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Veröffentlicht am 18.03.2019

Interessante Geschichte, aber zu lang

DEMUT
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Mit über 700 Seiten erreicht "Demut" von Mats Olsson eine stolze Länge. Am Anfang geschehen in relativ kurzem Abstand zwei ähnliche Morde, bei denen jeweils eine Person des öffentlichen Lebens neben einer ...

Mit über 700 Seiten erreicht "Demut" von Mats Olsson eine stolze Länge. Am Anfang geschehen in relativ kurzem Abstand zwei ähnliche Morde, bei denen jeweils eine Person des öffentlichen Lebens neben einer ermordeten Frau aufwacht und sich an nichts erinnern kann. Der Journalist Harry Svensson, der erst vor kurzem seinen Job bei einer Zeitung aufgegeben hat, wird zufällig in den ersten Fall verwickelt und berichtet für seinen ehemaligen Arbeitgeber darüber. Dann wird er plötzlich von einer anonymen Person, die er für den Mörder hält, per E-Mail kontaktiert und gerät immer tiefer in den Fall hinein.

Die Idee, eine Mordserie nicht aus der Sicht eines Komissars, sondern eines Journalisten zu erzählen, finde ich sehr interessant. Dieser Ansatz ist sehr gelungen und auch die Geschichte an sich finde ich spannend. Leider walzt sie der Autor zu sehr aus. Der Thriller ist einfach zu lang und erzählt zu viel Nebensächlichkeiten. Zwar ist Svensson ein interessanter und verschrobener Protagonist, auf den sich ein genauerer Blick lohnt. Aber dabei tritt für meinen Geschmack die eigentliche Handlung etwas zu oft in den Hintergrund, so dass der Spannungsbogen öfters etwas durchhängt.

Ich habe mich bei der Lektüre nicht unbedingt gelangweilt, hatte aber andererseits auch nie ein Problem, das Buch aus der Hand zu legen, beispielsweise wenn ich aus der Straßenbahn aussteigen musste oder abends müde war. Es fehlte dieses Kribbeln, das ein wirklich spannendes Buch auslöst und das dazu führt, dass man noch ein Kapitel liest und noch eins und noch eins... Einen wirklichen Thrill, ein Nervenkitzeln, das ein Thriller eigentlich erzeugen sollte, habe ich nur bei einem kleinen Teil der Lektüre erlebt. Im Laufe der Geschichte zieht das Erzähltempo allerdings immer mal wieder deutlich an und an diesen Stellen ist die Lektüre wirklich ein genuss. Schade, dass dieses Niveau nicht das ganze Buch über gehalten wurde.

Der Schreibstil von Mats Olsson gefällt mir sehr gut. Das Buch liest sich flüssig und der Autor schreibt locker bis flapsig. Eine Fortsetzung dieser neuen Reihe um Harry Svensson würde ich trotzdem nur lesen, wenn der zweite Thriller kürzer ausfallen würde.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Zeitgemäße Geschichte einer Einwandererfamilie

Das geträumte Land
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Ich konnte "Das geträumte Land" kaum aus der Hand legen. Der Debutroman von Imbolo Mbue erzählt die bewegende Geschichte von Jende Jonga aus Kamerun, der nach New York City auswandert, und später seine ...

Ich konnte "Das geträumte Land" kaum aus der Hand legen. Der Debutroman von Imbolo Mbue erzählt die bewegende Geschichte von Jende Jonga aus Kamerun, der nach New York City auswandert, und später seine Frau Neni und den gemeinsamen Sohn Liomi nachholt. Die Eltern finden Arbeit bei der reichen Familie Edwards und die Schicksale der beiden so unterschiedlichen Familien sind bald beruflich und privat auf teils schwierige Weise miteinander verknüpft.

