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Veröffentlicht am 08.08.2020

Oberflächliche Geschichte ohne Flow

The Modern Break-Up
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Das Buch ist extrem kurz, daher wundert es nicht wirklich, dass die Geschichte oberflächlich bleibt. Das ist allerdings schade, denn ich hatte mir anhand des Klappentexts und der vielen positiven Erwähnungen ...

Das Buch ist extrem kurz, daher wundert es nicht wirklich, dass die Geschichte oberflächlich bleibt. Das ist allerdings schade, denn ich hatte mir anhand des Klappentexts und der vielen positiven Erwähnungen in sozialen Netzwerken definitiv mehr versprochen. Die Protagonist:innen sind mir entweder egal geblieben oder haben genervt, sodass mich ihre Geschichte nicht wirklich berührt hat.

Auch den Aufbau fand ich unglücklich bis verwirrend. Los geht es mit einem Prolog, wie er in modernen Thrillern beliebt ist: Eine nicht namentlich identifizierte Protagonistin findet sich in einer gefährlich klingenden Situation wieder. Dachte zuerst, ich hätte den Hinweis "Thriller" überlesen, aber nein, Kontrollblick auf den Titel - es soll ein Roman sein.

Dann beginnt die eigentliche Handlung. Amelia und ihre Freundin Zara sind im Urlaub in NYC und hängen in einer Bar ab. Dort spricht sie der anscheinend sehr attraktive Nick an. Gleich diese erste Begegnung wirkte auf mich super melodramatisch. Dieses Aufeinandertreffen fühlt sich an wie die Perspektive von jemandem, der denkt: "Feministinnen haben alle keinen Humor und reagieren bei jeder Kleinigkeit total über, lol, ich zeig euch mal, wie albern ihr seid." Einfach unnötig übertrieben und unsympathisch. Dieser Dialog hat sich für mich auch nicht flüssig gelesen, die Emotionen entstehen nicht organisch aus den Charakteren heraus, es liest sich einfach alles sehr bemüht.

Die Geschichte hat zu dem Zeitpunkt ohnehin noch kein hohes Erzähltempo, aber dann entscheidet sich der Autor im nächsten Kapitel für einen Rückblick und bringt es komplett zum Stehen. Wir müssen jetzt eine gefühlt endlose Unterhaltung zwischen Amelia und Zara lesen, die nach Amelias Trennung aber vor dem NYC-Trip stattfand. Darin hält Zara ihrer Freundin einen küchenpsychologie-mäßigen Vortrag über Beziehungen und bringt Kalendersprüche wie "Die Zukunft ist das, was du draus machst".

An Vielem, was Zara sagt, ist durchaus etwas Wahres dran und viele erwähnte Erfahrungen mussten viele von uns machen. Aber die Art, wie diese Erfahrungen vermittelt werden, wirkt auf mich sehr gestellt. Dieses ganze Gespräch entwickelt einfach keinen guten Flow. Ich hatte mehrmals im Buch bei Gesprächen bzw Monologen aus unterschiedlichen Perspektiven das Gefühl, dass der Autor sein Erkenntnisse und Meinungen den Figuren in den Mund legt, aber ohne das gut in der Geschichte und der Charakterisierung der Figuren zu verpacken. Außerdem mischt er die durchaus wichtigen Erfahrungen immer wieder mit Banalitäten, das fand ich ermüdend. Zara kommt z.B. in dem erwähnten Gespräch einfach nur belehrend rüber. Trotz der Kürze habe ich die Lektüre deshalb immer wieder unterbrochen, weil ich das Buch einfach ermüdend fand.

Damit die Rezension nicht länger als der Roman wird, noch kurz eine positive Anmerkung: Gut gefallen hat mir, wie soziale Medien und andere Technologien in die (leider sehr dünne) Handlung eingebunden wurden, denn sie verändern Dating und Trennungen auf jeden Fall. Dieser Aspekt rettet den Roman aber leider nicht.

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Veröffentlicht am 21.05.2020

Großartig

London Calling
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Annette Ditters Vlog "London Calling", den sie für die ARD produziert hat, habe ich sehr gerne gesehen, deswegen war dieses Buch natürlich ein Muss. Wenn ich das richtig sehe, kam in dieser Neuauflage ...

Annette Ditters Vlog "London Calling", den sie für die ARD produziert hat, habe ich sehr gerne gesehen, deswegen war dieses Buch natürlich ein Muss. Wenn ich das richtig sehe, kam in dieser Neuauflage nur die neue Einleitung mit Beobachtungen zur aktuellen Lage aus dem Januar 2020 hinzu. Da sind kluge Beobachtungen dabei, aber wer bereits eine frühere Auflage dieses Buches gelesen hat, für den lohnt sich ein Neukauf nicht wirklich.

