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Veröffentlicht am 20.07.2020

Zweifel, Hoffnung, Glauben

Gott suchen in der Krise
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Der Titel „Gott suchen in der Krise“ und dazu der Teaser „Glaube und Corona“ haben mich neugierig gemacht darauf zu erfahren, was andere Menschen in Zeiten von Corona erlebt haben.

Verschiedene Autorinnen ...

Der Titel „Gott suchen in der Krise“ und dazu der Teaser „Glaube und Corona“ haben mich neugierig gemacht darauf zu erfahren, was andere Menschen in Zeiten von Corona erlebt haben.

Verschiedene Autorinnen und Autoren berichten in ganz persönlichen Beiträgen, wie sie mit den Glaubensfragen, die in der „Zeit mit Corona“ entstehen, umgehen und wie ihre Beziehung zu Gott in Krisenzeiten belastbar und offen bleibt.

Das Buch hat großen Eindruck auf mich gemacht. Die Geschichten konnte ich nicht einfach hintereinander weg lesen, sondern einige haben mich nicht nur zum Nachdenken angeregt, sondern auch inspiriert, sie mit anderen Menschen zu teilen und - wenn es die Zeit wieder erlaubt - in einem kleinen Kreis zu besprechen und mich auszutauschen.

Bereits das Vorwort des Herausgebers, Ulrich Eggers, hat mich stark beeindruckt. Es heißt dort, dass Corona gar nicht die Krise ist, sondern dass die Krise doch immer präsent ist, in Form von Leid, Schmerz Verlust immer da – nur eben nicht hier…

…und jetzt mit Corona doch hier – so wie überall. Alle sind gleich betroffen.

Mich hat es fasziniert, wie die ganze Situation mit wenigen Worten genau auf den Punkt gebracht werden kann.

Ich bin froh und dankbar, dass ich dieses Buch gefunden habe. Es ist wunderbar, wie offen in den Geschichten über den Glauben, aber auch über die Ängste und Hoffnungen gesprochen wird. Vielen Dank dafür.

Jede der einzelnen Erzählungen hat mir etwas (mit-)gegeben, ganz viele Markierungen „schmücken“ jetzt mein Buch – Zettel an Stellen, die mir wichtig sind, mit denen ich mich noch lange weiter beschäftigen möchte.

Geschichten, die Mut machen und mich spüren lassen, dass niemand ganz allein ist. Sehr gern gebe ich meine Empfehlung für das krisenfeste Buch.

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Veröffentlicht am 20.07.2020

Feiere das Leben - mal laut und mal ganz leise

Auf das Leben!
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„Auf das Leben! – Die großen und kleinen Meilensteine des Lebens feiern“ so Titel und Untertitel des Buches von Tina Tschage aus dem Verlag adeo.

Das Buch bietet viele Ideen, die verschiedenen Stationen ...

„Auf das Leben! – Die großen und kleinen Meilensteine des Lebens feiern“ so Titel und Untertitel des Buches von Tina Tschage aus dem Verlag adeo.

Das Buch bietet viele Ideen, die verschiedenen Stationen auf dem Lebensweg zu feiern. Feiern – das hört sich zunächst mal fröhlich an, doch es gibt auch Feiern zu traurigen Anlässen, die hier ihren Raum finden.

Direkt nach dem Vorwort wird das Leben mit einer Achterbahnfahrt verglichen und am Beispiel eines EKG sieht man, dass die Kurve im Leben eines Menschen nicht immer nur hoch hinaus geht und von Glücksgefühlen bestimmt ist, sondern es gibt Schwankungen und manchmal geht es auch tief runter und die Traurigkeit hat ihre Zeit. Zu all den Anlässen gibt es Angebote, wie man die Tage feiern kann.

Es ist inhaltlich nicht das Buch, das ich erwartet hatte, denn es ist weit mehr und ich wurde mit vielen positiven Überraschungen belohnt.

Was mir gut gefallen hat:

das Buch selbst, Hardcover, quadratisch, tolles Layout mit vielen Illustrationen liebevoll gestaltet,
Zitate bekannter Persönlichkeiten und wunderbare Tipps sowie Buchempfehlungen, passend zu den Anlässen,
Erzählende mit persönlichen Geschichten „Aus der Erfahrungsschatzkiste“,
die Übersicht der Gedenk- und Jahrestage mit der Möglichkeit, auf einer Extraseite die eigenen besonderen Gedenk- und Feiertage einzutragen,
die religiösen Feste im Jahresverlauf mit vielen interessanten Informationen.

Nina Tschage ist Theologin, die sich mit diesem Buch an Menschen aller Glaubensrichtungen, aber auch an nicht religiöse Menschen richtet. Die Herzenswärme, mit der es geschrieben wurde, ist spürbar.

„Umarme das Leben mit allem, was es dir bietet“, empfiehlt Nina Tschage aus eigener Überzeugung.

Das Buch, das wie eine kleine Schatzkiste ist, empfehle ich aus vollem Herzen sehr gern weiter. Bei mir wird es einen Platz in greifbarer Nähe bekommen, denn es ist ein Buch nicht nur zum Einmallesen.

