das Buch hat einen tollen Einband in passender Farbe . Es liegt gut in der Hand, ist mit zwei Lesebändchen versehen und das Layout ist einfach gelungen.

Komisch: Ich mag keine Krimis oder Thriller, die sehr blutrünstig sind. – Genau das, was ich nicht mag, bietet „Der blutige Roman“, und: Mir gefällt’s!
Gern empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

So liebe ich Fantasy

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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„Das Buch der gelöschten Wörter“ – Der erste Federstrich“ ist der erste Teil einer Trilogie von Mary E. Garner, erschienen im Lübbe Verlag. Die Autorin empfiehlt das Buch aus dem Genre Fantasy „Für Abende ...

„Das Buch der gelöschten Wörter“ – Der erste Federstrich“ ist der erste Teil einer Trilogie von Mary E. Garner, erschienen im Lübbe Verlag. Die Autorin empfiehlt das Buch aus dem Genre Fantasy „Für Abende im Baumhaus und für alle, die gewiss sind, dass Bücher mehr sind als gedruckte Wörter“.
Ausgerechnet MRS. GATEWAY’S FINE BOOKS ist der Laden, in dem Hope Turner Schutz vor Regen sucht. Dabei hat sie keine gute Erinnerung an diese Buchhandlung, deren Inhaberin verschroben und genauso verstaubt scheint wie ihre Bücher. Aber genau diese Buchhandlung ist es, die das einzige Portal in die Welt der Bücher ist. Allerdings dürfen und können nur Menschen mit einer besonderen Fähigkeit dieses Portal auch betreten. Das Cover passt ausgezeichnet zu dieser Vorstellung!
Hope führte bisher ein ganz unspektakuläres Leben. Sie ist nach der Trennung von ihrem Freund seit zwei Jahren Single, besucht täglich ihre an Demenz erkrankte Mutter und arbeitet online für eine Partnervermittlungsagentur. Ihr eintöniges Leben ändert sich, als sie Rufus Walker kennenlernt, denn er ist derjenige, der bei Hope ein spezielles Talent entdeckt und sie durch das Portal in eine andere Welt führt: die Welt der Bücher.
Hope liebt die Romane von Jane Austen und darum ist es für sie natürlich wie ein Traum, direkt in der Geschichte „Stolz und Vorurteil“ auf Longbourn, dem Familiengut der Bennetts in der Nähe von London, zu landen. Nach der ersten Verwirrung kommt Hope aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Romanfiguren entwickeln ein Eigenleben! Doch so faszinierend hier alles scheint – es gibt nicht nur Schönes in dieser Welt, denn auch hier lauert das Böse, und zwar in Form gelöschter Wörter. Irgendjemand ist verantwortlich dafür, dass in böser Absicht online geschriebene und später gelöschte Wörter in einem Buch gesammelt werden und drohen, diese Welt zu vernichten. Nur Menschen mit einer besonderen Gabe können helfen, diese Bedrohung aufzuhalten. Zu ihnen gehört auch Hope. Sie erweist sich als großartige Verwandlerin und wird zu einer wertvollen Hilfe.
Mary E. Garner hat es geschafft, mich von der ersten Seite an mit ihrer Geschichte einzufangen. Der Schreibstil ist leicht, fantasie- und humorvoll. Ich habe mich wohl gefühlt in den Bücherwelten. Besonders die beiden Gehilfen von Rufus, Gwen und Lance, haben mir richtig gut gefallen und Romanfiguren wie Bambi und Lassie haben ein Eigenleben entwickelt, das mich begeistert und zum Lachen gebracht hat. Doch auch die Spannung kommt in diesem Buch nicht zu kurz. Zum Beispiel wird zum Portieren immer ein sogenannter Wanderer benötigt, allein schafft Hope es als Verwandlerin nicht. Dabei kann es gefährlich werden, wenn man wie sie zu spontan in ein Buch eintaucht…
Ich bewundere die vielen fantasievollen Ideen, die die Autorin in das Buch hat einfließen lassen. Auch wenn es an manchen Stellen sehr verwirrend wurde, hatte ich nie das Bedürfnis, das Merkwürdige oder Unglaubwürdige zu hinterfragen. Es war mir auch nicht wichtig, zu allem eine logische Erklärung zu finden. All das gehört für mich zu einem Fantasy-Roman dazu.
Fragen und Ängste gab es sehr viele, die allerdings zu einem großen Teil beantwortet wurden, obwohl ich befürchtet hatte, dass sie unbeantwortet mit in den zweiten Teil der Geschichte übergehen würden. Dennoch schließt dieser erste Teil mit einem ganz fiesen Cliffhanger!

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