Imbolo Mbue schreibt mit viel Empathie für ihre Charaktere, ohne dabei sentimental zu werden. Keiner ihrer Protagonisten ist unfehlbar. Sie erzählt eine hochaktuelle Geschichte um die Herausforderungen des Einwandererlebens. Die Autorin, die selbst vor über zehn Jahren von Kamerun in die USA ausgewandert ist, betrachtet Amerika, das Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten, aus mehreren Perspektiven: Sie setzt Charakteren, die die USA verklären und glorifizieren, solche gegenüber, die das Land kritisch betrachten. Dadurch entstehen interessante Spannungen innerhalb der beiden Familien. Auch Kultur- und Klassenunterschiede fließen in diese komplexe menschliche Geschichte ein. Gleichzeitig bewahrt die Autorin einen flüssigen, anschaulichen Stil. Ihr gelingt es zudem, jedem Protagonisten eine sprachliche Identität zu verleihen, die authentisch klingt. "Das geträumte Land" ist ein wirklich bemerkenswerter Roman, der mich sehr nachdenklich gestimmt hat.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Verdient jeder eine zweite Chance?

Perfect Girl
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Zoe wird aus dem Jugendarrest entlassen und versucht zusammen mit ihrer Mutter sowie ihrem neuen Stiefvater und Stiefbruder ein neues Leben aufzubauen. Sie will ihre zweite Chance nutzen. Die Musik gibt ...

Zoe wird aus dem Jugendarrest entlassen und versucht zusammen mit ihrer Mutter sowie ihrem neuen Stiefvater und Stiefbruder ein neues Leben aufzubauen. Sie will ihre zweite Chance nutzen. Die Musik gibt dem Teenager Halt, denn Zoe ist eine begabte Pianistin. Doch kurz nachdem ihr erster Auftritt nach der Gefängniszeit unterbrochen wird, stirbt ihre Mutter Maria. Zoes Leben gerät erneut aus den Fugen und nach und nach kommen immer mehr Geheimnisse ans Licht.

Autorin Gilly Macmillan erzählt die fesselnde Geschichte aus den Perspektiven von Zoe, ihrer Tante Tessa, ihrem Anwalt Sam und ihrem Onkel Richard. Zwischendurch werden wiederholt Ausschnitte aus einem Drehbuch eingefügt, das Zoes Stiefbruder Lucas über seine verstorbene Mutter geschrieben hat.

Die kurzen Kapitel des Thrillers erzählen die Geschichte zunächst nicht chronologisch, sondern springen zwischen dem Abend des Konzer, dem nächsten Morgen sowie Episoden aus der Vergangenheit hin und her. Dadurch wird geschickt Spannung aufgebaut, da sich die Ereignisse der Vergangenheit und ihre Auswirkungen auf die verschiedenen Familienmitglieder erst nach und nach enthüllen. Nach etwa einem Drittel fand ich das Hin-und-Her-Hüpfen etwas ermüdend, jedoch stieg die Spannung bald wieder an. Nach und nach wird enthüllt, was tatsächlich in der Vergangenheit von Zoe und Lucas passiert ist und wer Maria letztendlich getötet hat. Der Verdacht fällt im Laufe der Geschichte auf verschiedene Personen. Im Stil von Gone Girl und Girl on a Train gibt es allerdings am Ende eine überraschende Enthüllung.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Teil 3 der Totenfrau-Trilogie

Totenrausch
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"Totenrausch" ist der dritte Teil der Totenfrau-Triologie von Bernhard Aichner. Ich habe die ersten beiden Bücher nicht gelesen und hatte trotzdem kein Problem, der Handlung zu folgen. Am Anfang wird das ...

"Totenrausch" ist der dritte Teil der Totenfrau-Triologie von Bernhard Aichner. Ich habe die ersten beiden Bücher nicht gelesen und hatte trotzdem kein Problem, der Handlung zu folgen. Am Anfang wird das wichtigste aus den ersten eiden Teilen kurz zusammengefasst, so dass man direkt in Brünhilde Blums dramatisches neues Leben in Hamburg einsteigen kann.

