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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.03.2020

Nicht so tiefgehend und emotional wie erhofft

Wie wir gehen
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"Wie wir gehen" von Andreas Neeser ist ein eher stilles Buch über den Versuch einer späten Annäherung zwischen Tochter und Vater.

Nachdem ich den Roman gelesen habe, empfinde ich das Cover als ausgesprochen ...

"Wie wir gehen" von Andreas Neeser ist ein eher stilles Buch über den Versuch einer späten Annäherung zwischen Tochter und Vater.

Nachdem ich den Roman gelesen habe, empfinde ich das Cover als ausgesprochen passend und gut gewählt. Es stimmt gut auf die Handlung ein. Ähnlich wie das verschwommene Bild, bleibt auch die Geschichte an vielen Stellen etwas wage und reißt Dinge eher an, als sie ausführlich darzulegen.

Den Schreibstil habe ich als ungewöhnlich empfunden. Es wirkt so, als würde man Mitten in die Geschichte geworfen. Ein eher unaufgeregter, ungeschliffener Schreibstil, der wenig Handlung bietet, umso mehr konzentriert man sich jedoch auf die Dynamiken zwischen den Personen. Und dennoch bleibt die Beziehung zwischen Mona und ihrem Vater Johannes für den Leser eher im Unklaren. Ich hatte mir einen emotionalen Austausch zwischen den beiden erhofft und konnte dies so nicht bestätigt finden.

Mona selbst bleibt bis zum Ende etwas blass. Sie führt zwar durch die Handlung, als Charakter habe ich sie aber nicht richtig wahrnehmen können. Johannes hingegen beginnt man immer mehr zu verstehen und die Auswirkungen seiner Kindheit- und Jugend auf seine Entwicklung nachzuvollziehen. Auch für Mona wird dadurch einiges leichter, sie kann durch die Zusammenhänge mehr verstehen und erkennt den Wert, viel über das Leben der Eltern zu wissen, um sie als Menschen einschätzen zu können. Wie sie es sagt: "Ich verstehe den kleinen Johannes. Und irgendwie verstehe ich auch den großen, der abwiegelt, der die alten Männer schützt, um sich selbst zu schützen."

Die Erzählung ist wie aus dem Leben. Episodenhaft, mal detailliert, mal oberflächlich. Das passt sehr gut zu dem Dialog über die Kassetten. Denn ein echter Dialog findet nicht statt. Mona hört die Kassetten von Johannes ab und beginnt dann selbst drauf zu sprechen. Insgesamt habe ich durchaus das Gefühl, dass es zwischen Mona und Johannes eine Annäherung gibt, dennoch bleibt auch vieles offen. Und so lässt dann auch das Ende viel Raum für Fantasie. Das entspricht nicht ganz meinem persönlichen Geschmack, ist jedoch stimmig zur Geschichte, die insgesamt eher bruchstückhaft ist, wie aus dem Leben gegriffen, wo auch nicht immer alles mit einem perfekten HappyEnd abschließt.

"Wie wir gehen" von Andreas Neeser ist ein leiser Roman mit schönen Passagen. Ich habe das Lesen interessant gefunden und bin überzeugt, dass der Roman so manchen Leser begeistern kann.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Gelungener und ausgewogener Jugendroman

Um 180 Grad
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"Um 180 Grad" von Julia C. Werner ist ein vielschichtiger Jugendroman, der neben dem Ziel die Erinnerungen der Holocaust-Überlebenden lebendig zu halten, auch sehr gekonnt auf die heutige Lebens- und Gefühlswelt ...

"Um 180 Grad" von Julia C. Werner ist ein vielschichtiger Jugendroman, der neben dem Ziel die Erinnerungen der Holocaust-Überlebenden lebendig zu halten, auch sehr gekonnt auf die heutige Lebens- und Gefühlswelt von Jugendlichen um die 14 Jahre eingeht.

Gerade diese gelungene Mischung aus Mahnen und Erinnern und den aktuellen Schwierigkeiten Jugendlicher, in denen die Leser sich selbst wieder finden können, macht die Besonderheit dieses Buches aus. Die jungen Leute heute finden gar nicht mehr so richtig den Zugang zu dem großen Unrecht und Leid, das weit vor ihnen passiert ist. Sie kommen aus einer Generation, wo schon die Eltern nicht mehr direkt vom Krieg und seinen Folgen betroffen waren und kennen nur Freiheit, Selbstbestimmung und viele auch, dass sie schnell ihre Wünsche erfüllt bekommen. Schwer sich dann in die Geschichte einzufühlen, vor allem da die Jugend heute ganz eigenen Herausforderungen ausgesetzt ist. Großartig, dass es so gelungene Jugendbücher wie dieses gibt, die den Zugang erleichtern und ein modernes Mahnmal setzen, dabei aber auch nicht die heutigen Schwierigkeiten außer Acht lassen.

