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Veröffentlicht am 26.08.2023

Vom Suchen und Vergessen

Erinnerungen des Waldes
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Schönrinde liegt mitten im Dorfwald. Hier führt Archibald Fuchs mit viel Liebe und Sorgfalt die Buchhandlung, die er von seinem Vater übernommen hat. Bereits an dieser Stelle muss ich meine Begeisterung ...

Schönrinde liegt mitten im Dorfwald. Hier führt Archibald Fuchs mit viel Liebe und Sorgfalt die Buchhandlung, die er von seinem Vater übernommen hat. Bereits an dieser Stelle muss ich meine Begeisterung für die Illustrationen der Künstlerin Sanoe weitergeben. Die Buchhandlung befindet sich direkt in einer uralten Eiche, und die ist ganzseitig abgebildet und sieht zauberhaft aus. Man kann sich gut vorstellen, dass der Buchhändler hier glücklich ist und seine Arbeit liebt.

Aber dann kommt Ferdinand Maulwurf zu ihm. Der ist tieftraurig und in großer Not, weil er spürt, dass er immer vergesslicher wird. Für Archibald Fuchs steht fest, dass er jetzt als Freund und Helfer für Ferdinand da sein muss, und die beiden machen sich auf die Spurensuche nach der Vergangenheit von Ferdinand.

Der Autor Mickaël Brun-Arnaud erzählt eine spannende Geschichte zum Thema Demenz. Bei Ferdinand ist es die „Alles-vergessen-Krankheit“. Dass man mit dieser Krankheit Freunde braucht und Menschen, die einem zur Seite stehen und helfen, das weiß der Autor sehr wohl. Und es ist berührend und bewegend, wie einfühlsam er das Thema in die Tierwelt überträgt und es dadurch nicht nur für Kinder leichter zugänglich macht. Die vielen großen und kleinen farbigen Illustrationen sind eine zusätzliche Bereicherung für die zu Herzen gehende Geschichte.

Ein großartiges Buch, in dem es neben dem Vergessen auch um Erinnerungen, um Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Vertrauen, Verständnis und ganz viel Liebe geht.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Die Geschichte Abrahams wird lebendig

Abraham
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Die Bibelgeschichte von Abraham als Thriller? Da bleibt von der eigentlichen Bibelgeschichte sicher nicht viel übrig, so dachte ich. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.

Damaris Kofmehl bleibt mit ihrer ...

Die Bibelgeschichte von Abraham als Thriller? Da bleibt von der eigentlichen Bibelgeschichte sicher nicht viel übrig, so dachte ich. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.

Damaris Kofmehl bleibt mit ihrer Erzählung ganz nah dran an der Bibelgeschichte. Doch mit ihrem Wissen, ein wenig Fantasie und ganz viel Leidenschaft gelingt es ihr, aus einem kleinen Abschnitt der Bibel einen großartigen Roman zu schaffen, der den Begriff „Thriller“ wohl verdient.

Wertvoll beim Lesen ist für mich die Karte „Abrahams Wanderschaft“ am Anfang des Buches. Auch die Übersicht über Personen und Namensbedeutungen gefällt mir und ist hilfreich, ebenso wie die Unterteilung in verschiedene Abschnitte, zu denen jeweils die Bibelstellen eingefügt sind.

Schon durch die Bibel habe ich Abraham für seinen starken Glauben bewundert. Die Autorin hat allerdings durch ihren ausführlichen spannenden und bildhaften Stil meine Sicht auf die Geschichte auf einen neuen Level gestellt. Das ganze Geschehen, die Orte, die Personen: Alles sehe ich vor meinem inneren Auge besser als in einem Film. Dabei finde ich gut, dass Damaris Kofmehl auch immer wieder die Ängste und Zweifel Abrahams in die Geschichte einwebt. Das bestärkt mich darin, dass auch ich Zweifel und Fragen haben darf, die aber meinen Glauben auch kräftigen.

Großartig ist außerdem, durch Abraham zu erkennen, dass niemand Angst haben muss, wenn eine Aufgabe bewältigt werden muss. Er sagt zu seinem Sohn Isaak: „Gott lädt uns nie mehr auf, als wir zu tragen vermögen. Wenn wir ihm nachfolgen, brauchen wir uns vor nichts zu fürchten.“

Übrigens, die Geschichte von Isaak … Bitte lest das Buch selbst. Von mir gibt es dafür eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Die Namenlosen und ein Koffer

Die Lesereise
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„Ein alter Mann reist durch die Lande und liest vor einfachem Publikum zu allen nur denkbaren Themen. Ein Junge wird sein Assistent und zieht den Koffer voller Manuskripte von Ort zu Ort.“ So heißt es ...

„Ein alter Mann reist durch die Lande und liest vor einfachem Publikum zu allen nur denkbaren Themen. Ein Junge wird sein Assistent und zieht den Koffer voller Manuskripte von Ort zu Ort.“ So heißt es am Anfang der Buchbeschreibung.

Ich bin begeisterte Brüseke-Leserin. Darum lasse ich mich gern mitnehmen auf „Die Lesereise“ und komme auch hier voll auf meine Kosten. Allein wegen seiner gekonnten Wortspielereien gefallen mir die Bücher des Autors.

Die beiden Hauptprotagonisten bleiben als der Alte und der Junge namenlos, wobei der Junge in der Geschichte der Ich-Erzähler ist und dem Alten alle notwendigen Handgriffe abnimmt. So kann der sich auf seine Vorträge konzentrieren. Als ehemaliger Professor der Philosophie weiß er sich auszudrücken und auch, wenn er seine Vorträge eher für die „einfachen“ Leute hält, zu denen ich mich zähle, dann geht es mir so, wie manchmal auch dem Jungen, wenn der sagt: „Ich muss zugeben, dass ich nicht gleich begriff, worauf er hinauswollte.“

Trotz des großen Bildungsunterschiedes ergänzen die beiden sich gut und passen wunderbar zusammen. Und der Alte versteht es sehr wohl, den einfachen Menschen auch „verzwickte“ Themen zu erklären. Besonders haben mir seine Vorträge zu den Themen „Zeit“ und „Alkohol“ gefallen.