Für alle neuen Leserinnen und Leser mit Interesse an London, Großbritannien und der Politik der Briten lohnt sich "London Calling" aber unbedingt. Annette Dittert fängt die Kontraste, die Großbritannien ausmachen, treffend ein. Sie nähert sich der Mentalität, dem Lebensgefühl, der Politik der Briten und erklärt sie wunderbar anschaulich anhand von Anekdoten, Interviews und historischen Fakten. Wie der Untertitel anklingen lässt, geht es hier auch um den Brexit. Annette Dittert hinterfragt, wie es dazu kommen konnte und wie es den Briten aus den Leave- und Remain-Lagern danach geht.

Sie spricht mit vielen interessanten Menschen, z.B. mit dem Betreiber eines obskuren Museums; einer gebürtigen Deutschen, die als britische Abgeordnete für den Brexit kämpfte; einer Beamtin, die gegen den Brexit gestimmt hat, jetzt aber im entsprechenden Ministerium daran mitarbeiten muss; und einem Anwalt, der auf einem Kanalboot wohnt. Natürlich kommt auch Annette Ditters eigenes Leben auf einem Kanalboot, über das sie bereits im Vlog berichtet hat, immer wieder zur Sprache. Aus deutscher Perspektive wirkt das schon sehr exotisch.

Durch diese vielen Aspekte, die die Journalistin gekonnt zu spannenden Kapiteln verwebt, entsteht ein kurzweiliges, anregendes Buch, das die vielen Informationen und Perspektiven leicht verdaulich und unterhaltsam präsentiert. Es macht sofort Lust, viele der beschriebenen Orte selbst zu besuchen, und wieder in diese fassettenreiche Stadt zu reisen - sobald das wieder möglich ist.

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Veröffentlicht am 18.05.2020

Außergewöhnliche Erzählweise

Milchmann
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„Milchmann“ ist ein anregendes und aufregendes Werk! Man spürt beim Lesen förmlich die Gedanken im Kopf der 18-jährigen Ich-Erzählerin hin- und herspringen, fühlt ihre Ängste, Zweifel, ihre Zerrissenheit ...

„Milchmann“ ist ein anregendes und aufregendes Werk! Man spürt beim Lesen förmlich die Gedanken im Kopf der 18-jährigen Ich-Erzählerin hin- und herspringen, fühlt ihre Ängste, Zweifel, ihre Zerrissenheit und ihre Sorgen. Das erreicht Anna Burns durch den Gedankenstrom und ihre fast atemlose Erzählweise, bei der ein Gedanke wie selbstverständlich in den anderen übergeht – so als würden wir wirklich den ungefiltert festgehaltenen Gedanken der Protagonistin folgen.
Eine weitere Besonderheit: Keine der handelnden Personen wird bei ihrem Namen genannt. Alle werden nur mit ihrem Job bzw. ihrem Familienverhältnis zur Protagonistin bezeichnet. Das ist am Anfang etwas verwirrend, z.B. bei den drei Schwagern, entpuppt sich jedoch als eindrucksvolles Stilmittel. Dadurch macht die Autorin auf clevere Weise deutlich, wie starr die Rollenverteilung gerade in dieser ländlichen, nordirischen Gegend ist, wie die Menschen nur durch ihre Arbeit und ihre Rolle in der Familie charakterisiert werden, wie diese Rollen die Erwartungen formen, wie daraus Gerüchte entstehen und wie die Menschen dadurch in ihren Rollen gefangen sind. Das Ergebnis ist ein herausragendes Buch, das streckenweise herausfordernd zu lesen ist, bei dem es sich aber lohnt durchzuhalten.

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Kreativsein leicht gemacht

Dieses Buch macht dich wahnsinnig ... kreativ und glücklich
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Mit diesem Buch regt Felicia Day die Leserinnen und Leser dazu an, sich kreativ auszudrücken, Ängste und einschüchternde Gedanken zu überwinden und einfach zu machen. Jeder kann und soll sich auf individuelle ...

Mit diesem Buch regt Felicia Day die Leserinnen und Leser dazu an, sich kreativ auszudrücken, Ängste und einschüchternde Gedanken zu überwinden und einfach zu machen. Jeder kann und soll sich auf individuelle Art auszudrücken, egal ob beruflich oder aus Spaß privat. Das vermittelt die Autorin auf motivierende Weise. Sie hat einen spritzigen und charmanten Schreibstil, der sie und das Buch sehr sympathisch erscheinen lässt.