Die Umsetzung als Jugendbuch ist wirklich gut gelungen. Lennard ist unglaublich authentisch, es ist leicht sich mit ihm zu identifizieren. Sprache, Verhalten, Überlegungen, alles passt gut zu ihm und seinem Alter. Lennard hat neben seiner zarten Verbundenheit mit Frau Silberstein noch einiges anderes, altersgerechtes im Sinn und ekelt sich auch mal vor dem Alter und dem damit leider verbundenen Verfall.

Frau Silberstein ist beeindruckend. Sie ist eine starke, einfühlsame Frau. So dankbar und sympathisch möchte ich auch bis ins hohe Alter sein. Obwohl fiktiv, ist sie eine inspiriende Frau. "Manchmal muss man einfach beschließen, glücklich zu sein, [...] von alleine, wäre es nicht passiert." Was für weise und allzuwahre Worte.

Dennoch spürt man in Blitzlichtern auch deutlich, dass Frau Silberstein in der Jugend schlimmes erlebt hat, was ihr heute noch zusetzt. Die Momente, wo sie unter ihren Erinnerungen an die Vergangenheit gelitten hat, sind mir sehr zu Herzen gegangen.

Die Annäherung zwischen Lea und Lennard finde ich süß. Die Schilderungen sind sehr realistisch. Ebenso auch die Schilderungen des Familienlebens von Lennard. Das Buch ist authentisch und nachvollziehbar und bringt gerade dadurch das Thema gut rüber und macht es für junge Leser zugänglich.

Mir gefällt die Entwicklung von Lennard unglaublich gut. Er ist, wie er selbst sagt, kein Held, aber er hat einiges an Reife und Einfühlungsvermögen dazu gewonnen. Seine Mama bringt es schön auf den Punkt: "Würden alle Menschen, so wie du jetzt, ein bisschen mehr für andere tun, als sie müssten, wäre unsere Welt wohl ein wenig besser".

"Um 180 Grad" von Julia C. Werner ist ein gelungener, ausgewogener Jugendroman, für den ich eine klare Leseempfehlung aussprechen kann.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Interessante Spurensuche

Nach Mattias
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"Nach Mattias" von Peter Zantingh ist der erste Roman des Autors, der auch auf deutsch erschienen ist.

Der Schreibstil ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, da in kurzen Kapiteln bruchstückhaft und scheinbar ...

"Nach Mattias" von Peter Zantingh ist der erste Roman des Autors, der auch auf deutsch erschienen ist.

Der Schreibstil ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, da in kurzen Kapiteln bruchstückhaft und scheinbar zusammenhanglos von verschiedenen Personen über Mattias berichtet wird. Dabei werden auch Einblicke in Leben und Gefühlswelt der Personen eröffnet, die losgelöst von ihm zu sehen sind. Nach und nach ergibt sich dann aus den Bruchstücke dennoch ein nachvollziehbarer und spannendes Bild von Mattias.

Anhands des Klappentextes und der Leseprobe hatte ich einen anderen Eindruck von dem Buch gewonnen. Ich war davon ausgegangen, dass das Buch sehr einfühlsam, emotional und bewegend ist und viel über Mattias aus verschiedenen Perspektiven berichtet. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt, da insgesamt ppwenig über ihn berichtet wird. Dennoch war das Buch interessant. Es zeigt anschaulich die Auswirkungen, wenn ein Mensch plötzlich fehlt - auf Freunde und Bekannte, aber auch auf Menschen, die die Person gar nicht kannten. Dieser Ansatz war neu für mich, ich selbst hatte in diese Richtung nie überlegt. Auch wenn das Buch mich emotional nicht berührt hat, hat es mich dennoch nachdenklich gestimmt.

Sehr gut gefallen hat mir, was der Autor Peter Zantingh selbst über die Aussage seines Buches sagt: "Das Buch handelt vom Mut, den es braucht, positiv zu bleiben. [...] Es braucht sehr viel Mut, um auch in dunklen Zeiten, oder eben gerade in dunklen Zeiten, an der Hoffnung festzuhalten und an das Positive zu glauben. Mattias war jemand, der diesen Mut besaß[...]. "

"Nach Mattias" von Peter Zantingh ist zwar anders als erhofft, aber dennoch lesenswert.

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Veröffentlicht am 14.02.2020

Bewegender und tragischer Roman gegen das Vergessen

Rote Kreuze
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"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko ist ein faszinierendes - teils bewegendes, teils tragisches - Zeugnis einer realen Zeit und einer fiktiven Freundschaft.

Der Autor selbst sagt: "Ich finde es gut, wenn ...

