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Veröffentlicht am 24.05.2024

»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.« ~ Kafka

Kafkas Werkstatt
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»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.«
~ Kafka

Ein Blick in Kafkas Arbeits- und Gedankenwelt zu werfen, ihm über die Schulter zu schauen und dabei seinen Schreibprozess ...

»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.«
~ Kafka

Ein Blick in Kafkas Arbeits- und Gedankenwelt zu werfen, ihm über die Schulter zu schauen und dabei seinen Schreibprozess zu verstehen, scheint ein Wunsch vieler Verehrer von Kafkas Werken zu sein. Dank Andreas Kilcher, seiner über zwei Jahrzehnte andauernden Forschung und zeitgleichen Arbeit an diesem, nun kürzlich erschienenen Buch, ist dies immerhin in gewissem Maße möglich.

Kafkas Erzählungen und Romanfragmente sind ein abstraktes Spiel mit Versatzstücken, die den Leser nicht selten zweifeln lassen, sei es aufgrund der Absurdität oder doch der eigens bekannten Nähe des Geschilderten.
Kilcher beschreibt in diesem gleichnamigen Buch regelrecht „Kafkas Werkstatt“, womit er nicht vordergründig die Utensilien und Materialien der schriftstellerischen Tätigkeit, sondern vorrangig die inneren sowie äußeren Einflüsse meint. Vier motivische Einflüsse hebt Kilcher explizit hervor und zwar die Psychoanalyse, den Marxismus, den Zionismus sowie den Okkultismus. Jedem dieser Oberbegriffe widmet er ein einzelnes übergeordnetes Kapitel. Dennoch lässt sich Kafka keinem der Bereiche vollkommen zugehörig einstufen, ausschließlich Merkmale davon definieren die Substanz seiner Werke und tragen ggfs. zu einer mutmaßlichen Deutung bei.
Anhand Kafkas nur etwa eineinhalb Seiten umfassenden Erzählung „Die Sorge des Hausvaters“, rund um das Un-Wesen, Odradek genannt, analysiert der Autor diese deutlich und gibt zugleich spannende Einblicke und Exkurse.
So erfährt der Leser u.a. nebenbei, dass Kafka, gleichfalls wie Max Brod und Franz Werfel an Sitzungen des Spiritismus teilnahmen. Das mag komisch klingen, doch wunderlich erscheint es nicht. Immerhin schilderte Kafka gerne das Paranormale und gar Gespenster kommen in seinen Texten, bspw. in der Erzählung „Unglücklichsein“ vor.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Eine großartige Biographie, die Grass gerecht wird!

Günter Grass
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»Günter Grass hat die Nachkriegsgeschichte Deutschlands mit seinem künstlerischen sowie seinem gesellschaftlichen und politischen Engagement wie nur wenige begleitet und geprägt.« ~ Angela Merkel

Der ...

»Günter Grass hat die Nachkriegsgeschichte Deutschlands mit seinem künstlerischen sowie seinem gesellschaftlichen und politischen Engagement wie nur wenige begleitet und geprägt.« ~ Angela Merkel

Der Autor Harro Zimmermann öffnet dem Leser, beginnend mit den ersten Seiten, die Tore, um in das vielfältige Leben von Günter Grass eintauchen zu können. Schließlich war er nicht ausschließlich Schriftsteller, sondern so viel mehr!

Was der Autor mit seinem umfangreichen Buch über Günter Grass vorgelegt hat, ist keineswegs eine bloße Biografie. Es ist zugleich eine Werkschau, jeweils gekonnt verknüpft mit Analyse, Interpretationsansätzen, Entstehungsgeschichte sowie Rezeption. Doch auch die künstlerischen Aktivitäten des Nobelpreisträgers von 1999 kommen zur Geltung, gleichfalls Grass‘ brennendes politisches Engagement, besonders für Brandt, Schmidt und Schröder, welches die deutsche Politik der Nachkriegszeit nachhaltig geprägt hat. Sein Sinn und Wunsch nach Gerechtigkeit, seine Vorstellung einer deutschen Einheit, ganz anders als sie sich vollzog, die Wut über den aufkommenden Fremdenhass während der 90er Jahre und die Kraft niemals aufzugeben, sind bewundernswert.
Darüberhinaus mutmaßt Zimmermann des Öfteren über die heutige – nicht nur literarische – Bedeutung des gebürtigen Danzigers.
Was bleibt von Günter Grass?
Seine Literatur, seine künstlerischen Werke, seine politische Tätigkeit sowie seine Provokationen werden ganz sicher noch lange nachhallen und hoffentlich nie vergessen werden.