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Große Gefühle mit Tiefengrund

Jeden Tag ein neuer Himmel
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„Jeden Tag ein neuer Himmel“ heißt das Buch von Violet Thomas aus dem Verlag Lübbe, in dem Charlotte und Sam abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. Dabei scheinen es zwei ganz unterschiedliche Menschen ...

„Jeden Tag ein neuer Himmel“ heißt das Buch von Violet Thomas aus dem Verlag Lübbe, in dem Charlotte und Sam abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. Dabei scheinen es zwei ganz unterschiedliche Menschen zu sein. Charlotte ist eine junge Krankenschwester, die im Begriff ist, ihre neue Stelle in einem Londoner Kinderhospiz anzutreten. Fast ein Jahr ist es her, dass ihre Tochter Daisy verstorben ist. In ihrer Trauer hat sie kaum jemanden an sich herangelassen und blieb am liebsten ganz allein. Sam ist ein Straßenmusikant, der seine ganze Liebe zur Musik in seine Lieder legt. Wichtiger als vor einem Riesenpublikum zu spielen ist ihm, die Menschen mit seiner Musik zu berühren. Das gelingt ihm bei Charlotte mit seinem Song „Daisy“, der sie an ganz intensiv und gefühlvoll an ihre Tochter denken lässt.
Der Schreibstil von Violet Thomas ist anrührend, emotional – ihre Geschichte neben der Frage, ob Charlotte und Sam eine Beziehung eingehen und die Liebe ihres Lebens finden, äußerst vielseitig und tiefgründig.
Charlotte betreut im Kinderhospiz den kleinen Hamish, einen liebenswerten Jungen, der kein leichtes, aber ein aufregendes Leben hinter sich hat, und weiß, dass er bald sterben muss. Spannend finde ich den Umgang mit Fragen nach dem Tod – was sagt man einem todkranken Menschen, was behält man lieber für sich? Hamish, dieser tapfere kleine Junge mit einem großen Herzen, wird von Charlotte liebevoll in seiner letzten Zeit begleitet und ist auch Charlotte in ihrer Trauer eine große Hilfe. Er ist eine große Bereicherung für dieses Buch.
Neben Hamish gibt es noch viele Figuren, die durch ihr ganz eigenes Wesen dem Buch eine besondere Note geben, zum Beispiel:
Charlottes Freundin Emily, die eine tolle Familie hat, und mich beeindruckt mit ihrer
Auffassung, dass man Emotionen auch in der Öffentlichkeit einfach rauslassen darf.
Marc, der an seinen Bruder Sam und dessen Träume glaubt und ihn selbstlos unterstützt.
Stella – für mich ein ganz wertvoller Mensch mit großen Gefühlen, auch wenn es anders scheinen mag.
Es gibt in diesem Buch viele herzerwärmende Zitate. Einer meiner Lieblingssätze ist dieser Wunsch: „Reise mit den Sternen und finde jeden Tag einen neuen Himmel, tapferer Junge.“
Nur ab und zu lese ich mal einen Liebesroman. Dieser hat mich angesprochen durch das Cover mit dem vielversprechenden Titel und durch die Buchbeschreibung, die die Verbindung zum Kinderhospiz herstellt. Große Gefühle, die eine große Wirkung auf mich hatten. Sehr gern gebe ich eine Empfehlung für dieses Buch.

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Manchmal hilft ein Blick zum Himmel

Das Fenster zum Himmel
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Qualvolle Zeiten in Kinderheimen und auch in Pflegefamilien – das sind Erlebnisse, die schrecklich klingen und mich traurig machen. Wenn jedoch das Wissen darum einen Namen trägt, dann trifft es mich mit ...

Qualvolle Zeiten in Kinderheimen und auch in Pflegefamilien – das sind Erlebnisse, die schrecklich klingen und mich traurig machen. Wenn jedoch das Wissen darum einen Namen trägt, dann trifft es mich mit voller Kraft.

In „Das Fenster zum Himmel“ erzählt die Autorin Elisabeth Escher die Erlebnisse eines der Kinder, die in den 1960er und 1970er Jahren Schreckliches erlebt haben. Es ist die Geschichte der Marie Muth, deren Name zwar geändert wurde, deren Lebensgeschichte allerdings auf wahren Begebenheiten beruht.

Nachdem Marie die ersten vier Lebensjahre in einer Kellerwohnung scheinbar überwiegend sich selbst überlassen war, verbrachte sie drei Monate in einem Kinderheim, bevor sie in eine Pflegefamilie kam. Was Marie dort erlebt hat, hat mich zu Tränen gerührt und ich war vor Schreck wie gelähmt, als ich gelesen habe, zu welchen „Erziehungsmaßnahmen“ die Pflegeeltern gegriffen haben. Verbote, Warnungen, und Drohungen waren an der Tagesordnung und das, was Marie an Aufgaben bewältigen musste, hat schwere Narben an ihrer Seele hinterlassen.