Im Roman begegnen wir vielen Dichtern und Denkern, wobei dem Autor deren Namen nicht wichtig sind. Sie sind für ihn einfach Hinz und Kunz – vielleicht daher auch der Alte und der Junge ohne Namen?

„…Wir können große Denker nicht nach ihrem Leben beurteilen. Ideen sind eine Sache, Politik eine andere … weil sie politisch oder moralisch geirrt haben.“

Was ich für mich aus den Vorträgen des Alten mitgenommen habe, ist die Tatsache, dass man häufig nur allzu leicht Vorurteile bildet und Menschen verurteilt.

Ein wunderbares Buch mit einer berührenden Geschichte neben all den interessanten Vorträgen und einem unerwarteten und sehr emotionalen Ende.

Für „Die Lesereise“ gebe ich gern meine volle Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Manchmal kommt alles anders

Kontur eines Lebens
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Louis und Frieda sind viele Jahrzehnte verheiratet. Selbstverständlich, dass er seiner pflegebedürftigen Frau beisteht und hilft. So soll es auch bleiben. Doch manchmal kommt es anders. Plötzlich ...

Louis und Frieda sind viele Jahrzehnte verheiratet. Selbstverständlich, dass er seiner pflegebedürftigen Frau beisteht und hilft. So soll es auch bleiben. Doch manchmal kommt es anders. Plötzlich ist Louis nicht mehr da und Frieda zieht in ein Pflegeheim. Inzwischen ist sie 81 Jahre alt und erst jetzt stellt sie sich ihren Erinnerungen.
Der Autor Jaap Robben erzählt Friedas Geschichte in verschiedenen Zeitebenen. Wir lesen, wie sie heute ihre Tage verbringt, dass ihr Sohn Tobias und seine Frau ihr bei vielen Dingen helfen, und erfahren viel über Louis und ihre gemeinsame Zeit. Es war eine gute Zeit.
Doch es gibt auch die Jahre, die noch weiter zurück in die Vergangenheit führen. Diese Erlebnisse hat Frieda ganz fest in ihrem Inneren verschlossen und erst jetzt ist sie bereit, sich ihren Erinnerungen zu stellen und ihre Geschichte zu teilen.
Sie ist noch nicht mal zwanzig Jahre alt, als sie in den Sechzigerjahren mit Otto ihre erste große Liebe kennenlernt. Doch die Liebe steht unter keinem guten Stern. Otto ist verheiratet, Frieda wird schwanger. Undenkbar in der damaligen Zeit, ein Kind allein großzuziehen. Mit großem Einfühlungsvermögen gelingt es Robben, die Dramatik der Situation zu beschreiben. Nicht nur, dass Otto seine Frau nicht verlässt, muss Frieda die Erfahrung machen, dass sie von ihren Eltern verachtet wird und plötzlich ganz allein auf sich gestellt ist.
Auch wenn Frieda im Alter nicht ohne Ecken und Kanten ist, so ist sie mir dennoch ans Herz gewachsen. Ihre Geschichte und die ihres verlorenen Kindes hat mich zutiefst berührt. Das hat zum größten Teil Jaap Robben mit seinem lebensnahen, emotionalen und einzigartigen Schreibstil bewirkt. Er hat mit seiner Geschichte von Frieda Tendeloo eine Geschichte geschrieben, die stellvertretend für unendlich viele Frauen steht, die damals in derselben Situation waren und Ähnliches erleben mussten wie Frieda.

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Veröffentlicht am 06.08.2023

Davor, danach und dazwischen

Vom Ende der Nacht
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Das Buch besteht aus drei Teilen, betitelt mit „Davor“, „Danach“ und „Lange danach“.

„Die aufwühlende und zugleich zärtliche Geschichte zweier Menschen, die nicht anders können als sich immer ...

Das Buch besteht aus drei Teilen, betitelt mit „Davor“, „Danach“ und „Lange danach“.

„Die aufwühlende und zugleich zärtliche Geschichte zweier Menschen, die nicht anders können als sich immer und immer wieder anzuziehen.“

Dieser Satz aus der Buchbeschreibung trifft es auf den Punkt, schon nach wenigen Seiten hatte mich die Geschichte von Rosie und Will voll im Griff. Das ist noch „Davor“.

Mir gefällt der fesselnde Schreibstil unglaublich gut. Auch wenn es die Geschichte einer Liebe ist, so ist es doch so viel mehr als ein Liebesroman. Es werden soziale Probleme und auch ganz persönliche Themen behandelt und so realistisch erzählt, dass ich nicht mit dem Lesen aufhören mochte. So erschüttert mich das Geschehen am Ende des ersten Abschnitts total und das ganze Ausmaß des Schreckens aus dem Prolog bricht hier über mir zusammen.

Die Autorin Claire Daverley hat die Figuren detailliert und bildhaft beschrieben, und zwar nicht nur das Äußere, sondern vor allem auch die Charaktere mit allen Gefühlen. Vor allem sind es die Gefühle und die daraus resultierenden Reaktionen, die mich verblüffen, weil ich alles sehr gut nachvollziehen kann.

Ein großartiges Buch, das Raum gibt zum Hoffen und Bangen, zu Freude und Trauer, zum Lachen und Weinen und das ich sehr gern weiterempfehle.

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