Ich vermute allerdings, dass die Leser von Teil 1 und 2 bereits mehr Sympathie für die Protagonistin entwickeln konnten. Mir fiel es teilweise etwas schwer, mit dieser Antiheldin mitzufühlen. Sie ist natürlich in einer sehr schwierigen Situation und versucht alles zu tun, um ihre Kinder zu schützen. Ohne zu viel von der Handlung verraten zu wollen: Dabei geht sie nicht gerade zimperlich vor und scheint manchmal eine leicht sadistische Neigung auszuleben, wenn jemand ihr Unrecht tut (beispielsweise der Richter). Das geht zum Teil deutlich über reine Notwehr hinaus. Als Charakter macht das Blum interessanter, als wenn sie nur das unschuldige Mädchen wäre, das ohne Eigenverschulden in diese Situationen gerät.

Sehr gut gefiel mir Aichners Schreibstil, der sehr karg und reduziert ist. Er bringt kein überflüssiges Wort zu Papier und beschreibt die Situation sehr knapp. Dadurch entstand sehr viel Spannung und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Ansprechender Debutroman

Sweetgirl
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Die Handlung von "Sweetgirl" klingt zunächst wie geschaffen für einen spannenden Thriller: Percy, ein 16-jähriges Mädchen, sucht ihre drogenabhängige Mutter und findet dabei im Haus des Dealers Shelton ...

Die Handlung von "Sweetgirl" klingt zunächst wie geschaffen für einen spannenden Thriller: Percy, ein 16-jähriges Mädchen, sucht ihre drogenabhängige Mutter und findet dabei im Haus des Dealers Shelton ein schreiendes, vernachlässigtes Baby. Sie nimmt es mit, um es in ein Krankenhaus zu bringen. Das ist leichter gesagt als getan, da ein Schneesturm über Michigan fegt. Percys Auto steckt in einer Schneewehe fest und sie macht sich zu Fuß auf den Weg zu Portis, dem Ex-Freund ihrer Mutter. Als Shelton bemerkt, dass das Baby seiner Freundin verschwunden ist, begibt er sich auf die Suche und setzt auch einige seiner kriminellen Freunde auf das Baby an.

Die Verfolgungsjagd ist jedoch gar nicht so dramatisch, wie sie klingt. Erst in der zweiten Hälfte des Buches kommen die Verfolger Percy und dem Baby gefährlich nah. Schließlich handelt es sich bei "Sweetgirl" um einen Roman, nicht um einen Thriller. Daher legt der Autor mehr Wert auf die Charaktere, die sehr detailliert geschildert werden. Obwohl die Situation natürlich dramatisch ist, hat sich für mich nie richtig die extreme Spannung aufgebaut, die ein Krimi oder Thriller erzeugen könnte. Allerdings fand ich die Protagonisten sehr stark. Percy als Heldin und Portis als Antihelden steht Shelton als Antagonist, der gleichzeitig seine eigenen Probleme und Unsicherheiten vor der Außenwelt versteckt, gegenüber. Das Drogenmilieu wird hier zudem sehr genau unter die Lupe genommen. Für einen Roman gibt es allerdings ganz schön viele Leichen...

Der düsteren Handlung setzt Travis Mulhauser zum Teil einen sehr schwarzhumorigen Schreibstil gegenüber. Das hat mit gut gefallen, vor allem bei den inneren Monologen von Shelton. Etwas nervig fand ich nach einer Weile hingegen das "humorvolle" Geplänkel zwischen Percy und Portis. Nach einer Weile las sich das einfach etwas angestrengt und wirkte zu bemüht.


Ich würde "Sweetgirl" als Roman mit Thriller-Elementen und einer überschaubaren Handlung beschreiben. Travis Mulhauser hat ein interessantes Debut vorgelegt, das sich leicht lesen ließ und das mich gut unterhalten hat.