"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko ist ein faszinierendes - teils bewegendes, teils tragisches - Zeugnis einer realen Zeit und einer fiktiven Freundschaft.

Der Autor selbst sagt: "Ich finde es gut, wenn ein Buch nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern auch eine Geschichte hat."
Genau dies macht für mich eine Besonderheit dieses Romans aus und gibt eine große Tiefe. Denn es wird nicht nur die zarte Freundschaft zwischen Tatjana und Alexander erzählt. Es werden auch viele historische Hintergründe aus der Stalin - Zeit, der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg vermittelt. In die fiktive Handlung des Romans fließen geschickt verwoben immer wieder reale Begebenheiten und Personen ein. Es werden Originaltexte in die Erzählung aufgenommen, die ein trauriges Bild von sinnloser Menschenverachtung zeigen.

Der Leser wird gleich von Beginn an von Tatjana gefangengenommen. Auch wenn sie an Alzheimer leidet, ist sie immer noch sehr schlagfertig und zielstrebig. Sie lässt Alexander mit seiner anfänglichen Gleichgültigkeit und Abweisung nicht durchkommen. Und so entspannt sich zwischen den beiden ein Dialog bei dem überwiegend Tatjana aus ihrem langen Leben erzählt. Die Erzählung ist sehr facettenreich, amüsant, rührend, spannend, tragisch, nüchtern, emotional. Dennoch hat mir etwas gefehlt. Ich lese sehr gern Geschichten, bei denen sich eine Freundschaft trotz vieler Jahre Altersunterschied anbahnt. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir gewünscht, dass neben dem wichtigen Zeitzeugnis auch der Freundschaft zwischen Tatjana und Alexander Raum gegeben wird. Dieser Aspekt tritt jedoch deutlich in den Hintergrund.

Ungeschönt und direkt wird dagegen vieles über die neuere Geschichte Russlands vermittelt. Dabei übt der Autor deutliche Kritik durch seine Romanfigur: "Erst später, im Lager, wurde mir bewusst, dass dieses ganze System, diese riesige Maschinerie, auf komplexbeladenen Nullen [...] beruht. Von sich aus stellen diese Kreaturen überhaupt nichts dar, aber in einem Staat aus Ihresgleichen gewinnen die an Bedeutung." Genau diese offenen Worte sind wichtig, um nicht zu vergessen und dadurch hoffentlich zu erreichen, dass es nie wieder so weit kommt.

"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko ist ein wichtiger Roman gegen das Vergessen. Kein leichter Wohlfühlroman, aber durch die Tiefgründigkeit umso wertvoller. Klare Leseempfehlung für Leser, die es schätzen, wenn ein Roman nicht nur unterhält, sondern auch nachdenklich stimmt.

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Veröffentlicht am 12.02.2020

Bezauberndes, einfühlsames Kinderbuch!

Rikka
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"Rikka - Wirklich für immer" von Maiken Nylund ist ein gelungenes Buch für junge Selbstleser. Es werden viele Aspekte - wie getrennte Elternteile, Halbgeschwister, Streit mit der besten Freundin, die erste ...

"Rikka - Wirklich für immer" von Maiken Nylund ist ein gelungenes Buch für junge Selbstleser. Es werden viele Aspekte - wie getrennte Elternteile, Halbgeschwister, Streit mit der besten Freundin, die erste Verliebtheit, Ausgrenzung - angesprochen und authentisch in die Geschichte aufgenommen.

Rikka auf dem Cover sieht nett und unternehmungslustig aus. Die Bilder am Rand zeigen schön, was in ihrer Welt gerade wichtig ist. Auch im Buch findet sich an ausgewählten Stellen eine Zeichnung, die den Text unterstützt. Die Gestaltung ist liebevoll und altersgerecht.

Der Schreibstil ist sehr passend für junge Leser. Rikka ist sofort sympathisch, es wird eine Sprache gewählt, die authentisch ist, die Kapitel sind schön kurz und verzichten auf langatmige Beschreibungen. Neben einigen Emotionen kann man auch so manches Mal herzhaft lachen.

Als sich Rikkas Freundin Lise plötzlich in Tom verliebt und Rikka die beiden verkuppeln soll, steht ihre Welt Kopf. Die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Rikka wird mit einem Auf und Ab an Gefühlen konfrontiert. "Jetzt stehe ich zwischen allem und gehöre nirgends richtig dazu!" Wirklich keine einfache Zeit für die Zehnjährige. Es ist sehr spannend die turbulte Zeit mit ihr mitzuerleben und zu sehen, wie Rikka alles toll meistert und über sich hinauswächst.

"Rikka - Wirklich für immer" von Maiken Nylund kann ich für junge Selbstleser uneingeschränkt empfehlen!

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