Fließtext und Aufgaben sind durch unterschiedliche Fonts voneinander abgetrennt. Das eBook ist nicht interaktiv gestaltet, trotzdem wurden die Formulierungen aus dem Printbuch (z.B. Versuchs auf dieser Seite.") anscheinend unverändert übernommen. Es ist natürlich kein Problem, Papier und Stift zu nehmen und die Aufgaben dort zu erledigen (ich würde ohnehin nicht in ein Buch schreiben oder malen, denke ich, und Seiten herausreißen, so wie angewiesen, erst recht nicht ;) ), aber für ein runderes Nutzungserlebnis hätte man die Formulierungen vielleicht entsprechend ändern und den Leerraum (teilweise ganze leere Seiten) weglassen können. Manche Aufgaben wie das Zeichnen verrückter Gesichter in vorgefertigte Illustrationen lassen sich mit dem eBook auch nicht wirklich umsetzen. Das ist aber nur eine kleine Anmerkung, der Großteil der Aufgaben kann ohne Probleme auf einem separaten Blatt umgesetzt werden.

Die Übungen sind leicht verständlich und lassen sich direkt und ohne komplizierte Vorbereitungen umsetzen. Zwischen den Übungen schreibt die Autorin über Gefühle, die die Kreativität und die Möglichkeit, sich selbst auszudrücken, unnötig einschränken, und motiviert dazu, sich damit auseinanderzusetzen. Sie lässt ihre eigenen Erfahrungen in den Text einfließen. Das ergibt ein Buch, das sich mit großer Leichtigkeit und Freude lesen lässt und das einfach Spaß macht!

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Oberflächlich und enttäuschend

Be Angry!
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Ein arg kurzes Buch, das auf einem Gespräch des Dalai Lama mit dem japanischen Autor Noriyuki Ueda basiert. Es fühlt sich mehr wie ein langes Interview als ein eigenständig verfasstes Sachbuch an, auch ...

Ein arg kurzes Buch, das auf einem Gespräch des Dalai Lama mit dem japanischen Autor Noriyuki Ueda basiert. Es fühlt sich mehr wie ein langes Interview als ein eigenständig verfasstes Sachbuch an, auch wenn die Fragen nicht abgedruckt sind. Das Buch ist in sehr kurze Kapitel unterteilt, die zwar durch das Überthema Wut locker verbunden sind, aber nicht direkt aufeinander aufbauen. Der Autor springt dabei zwischen verschiedenen Themen hin und her. Dadurch wirkt das Buch leider zerstückelt und nicht wie ein zusammenhängendes Werk mit einer fließend verfassten Erzählung oder Argumentation.
Wer kurze, episodenhafte Gedanken des Dalai Lama lesen möchte, ist damit gut beraten. Ich habe leider etwas anderes erwartet.

Durch die Kürze und die nicht stringente Gedankenführung bleibt das Buch zudem sehr oberflächlich. Den Rest hat mir dann dieser Satz gegeben, der gegen Ende abgedruckt ist: "Die nachfolgenden Ausführungen beruhen nicht auf gründlichen Nachforschungen, sondern nur auf ein paar Gedanken, die mir durch den Kopf gegangen sind." (S.46 von 54) Vielleicht ist die Übersetzung ungünstig, aber das klingt einfach banal.

Die Überschrift zu jedem Kapitel ist entweder ein Zitat oder eine griffige Zusammenfassung des in diesem Abschnitt besprochenen Inhalts. Mitten im Fließtext sind immer wieder einzelne Sätze eingerückt formatiert, so wie man es eher in einem Zeitschriftenartikel als in einem Buch machen würde.

Die zentralen Thesen über Wut stehen am Anfang zusammengefasst in einem "Vorwort des Verlags". Das hat mich doch einigermaßen irritiert - normalerweise schreibt ja eine (namhafte) Person Vorwörter, nicht ein Verlag als Ganzes. Das wirkt ein bisschen, als würde der Verlag nicht so ganz darauf vertrauen, dass der Leser die Kernthesen versteht und sie deshalb am Anfang vorbereitend zusammenfassen. Bei der Kürze des Buchs sehe ich ebenfalls keinen richtigen Sinn in diesem Vorwort.

Auch den Untertitel "Die Kraft der Wut kreativ nutzen" finde ich irreführend. Wut gegen soziale Ungerechtigkeit bleibt bestehen, bis es diese Ungerechtigkeit nicht mehr gibt, argumentiert der Dalai Lama. Aber wie genau kann man diese Wut aus seiner Sicht produktiv und eben kreativ nutzen, um Ungerechtigkeiten zu bekämpfen? Am Ende schreibt er nur, dass ihn seine Wut motiviert, Leidensursachen aufzuspüren und härter an seiner Mission zu arbeiten. Es bleibt alles sehr schwammig und oberflächlich. Leider eine Enttäuschung.

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