Alle, die sich mit dem Leben und/oder Werk von Günter Grass beschäftigt haben oder diese Auseinandersetzung gegenwärtig, bzw. zukünftig anstreben – ich empfehle es euch von Herzen –, denen ist diese Biografie sehr zu empfehlen – es gibt (bisher) keine Bessere!
Trotz der knapp 850 Textseiten, liest sich dieses umfassende Buch kurzweilig und die enthalten Bilder tragen zur Anschaulichkeit bei.

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Veröffentlicht am 02.05.2024

Eine großartige Fortsetzung!

Windstärke 17
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Nach Caroline Wahls Debütroman war ich gespannt, ob ihr neues Buch, in gewisser Weise eine Fortsetzung, mithalten kann.

Diesmal begleiten wir nicht mehr Tilda – mittlerweile Mutter geworden –, sondern ...

Nach Caroline Wahls Debütroman war ich gespannt, ob ihr neues Buch, in gewisser Weise eine Fortsetzung, mithalten kann.

Diesmal begleiten wir nicht mehr Tilda – mittlerweile Mutter geworden –, sondern ihre kleine Schwester Ida, welcher nach dem Tod der Mutter alles zu viel wird. Sie muss raus, fort von ihrer Heimatstadt, einfach möglichst weit weg und landet schließlich eher zufällig auf Rügen. Dort sucht sie Ruhe und Zeit, um mit all dem abzuschließen und sich bewusst zu werden, was sie in Zukunft möchte.
Als sie unbeabsichtigt auf den sympathischen Kneipenbesitzer Knut trifft, im späteren Verlauf bei ihm und seiner Frau Marianne einzieht, verändert sich ihr Leben komplett. Geborgenheit und Fürsorge, Akzeptanz und Leichtigkeit bestimmen ihr gemeinsames Miteinander. Als Ida überdies noch Leif kennenlernt, scheint ihr Leben erträglicher zu sein.
Doch wie das Leben nun mal so spielt, gibt es einige Wendungen und tragische Erlebnisse. Idas Schicksal scheint es doch nicht längerfristig gut zu meinen und wirft ihr Leben erneut um …

Caroline Wahl hat erneut bewiesen, dass sie erzählen kann und das auf eine ganz eigene, besonders feinsinnige Art, welche den Leser direkt in den Bann zieht. So konnte ich nicht anders, als das Buch schnellstmöglich zu verschlingen!
So manchem Leser werden Schnittstellen aufgefallen sein, die ihrem ersten Roman ähneln. Diese schaden dem Buch jedoch keineswegs, schließlich sind sie keine erneute Nacherzählung, sondern Fundament einer ganz neuen Handlung.

Schlussendlich bleibt nur zu sagen: Die Autorin enttäuscht mit dem Buch keinesfalls, sondern hat einen großartigen zweiten Roman geschrieben, dessen einziger Nachteil ist, dass er zu schnell vorbei war. Nun bleibt nichts anderes übrig, als schon jetzt mit sehnsüchtiger Vorfreude auf ihr nächstes Buch zu warten.

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Veröffentlicht am 23.04.2024

Eine tolle, umfassende Ausgabe für eine intensive Kafka-Lektüre

Der Process
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»Jemand musste Josef K. verläumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.«

Mit diesem weltberühmten ersten Satz, welcher den Leser gleich zu Beginn mitten ...