Zum Glück musste sie nicht in der Familie bleiben. Als Siebenjährige wurde Marie, das „Zigeunermädchen“, im Pfarrhof aufgenommen, wo der Pfarrer Jakob Selinger und seine Haushälterin Anna wohnten. Als überdurchschnittlich intelligent empfinde ich Marie, und ihr Wissensdrang wurde durch den Pfarrer, den Marie „Onkel“ nannte, gesättigt. Wie ein eigenes Kind war Marie für Jakob Selinger und bald fühlte sich Marie väterlich behütet. Auch Anna hat sich fürsorglich und liebevoll um Marie gekümmert. Eine glückliche Kindheit und Jugend hätte es sein können, wenn Klatsch und Tratsch im Dorf nicht solche Ausmaße angenommen hätten, dass die Wahrheit einfach keine Chance hatte.

Schonunglos offen und realistisch ist der Schreibstil von Elisabeth Escher, die mit der Geschichte und treffenden Zitaten überzeugt.

„Der Neid ist die Tür, durch die der Teufel in die Welt getreten ist. Tratsch und Geschwätz – die Waffen des Teufels." Eine passgenaue Beschreibung liegt in den Worten des Pfarrers.

Egal, ob an einem weiteren Gerücht, der das „Verhältnis“ von Pfarrer und Haushälterin betrifft, etwas Wahres dran ist oder nicht, gefällt mir das Zitat bezüglich des Zölibats: „Es war ja auch nicht Gott oder Jesus, der den katholischen Priestern verbot, in Ehe zu leben, sondern Menschen, die vor Hunderten von Jahren dieses Kirchengesetz erlassen hatten. Aus welchen Gründen auch immer.“

Mich hat Maries Lebensgeschichte tief berührt und gezeigt, wie wichtig es ist, sich nicht durch falsche Schlüsse oder durch Gerüchte und üble Nachrede beeinflussen zu lassen.

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Veröffentlicht am 05.07.2020

Abends der Mai

Mai
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„Mai“ – von Karel Hynek Mácha, einem tschechischen Dichter der Romantik des 19. Jahrhunderts. Romantisches Liebesepos lautmalerisch übersetzt von Ondřej Cikán. Erschienen im Ketos Verlag. Tschechisch ...

„Mai“ – von Karel Hynek Mácha, einem tschechischen Dichter der Romantik des 19. Jahrhunderts. Romantisches Liebesepos lautmalerisch übersetzt von Ondřej Cikán. Erschienen im Ketos Verlag. Tschechisch / Deutsch. Illustrationen von Antonín Šilar.



Buchbeschreibung: „Ein Räuberhauptmann wird hingerichtet, weil er die Verführung seiner Geliebten gerächt hat. In eindrucksvollen Bildern verabschiedet er sich von der Erde…“
Wer jetzt glaubt, dass es sich um eine düstere, vielleicht sogar grausame Geschichte handelt, der hat sich geirrt. „Mai“ hält tatsächlich das, was das Cover verspricht, nämlich eine romantische Geschichte – zwar voller Enttäuschungen, Verletztheit, Trauer, aber auch voller Sehnsucht, Hoffnung und Schönheit.



„Es war spät Abend – erster Mai –

Abends der Mai war Liebeszeit.

Das Täubchen ruft zur Lieb herbei,

Der Föhrenhain duftete weit.“

Das sind die ersten Zeilen, und traurig-romantisch geht es weiter. Ich lese von der seufzenden, stillen Rose, von Bäumen, die sich umschlungen halten, von einem Mädchen, das bei rosenrotem Abendlicht weit über den See schaut. Es ist Jarmila, die vergeblich auf ihren geliebten Wilhelm wartet.

Die klangvollen Worte lassen mich die Natur in all ihrer Schönheit mit deutlichen Bildern vor Augen erkennen. Ich lese Teile des Gedichtes immer wieder, mal leise und mal laut – immer langsam, damit ich mich ganz hineinfallen lassen kann, zum Beispiel „in das Moos, das von Liebe flüstert“.

Ich weiß nicht, ob es an den unterschiedlichen Versmaßen liegt, aber wenn ich das Buch zur Seite lege, dann sind manchmal nur einzelne Worte hängen geblieben, aber ich spüre dem Gelesenen nach und habe eine Melodie im Kopf – als wäre es ein Gesang.

Interessant finde ich, dass „Mai“ zur Pflichtlektüre in Tschechiens Schulen gehört. Dass sich Verliebte am Denkmal Máchas treffen und dort den „Mai“ zitieren, stelle ich mir großartig vor.

Ich bin wirklich beeindruckt davon, wie es dem Autor Karel Hynek Mácha und dem großartigen Übersetzer Ondřej Cikán gelungen ist, mit diesem Werk meine Gefühle durcheinanderwirbeln zu lassen. Dafür verdienen beide meine ganze Hochachtung.

Bücher, die im Verlag KETOS erscheinen, verfügen über einen ausführlichen Anhang – so auch dieses. Neben dem Nachwort des Übersetzers gibt es umfangreiche Informationen zum Leben und Wirken Máchas, ganz speziell zu „Mai“ und vieles mehr.

Ich habe mich mit diesem Buch auf ein neues Terrain gewagt und möchte mit meiner Empfehlung von Herzen gern meine Begeisterung weitergeben.

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