»Jemand musste Josef K. verläumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.«

Mit diesem weltberühmten ersten Satz, welcher den Leser gleich zu Beginn mitten ins Geschehen katapultiert, beginnt „Der Process“ von Franz Kafka. Josef K., Prokurist einer Bank, wird, ohne über die Hintergründe informiert zu werden, am Morgen seines 30. Geburtstages verhaftet. Doch diese Verhaftung ist keine im gewöhnlichen Sinn, denn „[d]as Verfahren ist nämlich im allgemeinen nicht nur vor der Öffentlichkeit geheim, sondern auch vor dem Angeklagten.“
K. sucht, da die Verhaftung seinem bisherigen Leben grundsätzlich nicht im Wege steht, Hilfe, um herauszufinden, weswegen er angeklagt wurde und gerät in die Fänge der Bürokratie. Mysteriöse Zwischenfälle streifen K. und sein Verfahren scheint ein Eigenleben entwickelt zu haben, welches allgegenwärtig über ihn schwebt.
Doch zu viel soll über den Inhalt gar nicht verraten werden; man muss den Roman selbst gelesen haben, um in dessen faszinierenden Kuriosum regelrecht zu versinken.

Diese tolle, vom bedeutendsten Kafka-Forscher Reiner Stach, kommentierte Ausgabe bietet neben dem ausführlichen Kommentar, welcher ein intensives close reading ermöglicht, zusätzlich noch Informationen zur Entstehung, Überlieferung und Rezeption. Mit dieser Ausgabe ist eine eingehende Beschäftigung mit einem immer noch aktuellen Klassiker gewährleistet! 

Ganz egal, ob man Kafkas Roman zum ersten oder wiederholten Male liest, diese Ausgabe gewährt einen nützlichen Gesamtüberblick, um sich den Text verständlicher erschließen zu können.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Eine äußerst spannende Studie!

Splitterpoetologie
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»Höchst anmutig ist diese natürliche Erzählung, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich berufen, sie ins Einzelne auszumalen.«

Dieses Zitat aus Goethes autobiografischem Werk „Dichtung und Wahrheit“ ...

»Höchst anmutig ist diese natürliche Erzählung, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich berufen, sie ins Einzelne auszumalen.«

Dieses Zitat aus Goethes autobiografischem Werk „Dichtung und Wahrheit“ veranlasste Thomas Mann dazu, die biblische Geschichte von Jakob und selbstverständlich mit besonderem Augenmerk auf Joseph literarisch zu verarbeiten. Wie so oft, geriet der Umfang des Textes während des Schreibens außer Kontrolle und es entstanden innerhalb der Jahre 1926 bis 1943 vier Romane, mit einem Gesamtumfang von knapp zweitausend Seiten.
Doch diese Roman-Tetralogie bietet viel mehr, als eine bloße Nacherzählung! Das zeigt Martina Schönbächler in ihrer klugen Studie mehr als deutlich.

Sie analysiert in ihrer Dissertation – hier in einer für die Publikation überarbeiteten Fassung vorliegend – nicht nur den sog. Gerda-Komplex, welcher besonders unter dem Motiv der Heimsuchung bereits im „Tod in Venedig“ auftaucht, sondern macht es sich zur Aufgabe Parallelen zwischen den frühen Erzählungen Thomas Manns bezogen auf Eichendorffs „Das Marmorbild“ sowie Sacher-Masochs „Venus im Pelz“ aufzuzeigen. Dabei spielt vor allem „Der kleine Herr Friedemann“ eine wichtige Rolle. Klug und feinsinnig wird Motiven wie Sehnsucht, Leidenschaft, Tod und vielen mehr nachgespürt.
Dem vorangestellt ist ein ausführlicher theoretischer Input, besonders über die Intertextualität, welche anhand Thomas Manns Bibliothek und dessen Einfluss auf sein literarisches Werk untersucht wird.

Eine wirklich spannende, wenn auch überaus anspruchsvolle Studie, die viel Konzentration und genaues Lesen erfordert, welche die Autorin stets facettenreich und mit viel Aufwand auf sich genommen hat. Chapeau!

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